Boden, das ist der Gatsch unter unseren Füßen! Dass Boden mehr ist, vermitteln Expertinnen und Experten des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW), der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), der Universität für Bodenkultur (BOKU), der Österreichischen Bodenkundlichen Gesellschaft (ÖBG) und des Umweltbundesamtes (UBA) in Workshops an Schulen.
Unterstützt werden die Expertinnen und Experten von Studierenden der BOKU, die im Bereich der Bodenkunde und der Wissensvermittlung besonders motiviert sind.
Es gibt viele gute Gründe, um sich an der Schule mit dem Thema Boden auseinanderzusetzen: Böden sind die "lebende Haut" unserer Erde. Durch die Verwitterung im Laufe von Jahrtausenden entstanden, bilden sie eine unentbehrliche Lebensgrundlage für den Menschen und Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Wie die Luft zum Atmen und das Wasser zum Trinken braucht der Mensch den Boden zur Herstellung seiner Nahrung und als Lebensraum. Der weitaus überwiegende Teil unserer Wohnhäuser ist aus Bodenbestandteilen (Beton, Ziegel) oder Produkten des Bodens (Holz) gefertigt.
Darüber hinaus spielt der Boden als Puffer- und Speichermedium eine wichtige Rolle im Wasserkreislauf (Trinkwasser, Milderung von Hochwasserspitzen), bei der Speicherung von CO2 sowie bei der Bindung und Umwandlung von Schadstoffeinträgen. Boden ist auch Träger eines hohen Anteils der Biodiversität: Die Vielfalt und Anzahl der Lebewesen, die im Boden leben, übertreffen jene, die "oberirdisch" leben, und stellen eine wertvolle Genreserve dar.
Boden und Bodenschutz – (k)ein Thema an der Schule?
Der Hit unter den Versuchen: Gefärbtes Wasser durch einen Filter schicken (Fotos: BFW/C. Lackner)
Mit Bodenfarben malen
Boden ist kein einfaches Thema, und natürlich trifft man auf das Stereotyp "Boden, das ist der Gatsch unter unseren Füßen". Im Lehrplan von Volksschule, Neuer Mittelschule und Allgemein Höheren Schulen findet sich das Thema über viele Schulstufen und Unterrichtsgegenstände verteilt: Vom Sachunterricht in der Volksschule bis zu Biologie und Umweltkunde, Chemie sowie Geographie und Wirtschaftskunde in den weiterführenden Schulen.
Diese Verteilung macht zwar einerseits die technische Durchführung schwierig, denn das Thema kann in einer Unterrichtseinheit nicht ausgerollt werden. Andererseits bieten sich viele Chancen im fächerübergreifenden Projektunterricht, das Thema altersgerecht aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.
Boden macht Schule
Aus diesen Überlegungen heraus wurde vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft das Projekt "Boden macht Schule" 2013 beauftragt, das sich speziell an Schülerinnen und Schüler der dritten bis sechsten Schulstufe wendet. Im Rahmen dieses Projekts wurden Bodenworkshops entwickelt, die üblicherweise in zwei, gegebenenfalls in drei Unterrichtseinheiten abgehalten werden. Die Workshops bestehen aus einem einführenden Teil, in dem zusammen mit den Schülerinnen und Schüler die Wirkungen des Bodens (Bodenfunktionen) erarbeitet werden und situationsangepasst Bodenwissen vermittelt wird.
Angebot und Kosten Workshop "Boden macht Schule" (2h) inkl. Material und Durchführung. 1 Workshop, 1,5 h Dauer: 245€ 2 Workshops, 2 x 1,5 Stunden Dauer: 400€ |
Anschließend forschen die Kinder selbst am Boden. Grundprinzip ist hier das Selber Tun der Schülerinnen und Schüler beim "Bodenwühlen". Das Testen und Erfühlen verschiedener Bodeneigenschaften anhand von frisch geworbenem Bodenmaterial gehören ebenso dazu wie das Anschauen und Bestimmen von Bodentieren mit Lupen und Mikroskopen. Es braucht Interesse und Behutsamkeit, um die lebendigen Tiere anzugreifen. Mut braucht es, um in die Blackbox zu greifen und wichtige Bodenbestandteile zu erspüren, ohne sie zu sehen.
Bei den Schülerinnen und Schüler sehr beliebt ist ein Filterversuch, der die Filter- und Speicherfähigkeit von Boden anhand von mit Tinte gefärbtem Wasser zeigt. Ergänzt wird das Angebot durch kreatives Arbeiten mit gemahlenem Boden. Hier können Streubilder hergestellt oder durch das Anrühren mit Wasser Bilder gemalt werden.
Es gibt auch ein Bewegungsspiel, im Zuge dessen sich die Klasse in den Bodenbildungsprozess verwandelt und alle Kinder Bestandteile der Bodenbildung verkörpern. Zum Abschluss werden gemeinsam Ideen gesammelt, was jede und jeder einzelne zum Bodenschutz beitragen kann.
Das Projekt "Boden macht Schule" will so den Schülerinnen und Schülern die zahlreichen Wirkungen und Funktionen des Bodens näherbringen, vor allem aber einen respektvollen und schonenden Umgang mit dieser begrenzten Ressource vermitteln.
