Die wirtschaftlich nutzbare Holzmenge hängt zum einen von den Kosten der Holzernte und somit von der Einsetzbarkeit wirtschaftlicher Erntetechnik ab, zum anderen von der Preissituation am Holzmarkt. Darüber hinaus sind ökologische Aspekte, die unter anderem auf die Erhaltung der standörtlichen Produktivität abzielen, zu beachten.
Das Holzerntesystem und die Kosten der Holzernte
Die Modelle für das Holzerntesystem umfassen die Teilprozesse Fällen, Entasten, Ausformen, Rücken, Lagern und Überstellung der Maschinen. Für Seilanlagen fallen zusätzlich Montage- und Demontagearbeiten an. Die Produktion von Waldhackgut erfordert den Einsatz eines Hackers in einem weiteren Teilprozess.
Die Kostenberechnung der HOBI-Studie bildet alle diese Teilprozesse ab. Die verwendeten Holzerntemodelle weisen unterschiedliche Mechanisierungsgrade auf. Neben konventionellen Erntemethoden wie der motormanuellen Schlägerung mit Traktor- oder Forstspezialschlepperrückung wurden hoch- und vollmechanisierte Verfahren mit Harvestern und Forwardern sowie Gebirgsharvestern kalkuliert. Anwendung fanden Holzernteproduktivitätsmodelle der WSL (2007), Modelle nach Jacke (2004), nach Stampfer et al. (2003) und die Österreichische Bundesforste AG Forstschleppertabelle (1996).
Grundlage für die Ermittlung der Holzerntekosten und Erlöse aus der Holzernte sind die mit dem Waldwachstumssimulator PROGNAUS prognostizierten Nutzungseingriffe und die darauf basierende Ausformung in marktgerechte Sortimente und biomasserelevante Baumteile. Für die Nutzungsprognose wurden drei Szenarien unterschiedlicher Eingriffsstärke (konstanter Vorrat, Waldbau, Vorratsadaption) verwendet.
Die Leistung des Holzerntesystems (geerntete Holzmenge pro Zeiteinheit) hängt hauptsächlich vom eingesetzten Arbeitsverfahren, von bestandesspezifischen Kriterien wie der durchschnittlichen Baumdimension, den Geländeverhältnissen und der Rückedistanz ab (vgl. Abbildung 1: Bei Mobilseilgeräten wurde zwischen Bergauf- und Bergabrückung unterschieden). Aus der genutzten Holzmenge und der Leistung ergibt sich der gesamte Zeitbedarf für die Ausführung eines Nutzungseingriffes.
Die anfallenden Personal- und Maschinenkosten werden als Systemkosten bezeichnet. Als durchschnittliche Systemkosten pro Arbeitsstunde oder pro Erntefestmeter sind sie eine Kennzahl für die Kostenintensität von Nutzungseingriffen. Stundensätze für Forstfacharbeiter wurden gemäß Mantelvertrag für die Forstarbeiter in der Privatwirtschaft des Jahres 2007 ermittelt, wobei für vollmechanisierte Arbeitsverfahren und Seilrückungen mit Zuschlägen gerechnet wurde. Für Bauernakkordanten wurde ein Tarif vom Österreichischen Kuratorium für Landtechnik verwendet.
Die Maschinenkosten wurden gemäß dem Maschinenkostenkalkulationsschema des BFW errechnet. Die für die Rücketechnologien und Arbeitsverfahren unterstellten Personalkostensätze sind aus Tabelle 1 ersichtlich.
Tabelle 1: Rücketechnologien, Arbeitsverfahren sowie Lohn- und Lohnnebenkosten für das Personal | ||||
Rücketechnologie | Arbeitsverfahren | Arbeitskraft | Lohnkosten (€/h) | Lohnnebenkosten (€/h) |
Forsttraktor | Sortiment-, Stamm-, Baumverfahren | Bauernakkordant/ Forstfacharbeiter | 11,50/ 10,93 | 11,50/ 10,38 |
Forstspezialschlepper | Sortiment-, Stamm-, Baumverfahren | Forstfacharbeiter | 10,93 | 10,38 |
Forwarder nach Harvestereinsatz | Sortimentverfahren | Forstfacharbeiter | 13,58 | 12,90 |
Mobilseilgerät | Sortimentverfahren | Forstfacharbeiter | 13,58 | 12,90 |
Gebirgsharvester | Baumverfahren | Forstfacharbeiter | 13,58 | 12,90 |
Langstreckenseilgerät | Sortimentverfahren | Forstfacharbeiter | 13,58 | 12,90 |
Geländeverhältnisse und Bringungsdistanz
Österreichs Ertragswald zeichnet sich durch mannigfaltige Geländebedingungen und Unterschiede im Erschließungsgrad aus, die entscheidend für die Einsetzbarkeit der Holzerntetechnologien sind. Wesentlich sind vor allem die Hangneigung und die Rückedistanz. Mit Hilfe der forstlichen Fernerkundung (Orthophotos) wurden diese Kriterien für jede einzelne Probefläche der ÖWI ermittelt und zu Bringungskategorien (Tabelle 2) zusammengefasst.
