Österreich ist eines der waldreichen Länder in der Europäischen Union. Mit nunmehr 4,02 Millionen Hektar erreicht der österreichische Wald fast die gesamte Flächenausdehnung unseres Nachbarlandes Schweiz (4,13 Millionen ha) oder der Niederlande (4,15 Millionen ha). Mit einer Waldausstattung von rund 48 % der Staatsfläche liegt Österreich nicht nur im europäischen Spitzenfeld, sondern ist nach Slowenien auch das am dichtesten bewaldete Land Mitteleuropas.
Umgelegt auf die Bevölkerung entfallen in Österreich knapp ein halber Hektar Wald je Einwohnerin und Einwohner; das ist rund drei Mal so viel wie in unseren Nachbarländern Schweiz und Deutschland bzw. fast doppelt so viel wie in Tschechien.
Waldinventur: Zwischenauswertung 2016/18
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Ein stetiges Anwachsen der Waldfläche Österreichs kann bereits seit der ersten Erhebungsperiode der Österreichischen Waldinventur (ÖWI) 1961/70 von damals 3,69 Millionen auf nunmehr 4,02 Millionen Hektar beobachtet werden. Diese Zunahme des Waldes um rund 330.000 ha in einem halben Jahrhundert entspricht fast der Hälfte der Landesfläche von Salzburg (715.000 ha) oder mehr als einem Drittel von Kärnten (954.000 ha).
Dieser Trend zu mehr Wald in Österreich hat sich auch im Zuge der aktuellen ÖWI-Zwischenauswertung 2016/18 fortgesetzt: Der Wald hat sich seit der ÖWI 2007/09 um knapp 31.000 ha vergrößert, dieser Wert entsteht aus der Differenz der Waldflächenzugänge von 76.000 ha und den Abgängen von 45.000 ha. Bezogen auf den Beobachtungszeitraum von neun Jahren, nimmt die Waldfläche jährlich um rund 3.400 ha zu. Damit verlangsamt sich die Waldflächenzunahme von 7.700 ha (ÖWI 1992/96) über 5.100 ha (ÖWI 2000/02) und 4.300 ha (ÖWI 2007/09) auf nunmehr 3.400 ha pro Jahr. Umgelegt bedeutet dies: Österreichs Waldfläche wächst jährlich im Ausmaß der Stadtgemeinde Enns. Oder ein weiterer, seit über 20 Jahren zitierter, traditioneller Vergleich: Die Waldfläche Österreichs wächst um 4.762 Fußballfelder pro Jahr.
Vor allem Grünland wird zu Wald
Die laufende Waldflächenveränderung ist ein sehr komplexer, dynamischer Prozess, der nicht allein auf aktive menschliche Eingriffe – wie Neuaufforstungen oder Rodungen – zurückzuführen ist. Vor allem in Bereichen, wo Grünland nicht mehr bewirtschaftet wird, oder auf landwirtschaftlichen Grenzertragsstandorten kann sich der Wald bei Fehlen anderer Landnutzungsformen neuen Lebensraum erschließen.
Entlang der Waldränder, der natürlichen Sukzession folgend, und im Schutze des sich ausbreitenden Kronendaches siedeln sich Strauch- und Baumverjüngung an. Kann sich ausreichend vitale Naturverjüngung entwickeln, die sich auch nach dem Verlust des schützenden Kronendaches der alten Randbäume als überlebensfähig erweist, bleiben diese ehemaligen Grünlandflächen auch weiterhin Wald.
Rund die Hälfte der 76.000 ha neuer Waldfläche stockt auf ehemaligen Weiden, Almen und Mähwiesen, ein weiteres Drittel auf Felsen, Rutschflächen, Zwergstrauchheiden, Röhricht und dergleichen. Weitere 10 % entstammen Äckern, Brachen und Obstgärten. Umgekehrt entfällt aber auch fast die Hälfte des Waldflächenabganges von 45.000 ha auf gegenwärtig (wieder) landwirtschaftlich genutzte Flächen wie Weiden, Almen und Mähwiesen sowie ein Viertel auf exponierte Naturflächen und Extremstandorte. Rund ein Sechstel dieser ehemaligen Waldflächen wird nunmehr als Verkehrsflächen oder für Bergbau, Industrie und Gewerbe genutzt.
Abbildung 2: In allen Seehöhestufen finden etwa gleich viele Waldflächenzugänge statt. Die Abgänge sind jedoch recht verschieden. Daher ist die Zunahme insgesamt oberhalb von 1800 m am stärksten.
Diese Ausbreitung des Waldes führt zu einer Vielzahl positiver Effekte, etwa beim Boden- und Erosionsschutz, der Speicherung von Grund- und Niederschlagswasser, dem Schutz vor Naturgefahren, aber auch als Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten. Auch zum Klimaschutz trägt der Wald durch Bindung von atmosphärischem Kohlendioxid bei und stellt den natürlichen, erneuerbaren und vielseitig verwendbaren Rohstoff Holz zur Verfügung.
