Die Moorbirke (Betula pubescens Erh.) ist eine Pionierbaumart, die in ganz Mitteleuropa von Natur aus vorkommt. Ihr Verbreitungsschwerpunkt erstreckt sich im Vergleich zur Sandbirke (Betula pendula Roth) weiter nach Nordwesten und Nordosten, im Süden Europas erstreckt sich ihr Verbreitungsgebiet bis Norditalien bzw. bis in die nördliche Balkanregion. Sie erweist sich als besonders konkurrenzstark auf feuchten bis staunassen, kalkarmen, gering bis mäßig nährstoffversorgten, sauren Anmoor- und Moorböden. Generell weist sie aber eine breite ökologische Amplitude auf und kann auch auf trockeneren Standorten gedeihen.
Standörtliches Vorkommen
Flächig betrachtet spielt die Moorbirke in Deutschland insbesondere in den norddeutschen Bundesländern eine größere Rolle (Daten der Bundeswaldinventur 3 (2011/ 2012) / (Abb. 2)). In Bayern wurde die Moorbirke im Rahmen der bundesweiten Großrauminventur nur punktuell und in sehr geringem Umfang erfasst. Auch wenn die Unterscheidung zwischen Moor- und Sandbirke nicht einfach ist, dürfte die Moorbirke in Bayern bei flächenmäßiger Betrachtung derzeit eine untergeordnete Rolle im Vergleich zur Sandbirke spielen.
Verschneidet man das Vorkommen der Moorbirken in Deutschland mit den Bodenklassen gemäß Tabelle 1, so zeigt sich, dass die Moorbirken am häufigsten auf Moorböden vorkommt. Nicht selten findet man sie auch auf stark versauerten (Podsole) oder auf von Grund- und Stauwasser geprägten Böden.
Zum Wachstum der Moorbirke
Die Moorbirke – wie auch die Sandbirke - ist eine typische, lichtbedürftige Pionierbaumart mit einem raschen Jugendwachstum. Hynynen et al. (2010) berichten über Höhenwuchsleistungen von bis zu 25m im Alter von 30 Jahren und maximalen Oberhöhen von 30m im Alter von 50 Jahren. Ab diesem Alter stellen sich nach den von Hynynen et al. zitierten Studien deutliche Zuwachsrückgänge sowie Vitalitätsverluste ein.
Waldbaulicher Umgang mit Moorbirken
Die Moorbirke kommt (in Bayern) bestandsbildend insbesondere auf Sonderstandorten (Moor- und Nassstandorte, Blockhalden) vor. Im Gegensatz zur Sandbirke, die vornehmlich in von Menschen beeinflussten, sekundären Moorstandorten auftritt, ist die Moorbirke von Natur aus in intakten Mooren beheimatet. Hier ist sie vor allem in sauren Bruchwäldern der Niedermoore und am Moorrand zu finden, wo sie erheblich zur habitattypischen Artenvielfalt beiträgt, da zahlreiche Moorbewohner verschiedener Tiergruppen an Birken gebunden sind. Als Beispiele kann man die Moor-Feuerzikade (Zygina rosea), Großes Jungfernkind (Archiearis parthenias), Birkenmaus (Sicista betulina) oder das Birkhuhn (Tetrao tetrix) anführen.
Spezielle waldbauliche Empfehlungen zur Behandlung der Moorbirke sind selten. Sollen Moorbirken-Einzelbäume aktiv bewirtschaftet werden, können die generellen Behandlungsgrundsätze des zukunftsorientierten Waldbaus in Bayern, die in den letzten rund 15 Jahren erarbeitet und im Rahmen der Waldbautrainings der Bayerischen Forstverwaltung geschult wurden, uneingeschränkt Anwendung finden. Generelles Ziel sollte es sein, vitale Individuen der lichtbedürftigen Pionierbaumart, die zudem idealerweise stabil und qualitativ hochwertig sind, frühzeitig zu sichern und durch frühzeitigen Einstieg in die Dimensionierungsphase in Richtung Wertholzproduktion zu lenken. Das bedeutet bei so einer früh im Höhenwuchs kulminierenden Baumart die Kronenfreistellung etwa im Alter von 12 Jahren bzw. bei einem Brusthöhendurchmesser (BHD/1,3 Meter) von ca. 12 bis 14 cm.
Wenn aufgrund fehlender Samenbäume keine Naturverjüngung möglich ist, können Moorbirken auch gepflanzt oder durch Saat eingebracht werden. Wichtig dabei ist die Auswahl geeigneter Pflanz- oder Saatplätze, die der lichtbedürftigen Pionierbaumart ein ausreichendes Lichtangebot bieten. Auf qualitätssichernde Maßnahmen der Kulturbegründung (Pflanzenauswahl, Wurzelqualität, sachgerechte Pflanzung oder Saat etc.) sollte, wie bei allen Begründungsmaßnahmen, sorgfältig geachtet werden. Weitere Hinweise hierzu liefert das LWF-Merkblatt 30 "Qualitätssicherung bei der Kulturbegründung".
