Biotopbaum, Hecke, Feldgehölz – das alles sind Lebensräume mit einer bunten Artenvielfalt. Um die Strukturen dieser Biotope zu erhalten, sind Pflegeeingriffe oft unumgänglich. Dabei sind allerdings die Belange des Artenschutzes zu beachten. Ein Spagat, der unter Beachtung einiger Punkte gar nicht so schwer zu meistern ist. Als Praxishilfe hat das Landratsamt Bautzen (Sachsen) jetzt Leitbilder zur Pflege gehölzbetonter Lebensräume herausgegeben. Diese entstanden im Zuge des Verbundprojektes AgroForNet.

AgroForNet – Dendromasse für die energetische Nutzung

Das Gesamtziel des Forschungsvorhabens AgroForNet ist der Aufbau regionaler Wertschöpfungsnetze zur nachhaltigen und effizienten Bereitstellung von Dendromasse (holzartige Biomasse) aus Land- und Forstwirtschaft sowie der offenen Landschaft. Diese Dendromasse wird in den Modellregionen im Wald, in Kurzumtriebsplantagen und in der offenen Landschaft gewonnen. Als Unterauftrag wurden von der Naturschutzstation Neschwitz Leitbilder für die Pflege gehölzbetonter Biotope fertiggestellt und vom Kreisforstamt Bautzen als wetterfeste Taschenkarte veröffentlicht. Sie behandeln die Themen

Lebensraum Feldgehölz

Feldgehölze sind kleine, inselartige Gehölzflächen, die meist auf landwirtschaftlich schwer nutzbaren Geländeausformungen in der offenen Landschaft stehen. Sie bestehen in der Regel aus einem Baumbestand mit hohen Bäumen, darunter niedrigen Bäumen und Sträuchern. Das Ganze ist umgeben von einem Saum aus Sträuchern, krautigen Pflanzen und Gräsern. Für die Ausbildung typischer Tier- und Pflanzengesellschaften ist eine Größe ab 1,5 Hektar besonders wertvoll.

Im Inneren findet man ein waldähnliches Kleinklima sowie eine typischen Waldbodenvegetation. Die Randbereiche aus Sträuchern und hochwüchsigen Stauden weisen durch unterschiedliche Exposition eine große Varianz des Kleinklimas auf. Feldgehölze können optisch als Baum- oder Strauchgruppen erscheinen, je nachdem, welche Vegetationsart dominiert.

Feldgehölze bieten vielen Insekten, Vögeln, Amphibien und Säugetieren Nahrung, Möglichkeiten zur Fortpflanzung sowie Zufluchtsorte und Rückzugsräume. Die größte Artenvielfalt findet sich in den Übergangsbereichen zwischen Gehölz und Wiese oder zwischen Gehölz und Feldflur.

Pflegehinweise:

  • regelmäßige abschnittsweise Rückschnitte zur Verjüngung des Gehölzes
  • Schnitt möglichst an frostfreien Tagen im späten Winterhalbjahr
  • max. ein Viertel der Gehölzfläche auf einmal entfernen
  • in Hauptwindrichtung Strauchmantel als Schutz erhalten
  • schlecht ausschlagfähige Gehölze möglichst vom Schnitt verschonen
  • Mahd des Krautsaumes (mind. 5 m) abschnittsweise alle 12 bis 36 Monate im Winter
  • kein Rückschnitt vom 1. März bis 30. September (BNatSchG)
  • Pflege im Februar günstig, auch von Oktober bis Januar möglich
  • Anfall: unterschiedlich starkes Astmaterial und möglicherweise stärkeres Stammholz

Lebensraum Hecke

Die Hecke ist ein linearer, ein- oder mehrreihiger, strukturreicher Gehölzbestand an Grenzen landwirtschaftlicher Nutzflächen, Wegböschungen oder Gräben. Die optimale Hecke ist 20 bis 25 Meter breit, an eine fünf Meter breite Kernzone mit Bäumen schließt beidseitig ein etwa fünf Meter breiter Gehölzstreifen an. Außen befindet sich jeweils ein ebenfalls fünf Meter breiter Stauden- und Krautsaum.

Hecken erhöhen die Strukturvielfalt in der Landschaft. Sie dienen als Sichtschutz sowie zur Schallreduzierung und Filterung von Staub und Abgasen. Ebenso schützen sie vor Wind- und Wassererosion und wirken regulierend auf den Wasserhaushalt. Für viele Tierarten dient die Hecke als Nahrungsraum, bietet Möglichkeiten zur Fortpflanzung und ist Zufluchtsort und Rückzugsraum vor Witterung, Bewirtschaftung und Fressfeinden.