Allerdings werden in manchen Regionen auch schon negative Auswirkungen der stetigen Waldflächenzunahme beklagt, wie etwa der Verlust anderer artenreicher Biotope wie das Zuwachsen von Bergwiesen und Mooren sowie monotoner werdende Landschaften mit geringerer Attraktivität für den Tourismus und sinkendem Erholungswert.
Abbildung 2: In allen Seehöhestufen finden etwa gleich viele Waldflächenzugänge statt. Die Abgänge sind jedoch recht verschieden. Daher ist die Zunahme insgesamt oberhalb von 1800 m am stärksten.
Waldzunahme insbesondere in Gebirgslagen
Sieht man sich die Waldflächenentwicklung nach Seehöhenstufen genauer an, fällt zunächst eine relativ gleichmäßige Verteilung der Waldflächenzugänge von rund 17.000 ha bis 20.000 ha in allen Seehöhenstufen auf (Abbildung 2). In den Seehöhenstufen bis 599 m und zwischen 600 und 1199 m sind die Zugänge an Waldfläche fast doppelt so groß wie die Abgänge und ergeben somit eine bilanzierte Waldflächenzunahme von rund plus 8.000 bzw. 7.000 ha.
In der Seehöhenstufe von 1200 bis 1799 m halten sich die positiven und negativen Waldflächenveränderungen hingegen annähernd die Waage, was rein rechnerisch zu einem relativ kleinen positiven Saldo an Waldflächenzunahme führt, wozu aber in der aktuellen Zwischenauswertung mit halben Stichprobenumfang keine statistisch abgesicherte Aussage getroffen werden kann.
Ab 1800 m Seehöhe sind nur sehr geringe Abgänge an Waldfläche zu verzeichnen, weshalb mit rund 13.000 ha mehr als 40 % der gesamten bilanzierten Waldflächenzunahmen in dieser Hochlagenstufe vorkommen. Etwa 300.000 ha Wald stehen aktuell in einer Seehöhe ab 1800 m. Somit entfallen 4 % des Waldes dieser Höhenstufe auf Neubewaldung in den letzten neun Jahren.
Die Waldinventur zeigt klar, dass die Waldgrenze nach oben wandert (Im Bild: Herbstwald im Gesäuse/Steiermark, Foto: Anna-Maria Walli)
Auffallend war bereits bei der Auswertung der letzten Erhebungsperiode 2007/09, dass damals schon knapp 6 % der gesamten Waldfläche über 1800 m Seehöhe auf neu bewaldete ehemalige Nichtwaldflächen entfielen. Somit sind rund 10 % des Waldes über 1800 m auf Neubewaldung in den letzten beiden Dezenien zurückzuführen. Sind das Auswirkungen des Klimawandels oder nur der Rückzug der Landwirtschaft aus dem Hochalmgebiet? Eine eindeutige Antwort ist derzeit kaum möglich. Sicher ist aber, dass beide Faktoren gemeinsam wirken und dass die Waldgrenze nach oben wandert. In Zukunft wird die ÖWI detaillierte Analysen mit Hilfe der Fernerkundung durchführen und damit eine klare Antwort geben können.
Weniger Ausschlagwald, mehr Schutzwald
Laut aktueller Zwischenauswertung nimmt der Ausschlagwald um rund 16 % oder fast 15.000 ha seit der ÖWI 2007/09 ab. Insbesondere Landausschlagwälder in Form oberholzreicherer Mittelwälder werden natürlich oder gezielt bei reichlicher Verjüngung über Kernwüchse in ertragsreicheren Hochwald übergeführt.
Der Schutzwald legt hingegen um rund 40.000 ha zu. Im bewirtschafteten Schutzwald im Ertrag sind es rund 15.000 ha und im sehr eingeschränkt oder nicht bewirtschafteten Schutzwald außer Ertrag rund 25.000 ha.
Schließlich sind es vor allem höher gelegene Standorte, auf denen die Neubewaldung zum großen Teil stattfindet und die den Schutzwaldcharakter sehr häufig schon vorgeben. Die Ertragswaldfläche insgesamt nimmt nach der vorliegenden Zwischenauswertung tendenziell geringfügig ab (- 0,36 %), wobei diese Tendenz innerhalb des Fehlerrahmens liegt und somit statistisch nicht abgesichert ist.
Weniger Fichte – Nadelholz insgesamt rückläufig
Seit den 1980er Jahren ist eine Abnahme der mit Fichten bestockten Fläche im bewirtschafteten Ertragswald beobachtbar, dies hat sich auch bei der ÖWI-Zwischenauswertung 2016/18 fortgesetzt. Im Vergleich zur Vorperiode hat die Fichtenfläche neuerlich um rund 48.000 ha abgenommen und macht derzeit nur mehr rund 49 % der Ertragswaldfläche aus (In der Erhebungsperiode 1986/90 betrug der Anteil noch mehr als 56 %.).
Seither hat die Fichte rund 224.000 ha an Ertragswaldfläche eingebüßt. Die Weißkiefer hat im Vergleich zur Vorperiode ebenfalls um rund 17.000 ha an Fläche verloren, seit der ÖWI 1986/90 insgesamt nunmehr rund 55.000 ha. Auch die Lärche und sonstige Nadelhölzer zeigen eine leicht rückläufige Tendenz. Das Nadelholz insgesamt hat im Ertragswald im Vergleich zur Vorperiode um rund 73.000 ha abgenommen, seit der Erhebungsperiode 1986/90 um 287.000 ha.
