Optische Satellitendaten und Luftbilder aus der regelmäßigen bundesweiten Befliegung eignen sich besonders für ein regelmäßiges Monitoring und die Kombination mit der ÖWI. Diese Daten ergänzen sich sehr gut. Luftbilder haben mit 0,2 m eine sehr hohe räumliche Auflösung, sind aber nur alle drei Jahre verfügbar. Satellitendaten haben oft eine viel höhere zeitliche Auflösung (viele Aufnahmen in einem Jahr), die einzelnen Pixel sind jedoch viel größer (z.B. 10 m).

Abbildung 1: Die 3D-Punktewolke roh mit Echtfarben, Infrarot-Falschfarben, klassifiziert und ausreißerbereinigt.

Klassen
hellgrün: niedrige Vegetation
dunkelgrün: höhere Vegetation
blau: Schatten
grau: keine Vegetation
rot: Totholzverdacht
pink: Ausreißer

Für die ÖWI sind momentan vor allem die Daten des Sentinel 2-Satelliten interessant, weil diese kostenfrei zur Verfügung stehen. Eine wichtige Basis für die Auswertungen dieser Daten bildet das Ein-Meter-Geländemodell, das aus Laserscanningdaten berechnet wurde.

Der Rohdiamant wird geschliffen

Wie beim Rohdiamanten müssen die Rohdaten der Fernerkundung in vielen Schritten "veredelt" werden, bis das Schmuckstück letztlich fertig ist. Aus den Luftbildern wird zunächst in einem sehr zeitintensiven Rechenvorgang die sogenannte 3D-Punktewolke ermittelt – der Grobschliff.

Im Grobschliff bekommen alle Punkte x-, y- und z-Koordinaten zugewiesen und zusätzlich noch die Farbinformationen rot, grün und blau. Der Grobschliff ist für ganz Österreich für die Jahre 2014 bis 2016 fertig gestellt, die erste Wiederholungsauswertung im 3-Jahreszyklus läuft hingegen noch. Die bundesweite Abdeckung umfasst 5,4 Billionen Punkte, die im Feinschliff weiter veredelt werden müssen. Was passiert hier?

Der Feinschliff

Zum Erkennen von Vegetation ist unbedingt das nahe Infrarot erforderlich. Dieses wird im ersten Feinschliff hinzugefügt und danach wird die Punktewolke klassifiziert. Derzeit wird für jeden Punkt alle 20 cm unterschieden, ob er auf lebende Vegetation fällt, ob er im Schatten liegt oder ob Verdacht besteht, dass er zu einem abgestorbenen Baum gehört. Sehr wichtig ist auch ein Filter, mit dem Ausreißer, also fehlerhafte Höhen-Koordinaten, gefunden werden. Denn neben der Seehöhe wird auch für jeden Punkt die Höhe über dem Boden abgespeichert.

Diese Entwicklungen sind schon weit gediehen, die Anwendung für ganz Österreich wird aber noch bis ins Jahr 2020 dauern. Einmal abgeschlossen wird dieser Feinschliff die Grundlage für verschiedenste Schmuckstücke sein können. Verbesserte Schaftholz-, Derbholz- und Biomassenberechnungen, Ableitung von Waldstrukturen, die über Stabilität, stehendes Totholz und Schutzwirkung des österreichischen Waldes Aussagen erlauben werden. Längerfristig sind dann Veränderungsanalysen im 3-Jahres-Rhythmus interessant: Aussagen zur Nutzung und Mortalität sowie längerfristig auch zum Zuwachs werden angepeilt.

Die Wächter aus dem All

Das Sentinel(=Wächter)-Programm der europäischen Weltraumbehörde stellt derzeit für die ÖWI die interessanteste Datengrundlage mit hoher zeitlicher Auflösung zur Verfügung. Den Rohdiamanten können wir uns gratis aus dem Internet besorgen, aber auch diese Daten müssen veredelt werden.

Bei der Vorprozessierung müssen wir zunächst Wolken, Wolkenschatten, Dunst und Schnee ausblenden oder maskieren. Das verringert deutlich die gültigen Datenpunkte, wie ein Ausschnitt für die Waldflächen bei Lunz am See zeigt (Abbildung 3). Daten von waldfreien Flächen wurden zuvor mit dem Waldlayer ausgeschnitten, in der Abbildung ist hier die durchscheinende Luftbildkarte (grün) ersichtlich.

400 Millionen Modelle

Aus der Zeitreihe jedes einzelnen 10 m-Pixels berechnet die Waldinventur ein Vegetationsentwicklungsmodell. Ein solches Modell versucht, zum Beispiel in einem Fichtenwald aus den gültigen Bilddaten (kleine Kreise mit schwarzem Rand) einen durchschnittlichen Verlauf eines Vegetationsindexes zu berechnen, der hier durch die starke grüne Linie dargestellt ist (Abbildung 4).

Dieser Index zeigt Veränderungen des Chlorophyllgehaltes in der Vegetation besonders deutlich an. Die schwachen rosa und grünen Linien sind das dazugehörige Vertrauensintervall. Im Jahr 2017 waren hier relativ wenige Datenpunkte vorhanden. 2018 sind es deutlich mehr. Insgesamt ist aber der Unterschied im Niveau zwischen den beiden Jahren gut erkennbar.

Im Winter muss eine Schädigung erfolgt sein, weil schon die ersten Datenpunkte 2018 bei ca. 0,3 sehr niedrig liegen. Insgesamt werden für ganz Österreich derzeit alle 400 Millionen Pixel ausgewertet, die auf die Waldflächen fallen. Mit dieser Methode können Nutzungen und Schäden genau lokalisiert werden. Als Beispiel ist wieder das Gebiet südlich von Lunz dargestellt (Abbildung 5).

