Gley, Rendzina, Ranker, Podsol: Ihre Namen wirken fremdartig, obwohl wir mit unseren Bedürfnissen wie etwa die Bereitstellung von Trinkwasser, Speicherung von Kohlenstoff oder den Schutz vor Naturgefahren so konkret von ihnen abhängig sind: die (Wald-)Bodentypen. Der Name des weitaus häufigsten Bodentyps in Österreich klingt hingegen vertraut: Braunerde. Sie macht laut Waldbodenzustandsinventur gut ein Drittel (35 %) der Waldfläche aus und ist der „Gassenhauer“ unter den Waldböden. Sie kommt praktisch überall vor, seltener nur im pannonischen Klimaraum unter 200 m Seehöhe und in den Kalkalpen. Ihre Eigenschaften sind so breit aufgestellt wie ihr Auftreten: Nährstoffangebot, Wasserhaushalt und Bodenart variieren sehr stark, ein weites Spektrum an Baumarten kann dort wachsen, abhängig von der Verfügbarkeit von Wasser, Nährstoffen und der Seehöhe. 

Die beiden Podsolböden Semipodsol (15 % der Waldfläche) und der Podsol (5 %) sind von Podsolierung oder Versauerung gekennzeichnet. Aus dem Russischen übersetzt bedeutet Podsol Ascheboden und tatsächlich sieht die sauerste Bodenschicht (E-Horizont) wie Asche aus. Hier können die Säuren im Boden nicht gepuffert werden. Tonmineralien zersetzen sich, Eisen- und Humusverbindungen werden gelöst. Bei intensiver Versauerung bleiben im oberen Bereich dann nur noch verwitterungsbeständige Quarzteilchen übrig, welche die typische graue Färbung ergeben. Die historische Nutzung von Waldstreu für das Vieh und Nadelholz-Reinbestände hat die Säurebildung vor allem in tieferen Lagen mitverursacht. 

Diese Böden haben sich hauptsächlich in der hochmontanen und subalpinen Klimastufe die ungünstigeren Standorte ausgesucht: Kuppen, Oberhänge, steilere Lagen in den Zentral- und Innenalpen, Wald- und Mühlviertel und in der Flyschzone (Ostalpen). Hier kommen nur die Harten und Anspruchslosen durch wie die Kiefer, Fichte, Zirbe und Lärche oder Birke. Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen kommt dieser Bodentyp praktisch nicht vor. Das gleiche gilt umgekehrt für den vor allem landwirtschaftlich genutzten Tschernosem (Schwarzerde), der nur sehr selten im Wald zu finden ist.

Faszination Waldboden

Pseudogley nimmt mit 11 % der Waldfläche den dritten Platz in der Häufigkeit des Vorkommens in Österreich ein. Besonders nach Niederschlägen steht er „unter Wasser“, da im Unterboden ein Horizont (S-Horizont) aus Ton oder Schluff dicht macht. Es ist ein Wechsel zwischen trocken und nass, was sich über die Zeit auch in seinem Staukörper abbildet: Er zeigt eine Art Marmormuster von Rost- und Fahlflecken (Abb. 1). Typisch ist er für die Flyschzone, im Hausruckviertel oder Grazer Becken. Am besten wachsen Tiefwurzler wie Stieleiche oder Weißtanne auf ihm. Flachwurzler wie die Fichte sind die ersten, die beim Sturm dort in die Knie gehen. Rendzina oder Pararendzina (10 %) ist der häufigste Bodentyp der Kalkalpen. Es ist ein Humusboden auf Kalk oder Dolomit mit einem hohen Grobanteil. Er ist stark erosionsgefährdet. Das Besondere ist, dass er viel Kohlenstoff speichern kann, bis zu 400 Tonnen pro Hektar. 

Bei Kalklehm-Rendzina (7 %), der ebenso in den Kalkalpen zu finden ist, sind zusätzlich Kalklehm-Komponenten enthalten. Sie beherbergt ein weites Baumartenspektrum. Rotbuche und Flaumeiche sind bei entsprechender Wasserversorgung häufig dort zu finden. Kalk-Braunlehm (9 %) ist in den Kalkalpen „landläufig“. Außerdem ist er im Weinviertel und im Klagenfurter Becken zu finden. Er ist ein „Methusalem“ unter den Böden, die häufig vor der letzten Eiszeit entstanden sind. Abhängig vom Wasserhaushalt beherbergt er etwa Rotbuche, Zerrreiche, Traubeneiche und Hainbuche.

