Kleinparzellierung und Strukturmängel, hohe Holzvorräte, dabei gleichzeitig hohe Pflegerückstände sowie die unbefriedigende Erlössituation verursachen tiefgreifende Probleme im bayerischen Privatwald. In der Regel lassen sie sich nur mit Hilfe eines forstlichen Zusammenschlusses lösen. Diese Institution muss kompetenter Ansprechpartner in allen wald- und forstwirtschaftlichen sowie jagdpolitischen Fragen sein.
Frühere Bestrebungen, den Privatwald ausschließlich über holzeinschlagsorientierte Dienstleister aus der "Reserve" zu locken, haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht funktioniert. Die "Hürde" im Kleinprivatwald ist äußerst komplex. Der erfolgreiche Weg zu dieser Waldbesitzerklientel führt ausschließlich über die professionelle Arbeit der forstlichen Zusammenschlüsse sowie deren Kooperationsplattformen.
Information, Kommunikation und Service sind die klassischen Aufgaben
Forstliche Zusammenschlüsse müssen Dienstleister mit einem breitgefächerten Serviceangebot sein. Information und Kommunikation stellen hierbei eine zentrale Aufgabe dar, die eine Waldbesitzervereinigung (WBV) oder Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) nur mit Hilfe einer zentralen Service- und Informationsstelle mit kompetenten Ansprechpartnern erfüllen kann. Die WBV/FBG ist in jeder Hinsicht "Partner für den Wald", in der sich der Waldbesitzer gut aufgehoben fühlt.
Diese Aufgaben muss heute jeder forstliche Zusammenschluss zuverlässig erledigen. Die Nachfrage nach diesen Dienstleistungen ist enorm. Die Zukunft einer Forstbetriebsgemeinschaft hängt von ihrem Leistungsprofil und ihrer Servicebereitschaft ab. Das geschilderte Dienstleistungsangebot lässt sich jedoch auf alle Mitgliedsvereinigungen des Allgäuholz Markenverband e.V. (Forstbetriebsgemeinschaften Memmingen, Mindelheim, Oberallgäu, Füssen, Waldbesitzervereinigung Westallgäu) übertragen. Ganz entscheidend ist die Tatsache, dass durchschlagende Erfolge im Serviceangebot auf zusammenschlussübergreifenden Maßnahmen der Mitglieder des Allgäuholz Markenverbandes beruhen.
Waldpflegeverträge "Den Wald in Wert setzen"
Waldpflegeverträge wurden eingeführt wegen des Strukturwandels in der Landwirtschaft, die sich in vielen Fällen auch auf die Waldwirtschaft auswirkten. Zum einen stiegen die Anforderungen in der Landwirtschaft stark an und damit blieb immer weniger Zeit für die Waldbewirtschaftung. Zum anderen schufen Hofaufgaben und Besitzübergaben Eigentumsverhältnisse ohne Verbindung zum Wald. Die Antwort hierauf ist ein den Wünschen und Verhältnissen angepasster Waldpflegevertrag. Die Verträge werden anhand eines Leistungsverzeichnisses individuell gestaltet. Forstliche Betriebsarbeiten werden übernommen, die die gesamte Palette waldbaulichen Wirtschaftens beinhalten. Der Waldpflegevertrag ist somit ein Instrumentarium, das die oben aufgeführten forstlichen Problemstellungen insgesamt aufnimmt und den heutigen Anforderungen effizienter und dennoch ökologischer Waldwirtschaft gerecht wird. Die WBV Kempten hat z.B. mittlerweile über 600 Hektar Waldfläche unter Vertrag. Die Größe der einzelnen Parzellen reicht von unter einem bis über 100 Hektar. Für die Grundbetreuung fallen Kostensätze von 20 bis 50 Euro je Hektar und Jahr an.
Globalisierung, Regionalisierung und Strukturwandel
Die vergangenen fünfzehn Jahre standen unter dem Zeichen der Globalisierung. Diese wird auch in den kommenden Jahren vor allem im Dienstleistungsbereich fortschreiten. Parallel hierzu wird sich eine Regionalisierung für Erzeugnisse aus dem Primärsektor entwickeln (siehe Direktvermarktung im Bereich der Landwirtschaft). In vielen Regionen wird der örtliche Bezug von Produkten gepflegt und gezielt gefördert. Transport- und energieintensive Güter werden nicht mehr uneingeschränkt um den Globus ausgetauscht werden können. Konzentrationsprozesse prägen zur Zeit die Forst- und Holzwirtschaft. Die Zahl der Sägewerke ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Ein weiterer Schwund ist zu erwarten. Internationale Konzerne werden in Zukunft noch stärker den Markt bestimmen und die Preisbildung – wie auf dem Industrieholzsektor – gestalten oder diktieren.