In einigen Fällen wurden zusätzliche Kriterien berücksichtigt. So wurden im Schleppereinsatzgelände Geländestufen, die umfahren werden müssen oder eine längere Zuzugsstrecke zur Folge haben, in einer eigenen Kategorie berücksichtigt. Für Mobilseilgeräte wurde zwischen Bergauf- und Bergabrückung unterschieden.
Tabelle 2: Bringungskategorien und ihr Waldflächenanteil | ||||
Bringungskategorie | Hangneigung (%) | Rückedistanz (m) | Waldfläche (1000 ha) | Anteil (%) |
Schlepper ohne Geländestufe | bis 40% | > 60 m | 1395 | 41,7 |
Schlepper mit Geländestufe | bis 40% | > 60 m | 247 | 7,4 |
Schlepper auf Kurzstrecken - befahrbar | bis 40% | 0 - 60 m | 465 | 13,9 |
Schlepper auf Kurzstrecken - Seilzuzug | über 40% | 0 - 60 m | 357 | 10,7 |
Mobilseilgerät - Bergaufrückung | über 40% | 60 - 600 m | 345 | 10,3 |
Mobilseilgerät - Bergabrückung | über 40% | 60 - 600 m | 469 | 14,0 |
Langstreckenseilgerät | über 40% | > 600 m | 67 | 2,0 |
Gesamt | 3345 | 100,0 |
Bestandesbedingte Einschränkungen
Die Durchführbarkeit von Holzernteeingriffen wird aber auch durch bestandesspezifische Kriterien limitiert. Diese Einsatzgrenzen werden in den Holzerntemodellen berücksichtigt und betreffen vor allem die Dimension der entnommenen Stämme. Für den Einsatz von Forsttraktor, Forstspezialschlepper und Harvester kombiniert mit Forwarder wurde ein mittleres Volumen von 0,05 Efm ohne Rinde als untere Grenze festgelegt. Aufgrund dieses Limits kann 1 % der Gesamtnutzungsmenge nicht realisiert werden.
Bei Gebirgsharvestern war ein mittleres Mindestvolumen je Stamm von 0,12 bzw. 0,20 Efm ohne Rinde je nach Gerätekategorie notwendig. Der Einsatz von hoch- und vollmechanisierten Verfahren wie Harvester und Forwarder sowie Gebirgsharvester wurde weiters durch einen BHD von maximal 45 cm begrenzt. Außerdem mussten diese Nutzungen einen Nadelholzanteil von mindestens 50 % aufweisen.
Berücksichtigung der standörtlichen Nachhaltigkeit
Die Wahl des Holzernteverfahrens wird auch durch die standörtliche Nährstoffnachhaltigkeit gesteuert. Tabelle 3 zeigt die österreichische Ertragswaldfläche, gegliedert nach den drei Klassen ökologischer Einschränkungen. Das Baumverfahren wurde nur auf jenen Standorten eingesetzt, auf denen keine ökologischen Einschränkungen für den Entzug von Biomasse vorliegen. Das Stamm- und das Sortimentverfahren werden hauptsächlich dann eingesetzt, wenn mäßige oder starke Einschränkungen für den Biomasseentzug bestehen.
Tabelle 3: Ökologische Einschränkungen | ||
Ökologische Einschränkungen | Waldfläche (1000 ha) | Anteil (%) |
keine | 1655 | 49,5 |
mäßig | 898 | 26,8 |
stark | 792 | 23,7 |
gesamt | 3345 | 100,0 |
Eingesetzte Erntetechnologien
Aus den obigen Einschränkungen resultieren die einsetzbaren Ernteverfahren. In Abbildung 2 sind die geografische Verteilung der prognostizierten Nutzungseingriffe und die eingesetzten Erntetechnologien für Österreich dargestellt.
