Die Entwicklung der Verteilung von Wald und Offenland über vergangene Zeiträume war und ist von fachübergreifendem Interesse. Sie stellt einen wesentlichen Indikator für die Entwicklung der Kulturlandschaft dar. Historische Karten spielten zur Abschätzung dieser Entwicklung stets eine entscheidende Rolle. Im Geoportal–Brandenburg-Forst liegt historisches Kartenmaterial der Waldflächenentwicklung für Brandenburg nun komplett online vor.

In den Jahren 2010 bis 2012 konnte ein EU-EFRE-Projekt zur Digitalisierung von historischen topographischen Karten im Auftrag des LFE erfolgreich umgesetzt werden und es wurde der Prototyp eines Geoportals entwickelt, in dem über Geodienste forstliche Geodaten einer breiten Öffentlichkeit unter www.brandenburg-forst.de zugänglich gemacht werden sollen.

Kartenquellen

Das hier bearbeitete Kartenwerk (Tab. 1) umfasst die topografischen Karten nach Schmettau, die der 2. Preußischen Landesaufnahme sowie die aktuelle digitale Forstgrundkarte.

Tabelle 1: Kartengrundlagen

KartenwerkEntstehungszeitKartenblätter

Brandenburg

Schmettau-Schulenburgsche Karten1767 - 178739
2. Preußische Landesaufnahme
(+Sächsische Landesaufnahme)
1877 - 1915291 (+7)
Digitale Forstgrundkarte20122.100

Die o. g. Kartenwerke lassen qualifizierte Rückschlüsse auf die Entwicklung der Waldflächen und ihrer Verteilung im Land Brandenburg zu.

Von der Schmettauschen Karten liegen keine Legenden oder Kartieranleitungen vor, so dass anhand der verwendeten Symbolik aus heutiger Sicht auf seinerzeitige Nutzungsarten geschlossen werden muss. WULF, GROSS (2004) haben auf den Schmettauschen Karten 40 Symboliken für die Landnutzung identifiziert. Acht davon (Abb. 2) haben forstliche Relevanz:

Um 1880 entstand die im Vergleich mit dem Urmesstischblatt inhaltlich und qualitativ stark verbesserte 2. Preußische Landesaufnahme im Maßstab 1:25.000. Für diese liegt eine dezidierte Legende vor, nach der 16 Nutzungsarten Wald (Abb. 3) unterschieden werden. Diese Darstellung war auf die Waldtypen, Laubwald, Nadelwald, Mischwald ausgerichtet.

Der von Schmettau verwendete kleinere Maßstab von 1:50.000 führte im Vergleich zu späteren Kartenwerken zu einer stärkeren Generalisierung in den Darstellungen. Somit ist nicht immer eine direkte Vergleichbarkeit der Karteninhalte gegeben. Dennoch lassen sich vielfach Übereinstimmungen feststellen.

Für vergleichende Betrachtungen wurden die in der Forstgrundkarte als Wald ausgewiesene Fläche und hier nur die tatsächlich mit Wald bestockte Fläche herangezogen.

Im Ergebnis der Umsetzung der mit Mitteln des EFRE geförderten Projekte

  • liegen die historischen Karten digitalisiert, referenziert, in Koordinatensystem ETRS89 (Brbg.) projiziert als blattschnittfreie Vektor-Datenbestände für das gesamte Gebiet des Landes Brandenburg vor,
     
  • sind die historischen Karten durch Entzerrung mit den aktuellen Geobasisinformationen der Brandenburgischen Landesvermessung harmonisiert worden,
     
  • sind die Waldflächen als gesonderte Datenbestände digitalisiert und attributiert worden.

Damit sind unter Beachtung der zuvor genannten Einschränkungen landesweite, regionale und lokale Betrachtungen zur Waldentwicklung durch Karten-/Datenverschnitt über einen Zeitraum von ca. 250 Jahren möglich.