Nach erfolgter "Etablierung" (vgl. Abb. 3) gilt es, frühzeitig in der anschließenden "Qualifizierungsphase" die Moorbirken als festen Teil des Bestandes zu sichern und ggf. vitale, stabile und qualitativ hochwertige Individuen herauszuarbeiten. Aufgrund der speziellen lichtökologischen Eigenschaften der Pionierbaumart Moorbirke wird ein frühzeitiger Übergang von der Qualifizierungs- in die Dimensionierungsphase angestrebt. Dieser sollte bereits ab einem Brusthöhendurchmesser von 12 bis 14 cm der herausgearbeiteten Kandidaten erfolgen. Weil die Birke ein "Totasterhalter" ist, wird unter dieser Zielsetzung (frühe Freistellung) auch eine Wertastung erforderlich sein.
In der Phase der Dimensionierung wird eine frühzeitige Zunahme der Dickenzuwächse der Zielbäume durch konsequentes Freistellen bzw. durch dauerhafte Auflösung der Kronenspannung angestrebt. Um keine Seitenkonkurrenz durch Nachbarbäume entstehen zu lassen, ist ein Mindestabstand zwischen den Zielbäumen von 10 m erforderlich. Wichtig ist der frühzeitige Einstieg, da die Moorbirke, ebenso wie die Sandbirke, eine relativ geringe Lebenserwartung aufweist. In der sich anschließenden Reifephase nimmt die Wuchskraft und Reaktionsfähigkeit deutlich ab. Dies ist bei Erreichen eines BHDs von etwa 28 cm der Fall.
Zukunftsorientierter Waldbau im Einklang mit naturschutzfachlichen Zielen
Wie mehrfach aufgezeigt, kommen Moorbirken aktuell in Bayern und Deutschland besonders häufig auf Sonderstandorten vor. Diesen kommt generell eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung zu. Gleichzeitig ergeben sich insbesondere auf Feuchtstandorten Restriktionen für die Waldbewirtschaftung.
Spezielle waldbauliche Überlegungen zu dieser Baumart sollten daher immer auch naturschutzfachliche Aspekte berücksichtigen. Die gesamte waldbauliche Behandlung muss natürliche Prozesse in diesen Ökosystemen berücksichtigen und in den Lebensraum mit allen darin befindlichen Lebewesen eingepasst werden. Dazu gehören in erster Linie die Beteiligung von Naturverjüngung bzw. Sukzession, das besondere Augenmerk auf Totholz und Habitatbäume, der Schutz bzw. die Pflege von Waldbiotopen und der Artenschutz.
Die bayerischen Grundsätze für einen zukunftsorientierten Waldbau ermöglichen es, naturschutzfachlichen Belangen umfänglich nachzukommen und gleichzeitig den nachwachsenden Rohstoff Holz in entsprechender Qualität bereitzustellen. Begründet wird dies durch den einzelbaumorientierten Behandlungsansatz. Waldbauliche Eingriffe konzentrieren sich dabei auf eine bemessene Anzahl von Bäumen, die aktiv gefördert und bewirtschaftet werden. Die Anzahl ist dabei abhängig von der Ausgangssituation des Bestandes sowie von möglichen Zielen des Waldeigentümers. Die Bewirtschaftungsintensität in den Feldern zwischen aktiv bewirtschafteten Bestandsgliedern (Zielbäumen) wird deutlich abgesenkt bzw. evtl. sogar gänzlich eingestellt. So entstehen ausreichend große Bestandspartien für die Betonung naturschutzfachlicher Ziele.
Generell sollte für die Bewirtschaftung von Moorbirken-Einzelbäumen oder Beständen folgende Leitlinie verfolgt werden: Je seltener und schützenswerter der Standort oder das Biotop, auf dem Moorbirken vorkommen bzw. zukünftig geplant sind, desto mehr sollten aktive Bewirtschaftungsmaßnahmen auf die naturschutzfachlichen Ziele ausgerichtet sein. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass auf diesen Standorten keine aktiven waldbaulichen Maßnahmen erfolgen, in anderen Fällen aber auch, dass die Moorbirke - beispielsweise in geschädigten Schwarzerlenbeständen - aus naturschutzfachlichen Gesichtspunkten aktiv gefördert wird.
Zusammenfassung
Die Moorbirke ist eine Pionierbaumart, die in Bayern aktuell verstärkt auf forstlichen Sonderstandorten (Feuchtstandorte) vorkommt. Soll sie aktiv bewirtschaftet werden, können die bayerischen Behandlungsgrundsätze des zukunftsorientierten Waldbaus generell uneingeschränkt Anwendung finden. Aufgrund des Pioniercharakters kommt hierbei dem frühzeitigen Einstieg in die Dimensionierungsphase eine besondere Bedeutung zu, der es ermöglicht, ausreichend vitale Moorbirken frühzeitig entsprechend zu fördern. Allerdings verlangen naturschutzfachliche Belange bei der Bewirtschaftung der Moorbirke besondere Berücksichtigung. Die Bewirtschaftungsintensität der Moorbirke sollte mit zunehmendem Schutzcharakter des Standortes entsprechend reduziert werden bzw. vorrangig auf diese Schutzziele und den Erhalt des Waldökosystems ausgerichtet sein.