Abbildung 2: Geografische Verteilung der Nutzungen und der verwendeten Technologien
Abbildung 3: Gesamtnutzungsmenge gegliedert nach Rücketechnologien, beispielhaft für das Waldbau-Szenario
Gliedert man die theoretischen Gesamtpotenziale nach der Rückemethode, so ergibt sich folgende Verteilung (Abbildung 3): Etwa 59 % der Nutzungen können in einem Gelände durchgeführt werden, das mit Forsttraktor, Forstspezialschlepper, Harvester und Forwarder befahrbar ist. Im Seilgelände befinden sich 41 % der Nutzungsmenge. Davon ist rund ein Viertel durch Zuzug von der Forststraße erreichbar. Aufgrund der technischen Einsatzgrenzen wie Baumdimension und Nadelholzanteil sind nur etwa 4 % der Nutzungsmenge im Einsatzgelände der Gebirgsharvester. Durch den hohen Erschließungsgrad in Österreichs Wald ist der Einsatz des Langstreckenseilkranes auf 2 % der theoretischen Potenziale beschränkt.
Preisszenarien und Holzernteerlöse
Der Holzerlös wird im Wesentlichen durch die ausgeformten Sortimente (Güte- und Stärkeklassen) und die Preissituation am Holzmarkt bestimmt. Mit drei Szenarien unterschiedlicher Preisniveaus wurde versucht, der Preisentwicklung der letzten Jahre sowie der möglichen künftigen Preissteigerung Rechnung zu tragen. In den Szenarios wurden auch Zu- und Abschläge hinsichtlich Holzart und bundesländerspezifischer Preisunterschiede berücksichtigt. Weiters wurden zwei Preisszenarien durchgerechnet, die von einer starken Holzpreissteigerung ausgehen. Die Richtwerte der fünf Preisszenarien sind in Tabelle 4 ersichtlich.
Tabelle 4: Richtwerte für Preisszenarien: Fichtenblochholz der Stärkeklasse 2b, Güteklasse A/B | ||
Preisszenario | Bezugszeitraum | Preis Fichte 2b A/B (€/Efm) |
1 | Durchschnitt 2004 - 2006 | 71 |
2 | Ende 2006 | 81 |
3 | Annahme über langfristiges Preisniveau | 100 |
4 | untere Bandbreite Ölpreis zwischen 1985 - 2005 | 162 |
5 | obere Bandbreite Ölpreis zwischen 1985 - 2005 | 243 |
Kostendeckung von Holzernteeingriffen
Aus der Gegenüberstellung von Holzerntekosten und erzielbaren Erlösen resultiert der Kostendeckungsbeitrag 1, anhand dessen in HOBI über die Wirtschaftlichkeit von Nutzungseingriffen entschieden wird. Aus wirtschaftlicher Sicht sind im Nutzungspotenzial alle Holzerntemengen enthalten, für die ein positiver holzerntekostenfreier Erlös ermittelt wurde.
Unter Berücksichtigung ökonomischer, technischer und ökologischer Einschränkungen ergeben sich für fünf Preis- und drei Nutzungsszenarien die in Tabelle 5 angeführten, jährlichen Nutzungspotenziale. Sie enthalten neben Rundholz auch Rinde, Wipfelstücke, Weichfaulabschnitte, abgestorbene Stämme, Äste und Nadeln.
Endnutzungen sind immer kostendeckend, während dies bei Vornutzungseingriffen nicht so häufig der Fall ist.
Tabelle 5: Nutzungspotenziale unter Berücksichtigung der ökonomischen, technischen und ökologischen Einschränkungen in Mio. fm als Schaftholz inklusive Rinde, Ästen und Nadeln | ||||||
Nutzungsszenario | Theoretisches Gesamtpotenzial (Vfm-Äqu.) | Nutzungspotenzial für Preisszenario 1 (Efm-Äqu. i.R.) | NP für Szenario 2 (Efm-Äqu. i.R.) | NP für Szenario 3 (Efm-Äqu. i.R.) | NP für Szenario 4 (Efm-Äqu. i.R.) | NP für Szenario 5 (Efm-Äqu. i.R.) |
Konstanter Vorrat | 32,7 | 24,6 | 25,6 | 26,4 | 27,4 | 27,7 |
Waldbau | 35,7 | 25,7 | 26,9 | 27,9 | 29,1 | 29,6 |
Vorratsabbau | 38,4 | 28,1 | 29,3 | 30,3 | 31,5 | 31,9 |
Diese aus waldbaulicher Sicht wünschenswerten Eingriffe zur Erhöhung der Bestandesstabilität werden von Forstbetrieben trotzdem durchgeführt, weil sie als Investition in die Zukunft angesehen werden. Besonders in schwachen Beständen mit einem BHD unter 15 cm können die Holzerntekosten oft durch die erzielbaren Erlöse nicht abgedeckt werden. Die daraus anfallenden Nutzungsmengen wurden auf Grund des negativen Deckungsbeitrags im Nutzungspotenzial nicht berücksichtigt.