Fallende Bäume, große Maschinen, aber auch harmlos wirkende Stämme unter Spannung entwickeln Energien, die zu schweren und tödlichen Verletzungen führen. Arbeitnehmer stehen unter besonderem Schutz. Gemäß den Arbeitnehmerschutzgesetzen ist der Arbeitgeber für die Gesundheits- und Unfallvorsorge verantwortlich.
Konkrete Maßnahmen für Holzerntearbeiten wird man in den Gesetzestexten vergeblich suchen. Die Gefahren müssen für jeden Arbeitsplatz ermittelt und Gegenmaßnahmen, kurz Evaluierung genannt, festgelegt werden. Jeder Arbeitsplatz, jedes Arbeitsmittel, jeder Arbeitsstoff, jedes Arbeitsverfahren und auch die psychischen Belastungen sind zu bewerten. Im Maßnahmenblatt werden die erforderlichen Maßnahmen für die sichere Arbeitsausführung niedergeschrieben.
Die gesetzliche Situation bringt es mit sich, dass der Arbeitgeber große Verantwortung zu tragen hat. Verantwortung steht in direktem Zusammenhang mit Haftung.
Haftung im Wald
Mit dem Forstgesetz 1975 wurde das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken jedermann gestattet. Der Wald ist somit Erholungsraum für alle Personen. Für die Waldbesitzer ist der Wald aber Produktions- und Arbeitsstätte. In vielen Situationen sind Konflikte vorprogrammiert. Um die Waldbewirtschaftung zu erleichtern, wurden neben den Einschränkungen des Eigentums auch Privilegien im Forstgesetz verankert. Das Haftungsprivileg erleichtert für den Waldbesitzer und für von ihm beauftragte Personen bei der Holzernte die rechtliche Situation enorm.
Gegen bei der Holzernte unbeteiligte Personen haftet der Waldeigentümer oder jene Personen, welche die Arbeit ausführen, nur bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz (Begriffsdefinition siehe unten). Wird die Fläche gesperrt, so wird überhaupt nur mehr bei Vorsatz gehaftet.
Die Hinweistafeln sind an jenen Stellen, wo öffentliche Straßen und Wege, markierte Wege, Güterwege, Forststraßen sowie Schirouten und –loipen in die gesperrte Fläche führen, anzubringen. Die Kennzeichnung muss mit der näher bezeichneten Hinweistafel "Befristetes Forstliches Sperrgebiet", "Gefahr durch Waldarbeit" und den betreffenden Zeitraum "von…bis…" erfolgen. Eine Fläche kann bis zu vier Monaten ohne Bewilligung der Behörde gesperrt werden.
Niemand soll für einen Schaden einstehen müssen, den der Geschädigte dadurch erleidet, dass er rechtswidrig in einen Gefahrenbereich eindringt. Wer sich einer ihm bekannten oder erkennbaren Gefahr aussetzt, dem wird Selbstsicherung zugemutet. Bei einer gewissenhaften Kennzeichnung ist eine Haftung gegenüber Personen, die den Wald zu Erholungszwecken besuchen, eher die Ausnahme.
Bei Personen, die ebenfalls an der Holzernte beteiligt sind, gelten andere Haftungsgrundsätze. Speziell bei der Aufarbeitung von großen Schadholzmengen oder im bäuerlichen Wald kennt der Jurist hochinteressante Konstellationen, die individuell bewertet werden müssen. Für Nachbarschaftshilfe, Zusammenarbeit mit dem Maschinenring oder Nebeneinanderarbeiten mit Arbeitnehmern eines anderen Forstunternehmers gelten jeweils andere Haftungsvoraussetzungen.
Haftungen Arbeitgeber – Arbeitnehmer
Die Sorgfaltspflicht für Arbeitgeber beginnt bei der Auswahl der richtigen Mitarbeiter. Gefährliche Arbeiten oder Arbeiten, die laut Gesetz einen Fachkundenachweis verlangen, dürfen nur erfahrene und geschulte Mitarbeiter ausführen. Beispiele dafür: Aufräumarbeiten von Schadholz; Kräne ab einer bestimmten Größe dürfen nur von Personen mit einem Kranschein bedient werden.
Einschulung und Unterweisung
Unter Berücksichtigung des Ausbildungsstandes ist eine umfassende Belehrung, Einschulung und Unterweisung durchzuführen (Abbildung rechts). Die Einhaltung der gebotenen Sicherheitsmaßnahmen ist vom Arbeitgeber zu kontrollieren und zu überwachen.