Die Workshops stoßen auf großes Interesse bei Pädagoginnen und Schülern: Nach einer intensiven Entwicklungsphase wurden bis Sommer 2015 etwa 75 Workshops in verschiedenen Schultypen abgehalten, mehr als 1800 Schülerinnen und Schüler konnten erreicht werden. Das Land Wien misst dem Wissen um den Boden eine große Bedeutung zu, deshalb wurde eine Anzahl von Workshops an Wiener Schulen in den Jahren 2014 und 2015 gefördert (Wiener Umweltschutzabteilung, MA 22). Auch das Land Tirol (Abteilung Landwirtschaftliches Schulwesen, Jagd und Fischerei) startete im Wintersemester 2015/2016 ein entsprechendes Programm.
In diesem Zusammenhang ist auch angedacht, die Schulungen und Weiterbildungen, die das Vortragenden-Team bislang intern zur Qualitätssicherung durchgeführt hat, weiterzuentwickeln und zu formalisieren. Wir wollen hier Multiplikatoren, wie etwa Pädagoginnen oder Umweltschutzbeauftragte von staatlichen und nicht-staatlichen Stellen, ausbilden, dass sie diese Workshops auch selbstständig durchführen können. Als Fernziel soll eine Ausbildung etwa zum/zur BodenpädagogIn angeboten werden.
Bodenschutz.com [Komm] mach mit!
Bodentiere unter dem Mikroskop: spannend, überraschend und manchmal gruselig (Foto: BFW/C. Lackner)
Auch im Projekt "Bodenschutz.com [Komm] mach mit!", welches von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG gefördert wird, sind Bodenworkshops ein zentraler Teil. Im Rahmen dieses Projekts wird das Angebot auch auf Kindergärten und die Oberstufe der AHS ausgeweitet (Projekt-Homepage).
Darüber hinaus wird hier das Konzept des Peer Teaching eingeführt: Schülerinnen und Schüler geben ihr Wissen und ihre Erfahrungen, die sie in den Bodenworkshops erworben haben, an Jüngere weiter. Ein Bodenblog und proaktive Information über die Aktivitäten im Kreis der Pädagoginnen und Pädagogen sowie im Angehörigenkreis der Schülerinnen und Schüler sollen Bodenbewusstsein auch im Umfeld der schulischen Einrichtungen schaffen.
In Kooperation mit landwirtschaftlichen Fachbetrieben werden Berufsbilder, die mit Boden verbunden sind, im Rahmen von Betriebsbesuchen vorgestellt. Mitarbeiterinnen dieser Betriebe und Bodenexperten werden anhand von Fragebögen von den Schülerinnen und Schülern zu ihrem Beruf interviewt. Wir legen großen Wert darauf, dass die Berufsbilder gendergerecht vermittelt werden, da gerade in diesem Berufsfeld bis vor kurzer Zeit traditionelle Rollenbilder vorherrschten. Am Projekt beteiligt sind die AGES, das BFW und das Umweltbundesamt sowie die ÖBG und die BOKU und die Betriebe ADAMAH Biohof und das Stift Klosterneuburg.
Flächeninanspruchnahme – was geht mich das an?
Jedes Jahr geht in der Europäischen Union durch die fortschreitende Urbanisierung und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur Bodenfläche zumindest im Ausmaß der Stadt Berlin (ca. 890 km2) verloren. Etwa die Hälfte dieser Fläche, das entspricht ungefähr der gesamten Fläche von Wien, wird durch den Bau von Straßen, Gebäuden und Parkplätzen versiegelt.
Durch Bodenversieglung verliert zum einen der Boden alle seine biologischen Funktionen und die Landschaft wird zunehmend zerstückelt. Zum anderen wird bereits vorhandene Infrastruktur ungenügend genutzt. Verfallende Gebäude, nur teilweise betriebene Betriebsgelände und leere Ortskerne nehmen nahezu im gleichen Ausmaß zu wie der Bodenverbrauch.
Das Umweltbundesamt hat im Zuge des Projekts Circuse zu dieser Thematik Schulungsunterlagen entwickelt, die im Schulunterricht eingesetzt werden können. Zentral war hier zunächst: Wie können Begriffe wie Flächeninanspruchnahme an Kinder und Jugendliche vermittelt werden, ohne zu langweilen oder zu überfordern?
Vorarbeiten, die im Zuge des deutschen Projekts Refina erarbeitet wurden, haben hier eine wertvolle Grundlage dargestellt, um für Österreich ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten.
Das Modul hat das Ziel, Schülerinnen und Schülern für die Thematik der Flächeninanspruchnahme zu sensibilisieren, indem die Themen Wohnentscheidung, Änderungen der Wohnformen und Flächenansprüche sowie Mobilität besprochen werden. Die Materialien sind für den Einsatz an zwei Schultagen konzipiert, wobei zwischen diesen Tagen Zeit bleiben sollte, um Interviews in der Familie zu führen bzw. Daten zu erheben.
Eigenständiges Erarbeiten und Präsentieren steht dabei im Vordergrund. So erheben die Schülerinnen und Schüler nicht nur ihre täglich zurückgelegten Wege, um anschließend CO2-Werte zu berechnen, sondern befragen auch Verwandte nach Veränderungen im Wohnen.
So zeigt sich, dass wir alle immer mehr Platz brauchen und immer weitere Wege zurücklegen, mit den entsprechenden Effekten für den Boden. Es wird berechnet, ob Österreich ausreichend groß ist, damit sich alle ihren Wohnwunsch nach einem Einfamilienhaus mit Garten erfüllen können.
Das Lehrmaterial ist für Schülerinnen und Schüler ab der 9. Schulstufe geeignet und wird für die Fächer Geographie und Biologie empfohlen.