Die FGR bildet einen zusammenhängenden, buchhalterischen Rahmen, der an die besonderen Gegebenheiten der Forstwirtschaft angepasst ist. Die FGR stellt ein Satellitenkonto der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) der Schweiz dar. Sie übernimmt somit die Grundregeln des Zentralrahmens der VGR (Inlandkonzept, Kontenabfolge, Produktionsgrenze, Bewertungskonzepte, usw.). Die methodologischen Prinzipien, auf welchen die FGR aufgebaut ist, sind auf europäischer Ebene harmonisiert, was Vergleichsanalysen mit über 30 Ländern ermöglicht.
Entstehungsgeschichte
Bis zum Jahr 1990 existierte für die Forstwirtschaft kein kohärentes System, welches den forstwirtschaftlichen Wirtschaftsbereich mit der VGR verbindet. Aussagen zur Bedeutung der Schweizer Forstwirtschaft in Bezug auf die Gesamtwirtschaft der Schweiz wie auch internationale Vergleiche waren somit nicht möglich. Aus diesem Grund erarbeitete das Bundesamt für Statistik (BFS) 1990 einen methodischen Rahmen für eine Forstwirtschaftliche Gesamtrechnung, welche die wirtschaftliche Leistung der Forstbranche in der Schweiz abbilden soll.
Modell der FGR
Gestützt auf die Methode von Eurostat (statistisches Amt der EU) beschreibt die FGR den Produktionsprozess und das Primäreinkommen der Branche «Forstwirtschaft» und liefert Angaben zu deren Vermögensänderungen und der Vermögensbilanz.
Das Branchenkonto "Forstwirtschaft" modelliert die vier Bereiche "Öffentliche Forstbetriebe", "Privatwald", "Forstunternehmen" und "Forstbaumschulen" (Abb. 1).
Bereich "Öffentliche Forstbetriebe und öffentlicher Kleinwald"
Den grössten Wirtschaftsbereich wie auch den Kern des FGR-Modells bilden die öffentlichen Forstbetriebe sowie der öffentliche Kleinwald. Die Forstbetriebe und der öffentliche Kleinwald erzeugen stehendes Holz (Bäume, die noch nicht gefällt sind), Rohholz, forstwirtschaftliche Dienstleistungen und Sachgüter, wie z.B. Energieholz oder Christbäume.
Bereich "Privatwald"
Beim Privatwald handelt es sich vorwiegend um kleine Bewirtschaftungseinheiten (<2 ha Wald pro Eigentümer). Der Bereich des Privatwaldes erzeugt hauptsächlich stehendes Holz und Rohholz, wobei ein Teil für den Eigenverbrauch verwendet wird (v.a. Energieholz).
Bereich "Forstunternehmen"
Die Forstunternehmen erbringen einerseits Lohnarbeiten für die Forstbetriebe (Holzernte- und Rückearbeiten) und andererseits kaufen sie bei den Waldeigentümern (private und öffentliche) stehendes Holz, dass sie zu Rohholz aufarbeiten und auf dem Holzmarkt verkaufen.
Bereich "Forstbaumschulen"
Obschon die Forstbaumschulen einen Grossteil der Produktion (forstliches Pflanzgut) ausserhalb der Forstbranche absetzen, wird dieser Bereich aus Kohärenzgründen und zwecks einer vollständigen Abdeckung der forstwirtschaftlichen Tätigkeiten ins FGR-Modell miteinbezogen.
Abgrenzung
Die Abdeckung der forstwirtschaftlichen Tätigkeiten kennt gewisse Grenzen. Nicht in der FGR enthalten sind:
- Weihnachtsbaumkulturen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen (erfasst in der Landwirtschaftlichen Gesamtrechnung LGR).
- die Holzernte ausserhalb des Waldes (Hecken, Gärten, Parks, Obstkulturen, Reben, usw.).
- das Sammeln von Beeren und Kastanien im Wald.
