Solange der praktische Forstbetrieb noch mit erheblichen Wildbeständen leben muss, stellt sich immer wieder die Frage "baue ich einen Zaun oder helfe ich meiner Kultur durch Einzelschutz"? Wer grundsätzlich keine Zäune baut, weil er glaubt, dass sie nicht Wild dicht gehalten werden können, oder diese wegen des Auerwildes ablehnt, der hat es einfacher. Bei allen anderen werden neben immateriellen Entscheidungsgründen auch betriebswirtschaftliche Überlegungen eine Rolle spielen.

Tab. 1: Durchschnittliche Kostenstruktur des Beispielbetriebs

Tab. 1 gibt einen Überblick über die wichtigsten Entscheidungspunkte für oder gegen den Bau eines Zaunes oder für die Verwendung von Wuchshüllen als Einzelschutz. Die betriebswirtschaftliche Abwägung wäre im Prinzip nicht allzu schwierig, würden die tatsächlichen Verhältnisse immer idealisierten Modellvorstellungen entsprechen: Beispielsweise hätte ein Zaun um eine Neuaufforstung mit klar definierten Pflanzverbänden und Pflanzenzahlen je Hektar eine quadratische Form und alle Jungpflanzen wären Verbiss gefährdet. Oft ist es aber gerade nicht so: Der Zaun hat eine unregelmäßige Form, eine Naturverjüngung soll mit einer zusätzlichen Baumart ergänzt werden und nur ein Teil der Mischbaumarten benötigt einen Verbissschutz oder eine Hilfe gegen die Konkurrenzflora. Hier sollen die nachstehenden Berechnungen eine einfach zu handhabende Entscheidungshilfe aufzeigen, ein Werkzeug, ein Tool.

Datengrundlage

Tab. 2: Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale

Die beiden wichtigsten Eingabedaten sind die folgenden Variablen:

  1. Anzahl der zu schützenden Bäumchen auf der Kulturfläche und
  2. laufende Meter Zaun, um diese Fläche zu schützen.

Beide Zahlen können vom Praktiker meist leicht bestimmt werden. Die Zaunlänge durch Schrittmaß und die Pflanzenzahl durch Zählung oder Schätzung der zu schützenden Kulturpflanzen oder Naturverjüngung.

Ferner werden grundlegende Zahlen benötigt, die die Kostenstruktur der jeweiligen Forstbetriebe widerspiegeln:

A. für die Zaunvariante
  • Kosten je laufendem Meter Zaun-Bau und -Abbau (A1= 14,0 €/m)
  • Sortimentsgröße der zu pflanzenden Jungpflanze (Bergahorn (BAh) 50-80 cm; Douglasie (Dgl) 40-70 cm)
  • Pflanzenkosten (A2 = BAh 0,83 €/Pflanze; Dgl 0,99 €/Pflanze)
  • Pflanzkosten (A3 = 1,17 €/Pflanze)
  • Kulturpflege in den ersten 5 Jahren im Zaun (A4=0,3 €/Pflanze)
B. für den Einzelschutz
  • Kosten der Wuchshülle + Stab (B1 = 1,65 € bei Verwendung von Tubex Ventex 1,2 m)
  • Ggf. Entsorgungskosten Wuchshülle (B2 = 1,25 €/Pflanze)
  • Sortimentsgröße der zu pflanzenden Jungpflanzen (BAh 30-50 cm; Dgl 20-40 cm)
  • Pflanzenkosten (B3 = BAh 0,32 €/Pflanze; Dgl 0,69 €/Pflanze)
  • Pflanzkosten (B4 = 0,74 €/Pflanze)
  • Installieren der Wuchshüllen (B5 = 1,61 €/Pflanze)
  • Kosten der Kulturpflege, soweit notwendig (B6 = 0,15 €/Pflanze).

