Die Erfassung der Schweizer Holzressourcen hat eine lange Tradition. Ursprünglich interessierten hauptsächlich ökonomisch relevante Grössen wie der Holzvorrat oder der Zuwachs. Dementsprechend beschränkte sich die Wahrnehmung und Messung von Bäumen auf die Waldfläche. Bäume ausserhalb des Waldes waren zu Beginn der meisten Inventuren ohne Belang. Erst ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erweiterten sich die Ansprüche an den Wald und an die Holzressourcen. Neben der Holznutzung kamen gesellschaftliche und ökologische Funktionen wie Erholung, Lebensraum für Organismen oder Speicher von Kohlenstoff dazu.

Je unspezifischer und unbekannter die künftig zu beantwortenden Fragestellungen sind, desto anspruchsvoller sind das Design und die Durchführung von Inventuren. Bei einer langfristigen Inventur sollten die Daten somit möglichst allgemeingültig erhoben werden, das heisst ohne einschränkende Vorauswahl. Beim dritten Schweizerischen Landesforstinventar (LFI3) haben die Wissenschaftler deshalb den Untersuchungsperimeter auf die ganze Landesfläche erweitert und alle Bäume der Schweiz einbezogen. Daraus entstand ein Datensatz, der unabhängig von einer Walddefinition die Bodenbedeckung der Bäume enthält. Somit ist der erste Schritt von einer Waldinventur hin zu einer Landschaftsinventur gemacht.

Methode

Die Rohdaten wurden schweizweit auf einem regelmässigen Stichprobenetz mit 500 × 500 m Abstand erhoben. Dies ergibt 165'153 Stichproben. Jede einzelne Stichprobe bestand aus einer quadratischen Probefläche mit 50 m × 50 m Ausdehnung. Auf diesen Probeflächen erhoben die Forscher jeweils 5 × 5 Rasterpunkte im Abstand von 10 m (Abb. 2).

Diese manuelle Datenerhebung auf Echtfarbenstereobildern mit einer Bodenauflösung von 0.5 m erfolgte bei der Luftbildauswertung in zwei Schritten: 

  1. Die 5 × 5 Rasterpunkte wurden pro Probefläche einer von elf Bodenbedeckungskategorien zugeordnet. Die möglichen Kategorien waren Laubbaum, Nadelbaum, Lärche, Strauch, Kraut/ Grasvegetation, Felsen, Sand/Gestein/Offenerde, befestigte Fläche, Bauobjekt, Gewässer und Gletscher/Firn. Die Zuordnung der 25 Rasterpunkte erfolgte völlig unabhängig davon, ob eine Probefläche zum Wald gehörte oder nicht.
  2. Im zweiten Schritt leiteten die Wissenschaftler für jede Probefläche (50 m × 50 m) anhand der Rasterpunkte und der kartierten Waldbegrenzungslinie Flächeneigenschaften wie Deckungsgrad, Breite und Oberhöhe ab. Darauf basierend ergab sich der Entscheid, ob eine Fläche als Wald gilt oder nicht.
     

Einen genauen Methodenbeschrieb finden Sie im Originalartikel (PDF).

Baumverteilung in der Schweiz

Die Schweiz ist zu 27,0% von Bäumen überschirmt. Darin eingeschlossen sind alle Bäume, unabhängig davon, ob sie im Wald, in der Siedlung oder der übrigen Landschaft stehen. Diese Zahl berechnet sich aus der Summe aller als Bäume interpretierten Rasterpunkte (1'114'825) dividiert durch die Summe aller Rasterpunkte (165'153 × 25 Rasterpunkte).

Der Waldflächenanteil der Schweiz beträgt gemäss Schweizerischem Landesforstinventar LFI 29,4% der Landesfläche. Die Waldfläche ist somit grösser als die mit Bäumen überschirmte Fläche. Das heisst, dass es mehr unbestockte Flächen auf Waldareal gibt als von Bäumen überschirmte Flächen ausserhalb des Waldes. Die Walddefinition des LFI besagt, dass schon ein Deckungsgrad von 20% für einen positiven Waldentscheid genügt. Insgesamt liegen 93,9% der Schweizer Bäume innerhalb des Waldes und 6.1% ausserhalb.