Seit 2016 werden die Vorräte des stehenden Holzes sowie der Zuwachs der Wälder (unfertige Erzeugnisse) monetär bewertet, insofern deren ökonomischer Wert positiv ist. Diese Bewertung befindet sich noch in der Pilotphase. Daher werden die Ergebnisse vorerst nicht im Branchenkonto "Forstwirtschaft" ausgewiesen und fliesst aktuell nicht in die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ein.
Zudem wird die Multifunktionalität des Waldes durch die FGR nur teilweise bewertet, da diese auf die vermarktbare wirtschaftliche Produktion insbesondere im Zusammenhang mit der Holzernte fokussiert ist. Die FGR bildet zwar die effektiven Geldströme (Produktionskosten und Beiträge der öffentlichen Hand) im Zusammenhang mit "nichtmarktlichen" Leistungen zugunsten der Allgemeinheit (Erhaltung der Schutzleistungen des Waldes, Förderung der Biodiversität, Unterhalt von Naturlehrpfaden usw.) ab. Im Wert der Produktion, der Wertschöpfung und beim Vermögen widerspiegeln sich diese nichtmarktlichen Schutz-, Freizeit- bzw. Biodiversitätsfunktionen jedoch nicht. Ebenso wenig fliessen die Beeinträchtigungen des Ökosystems Wald (Verschlechterung der Grundwasser- oder Bodenqualität, Verringerung der Biodiversität, der Waldfläche usw.) - egal ob durch Holzernte oder durch andere Aktivitäten oder Phänomene verursacht - in die Berechnung ein.
Datengrundlagen
Datengrundlage der Forstwirtschaftlichen Gesamtrechnung bilden folgende Statistiken:
- Schweizerische Forststatistik (BFS),
- Betriebszählungen des primären Wirtschaftssektors (BFS),
- Forstwirtschaftliches Testbetriebsnetz (TBN) der Schweiz (BFS, BAFU),
- Produzentenpreisindex (BFS),
- Landesindex der Konsumentenpreise (BFS),
- Erhebung Rohholzpreise (BFS, WaldSchweiz),
- Schweizerisches Landesforstinventar (LFI) (WSL),
- Schweizerische Bau- und Wohnungsstatistik (BFS),
- Landwirtschaftliche Produktionsmittelindizes (SBV),
- Statistik der öffentlichen Finanzen (EFV),
- Kennzahlen des Verbands Schweizerischer Forstunternehmungen (FUS).
Verteilungsrechnung
Die gewonnen Informationen aus dem Modell der FGR werden in der Verteilungsrechnung strukturiert dargestellt. Diese erfasst sämtliche Transaktionen des Produktionsprozesses, von der Entstehung des Einkommens über dessen Verteilung und Umverteilung bis hin zur Vermögensbildung (Tab. 1).
Das Produktionskonto beschreibt den Produktionsprozess von Gütern und Dienstleistungen der Branche "Forstwirtschaft". Es enthält auf der Aufkommensseite den Produktionswert und auf der Verwendungsseite die Vorleistungen. Die Bruttowertschöpfung ergibt sich aus dem Saldo von Produktionswert und den Vorleistungen. Werden die Abschreibungen abgezogen, ergibt sich daraus die Nettowertschöpfung.
Das Einkommensentstehungskonto beschreibt die Verteilung der Wertschöpfung auf das Arbeitnehmerentgelt und die Produktionsabgaben abzüglich der sonstigen Subventionen. Der Saldo wird als Betriebsüberschuss (für Kapitalgesellschaften) oder als Selbständigeneinkommen (für unabhängige Haushalte) bezeichnet.
Das Unternehmensgewinnkonto gibt Aufschluss darüber, inwieweit die gezahlten und empfangenen Zinsen und Pachten den Bruttobetriebsüberschuss decken. Es weist den Bruttounternehmensgewinn aus. Durch Abzug der Abschreibungen erhält man den Nettounternehmensgewinn.