Eine weitere wichtige Frage stellt sich: Wer kontrolliert in Zukunft die Logistikkette vom Wald zum Werk? Die holzverarbeitende Industrie will die Logisitikkette intensiv beeinflussen, das Holz im Bestand stehend erwerben und den Erntezeitpunkt selbst bestimmen. Da muss dann die Frage nach der Freiheit der forstlichen Planung gestellt werden.
Die Aufgaben einer WBV/FBG
Die Aufgaben erstrecken sich nicht nur auf eine professionelle Holzvermarktung, sondern auf viele weitere Gebiete. So lassen sich z. B. Stangen, Bauholz oder Mondholz im Nischengeschäft vermarkten. Die Teilnahme an Wertholz- versteigerungen ist eine wichtige Wertschöpfung für den Kleinprivatwald. Der Kontakt zur regionalen Sägewirtschaft schont nicht nur die Umwelt ("Holz der kurzen Wege"), sondern stellt auch wegen der geringeren Transportkosten einen monetären Vorteil für den Säger dar. Eine funktionierende WBV/FBG garantiert Versorgungs- sicherheit und Mengenkontinuität und erschließt der heimischen Sägewirtschaft das regionale Marktpotenzial.
Auch sämtliche mögliche anderen Forstbetriebs- arbeiten müssen im Leistungsangebot stehen. Sonderarbeiten wie Baumuntersuchungen oder Spezialfällungen außerhalb der Forstwirtschaft gehören ebenfalls dazu. Gemeinsamer Material- und Pflanzeneinkauf, Vermarktung von Christbäumen und Zierreisig, Anerkennung von Beständen nach dem Forstsaatgutgesetz und deren Beerntung runden das Angebot ab.
Waldpflegeverträge, in denen individuell gestaltete Vereinbarungen bis zur Komplettübernahme der gesamten Waldbewirtschaftung angeboten werden, sind für die Zukunft besonders wichtig, da immer mehr Waldbesitzer keinen Bezug zur Waldarbeit haben. Fortbildungen, Lehrfahrten und Regionalversammlungen bilden ein attraktives Angebot für den Waldbesitzer. Das Engagement in der Jagdpolitik ist für eine naturnahe, zaunfreie Waldwirtschaft unumgänglich. Ausstellungen und Messen, lokale Agenda-21-Aktivitäten, Waldpädagogik, eine aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie der intensive Kontakt zu Behörden, Verbänden, Interessens- vertretungen und zur Politik sind wichtige Schnittstellen zur außerforstlichen Gesellschaft.
Neue Herausforderungen – Allianzen für die Zukunft
In dieser Phase kommt den forstlichen Zusammenschlüssen eine bedeutende gestalterische Aufgabe zu. Die WBVen und FBGen in der Region Allgäu haben diese Herausforderungen angenommen und gehen in der Vermarktung neue Wege. Mit dem seit 1999 eingetragenen Markenzeichen "AllgäuHolz" des AllgäuHolz Markenverband e.V. werden der Holzindustrie große Verträge angeboten und die regionale Holzvermarktung gefördert. Mitglieder im AllgäuHolz Markenverband sind die WBVen /FBGen der Region. Bereits nach fünf Jahren war es jedoch notwendig, die Allianz deutlich zu erweitern und das gemeinsame Handeln noch mehr zu professionalisieren.
Diese Überlegungen führten im Jahr 2004 zur Gründung der in.Silva eG (Abb. 2), einer internationalen Holzhandels- und Logistikgenossenschaft. Gründungsmitglieder sind die forstlichen Zusammenschlüsse des Allgäuholz Markenverbandes e.V., die Holzhof Oberschwaben eG, die Stiftung Liebenau und die Österreichische Bundesforste AG. Die in.Silva eG kauft und bündelt die Massensortimente der Genossenschafts- mitglieder und liefert diese frei Werk an Zielkunden. Die noch weitergehende Zusammenfassung der Massensortimente bietet bessere Marktkonditionen und ein kompaktes Servicepaket für die Holzindustrie (Lieferpläne, Logistikdienstleistung, Versorgungssicherheit). Um den Rohstoff Holz besser zu vermarkten, ist es aus der AllgäuHolz-Idee heraus gelungen, alle an der Wertschöpfungskette "Holz" im Allgäu beteiligten Gruppen im HolzForum Allgäu e.V. (Abb. 3) einzubinden. Der private, kommunale und staatliche Waldbesitz, forstliche Dienstleister, die Allgäuer Sägerrunde, Holzbaubetriebe, Zimmereien, Schreinereien, Ingenieure und Architekten bilden die Gründungsgruppe. Die Arbeit der Wertschöpfungskette verleiht dem Holzbau ein eigenes Gesicht. Die Erfolge sind bereits in einer Zunahme der Holzbauten im Allgäu und einer beginnenden Netzwerkbildung der im Holzbau tätigen Betriebe und Akteure zu spüren.
