Zu den ältesten und traditionsreichsten Flößerlandschaften Deutschlands zählt der bayerische Lechrain. Für die gewöhnliche Schifffahrt flussaufwärts zu reißend, diente er bereits den Römern zum Aufbau ihrer Infrastruktur in der Provinz Rätien parallel zur Via Claudia Augusta, dem Kriegs- und Handelsweg auf dem Lande. Mit dem Erblühen der Städtelandschaft im 11. und 12. Jahrhundert entwickelte sich eine streng geregelte Rottflößerei für den Warentransport der Augsburger Bischöfe und Patrizier. Die großen Handelshäuser der Fugger und Welser vertrauten ihre venezianische Handelsware den in Zünften organisierten Floßmeistern von Füssen und Schongau an. Außerhalb dieses vertraglich genauestens geregelten Transportmonopols entwickelte sich gleichzeitig für die kleineren Orte am Lech ein lukrativer Handel mit Bau- und Brennholz, Holzkohle, Kalk, Steinen und Lebensmittel, Waren aus der Region also mit keiner oder geringer Verarbeitungstiefe.

Die Flößerei auf dem Lech …

Als der letzte Große seines Standes betätigte sich der Apfeldorfer Floßmeister Josef Schwaller (1844 – 1909) im Holz- und Steinhandel. Er war damit im 19. Jahrhundert einer von mehreren Dutzend sehr erfolgreicher Unternehmer im Fernholzhandel und der Warenspedition. Was ihn jedoch zu einer einmaligen kultur- und sozialhistorischen Quelle werden lässt, sind seine Aufzeichnungen und Bilanzen über einen Zeitraum von fast vierzig Jahren. Die vielseitige Auswertung und Sortierung derselben verdanken wir dem ehemaligen Augsburger Geschichtsprofessor Dr. Karl Filser und dem "Historischen Verein Schongau – Stadt und Land", der sich dafür in seinen Jahrbüchern 2016 und 2020 auf rund 300 Seiten dem Lebenswerk Josef Schwallers, seines Onkels Georg Resch und Schwiegervaters Mathias Baur widmete.

Eine letzte Hochblüte der Lech- und Donauflößerei war von 1840 bis 1890, was neben der allgemeinen Industrialisierung und emsiger Bautätigkeit in den bayerischen Städten seinen Grund vor allem im turbulenten Ausbau der Wiener Ringstraße hatte. Wie die Isarflößer, die nur einen Teil ihres Holzabsatzes bereits nach kurzer Fahrt in München oder Landshut fanden, fuhren die Lechflößer immer öfter an Augsburg vorbei und in der Donau bis nach Wien oder Budapest. Je weiter sie fuhren, desto höherbezahlter wurde das ausgesprochen starke und lange Stammholz der königlichen Waldungen von Peiting, Wessobrunn, Dienhausen oder Sachsenried (heutige Staatsforstbetriebe Oberammergau und Landsberg).

Vor allem die Werft der k.u.k. Donaudampfschifffahrtsgesellschaft in Altofen (Budapest) verlangte für ihren Schiffsbau ausgesprochenes Starkholz, Stämme von bis zu 28 m Länge. Im Gegensatz zu heute wurden diese durchschnittlich 5 bis 10 Kubikmeter starken Stämme auch noch 30% höher bezahlt als mittelstarke. Ein weiterer Vorteil war die größere Tragkraft für die Oblast, die sich vor allem beim Transport hochwertiger Solnhofer Steine (Lithographiesteine) auszahlte. Josef Schwaller pflegte zahlreiche Kontakte zu Steinbruchbesitzern im Altmühltal und am Ende seiner Reisen zu ebenso vielen Bauunternehmern zwischen Passau und Wien. In Stepperg, etwa zehn Kilometer nach Einmündung des Lech in die Donau, nahm er die verschiedenen Sortimente von Steinen an Bord und verkaufte sie nach Vorbestellung im Laufe seiner Weiterfahrt. In einem guten Geschäftsjahr wie 1879 betrug die Werterelation Holz zu Steine etwa 3:1 oder in absoluten Beträgen: zum Holzankauf von 38.000 Mark kamen Steine im Wert von 13.000 Mark hinzu, die nach Abzug sämtlicher Ausgaben für die Flößerei zu einem Jahresgewinn von 10.000 Mark führten. Dafür fuhr er mit seinen Floßknechten an die hundert Floße von März bis November nach Wien und Budapest.

Ab Stepperg wurden dafür auch mehrere Floße neben- und hintereinander gebunden, sodass ein ganzer Konvoi entstand. Die gefährlichsten Stellen waren dabei die Wehranlagen und deren Floßrutschen in Landsberg oder Augsburg und vor allem bei "großer" Donau die Brückenpfeiler. Von Apfeldorf dauerten die Fahrten je nach Wasserstand 16 bis 20 Tage, bei Hoch- oder aber auch Niedrigwasser länger, was bei den Flößern "Wasser feiern" heißt. Der Floßunternehmer trägt während dieser Zwangspausen die Kosten für Essen und Trinken (!) seiner Floßknechte. Meist ging die Fahrt jedoch flott dahin, so dass Josef Schwaller am Ende seines Lebens persönlich 150-mal nach Wien und 40-mal bis nach Budapest gefahren ist.

