Wie Moore entstehen, was sie beeinflusst, wie sie funktionieren

Moore sind Flächen mit Wasserüberschuss, der im Laufe der Jahrtausende dazu führt, dass die absterbende Pflanzensubstanz nicht zersetzt werden kann, sondern unter Luftabschluss zu Torf wird. Bayern ist Heimat sehr vielfältiger Moortypen, wie sie etwa der Bayerische Moortypenkatalog aufführt und erläutert. Ganz grob kann man zwei Haupttypen unterscheiden:

In den Hochmooren, die man sich wie einen Schwamm vorstellen kann, sind nur die hoch spezialisierten Torfmoose und bestimmte Sauergräser in der Lage zu wachsen. Der von den Torfmoosen geformte “Schwamm” hält das Regenwasser fest, die Torfmoose wachsen auf, die darunter liegenden Schichten sterben sukzessive ab und bilden den neuen Torf. Die Renaturierung solcher Hochmoore zielt darauf ab, das fallende Regenwasser wieder im “Schwamm” zurückzuhalten, indem vorhandene, wasserableitende Gräben verschlossen werden.

Ganz anders ist die Situation in den Niedermooren. Ihre Vielfalt ist sehr groß, es gibt sehr saure und sehr nährstoffreiche Niedermoore und solche, die eher aus Quellaustritten heraus (man spricht von Quellmooren) oder in abflusslosen Senken (Versumpfungsmoore) oder aber aus der Verlandung eines Gewässers (Verlandungsmoore) entstehen. Gemeinsam ist ihnen der Ursprung ihres Wasserüberschusses, nämlich das Grundwasser.

Auch bei Niedermooren muss für eine Renaturierung der Wasserhaushalt wiederhergestellt werden. Im Gegensatz zu den Hochmooren funktionieren Niedermoore aber nicht wie ein Schwamm, sondern wie eine Badewanne: am tiefsten Punkt läuft das Wasser heraus. Will man sie wiedervernässen, muss man sie von unten her anfüllen, also den Grundwasserstand anheben. Da die ausgedehnten Niedermoore oft in intensiv genutzten Tallandschaften liegen, bestehen umfassende potenzielle Betroffenheiten der Anrainer und Nutzer.

Zwischen Renaturierung von Hoch- und Niedermooren liegen Welten

Für die Renaturierung von Hochmoorflächen gibt es bewährte Leitfäden sowie eine Erfolgskontrolle zahlreicher Projekte. Heute ist Stand des Wissens, dass die langfristige Dichtigkeit der Stauwerke oft abhängig von wichtigen Details bei der Fertigstellung ist. Händisch eingebaute Bauwerke können eine solche Dauerhaftigkeit selbst bei sehr sorgfältiger Durchführung erfahrungsgemäß in aller Regel nicht leisten. Die Verfahren mussten also weiterentwickelt werden. Zunehmend kommen bodenschonend eingesetzte, spezielle Bagger und Bauweisen zum Einsatz, bei denen auch die Gräben nicht nur mit Stauwerken “gekammert”, sondern auch selbst verfüllt werden – sei es mit Torf oder mit anderen Substraten wie Gemischen aus Sägespänen und Sägemehl. Doch auch dabei liegt die Tücke im Detail, damit nicht an dessen Sohle, vom Auge des Betrachters verborgen, weiterhin das Wasser aus dem Moor läuft.

Und auch was den Wald betrifft, hat sich die Hochmoor-Renaturierung weiterentwickeln müssen. Hier hat sich zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine stufenweise Vernässung, die auch verträglicher mit dem Erhalt des Randwaldes und der vernässungsgeeigneten Bestockungsteile ist, rascher zum (selben) Ziel führt. Es geht also letztlich um eine Renaturierung MIT dem Wald, statt GEGEN den Wald. Moorrandwälder und lichter Moorwald wirken stabilisierend auf den Moorwasserhaushalt und das Moor-Kleinklima. Früher leider verbreitete Vorgehensweisen, die beispielsweise den Randwald vorsorglich abräumten, um mögliche Borkenkäfer-Probleme im vernässten, schlecht befahrbaren Randwald zu vermeiden, waren daher für die Moorrenaturierung kontraproduktiv.

