Die Zauneidechse (Lacerta agilis) ist mit einer Länge von 20–25 cm die grösste der drei Eidechsenarten des Schweizer Mittellandes. Ihre gedrungene, kräftige Gestalt und der verhältnismässig kurze, stumpfschnauzige Kopf unterscheiden sie deutlich von der zierlicheren Mauereidechse. Ihr Schwanz wird nicht viel mehr als körperlang und wirkt ziemlich dick, derjenige der Mauereidechse hat etwa die doppelte Körperlänge und erscheint dadurch länger und schlanker.

Beide Geschlechter der Zauneidechse weisen helle Rückenstreifen, Augenflecken an den Flanken und eine braune Grundfarbe auf. Das Männchen zeigt besonders während der Fortpflanzungszeit leuchtend grüne Flanken und eine grüne Kehle, wodurch es sich deutlich von der Waldeidechse absetzt, bei welcher niemals grüne Farbtöne auftreten. Den Jungtieren der Zauneidechse fehlt die charakteristische Rückenzeichnung, die Augenflecken sind jedoch sehr deutlich und überziehen den ganzen Körper.

Lebensweise

Die Zauneidechse ist ein Tagtier und wird besonders in den späten Vormittagsstunden aktiv, so dass zu dieser Zeit die meisten Tiere einer Population beobachtet werden können. Sie sonnen sich mit Vorliebe auf Kahlstellen und in den Lücken der Grasschicht, wo sofortiges Untertauchen möglich ist. Ist die Vegetationsdecke zu hoch oder fehlen Lücken, dann werden darüber hinausragende Strukturen benutzt, etwa Schutt-, Kies- und Holzhaufen, Baumstrünke, liegende Stämme, grössere Steine und Sperrgut. An heissen Tagen verbringen die Echsen die meiste Zeit im Halbschatten. Man muss schon etwas genauer hinsehen, um sie in einem Strauch oder zwischen Grashalmen zu entdecken.

Die Nahrung der Zauneidechse besteht zum grössten Teil aus Insekten, besonders Schmetterlingen und Käfern. Andere Gliedertiere, Schnecken und Würmer werden weit seltener gefressen. Der Ernährungszustand der Individuen gibt Auskunft über die Qualität eines Habitats. Die Verarmung der Wirbellosenfauna hat mit Sicherheit zum Rückgang des Zauneidechsenbestandes beigetragen.

Die Aktivitätsperiode der Zauneidechse beginnt bei uns meist Ende März/Anfang April. Zuerst erscheinen oft die Jungtiere, nach ihnen die Männchen und diesen nach zwei bis drei Wochen folgend die Weibchen. Gegen Ende April beginnt die Paarungszeit. Die Männchen haben sich bereits gehäutet und tragen jetzt das leuchtendgrüne Hochzeitskleid. Treffen auf Partnersuche zwei von ihnen aufeinander, kommt es in der Regel zu unblutigen Kommentkämpfen, die mit der Flucht des Unterlegenen enden. Meist kopulieren die Männchen mit jedem paarungsbereiten Weibchen, doch kann es im Frühjahr auch zu Paarbildungen kommen.

Die Eiablage erfolgt im Mai oder Juni. Ein Gelege enthält im Mittel 9 bis 14 Eier von ca 15 x 10 mm Grösse. Sie werden als Klumpen in kleinen, selbstgegrabenen Erdlöchern oder an anderen genügend feuchten und wärmeexponierten Stellen abgelegt. Die Inkubationszeit ist stark temperaturabhängig und dauert 30 bis 60 Tage, ausnahmsweise gegen 100 Tage.

Kahle, direkt von der Sonne beschienene Flächen bieten in 4 bis 12 cm Tiefe den optimalen Temperaturbereich (um 27° C) zur Eientwicklung. Vor allem in ungünstigeren Klimazonen, bei uns etwa in höheren Lagen, dürfte das Vorhandensein geeigneter Eiablageplätze entscheidend für die längerfristige Existenz einer Population sein. Im Mittelland ist das Angebot an Eiablageplätzen wohl günstiger, Genaueres hierzu ist jedoch kaum bekannt.

Verbreitung und Lebensraum

Die Zauneidechse ist auf der Alpennordseite einschliesslich Wallis heimisch. Allerdings fehlt sie in höheren Lagen der Alpen bzw. des Jura. Der Schwerpunkt ihrer Verbreitung liegt klar im Mittelland. Ueber 1000 m.ü.M. begegnet man der Zauneidechse nur selten, doch erreicht eine isolierte Population im Unterengadin noch 1500 m.ü.M.

Bevorzugte Lebensräume der Zauneidechse sind Trockenstandorte und Ödländer. Da diese jedoch früher oder später der modernen Kulturlandschaft zum Opfer fallen, wird das Tier zunehmend auf Restflächen abgedrängt. Bei weitem die meisten Zauneidechsen leben heute in derartigem Uebergangsgelände, oft auf wenigen Quadratmetern zwischen Strasse oder Waldrand und intensiver Landwirtschaft, an Bahndämmen, Uferverbauungen, Böschungen sowie in Gruben, Hecken und am Rand von Kleinstwäldern mitten im Kulturland.

Immer mehr besiedelt das Tier Gärten und Grünanlagen, Golfplätze, Baumschulen, Friedhöfe etc., sofern an diesen Orten nicht peinlichste Ordnung herrscht. Dadurch entsteht der Eindruck, die Art sei bei uns noch häufig und überhaupt nicht gefährdet. Ein Vergleich mit der Situation noch vor wenigen Jahrzehnten zeigt aber deutlich eine qualitative Verschlechterung der Lebensräume: Anstelle grossflächiger Magerwiesen und Trockenhänge mit individuenstarken Populationen existiert heute eine Vielzahl stark aufgesplitterter Kleinststandorte mit oft nur wenigen Tieren. Deren Ueberlebenschance ist vergleichsweise gering, wirken sich doch Verluste auf den Bestand viel verheerender aus als in grossen Kolonien. Zudem unterliegen diese Flächen oft starken chemischen und mechanischen Eingriffen.

Schutz

Unerlässlich für die längerfristige Existenz einer Zauneidechsen-Population scheinen folgende Eigenschaften des Lebensraums zu sein:

  • Wenn Hanglage oder Saumbiotop, dann südwest- bis südostexponiert
  • Hohe, aber lückige Vegetationsdecke, bevorzugt mit einer Unterlage aus verfilztem Altgras
  • Kahlstellen, d.h. vegetationsfreie Flecken
  • Versteckmöglichkeiten wie Steinansammlungen, dicht über dem Boden schliessende Sträucher,
  • Holz- und Reisighaufen, Schutt oder auch Mäuselöcher
  • Sonnenexponierte Stellen mit lockerem Erdreich als Untergrund, ev. Sandhaufen (Eiablage)

Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch)

Die karch hat sich zum Ziel gesetzt, die Ursachen und Mechanismen des Arten- und Bestandesrückganges von Reptilien umfassend zu untersuchen und Massnahmen zu ergreifen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Bitte melden Sie Ihre Beobachtungen von Zauneidechsen oder anderen Reptilien und Amphibien.

www.karch.ch

(TR)