Der Wald- respektive Baumanteil ist regional sehr unterschiedlich. Den höchsten Waldanteil weist der Kanton Tessin mit 47,8% auf, am wenigsten Wald hat der Kanton Genf mit 12,1% der Fläche. Anteilsmässig die meisten Bäume hat der Kanton Basel (BS/BL, 45,3%), am wenigsten der Kanton Uri (12,6%). Das Verhältnis von Wald- zu Baumanteil scheint jedoch unabhängig davon gleichbleibend zu sein, weil in Abbildung 4 alle Punkte mehr oder weniger auf der 1:1-Linie liegen. Dies bedeutet, dass es für den Anteil der Bäume im Nichtwaldareal entsprechende Flächen ohne Bäume im Waldareal geben muss (Windwurfflächen, Baumlücken, Schlagflächen, Waldstrassen etc.).

In rund zwei Dritteln der Kantone ist der Waldanteil grösser als der Baumanteil. Dies ist vor allem in Kantonen mit Flächen an der oberen Waldgrenze mit aufgelösten Beständen der Fall (Abb. 3). In Anbetracht dessen, dass ursprünglich grosse Teile der Schweizer Landesfläche von Bäumen bedeckt waren, zeigen die Resultate aber auch, dass die Nichtwald-Landschaft bezüglich Bäumen ausgeräumt ist. Der regionale Vergleich belegt zudem, dass hinsichtlich der Bäume das Nichtwaldareal in ländlichen Regionen stärker ausgeräumt ist als in städtischen. Dies ist speziell am Beispiel des Kantons Genf ersichtlich, wo der Baumanteil mit 20% rund 8% grösser ist als der Waldanteil (Abb. 4).

Baumverteilung ausserhalb des Waldes

Der Anteil (Tabelle 1) und die räumliche Verteilung (Tabelle 2) der Bäume ausserhalb des Waldes unterscheiden sich regional stark. Je ländlicher eine Region ist, desto weniger Bäume stehen anteilsmässig ausserhalb des Waldes. In einigen ländlicheren Regionen wie zum Beispiel den Kantonen Appenzell Innerrhoden oder Graubünden stehen diese Bäume vermehrt in Waldesnähe (49,9% bzw. 36,3%). Weil in diesen beiden Kantonen fast alle Bäume ohnehin im Wald stehen (96,2% bzw. 97,8%), bedeutet dies, dass hier ausgesprochen viele Bäume entweder im Wald oder in unmittelbarer Nähe zum Wald wachsen.

In anderen ländlichen Regionen wie Freiburg oder Jura befinden sich Bäume oft auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Dies deutet einerseits auf ein Wald-Weide-Mosaik und andererseits auf eine sukzessive Waldausdehnung auf ehemaligen Weideflächen hin. Beim Kanton Appenzell Ausserrhoden spiegelt sich in der Verteilung der Bäume die Art der Besiedelung wider. Ein überdurchschnittlicher Teil der Bäume liegt im Gebäudeumschwung (15,2%), annähernd so viele wie in den Siedlungen (17,3%) In den Kantonen Thurgau, Basel Landschaft und Zug zeigt sich die landwirtschaftliche Nutzung in einem überdurchschnittlich hohen Obstbaumanteil.

In städtischen Regionen wie Genf steht ein Grossteil der Bäume im Siedlungsgebiet (60,6%). Offenbar lassen einerseits der Nutzungsdruck und die Nutzungsform wenig geschlossene Waldfläche zu, andererseits scheint das Bedürfnis nach Grünflächen vor allem in den Städten so gross zu sein, dass ein respektabler Anteil der Siedlungsfläche mit Bäumen bepflanzt wird.

Kurze Zusammenfassung

Die Baumbedeckung der Schweiz beträgt gemäss LFI3 27,0%. Darin eingeschlossen sind alle Bäume, unabhängig davon, ob sie im Wald, in der Siedlung oder in der übrigen Landschaft stehen. Der Waldflächenanteil der Schweiz beläuft sich auf 29,4% der Landesfläche. Die Waldfläche ist also grösser als die mit Bäumen überschirmte Fläche. Dies bedeutet, dass es für den Anteil der Bäume im Nichtwaldareal entsprechende Flächen ohne Bäume im Waldareal geben muss (Windwurfflächen, Baumlücken, Schlagflächen, Waldstrassen etc.). Betrachtet man die Lage der Bäume ausserhalb des Waldes, so finden sich diese mehrheitlich entweder in Waldesnähe oder in urbanen Gebieten. Siedlungen sind neben dem Wald der am dichtesten bestockte Raum.

(TR)