Bei der Kalkulation dieser Kosten ist davon auszugehen, dass bei Einzelschutz mit Wuchshülle meist weniger und kleinere Pflanzen gesetzt werden können. Dies führt zu geringeren Kosten für die Pflanzenbeschaffung und für die Pflanzarbeit selbst. Von einer Kulturpflege kann in den ersten Jahren, außer unter besonders schwierigen Verhältnissen (Adlerfarn, Ginster), meist abgesehen werden.

Der Vorteil der Wuchshülle, dass die Pflanzfläche Äsungsfläche für das Wild bleibt und damit die Chancen für Naturverjüngungen auf der übrigen Betriebsfläche bei gleichem Wildstand steigen, sowie andere Gesichtspunkte aus Tab. 1, sollen weitgehend außer Betracht bleiben.

Jeder Betrieb wird sich sein spezifisches Kostengerüst selbst erstellen müssen. Für die nachstehende Beispielsrechnung wird von durchschnittlichen Verhältnissen und den oben in Klammern angegebenen Werten ausgegangen (siehe auch Tab. 2). Dabei wurde ein Lohn von 35 €/h (29,41 € + 19 %) unterstellt; ferner wurden Zahlen von Wuchshüllen im Kostenvergleich, vom LWF Merkblatt: Auf die Wurzel kommt es an und vom KWF-Merkblatt: Schutzmaßnahmen gegen Wildschäden (alle umgerechnet auf Lohnhöhe 35 €/h) sowie eigene Erfahrungswerte übernommen. Bei den Entsorgungskosten wurden geringere Lohnkosten unterstellt, da hierfür keine ausgebildeten Forstfachkräfte benötigt werden. Zu berücksichtigen wäre auch, wenn die gebrauchten Hüllen als Wertstoff und damit weitgehend kostenneutral entsorgt werden können. Um die geringere Mortalitätsrate in Wuchshüllen (ca. 10 %) zu berücksichtigen, wurden die Wuchshüllenkosten/Pflanze um den Faktor C (C = 0,9) reduziert.

Kostengleichheit

Gesucht wird der geometrische Ort (Ortslinie), wo bei gegebener Zaunlänge (X-Achse) und Anzahl zu schützender Bäumchen (Y-Achse) die Kosten(K1 und K2) gleich sind.

Bei tatsächlichen Werten unterhalb der Ortslinie (Abb. 1) ist die Wuchshülle günstiger, bei Werten oberhalb ist der Zaun günstiger.

K1 (Zaun Variante) =
x (Meter Zaun) × (A1) + y (Anzahl Pflanzen) × (A2+A3+A4)

K2 (Wuchshüllen Variante mit Entsorgung) =
y (Anzahl Pflanzen) × (B1 + B2 +B3 + B4 + B5 + B6) × C

C = 0,9

Setzt man K1 = K2 ergibt sich

y = x × A1 / (B1 + B2 + B3 + B4 + B5 + B6) × C - (A2 + A 3 + A4)

Beispielsrechnung

In Zahlen ergeben sich für Bergahorn- und Douglasienkulturen (jeweils mit und ohne Entsorgung der Wuchshüllen gerechnet) folgende lineare Funktionen:

1. Bergahorn ohne Entsorgung der Wuchshülle, da diese auf der Fläche degradiert

y = 7,46 × x

2. Bergahorn mit Entsorgung der Wuchshülle

y = 4,66 × x

3. Douglasie ohne Entsorgung der Wuchshülle

y = 6,83 × x

4. Douglasie mit Entsorgung der Wuchshülle

y = 4,41 × x

Interessant ist, dass sich die Geraden weniger durch die Kostenunterschiede bei den Baumarten unterscheiden, als vielmehr durch die Frage, ob die Hüllen nach Erfüllung ihrer Funktion entsorgt werden sollen oder durch die Einwirkung der UV-Strahlung langsam in Zersetzung übergehen sollen (Abb. 1). Die Frage der Entsorgungskosten spielt daher eine wesentliche Rolle. Um diese Kosten zu optimieren, wird man wohl eine Lösung mit niedrigen Lohnkosten anstreben müssen.