Nach erfolgter Umsetzung trockneten die Flächen durch Sonneneinstrahlung und Wind oft stärker aus als vorher, und es stellte sich eine oft dichte Verjüngung aus Faulbaum, Moor- und Sandbirken sowie Fichten ein. Auch die erhofften Auswirkungen auf eine Vernässung der Fläche durch entfallende “Pumpwirkung” erfüllen sich daher nicht. Grundsätzlich gilt: Der Wasserhaushalt reguliert die Bäume und nicht die Bäume den Wasserhaushalt. Das Wachstum zuwachsfreudiger, geschlossener Wälder auf Moorstandorten ist immer von einer funktionierenden Entwässerung abhängig. Wird das Entwässerungssystem nicht mehr gepflegt, verlandet und verfüllt es sich von selbst durch Einbrechen der Grabenränder, Torfmooswachstum und Sackung. So kommt es vielfach zu einer zwar ungelenkten und allmählichen, aber zumindest teilweisen Vernässung dieser Wälder. Aus Forsten auf Torf können so mittel- bis langfristig oft “von selbst” wieder Moorwälder werden, wie Kaule & Peringer (2015) auf erheblicher Fläche in Bayern festgestellt haben. Diesen Prozess gilt es durch Grabenverschluss und wohl überlegte forstliche Maßnahmen, aber nicht durch eine Radikalkur mit Abholzung, zu fördern.

Völlig anders als in Hochmooren sind die Rahmenbedingungen im Niedermoor: Hier ist das Grundwasser häufig schon aufgrund anderer, gar nicht originär mit dem Moor zusammenhängender Faktoren abgesenkt. Neben der gezielten Entwässerung der Moorkörper durch Bachbegradigung und Gräben wirken sich auch die Begradigung und Eintiefung von Flüssen, der Klimawandel und die Trinkwasserentnahme zusätzlich negativ auf den Grundwasserspiegel aus.

Auch daher ist die Vernässung der Niedermoore wesentlich komplizierter als die der Hochmoore. Ein bloßes Verschließen der Gräben reicht in aller Regel nicht aus: In manchen Mooren ist der Grundwasserspiegel so tief abgesenkt, dass die Gräben heute teilweise trockengefallen sind und man sie somit nicht mehr anstauen kann. Doch selbst in Niedermooren mit Entwässerungsgräben (Abbildung 2) muss einiges beachtet werden, da diese neben dem Grundwasser auch vom Niederschlagswasser der Umgebung und zum Teil auch von Quellen versorgt werden. Durch das (unbedachte) Verschließen von Gräben können folglich bei Niederschlagsüberschuss ungewollte Überflutungen der angrenzenden Flächen und die temporäre Entstehung regelrechter “Seenlandschaften” drohen, mit entsprechenden wirtschaftlichen Schäden. Die Wiederherstellung von funktionierenden Niedermooren ist also in Bezug auf die Herstellung hydrologischer Verhältnisse sowohl technisch als auch gesellschaftspolitisch in der Regel wesentlich komplexer.

Manche Flächen kommen aus den genannten Gründen für eine Vollvernässung (also die Anhebung des Wasserspiegels bis knapp unter die Geländeoberfläche) in mehrerlei Hinsicht nicht in Betracht oder eine solche ist auch hydrologisch oder technisch gar nicht mehr möglich. Auf solchen Flächen oder Teilflächen von Mooren kann eine teilweise Vernässung (also die Vernässung wenige Dezimeter unter der Geländeoberfläche) die bestmögliche Lösung sein. Sie besteht in einem gezielten Einstellen eines dauerhaft feuchten bis sehr feuchten Zustandes mit einem Torfkörper, der bestenfalls nur noch wenig Kohlenstoff ausgast sowie einem naturnahen Waldbestand, der zugleich Kohlenstoff im Holz speichert. “Konfliktferne” Teilflächen können dabei auch stärker, näher an kritischen Bereichen liegende Flächen weniger stark vernässt werden. Steuerung und Regelbarkeit der Vernässungsprozesse gewinnt bei diesem Vorgehen zusätzlich an Bedeutung.

Pilotgebiet im Isartal

Nach dieser notwendigen Einführung in den Stand des Wissens und der Voraussetzungen speziell für Niedermoore wenden wir unseren Blick in das Grießenbacher Moos, ein typisches Flußtal-Niedermoorgebiet, gelegen im Unteren Isartal. Trotz der für Niedermoore typischen Geschichte mit Entwässerung, Nutzbarmachung und Abtorfung ist ein von der Mächtigkeit, Beschaffenheit und Flächenausdehnung der Torfböden her bedeutsames und renaturierungsfähiges Moor erhalten geblieben. Auf einer Fläche von ca. 65 ha ist es im Kern als bewaldetes Moor gekennzeichnet, dessen aktuelle Waldbestockung praktisch vollständig durch Pflanzungen entstanden ist. Neben Fichtenbeständen sind auf erheblicher Fläche auch naturnahe Laubwaldbestände prägend. Die in den vergangenen 20–40 Jahren angelegten Bestände mit Schwarzerle, Moorbirke und Beteiligung der Zitterpappel stellen die natürlichen Baumarten dieser Niedermoorstandorte dar, waren also auch an der ganz ursprünglichen Vegetation des Moorgebietes in wechselnden Anteilen beteiligt.