Energie aus Holz
Die Vermarktung von Energieholz wurde in den vergangenen Jahren vorangetrieben. Der Energieholzbereich (Hackschnitzel, Scheitholz) wurde der Biomassehof Allgäu GmbH , einer hundertprozentigen Tochter der Waldbesitzervereinigung Kempten, Land und Stadt e.V., übertragen, da sich dieser Bereich von den klassischen Forstprodukten im Einkauf, Handel und Verkauf unterscheidet. Mit 51 % Stimmanteil ist die Vorstandschaft der Waldbesitzervereinigung Kempten, Land und Stadt e. V. Hauptgesellschafterin.
Der Biomassehof vermarktet Waldhackschnitzel, Rinde, Sägerestholz, ofenfertiges Scheitholz, Holzbriketts, Holzpellets und weitere Handelsprodukte. Der größte Umsatz wird mit Waldhackschnitzeln und Rinde erzielt. Die Bereitstellung eines umweltschonenden Energieträgers aus der heimischen Land- und Forstwirtschaft stellt die zentrale Aufgabe dar. Die Wertschöpfung vom Wald bis zum Verkauf bleibt komplett in der Region, schafft Arbeitsplätze sowohl in der Land- und Forstwirtschaft als auch in mittelständischen Betrieben. Die Bevölkerung honoriert diesen Service und steigt immer mehr auf den Energieträger Holz um. Als Hauptgesellschafterin der BioEnergie Oberallgäu GmbH stieg die Biomassehof Allgäu GmbH im Jahr 2000 in die Energieversorgung ein. Mit drei weiteren regionalen Partnern wurde bis zum Jahr 2005 ein Biomasseheizkraftwerk mit 5 MW thermischer und 500 kW elektrischer Leistung in Sonthofen errichtet. Der Waldbesitz muss in die Biomasseversorgung einsteigen. Das heißt, nicht nur den Brennstoff Holz zu vermarkten, sondern sich konsequenterweise das nächste Glied der Wertschöpfungskette zu erschließen und die Energie dem Verbraucher zur Verfügung stellen.
Die Biomassehof Allgäu GmbH ist Gründungsmitglied des Energie- und Umweltzentrums Allgäu GmbH , das sich intensiv mit der großflächigen Einführung erneuerbarer Energien beschäftigt. Im Mittelpunkt hierbei steht neben dem effizienten Einsatz fossiler Energieträger die breite Implementierung regenerativer Energieträger. Nach mehr als sechsjährigem Wirken weist die Region Allgäu weit überdurchschnittliche Wachstumsraten im Bereich moderner Holzfeuerungsanlagen auf.
Neue Generation von "urbanen" Waldbesitzern
Waldbesitzer in Realteilungsgebieten mit Kleinstbesitz fühlen sich oft nicht als "Waldbesitzergruppe". Hierfür ist die Identifikationsbasis zu gering. Der klassische bäuerliche Waldbesitzer wird immer seltener, es wächst eine neue Waldbesitzer- generation mit unterschiedlichsten Zielsetzungen heran. Ferner steigen die Ansprüche der Gesellschaft und der holzabnehmenden Nachfrager. Auf diese Herausforderungen müssen die forstlichen Zusammenschlüsse mit einem hochdifferenzierten Dienstleistungsangebot antworten.
Um die Wettbewerbsfähigkeit des "kleinen" Waldbesitzers zu erhalten, sind überregionale und internationale Kooperationen unumgänglich. Weniger kostenoptimierte Holzerntekonzepte, sondern vielmehr eine Bewusstseinsförderung für den Waldgrundbesitz und den wertvollen Rohstoff werden dazu beitragen, Holz aus dem Kleinprivatwald zu mobilisieren.
Wir werden nur erfolgreich sein können, wenn die forstlichen Zusammenschlüsse sowie deren Kooperationsplattformen diesen Waldbesitzern professionelle und individuelle Lösungen anzubieten im Stande sind.
Markus Romer ist Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Kempten, Land und Stadt e.V. und in.Silva eG.