Mehr Buche, mehr Sträucher – weniger Weichlaubholz
Die mit Rotbuche bestockten Flächen nahmen im Ertragswald um insgesamt fast 22.000 ha zu, während die Eichen- und übrigen Hartlaubholzflächen annähernd gleich blieben. Das flächige Vorkommen der Weichlaubhölzer ist hingegen um rund 14.000 ha zurückgegangen.
Waldsträucher haben vor allem als Beimischung rund 33.000 ha an Fläche im Ertragswald zugewonnen. Auch als Füllhölzer auf kleineren Bestandeslücken steigt der Anteil der Sträucher (31.000 ha), während vorübergehend unbestockte Bestandeslücken ohne Sträucher rückläufig sind (-20.000 ha).
Die mit Laubhölzern bestockten Ertragswaldflächen zeigen nach der vorliegenden Zwischenauswertung der ÖWI weiterhin eine leicht steigende Tendenz. Diese vergleichsweise geringe Flächenzunahme liegt innerhalb des Fehlerrahmens und lässt keine gesicherte Aussage zu, zumal die Ertragswaldfläche insgesamt geringfügig abnehmende Tendenz zeigt. Seit der ÖWI 1986/90 wuchs die mit Laubhölzern bestockte Ertragswaldfläche um mehr als 130.000 ha, die der Waldsträucher als Beimischung im Bestand um rund 42.000 ha.
Trend zu laubholzreicheren (Misch-)Beständen setzt sich fort
Neben den ideellen Flächenanteilen der einzelnen Baumarten sind vor allem auch deren Vergesellschaftung und Mischung im Bestand von Bedeutung. Dabei zeigt sich schon über mehrere Erhebungsperioden ein Trend zu laubholzreicheren (Misch-)Beständen bei gleichzeitigem Rückgang der Fichten- und Nadelholzreinbestände. Dieser Trend setzt sich bei der aktuellen ÖWI 2016/18 fort, wenngleich in etwas abgeschwächter Form (Abbildung 3).
Abbildung 3: Laubholz- und Laubholzmischbestände nehmen auf Kosten von Nadelholzreinbeständen weiter zu
Im Vergleich der ÖWI-Perioden 1992/96 und 2000/02 nahmen die Laubholz- und Mischbestände in sieben Jahren bei gleichzeitigem Rückgang der Nadelholz- und Fichtenreinbestände noch um 3 % zu, bei den beiden letzten Inventuren 2000/02 und 2007/09 in sieben Jahren immerhin noch um 2 %. Im aktuellen Vergleich stieg der Anteil der Laubholz- und Mischbestände innerhalb von neun Jahren nur noch um rund 1 %, der Anteil der Fichtenreinbestände blieb annähernd gleich.
Mehr Wald – Trend zu naturnäherer Waldbewirtschaftung hält an
Relativ kurze Beobachtungszeiträume zwischen den einzelnen Waldinventuren (fünf bis zehn Jahre) stehen dem lang¬samen Baumwachstum mit Umtriebs¬zeiten von 100 und mehr Jahren gegenüber. Kleine Veränderungen bewirken somit langfristig spürbare Auswirkungen.
Aufgrund des geringeren, halben Stichprobenumfanges der aktuellen Zwischenauswertung konnte zu manchen Thematiken keine statistisch abgesicherte Aussage getroffen werden. Hier können nur tendenzielle Veränderungen festgestellt und die Ergebnisse der Gesamtauswertung 2016/21 abgewartet werden. Die Flächennachhaltigkeit des österreichischen Waldes ist aber mit der bilanzierten Waldflächenzunahme der aktuellen Zwischenauswertung von knapp 31.000 ha jedenfalls gesichert.
Abbildung 4: Der Waldlayer der ÖWI zeigt Veränderungen im Detail auf. Rechts sieht man eine Schottergrube und landwirtschaftliche Flächen, die zuvor (Bild links) noch Wald waren. |
Ob auch zukünftig eine Zunahme der Waldfläche – insbesondere in bereits waldreichen Regionen – weiterhin erwünscht ist, muss durch die politischen Akteure im Rahmen der Raumplanung und der Entwicklung des ländlichen Raumes entschieden werden.
Der weiterhin anhaltende Trend weg von Nadelholz- und Fichtenreinbeständen hin zu laubholzreicheren Mischwäldern und der steigende Anteil an Sträuchern auf Bestandeslücken und als Beimischung im österreichischen Wald weisen auf eine naturnähere Waldbewirtschaftung hin.
In Zukunft werden die Ergebnisse der Waldflächenentwicklung durch Fernerkundungsauswertungen unterstützt. Die ÖWI hat einen österreichweiten Waldlayer erstellt und wird auf dessen Basis im dreijährigen Zyklus Waldflächenveränderungen detailgenau dokumentieren.