Die Schnittpunkte 1, 2, 3, und 4 der senkrechten Linie in Abb. 1 mit den 4 Funktionen geben an, wo bei einer Zaunlänge von beispielsweise 300 m – unabhängig von der Zaunform – Kostengleichheit mit einer bestimmten Anzahl mit Wuchshülle zu schützender Pflanzen besteht. Liegt die tatsächlich benötigte Pflanzenzahl oberhalb des Schnittpunktes ist der Zaun günstiger, liegt sie unterhalb ist die Wuchshülle kostengünstiger. Wenn sich die Zaunlänge ändert, so sind bei allen kürzeren Längen (links vom Schnittpunkt) Zäune günstiger, bei längeren Zäunen (rechts vom Schnittpunkt) die Tubex Ventex Hüllen. Alle beliebigen Kombinationen von Zaunlänge und Pflanzenzahl, die sich in der Fläche oberhalb der Funktionsgeraden befinden, sind günstiger für die Zaunvariante, während Kombinationen unterhalb der Funktionsgeraden günstiger für die Wuchshülle sind. Zwei weitere Beispiele sollen dies noch näher erläutern.

Praktische Beispiele

1. Beispiel Abb. 2:

Bei einer Bergahorn Kultur auf 1 ha Größe (ohne Entsorgung) und 400 m Zaunlänge (quadratischer Zaunform) herrscht Kostengleichheit, wenn 400 m × 7,46 = 2.984 Bäumchen gepflanzt werden (Punkt 1). Das entspricht einer Standfläche von 3,4 m2. Werden mehr gepflanzt, befindet man sich in der weißen Fläche oberhalb der Funktionsgeraden und der Zaun ist günstiger (Punkt 2); bei weniger Pflanzen (grüne Fläche) ist jedoch die Tubex Ventex Wuchshülle günstiger (Punkt 3). Hat der Zaun bei 1 ha Fläche jedoch eine Länge von 600 m (Rechteck statt Quadrat), ist ebenfalls die Hülle günstiger (Punkt 4 liegt in der grünen Fläche).

2. Beispiel Abb. 3:

Eine Buchen Naturverjüngung von ca. 1 ha Größe soll mit Douglasien ergänzt werden (mit Entsorgung der Hüllen). Kostengleichheit herrscht bei quadratischem Zaun, wenn 400 m × 4,41 = 1.764 Douglasien gepflanzt würden (Punkt 1). Da aber nur 600 Pflanzen benötigt werden, befindet man sich in der grünen Fläche unterhalb der Funktionsgeraden, wo die Tubex Ventex Hülle günstiger ist (Punkt 2). Tatsächlich handelt es sich aber um keine quadratische Fläche, sondern um ein ungleiches Viereck mit einer Zaunlänge von 680 m von etwa 1 ha Fläche. Der Schnittpunkt 600 Pflanzen × 680 m Zaunlänge (Punkt 3) liegt noch weiter unterhalb der Funktionsgeraden. Der Vorteil der Ventex Wuchshüllen ist somit noch größer.

Zusammenfassung

In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob ein Zaun oder die Verwendung einer Wuchshülle die betriebswirtschaftlich günstigere Lösung darstellt, um eine Kultur zu schützen. Neben dem Kostenrahmen, der pro Betrieb einmal erfasst werden muss, wird eine Lösung für die einzelne Kulturfläche dargestellt, die vor Ort, also für den Praktiker einfach zu handhaben ist. Zu erfassen ist lediglich die eventuell benötigte Zaunlänge und die Anzahl der zu schützenden Pflanzen. Je nachdem, ob der Schnittpunkt dieser beiden Variablen oberhalb oder unterhalb der Funktionsgeraden liegt, ist Zaun beziehungsweise Wuchshülle günstiger. Bei den praktischen Beispielen wurden durchschnittliche Kosten bei Verwendung der Ventex Wuchshülle von Tubex unterstellt.