Das Projekt “GRIMO” diente der Grundlagenerhebung und der Durchführung einer Machbarkeitsstudie. Es galt also in diesem ersten Projekt, das Moorgebiet in Bezug auf seine Ausgangslage für eine moorverträglichere Nutzung zu beschreiben und diese Ausgangssituation zu quantifizieren. Dies dient sowohl der Schaffung von Entscheidungsgrundlagen für den Waldbesitzer als auch dem Herausarbeiten von Referenzpunkten für die Quantifizierung der zukünftigen Entwicklung von Wald und Torfkörper.

Die Erhebungen vor Ort umfassten zum einen die moorkundlichen Parameter (Torfmächtigkeiten, -typen und -zustand, Moorwasserhaushalt, Torf- und Wasserchemismus) und die moortypische biologische Vielfalt (moortypische Zeigerarten aus den Artengruppen der Gefäßpflanzen und der Laufkäfer). Zum anderen wurden betriebliche Aspekte betrachtet: Repräsentative Bestände wurden mit Zuwachsmessbändern ausgestattet und waldwachstumskundlich untersucht, um wichtige betriebswirtschaftliche Kenngrößen der zukünftigen Bestockung zu ermitteln. Auch die Erschließungssituation galt es unter dem Gesichtspunkt der zukünftig nässeren Standortsbedingungen zu betrachten. Die Auswirkungen einer Vernässung auf die unterschiedlichen Waldbestände wurden in einem moorkundlichen Gutachten in Form von drei Vernässungsszenarien berechnet. Diese Varianten unterscheiden sich darin, welcher Teil des Grießenbacher Moos wirksam durch Grabenverschluss und Grundwasseranhebung nässer wird und welcher Abstand bei diesen Maßnahmen jeweils von den angrenzenden Flächen gehalten werden muss. Daher werden je nach Szenario auf unterschiedlichen Flächenanteilen Wasserstände von 30 oder 50 cm unter Flur im Jahresmittel erreicht. Vollständig torferhaltend sind zwar nur Wasserstände von 30 cm und weniger, aber bereits 50 cm unter Flur sind erheblich besser als 80cm oder 100 cm.

Eine vergleichende Quantifizierung und Prognose des Ausgangszustandes und der jeweiligen Szenarien in Bezug auf die Treibhausgasemissionen bzw. -speicherung im Moorboden und in den aufstockenden Beständen erfolgte mittels gängiger Berechnungsverfahren. Diese basierten auf den auf der Fläche verteilt modellierten Wasserständen unter Flur (anhand hydrologischer Modellierung verschiedener Varianten von Anstaumaßnahmen im GIS mit anschließender Berechnung der klimarelevanten Emissionen nach dem PEP-Modell (Drösler et al. 2013)) sowie den Vorräten und dem Zuwachs (anhand der entsprechenden Berechnungsmodelle des Kohlenstoffrechners des DFWR). Beide Berechnungen dienen der Betrachtung des heute gesellschaftspolitisch äußerst hoch bewerteten Aspektes der Klimarelevanz. Auch die forstbetrieblichen Auswirkungen wurden gründlich berechnet. Das Erschließungsnetz und die Bringungskosten werden unter dem Aspekt eines an Nassstandorte angepassten Bewirtschaftungsregimes betrachtet und ökonomisch quantifiziert.

Im Resultat ergibt sich, dass Moormächtigkeit und Torfzustand eine Vernässung erlauben, die über Grabenverschlüsse realisierbar ist. Vernässungsgeeignete, potenziell torfbildende Moorseggen sind in den Gräben und Geländesenken als Ausgangspunkt einer moortypischeren Vegetation noch vorhanden – ebenso wie charakteristische Bewohner dieser Moorlebensräume (Abbildung 5). Bei beiden betrachteten Artengruppen stellen die moortypischen Arten aber aktuell nur noch kleine Restbestände. Sie gilt es durch die Maßnahmen zu stärken, so dass sie in einem wieder auflebenden Moor – wie in dem ursprünglichen Moor – zu den dominanten Arten werden können.

Rechnet sich eine Nassbewirtschaftung?

Die vorhandenen Laubwaldbestände aus Schwarzerlen- und Moorbirken (sowie Aspen) sind für die modellierte Vernässung gut geeignet, d. h. sie würden durch eine solche nicht maßgeblich in ihrem Zuwachsverhalten nachteilig verändert, sondern teilweise sogar in der Wasserversorgung gestärkt werden. Sie liefern also weiterhin den wertvollen Rohstoff Holz und speichern darin auch Kohlenstoff. Diese Bestände enthalten zudem in erheblichem und hinreichendem Umfang potenzielle Wertholzträger für eine Nutz- und Wertholz-basierte Bewirtschaftung.