Damit der Produktionsprozess so umfassend wie möglich abgebildet werden kann, werden Elemente des Vermögensbildungskontosund des Vermögenskontos bewertet. Dabei wird der Akzent auf die Entwicklung und den Zustand des produktiven Vermögens gelegt. Dies geschieht über die Bruttoanlageinvestitionen, die Abschreibungen, die Vorratsveränderungen und die Bewertung der Vermögensgüte.
Bruttowertschöpfung des Primärsektors
Der Primärsektor hat in Bezug auf die Wertschöpfung der Schweizer Wirtschaft mit einem Anteil von 0.7% (2019) eine geringe Bedeutung (Abb. 2). Der mit Abstand grösste Teil der Wertschöpfung des Primärsektors entfällt auf die Landwirtschaft, obschon deren Beitrag zur Wertschöpfung in der Schweiz über die letzten drei Jahrzehnte deutlich abgenommen hat. Die Forstwirtschaft hat mit einem Wertschöpfungsanteil von 0.05% (2019) fast keine wirtschaftliche Bedeutung in der Schweiz (Abb. 2).
Abb. 2 – Anteil der Bruttowertschöpfung des Primärsektors an der Schweizer Wirtschaft von 1990 bis 2019.
Produktionswert der Forstwirtschaft
Der Produktionswert der Güter und Dienstleistungen der Schweizer Forstwirtschaft liegt im Jahr 2019 bei 691 Mio. CHF. Davon entfallen 58% auf die Produktion von forstlichen Gütern, 26% auf die forstlichen Dienstleistungen und 16% auf nichtforstliche Nebentätigkeiten (Abb. 3).
Abb. 3 – Produktionswert der Schweizer Forstwirtschaft zu laufenden Herstellungspreisen von 1990 bis 2019
Deutlich sichtbar ist der Effekt von Stürmen (Vivian 1990 und Lothar 1999). auf die Produktion der Forstwirtschaft. Werden die sturmbedingten Ausreisser nicht berücksichtigt, ist der Produktionswert der Schweizer Forstwirtschaft über die letzten drei Jahrzehnte insgesamt relativ konstant geblieben. Allerdings hat sich der Güter- und Dienstleistungsmix verändert. Die Bedeutung der forstlichen Güter im Produktionsmix hat zugunsten der nichtforstlichen Nebentätigkeiten abgenommen (Abb. 3 und Abb. 4).
Abb. 4 – Index des Produktionswertes der Schweizer Forstwirtschaft zu laufenden Herstellungspreisen von 1990 bis 2019.
Verteilungsrechnung
Tabelle 2 zeigt detailliert sämtliche Transaktionen des Produktionsprozesses des Wirtschaftssektors "Forstwirtschaft" anhand der Verteilungsrechnung für die Jahre 2016 – 2019, von der Entstehung des Einkommens über dessen Verteilung und Umverteilung bis hin zur Vermögensbildung.
Die Ergebnisse der FGR zeigen, dass der Bruttounternehmensgewinn der Forstwirtschaft zwar noch positiv ist. Werden aber die Abschreibungen mitberücksichtigt, resultiert ein Nettounternehmensverlust. 2019 Betrug dieser rund 48 Mio. CHF (Tab. 2). Hauptgrund für die Verluste sind Struktur- und Wirtschaftlichkeitsprobleme der öffentlichen Forstbetriebe.
Weiterführende Informationen
Eine detailliertere Darstellung der Ergebnisse der FGR sind auf der interaktiven Statistikdatenbank «STAT-TAB» des Bundesamtes für Statistik (BFS) online verfügbar.
Gesamtrechnungen
- Forstwirtschaftliche Gesamtrechnung
- Produktionswert
- Stehender Holzvorrat
- Arbeitsproduktivität
- Branchekonten des Primärsektors
- Produktionswert
- Bruttowertschöpfung
- Anteil an der Gesamtwirtschaft
- Regionale Branchenkonten des Primärsektors
- Anteil an der kantonalen Volkswirtschaft
- Zusammensetzung des Produktionswertes
- Produktionswert pro Hektare
Detaillierte Ergebnisse FGR
Literatur