Alle Pixel, die ähnlich aussehen wie jenes, für das die Zeitreihe dargestellt ist, werden in der Karte rot dargestellt. Ist die Schädigung nicht ganz so deutlich erkennbar, werden die Pixel gelb eingefärbt. Damit ist die Wahrscheinlichkeit der Aussage erkennbar.

In den meisten Fällen lassen sich rückwirkend die deutlichen Schäden durch einen Schneebruch im Winter 2017/18 zeigen. Die im Bild links oben festgestellten Abweichungen vom Modell sind jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit nicht interpretierbar. Sie fallen auf einen steilen Nordhang, wo auch in zwei Jahren viel zu wenig gültige Datenpunkte vorhanden sind (Abbildung 3). Diese werden daher für die endgültige Auswertung aus der Karte eliminiert.

Schäden im Winter – ein schwieriges Problem

Veränderungen im Verlauf eines Vegetationsindex können noch relativ leicht und vollautomatisch erkannt werden. Die Zuordnung solcher Abweichungen zu einer Ursache ist ungleich schwieriger. Die Waldinventur arbeitet schon seit einiger Zeit daran, verschiedene Muster von Abweichungen mit der Ursache in Verbindung zu bringen. So wäre es natürlich wünschenswert, normale Nutzungen von Kalamitäten automatisiert trennen zu können. Diese Entwicklungen werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen und eine 100%-ige Ursachenzuordnung ist wahrscheinlich nicht möglich.

Im gezeigten Beispiel "Schneebruch südlich von Lunz" sind keine gültigen Datenpunkte zum Zeitpunkt des Schadenseintrittes verfügbar, da er eben bei Schneelage aufgetreten ist. Es gibt derzeit keine Satellitensensoren, die sinnvolle Informationen über die Vegetation unter Schnee liefern können. Hier werden statt der Fernerkundung die "Sachlogik" und oft auch das lokale Wissen benötigt, um so einen Schaden als Schneebruch klassifizieren zu können. Ähnliches gilt auch für Sturmschäden im Spätherbst und Winter.

Für den Borkenkäfer gibt es oft viel mehr Datenpunkte von den "Wächtern" aus dem All. Aber auch hier wird die automatische Klassifikation an Grenzen stoßen, weil die Bäume unterschiedlich auf Borkenkäferattacken reagieren. Der Zeitraum, in dem die Bäume sich verfärben und braun werden, ist verschieden lange und das erschwert die automatische Klassifikation. Darüber hinaus werden bei der Aufarbeitung auch lebende Bäume genutzt, die noch keine Verfärbung der Krone gezeigt haben.

Wie aktuell können Auswertungen gemacht werden?

Leider ist derzeit noch kein Verfahren entwickelt, mit dem Kalamitäten vorhergesehen werden können. Die gezeigten Auswertungen dienen aber sicherlich dazu, um bei einem Borkenkäferbefall Gebiete mit höherem Risiko von anderen zu unterscheiden.

Das BFW wird ab heuer nicht nur für die vergangenen Jahre Informationen anbieten, sondern auch innerhalb eines laufenden Jahres bundesweite Analysen zum Zustand des Waldes bereitstellen. Dabei wird die oben beschriebene Methode zum Einsatz kommen. Klar ist aber auch: Je kürzer die Zeit zwischen Ereignis und Berechnung ist, umso schwieriger können solche Schäden mit ausreichender Sicherheit kartiert werden.

Was wird sich ändern?

Die Hauptauswertung der ÖWI am Ende der sechsjährigen Erhebungsperiode 2016/2021 wird nicht nur ein neues Gesicht im Webauftritt bekommen (www.waldinventur.at). Ab 2021 werden Jahresergebnisse angeboten, die nicht mehr ausschließlich auf den österreichweit 22.000 Stichprobeflächen, die Hälfte davon auf Wald, beruhen. Dank der Kombination mit der Fernerkundung werden die Vertrauensintervalle kleiner werden und daher Auswertungen für kleinere Gebiete möglich sein, wie zum Beispiel für Gemeinden.

Darüber hinaus sind in den Sommermonaten vier- bis sechswöchige Updates über den Waldzustand mittels der Satellitendaten ab heuer möglich. Bei konkreten Schadereignissen, die räumlich grob abgegrenzt werden können, bieten wir je nach Verfügbarkeit von wolken- und schneefreien Satellitendaten Auswertungen an. Das BFW bietet schon derzeit Dienste zur Unterstützung von Forsteinrichtungen an, wie zum Beispiel detaillierte Vorratskarten. Diese werden laufend erweitert und qualitativ verbessert.

Einige Grundsätze für die Entwicklungen der ÖWI

  • Fernerkundungsmethoden entwickeln sich rasant.
    • Ausreichend flexible Lösungen
  • Die meisten Erhebungsparameter sind mit Fernerkundungsmethoden nicht erfassbar.
    • Fernerkundung kann Tätigkeiten im Wald nicht ersetzen.
  • Qualitätsbeschreibung, z.B. ein Vertrauensintervall, ist unbedingt erforderlich.
    • Bunte Karten zeichnen ist nicht genug.
  • Bei der ÖWI müssen die Methoden für ganz Österreich funktionieren.
    • Reine Kleingebiets-Lösungen sind für die ÖWI nicht möglich.
  • Daten der Fernerkundung müssen zur Verbesserung der statistischen Schätzwerte verwendet werden können.
    • Mehrfachnutzen der Fernerkundung
  • Es werden Daten verwendet, die für die ÖWI ohne Zusatzkosten verfügbar sind.
    • Keine Zusatzkosten in der Datenbeschaffung