… von den Römern …

In Augsburg (Augusta Vindelicorum) weisen archäologische Funde von Tuffsteinen aus dem schongauer Raum darauf hin, dass bereits die Römer geflößt haben. Der Bau des Militärlagers und der späteren Provinzhauptstadt am Zusammenfluss von Lech und Wertach benötigte eine große Menge von Holz, Baumaterial und Proviant. Ein regelmäßiger Schiffsverkehr wie auf der Donau war im Wildfluss nicht möglich. Auf 100 Kilometer Länge von Füssen bis Augsburg verliert der Lech über 300 Höhenmeter an Gefälle und seine Wasserführung schwankt von Niedrigwasser zu Hochwasser von 50 bis 1.500 Kubikmeter je Sekunde. Verlagerte Kiesbänke, Uferanrisse und Schwemmholz veränderten die Hauptfahrrinne ständig, so dass neben Körperkraft vor allem ständige Aufmerksamkeit erforderlich war, um auf der Fahrt den Fluss zu "lesen". Die Fahrt ging mit 5 bis 6 km pro Stunde flott dahin, sodass Amphoren mit mediterraner Fischsauce oder Rotwein nach Überwindung der Alpen innerhalb von zwei Tagen von Füssen nach Augsburg kamen. Gegenüber dem Landweg war der Transport auf dem Fluss doppelt so schnell und es konnte vor allem das Vierfache an Gewicht (ca. zwei Tonnen) bewegt werden.

… über die Zunftflößerei …

Im Gegensatz zu der oben bereits beschriebenen Art des freien Holz- und Warenhandels, die hauptsächlich von den Bewohnern der Dörfer Lechbruck, Prem, Kinsau, Apfeldorf oder Reichling ausging, bestimmte jahrhundertelang die Zunftflößerei Handel und Transport auf dem Lech. Im Mächtespiel zwischen dem bayerischen Herzog, dem Bischof von Augsburg und der freien Reichsstadt Augsburg ging es um Transportprivilegien, Zölle, letztlich aber um die zuverlässige Versorgung mit Gütern aller Art.

In Augsburg wurde diese Behörde bezeichnenderweise Proviantamt genannt. Floßordnungen versuchten ab dem 16. Jahrhundert die verschiedenen Interessen aller Beteiligten zu regeln. Rottflößerzünfte gab es in Füssen, Schongau und Augsburg. Außer Brennholz, Holzkohle, Kalk und Steinen war der Transport aller anderen Güter einer festgelegten Anzahl von zünftigen Floßmeistern vorbehalten, die zu festen Tarifen auf regelmäßigen Fahrten die Spedition übernahmen. Den Kaufleuten wurden bei Verlust der Waren die Kosten aus der Zunftkasse ersetzt. In der Flößerstadt Schongau gab es seit ihrer Gründung um das Jahr 1200 bis zur Aufhebung der Zünfte im 19. Jahrhundert bei insgesamt 300 Haushalten bis zu 20 Familien, die von der Flößerei lebten. Damit waren sie die größte Handwerkergruppe insgesamt.

… zur Stauseekette

Das Ende der Flößerei auf dem Lech ging einher mit der Entwicklung des Eisenbahnnetzes um die Jahrhundertwende und der zunehmenden Elektrifizierung durch Wasserkraft. Waren die ersten Kraftwerke noch an ausgeleiteten künstlichen Kanälen, ähnlich den Mühlkanälen, wurde während des zweiten Weltkriegs damit begonnen, für die kriegsnotwendige Energiewirtschaft eine ganze Staffel von Querbauwerken zu errichten. Durch das größte Kraftwerk Roßhaupten und seinem Pufferspeicher Forggensee sind zweifelsohne die gefürchteten Hochwasserschäden seit 1950 ausgeschlossen worden, aber ökologisch wurde der aus heutiger Sicht gar nicht mehr so große Beitrag an grüner Energie teuer erkauft. Der Lech ist ein völlig verändertes (Fließ-) Gewässer - die einstigen Flößer würden ihn über weite Strecken wohl nicht mehr wiedererkennen.

Einen realitätsnahen Eindruck von diesem ausgestorbenen, einst so bedeutendem Handwerk bieten heute die touristisch organisierten Floßfahrten in Lechbruck und Schongau.

Literaturhinweise:

  • Filser, K.; (1991): Flößerei auf Bayerns Flüssen, HdbG
  • Filser, K.; (2016): Der Welf – ISSN 0949-1716
  • Filser, K.; (2020): Der Welf – ISSN 0949-1716
  • Kahlert, I.; (2011): Auf den Spuren der Lechflößer, Flößereimuseum Lechbruck
  • Keweloh, H.-W.; (2019): Fachwörterbuch der Flößerei, Verlag Kessel
  • Zettl, R.; (2001): lechauf lechab, Wißner-Verlag
  • Fischer, S.; (2016) So ein Lech, Neues Stadtmuseum Landsberg