Daneben stocken aber auch auf erheblicher Fläche Fichten-, Bergahorn- und Schwarznuss-Bestände geringer Stammqualitäten (z. B. Abbildung 6). Diese sind nicht für eine Wiedervernässung geeignet, so dass je nach Ausmaß der örtlichen Vernässung in Abhängigkeit von der Vernässungsvariante und der Lage im Gebiet mit Zuwachsrückgängen bis hin zum Ausfall zu rechnen ist. Diese Bestände müssten daher begleitend zu einer Vernässung umgebaut werden. Aufgrund ihrer schlechten Qualitäten und teilweise schlechten Aussichten im Klimawandel wäre aber in diesen Beständen sowieso mittelfristig ein Bestockungswechsel angestanden.

Ein betriebswirtschaftlicher Vergleich der verschiedenen Bestockungs- und Vernässungsvarianten sowie wichtiger Stellgrößen der Behandlung erfolgte über die Annuitäten dieser Varianten. Er zeigt, dass die naturnäher bestockten und feuchten bis nassen Varianten aufgrund der zu tätigenden Investitionen sowie der geringeren Wuchsleistung und Werterwartung der Bestände weniger ertragreich sind als die aktuelle Bewirtschaftungsvariante. Allerdings sind insbesondere die Fichtenbestände sowohl erheblich stärker mit waldbaulichen Risiken behaftet als auch in Bezug auf den Bodenschutz (Torferhalt) nicht nachhaltig und stellen daher bereits ohne Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels keine zukunftsfähige Alternative dar.

Das vorhandene Erschließungssystem wie auch die Art des Vorlieferns wären notwendigerweise ebenso an eine Nassbewirtschaftung anzupassen. Allerdings besteht bereits ohne die modellierte Vernässung kein günstiger Zustand des Erschließungssystems auf den “Weichböden”, was laufend Nachbesserungen und Materialeinbringung erforderlich macht.

Klimaschutzeffekte

Der Klimaschutzeffekt setzt sich aus zwei Faktoren zusammen: Erstens der Netto-C-Bindung in den Speichern lebender, ober- und unterirdischer Biomasse, Totholz und – bei Holznutzung – in den Holzprodukten. Zweitens den vermiedenen CO2-Emissionen aus dem Torfkörper durch die Renaturierung, beim genutzten Holz, aber auch durch die verringerten Emissionen (Substitution) gegenüber Vergleichsprodukten aus anderen Materialien (Stahl, Beton, Aluminium, Kunststoffe u. a.).

Für den Status Quo der aktuellen Bestockung und Holznutzung errechnet sich ein jährlicher Klimaschutzeffekt von 472 Tonnen CO2 auf den betrachteten 65 Hektar. Das ist ein mittlerer Wert von 7,4 t CO2 pro ha und Jahr. Die C-Bindung in der Biomasse macht mit insgesamt 395 t CO2/Jahr den größten Teil aus. Da es sich um jüngere Bestände handelt, ist die Nettospeicherung in Holzprodukten (0,7 t CO2) und damit auch die Materialsubstitution gering (10,5 t CO2). Das meiste eingeschlagene Holz wird energetisch genutzt, was zu einer Energiesubstitution von insgesamt 66 t CO2/Jahr gegenüber fossilen Brennstoffen führt. Diese Werte verringern sich je nach Variante der Vernässung in unterschiedlichem Umfang durch notwendige Umbaumaßnahmen sowie auf Teilflächen bei starker Vernässung durch geringe Zuwachsrückgänge nur kurzfristig bzw. geringfügig.

Die Auswirkungen einer Vernässung der Fläche auf die Treibhausgas-Emissionen des Moorkörpers wären bezogen auf die Fläche durchaus substanziell. Eine Einsparleistung von 1.023 t CO2-Äquivalente pro Jahr, bzw. 51.150 t CO2-Äquivalente in 50 Jahren auf einer Fläche von 65 ha in der stärksten Wiedervernässungsvariante ergibt im Übrigen auch wirtschaftlich günstige CO2-Vermeidungskosten, verglichen mit den Kosten vieler anderer Klimaschutzmaßnahmen.

Zusammenfassung

Eine Vernässung des Grießenbacher Moos ist sinnvoll und konfliktarm umzusetzen. Sie ermöglicht eine zukunftsorientierte, nachhaltige und torferhaltende, klimaschonende Waldbehandlung. Eine solche Moorvernässung ist mit naturnahem Wirtschaftswald als Ziel möglich. Wirtschaftliche Kompensationsmaßnahmen für die Kosten der Umstellung der Waldbewirtschaftung auf nässere Produktionsziele gilt es für die verschiedenen Arbeitsfelder (Anpassung der Erschließung, Waldumbau) weiterzuentwickeln.