Wichtig ist eine lückenlose Dokumentation aller vom Gesetz verlangten Maßnahmen und Funktionen. Auch die Kontrolle der Arbeitssicherheit muss nachweislich erfolgen.
In Anlehnung an die Baustellenevaluierung, die seit Jahrzehnten auf Baustellen praktiziert wird, entstand für den forstlichen Bereich die "Nutzungsortevaluierung". Dabei wird dokumentiert, wer die Gefahren vor Ort erhoben hat, mit welchen speziellen Gefahren zu rechnen ist und wer die Aufsicht und somit die Verantwortung für die Sicherheit vor Ort hat. Auch die Kontrolle durch den Arbeitgeber wird auf der Nutzungsortevaluierung schriftlich festgehalten.
Im Falle eines Schadens haftet jedermann für seine Handlungen bzw. Unterlassungen und hat für Schäden, die er Anderen zufügt, einzustehen, wenn sein Verhalten ursächlich (kausal) für den eingetretenen Schaden rechtswidrig und schuldhaft war. Im Klagsfall wird das Gericht mit Hilfe eines Sachverständigen zu einer Entscheidung kommen. Im Verwaltungsstrafrecht können Arbeitgeber, verantwortliche Beauftragte und Arbeitnehmer belangt werden. Im Verwaltungsstrafrecht muss noch kein Schaden eingetreten sein, die alleinige Missachtung von gesetzlichen Auflagen genügt, um die Strafe auszusprechen.
Haftungsprivileg und Regressforderung
Tritt ein Schaden ein, so kann das für alle Beteiligten auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Wirklich teuer wird es für einen Schuldigen im Zivilrechtsverfahren. Zivilrechtlich kann jeder jeden klagen. Wobei der Arbeitgeber bzw. seine beauftragten Aufsichtspersonen wiederum ein Haftungsprivileg genießen. Sie haften zivilrechtlich bei schuldhaftem Verhalten gegenüber den Arbeitnehmern nur bei Vorsatz. Die entstandenen Unfall- und Folgekosten werden vom zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Dieser behält sich jedoch vor, die entstandenen Kosten bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz zu regressieren.
Gründe für Regressforderungen können vielfältig sein: Beginnend beim mangelhaften Umbau von Maschinen und Geräten, fehlender Evaluierung und Unterweisung bis hin zu mangelhafter Kontrolle der Arbeitssicherheit spannt sich der Bogen schuldhaften Verhaltens. Im Zusammenhang mit der Holzernte wird auffallend oft mangelnde Fachkenntnis, falsches Arbeitsverfahren oder falsche Arbeitsmethodik als Begründung für Regressforderungen angeführt.
Bei der Holzernte ereignen sich meist schwere Unfälle. Je nach Höhe der Unfall- und Folgekosten werden Beträge von einigen Hunderttausend bis mehreren Millionen Euro regressiert. Meist sind Regresskosten für den betroffenen Forstunternehmer bzw. Forstbetrieb existenzbedrohend.
Vorgesetzte in Klein- bzw. Mittelbetrieben sind mit den Pflichten, die sie als Arbeitgeber erfüllen müssen, meist überfordert. Als Hilfestellung sieht der Gesetzgeber Mitarbeiter mit besonderen Funktionen, wie z. B. Ersthelfer, Sicherheitsvertrauenspersonen, vor. Zusätzlich sind Präventivkräfte zu benennen. Präventivkräfte (Sicherheitsfachkraft und Arbeitsmediziner) beraten die Arbeitgeber, informieren über gesetzliche Notwendigkeiten und forcieren auf direktem Weg Arbeitssicherheit und Gesundheitsvorsorge. Für Klein- und Mittelbetriebe bis 50 Arbeitnehmer steht die AUVA-Sicher kostenlos zur Verfügung.
Ohne Sicherheitsbewusstsein geht nichts
Gesetze und Normen regeln das Leben. Arbeitnehmerschutzvorschriften sind sicher gut gemeinte Vorbeugemaßnahmen, wirklich sicher arbeitet aber nur, wer ein Sicherheitsbewusstsein entwickelt. Sicherheit soll nicht zu bürokratischen Ballast werden, sondern als sinnvoll und notwendig von jedem gelebt werden. Ausbildung und richtige Arbeitsmethoden bauen auf Arbeitssicherheit und nachhaltiger Leistung auf. Wer gut ausgebildet die schwere und gefährliche Forstarbeit ausführt, hat mehr vom Leben.
Begriffsdefinitionen:Arbeitsplatzevaluierung: Ermittlung von Gefahren und Festlegen von Gegenmaßnahmen |