Flechten sind spezielle Organismen: Sie bestehen aus Pilzen und Algen. Die Pilzfäden bilden mit den Algenzellen eine Lebensgemeinschaft. Zum Leben braucht dieses "Team" nur Licht und Feuchtigkeit. Flechten können ohne Schaden vollständig austrocknen, ertragen enorme Temperaturunterschiede und sind in allen Klimazonen anzutreffen. Weltweit gibt es etwa 16'000 Arten.
In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) haben die Eidg. Forschungsanstalt WSL und das Genfer "Conservatoire et Jardin botaniques" eine Rote Liste der gefährdeten Flechten in der Schweiz erstellt. Das ernüchternde Ergebnis: Fast 300 der rund 800 untersuchten Arten sind bedroht.
Dabei zeigt sich, dass die Baumflechten stärker gefährdet sind als die Bodenflechten. Fast jede zweite Art ist in dieser Gruppe bedroht. WSL-Experte Christoph Scheidegger erklärt das in erster Linie damit, dass sich Flechten oft nur über kurze Distanzen ausbreiten können und deshalb besonders stark unter der Veränderung ihres Lebensraumes leiden. Für den Erhalt der Baumflechten braucht es in erster Linie lichte, naturnahe Wälder und Altholzbestände. Gute Voraussetzungen bieten Eichen- oder Kastanienwälder, aber auch ursprüngliche Gebirgswälder sind für die Erhaltung zahlreicher Arten von internationaler Bedeutung. Die Bodenflechten wiederum sind auf Trockenrasen, Schotterflächen und Kiesbänke angewiesen.
Die Flechtenflora ist ein wichtiger "Lebenszeiger", der uns viel über den Zustand und die Geschichte der Landschaft und über die Luftqualität erzählt. Nachbarländer wie Deutschland oder Österreich haben das früh erkannt und Rote Listen geschaffen. Jetzt verfügt auch die Schweiz über ein solches Schutzinstrument.
Rote Liste der gefährdeten baum- und erdbewohnenden Flechten der Schweiz (PDF)
Die Rote Liste wird derzeit revidiert.
(TR)