Mit folgender Matrix soll versucht werden, die Gesamtentwicklung (Tab. 2) der Waldfläche einer differenzierteren Betrachtung zu unterziehen, so dass sich für die als geschlossene Wälder identifizierten Flächen folgendes Bild ergibt:

Nach diesem Muster sind die nach Schmettau als geschlossene Wälder, als lichte Wälder und als Busch klassifizierten Waldtypen dahingehend betrachtet worden, welche dieser Flächen sich auch als Waldflächen in der 2. Preußischen Landesaufnahme und heute identifizieren lassen.

Eine vollständige und eindeutige Flächenübereinstimmung zwischen den zugrunde gelegten Karten kann aufgrund ihrer Entstehung, unterschiedlicher Maßstäbe und Interpretationsspielräume nur annähernd erreicht werden. Die im Ergebnis der digitalen Verschneidung entstandenen Flächen sind deshalb gerundet worden (Tab. 3).


Tabelle 3: Übersicht Gesamtwald in Brandenburg, Schmettau bereinigt

Waldfläche gesamt:ha %
nach Schmettau bereinigt (1780)800.00076
nach 2. Preußischer Landesaufnahme (1880)1.009.00096
heute1.054.000100
Davon Wald seit 250 Jahren

 

48,5


Die nach der Schmettauschen Kartierung als lichte Wälder und Busch klassifizierten Flächen wurden in nur geringem Umfang auch weiterhin als Wald kartiert.

Festzustellen ist, dass bei etwa 127.000 ha aus den Kategorien lichter Wald und Busch der Schmettauschen Karten eine Klassifizierung als Wald sehr fraglich ist. Für die Erfasser zur damaligen Zeit war es schwer zu unterscheiden, ob es sich bei dem was sie vorfanden um (jungen) Wald oder um Aufwuchs auf einer Brache handelt, die letztlich wieder in landwirtschaftliche Nutzung genommen werden sollte. Felder lagen in Abhängigkeit ihrer Bodengüte von 3 bis zu 12 Jahren brach.

Unterstellt man dies, so waren zu Zeiten Schmettaus in Brandenburg ca. 25 % weniger Waldflächen vorhanden als heute.

Weiterhin ist davon auszugehen, dass mindestens 180.000 ha heutiger Wald aus Landwirtschaftsflächen entstanden sind.

Ergebnisse und Möglichkeiten im Überblick

Aus forstfachlicher Sicht lässt sich eine ganze Reihe von Fachthemen mit Hilfe der Verschneidung historischer und aktueller Karten bearbeiten. Eine kleine, unvollständige Themenauswahl soll Anregungen für Wissenschaft und Praxis geben:

  • Identifizierung von "Historisch alten Wäldern" – Habitatkontinuität, Biotopkontinuität

  • Unterstützung bei Recherchen für Naturwälder und andere ökologisch bedeutsame Waldgebiete, wie z. B. Waldmoore

  • Räumliche Entscheidungshilfe für erfolgversprechende (Wieder-) Bewaldung

  • Dokumentation einer nachhaltigen, kontinuierlichen Waldflächenentwicklung

  • Rückschaumöglichkeit auf historische Prozesse der Waldentwicklung als wichtige Komponente für die Einschätzung der künftigen Entwicklung auch unter Beachtung der Klimaänderung

  • Unterstützung bei Betrachtungen von Veränderungen an der Waldstruktur durch anthropogene Eingriffe (z. B. Melioration, Vollumbruch, Änderung der Bewirtschaftungsziele, Ackeraufforstungen)

  • Gut auswertbare Dynamik der Wald-Offenland-Verteilung über ca. 250 Jahre

Die digitalen Daten zu den historischen Waldflächen können Interessenten, die sie mit eigenen Werkzeugen und Daten verschneiden wollen, im Rahmen der geltenden Gebührenordnung als Dateien zur Verfügung gestellt werden.