Welche Waldböden gibt es noch? Jeweils etwa 2 % nehmen die Böden Gley („hochreichender Grundwassereinfluss“), Ranker („Humusboden auf grobem Silikat“), Moore und Anmoore („naturschutzrelevante Biotope“), Auböden („geschichtete Flusssedimente“) und Rohböden („beginnende Bodenbildung“) ein. Weitere Bodentypen sind in Österreich wenig relevant. „Unsere Waldstandorte sind von unterschiedlichsten Bodeneigenschaften geprägt, diese reichen von flach- und tiefgründigen, von nährstoffarmen und nährstoffreichen und von stark sauren bis zu leicht alkalischen Böden. Im Gegensatz zu landwirtschaftlichen Böden sind die Eigenschaften von Waldböden in der Regel kaum durch die Bewirtschaftung veränderbar, eine flächige Bodenbearbeitung fehlt meist, Düngung und Kalkung beschränken sich auf die Sanierung von degradierten Böden“, fasst Ernst Leitgeb, Leiter des Instituts für Waldökologie und Boden, die Vielfalt von Waldböden und den Unterschied zu landwirtschaftlichen Böden zusammen. 

Waldboden als Speicher

Auch verschiedene Arten des Speicherns und Filterns hat der Waldboden im Repertoire. Seine für uns lebensnotwendige Fähigkeit, Wasser und Kohlenstoff zu „verwahren“, wirkt sich als positiver Faktor aus. Als Filter, Puffer und Transformator reinigt er Wasser und wandelt Schadstoffe wie Pestizide und Schwermetalle um. Der Standort selbst sorgt dafür, dass Wasser, Luft und Nährstoffe zirkulieren können. Voraussetzung dafür ist eine gute Durchwurzelung und wenig Verdichtung. Natürlicher Lebensraum soll er für Flora, Fauna und den Menschen sein und bleiben. Seine Fähigkeit zu recyclen, könnte uns als ein Modell für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft dienen. Mithilfe von Mikroorganismen wird organisches Material zersetzt und als Nährstoffe wieder verfügbar gemacht. „Auf gesunden Böden sorgt ein weitgehend geschlossener Nährstoffkreislauf in Wäldern bei nachhaltiger Bewirtschaftung für eine automatisch ablaufende forstliche Produktion ohne zusätzliche Nährstoffzufuhr“, erklärt Ernst Leitgeb die Funktionen von Waldboden. Schließlich wissen wir nur aufgrund seiner Archivfunktion über vergangene Zivilisationen Bescheid. (Wald-)Boden ist damit ein „Big Player“ für unseren kulturellen Reichtum.

Typisch Wald! ForSite

Der Waldboden bestimmt zwei der wesentlichen Standortsfaktoren im Wald: Nährstoffangebot und Wasserangebot. Deshalb steht der Waldboden auch neben dem Klima (Wärmeangebot) auch im Fokus des Waldfonds-Projekts ForSite. Das Wissen um die Standortsfaktoren ermöglicht die Bildung von Waldtypen und ist damit die Basis für die Baumartenwahl. „Die dynamische Waldtypisierung blickt auch nach vorne und schafft damit die Voraussetzung für eine klimafitte Baumartenwahl unter zukünftigen Bedingungen. Die hohe räumliche Auflösung der Ergebnisse ermöglicht die Anwendung auf der betrieblichen Ebene der forstwirtschaftlichen Praxis“, fasst der Bodenexperte und Projektverantwortliche Michael Englisch das Forschungskonzept von ForSite zusammen. Das Projekt startete im waldreichsten Bundesland Österreichs, der Steiermark, und wird unter dem Namen ForSite II in den Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich und Burgenland weitergeführt.

„Die Ergebnisse für die Steiermark sind frei abrufbar, ForSite II wird Ende 2026 abgeschlossen sein. Dasselbe Konzept wird auch in Tirol und Vorarlberg im Rahmen des Projekts Winalp 21 angewendet.  Hier sind die Ergebnisse für Ende 2025 geplant. Nach Abschluss dieser Projekte ist eine Bearbeitung der Bundesländer Salzburg und Kärnten angedacht“, informiert BFW-Bodenexperte Michael Englisch über den Status quo und weitere Vorhaben in diesem Bereich.

Ob es nun ein Garten oder ein Waldstück ist, seinen Boden bzw. die Erde zu kennen, ist ein erster Schritt Richtung (Wald-)Bodenbewusstein. Wie macht man das? Mithilfe eines Schlüssels, der von BFW-Expert:innen entwickelt wurde und der sechs Fragen umfasst, kann man sich der Bestimmung von Bodentypen auch als Laie annähern. Man beginnt bei Frage 1 und arbeitet sich bis zum jeweiligen Treffer ab. Ausgestattet mit dem Waldbodenfächer (erhältlich im BFW-Webshop) der eine genaue Anleitung enthält, einem Fläschchen mit 10 %iger Salzsäure zur Bestimmung des Kalkgehalts einer Bodenprobe und einem Maßstab geht’s los. Gibt es einen Torf-Horizont? Hat die Bildung von Boden bereits begonnen? Ist der Oberboden gut entwickelt? Gibt es eine braune Verwitterungsschicht? Setzt eine Bleichung bzw. Auswaschung ein? Wie stark ist die wassergeprägte Fleckung? Kennt man „seinen Bodentyp“, ist man der Liebe zum Waldboden vielleicht schon einen Schritt nähergekommen.