Pflegehinweise:

  • bei ausgewachsenen Hecken alle fünf bis acht Jahre 20 – 40 % der Bäume und Sträucher abschnittsweise und selektiv pflegen bzw. schnellwüchsige Arten auf den Stock setzen
  • regelmäßige abschnittsweise Rückschnitte an etwa 15 Meter langen, nicht zusammenhängenden Abschnitten (im ältesten Teil der Hecke)
  • Schnitt möglichst an frostfreien Tagen im späten Winterhalbjahr
  • Zeitintervalle der Rückschnitte abhängig von der Ausprägung der Hecke: je höher die Hecke, desto länger die Zeitintervalle
  • Mahd des Krautsaumes möglichst abschnittsweise alle 12 bis 36 Monate im Winter
  • kein Rückschnitt vom 1. März bis zum 30. September (BNatSchG)
  • Pflege im Februar günstig, von Oktober bis Januar möglich
  • Anfall: unterschiedlich starkes Astmaterial

Lebensraum Biotopbaum

Biotopbäume sind meist alte und dicke Bäume mit deutlich sichtbaren Rinden-, Stamm- und Kronenschäden. In der offenen Landschaft befinden sich die breitkronigen Einzelbäume häufig an topografisch exponierten Stellen. Sie bieten ein vielfältiges Angebot an Strukturen: Spechthöhlen, Astlöcher, Pilzkonsolen, Totholz und vieles mehr. Biotopbäume stellen einen besonders wertvollen Lebensraum dar und werden als Nahrungs-, Zufluchts- und Wohnstätten von zahlreichen Tierarten genutzt.

Pflegehinweise:

  • entlastende Schnittmaßnahmen vor dem Auseinanderbrechen
  • Zurücksetzen der Krone auf den Scheitelpunkt bei z.B. Kopf-Linden
  • starke Totholzreste und Stöcke weitestgehend belassen
  • rechtzeitiges Nachpflanzen
  • wertvolle Altbäume aus Samen oder durch Stecklingsgewinnung nachziehen
  • Pflege im Februar günstig, von Oktober bis Januar möglich

Lebensraum Gewässerrandstreifen

Naturschutzfachlich wertvolle Gewässerrandstreifen sind naturnahe Geländestreifen entlang des Gewässers, die an die Oberkante der Uferböschung anschließen. Es handelt sich vorwiegend um mehrschichtige Ufergehölze bestehend aus Bäumen und Sträuchern mit anschließender Hochstaudenflur. Mehrreihige Ufergehölze erhöhen den naturschutzfachlichen Wert.

Ufergehölze dienen der Beschattung der Wasseroberfläche. Der dadurch reduzierte Lichteinfall und die somit niedrigere Wassertemperatur verlangsamen das Wachstum von Wasser- und Verlandungspflanzen. Zusätzlich wird die Sauerstoffkonzentration im Wasser erhöht. Neben Insekten werden Falllaub und Äste in das Gewässer eingetragen, wobei das Totholz für Lebensgemeinschaften im Wasser von besonderer Bedeutung ist. Die Ufergehölze verbinden Lebensräume, werten das Landschaftsbild auf und reduzieren die Einträge unerwünschter Fremdstoffe. Sie tragen zur Stabilisierung des Ufers bei, wirken als Nährstoffpuffer und bieten in den freigespülten Wurzeln Verstecke, Einstand und Laichplätze für die Gewässerbewohner. Die Ausbreitung von Problempflanzen wie beispielsweise dem Indischen Springkraut wird gehemmt.

Pflegehinweise:

  • abschnittsweise Gehölzpflege in möglichst langen Zeitabständen
  • Kopfbäume etwa alle fünf bis sieben Jahre schneiden
  • nur einzelne starke Bäume entnehmen, landschaftsprägende Einzelbäume belassen
  • Baumholz ab 35 cm BHD ausschlagfähiger Baumarten jährlich wechselnd auf den Stock setzen
  • beschattungswirksame Bäume (v.a. im südlichen bis westlichen Böschungsbereich) stehen lassen
  • Strauchbestand und Hochstaudenfluren abschnittsweise, kleinflächig und unregelmäßig gestaffelt pflegen
  • anfallendes Astmaterial aus dem Hochwasserabflussbereich entfernen
  • Totholz als Strukturelement im und am Gewässer belassen (sofern Hochwasserabfluss das zulässt)
  • Rodung von Wurzelstöcken nur in Ausnahmefällen (Stabilisierung des Uferbereichs)
  • kein Rückschnitt vom 1. März bis zum 30. September (BNatSchG)
  • Pflege im Februar günstig, von Oktober bis Januar möglich

Lebensraum Kopfweidenanlage

Kopfbäume sind eine historische Nutzungsform. Das Köpfen ist hauptsächlich bei Weiden verbreitet, da diese besonders gut wieder ausschlagen. Die Ruten und das Holz wurden in der Korbflechterei, zur Herstellung von Weidenzäunen, zur Fertigung von Gerätestielen, im Fachwerkbau und als Brennholz verwendet. Das regelmäßige Scheiteln der Äste verleiht den Bäumen die charakteristische Kopfform. Ältere Kopfbäume neigen zum Ausfaulen des Stammes und werden so immer wertvoller als Zufluchtsstätte und Trittsteinbiotop. Die entstandenen Hohlräume dienen als Lebensraum für Wirbeltiere, hoch spezialisierte Insektenarten und andere Tierarten. Kopfbäume sind durch ihr charakteristisches Erscheinungsbild markante Landschaftselemente.

Pflegehinweise:

  • alle fünf bis sieben Jahre Äste nahe am Kopf abschneiden
  • möglichst an frostfreien Tagen
  • bei größeren Beständen möglichst nur einen Teil der Bäume schneiden (Ausweichmöglichkeiten für deren Bewohner erhalten)
  • Kopfbäume, die schon länger als 20 Jahre nicht geschnitten wurden, belassen
  • kein Rückschnitt vom 1. März bis zum 30. September (BNatSchG)
  • Pflege im Februar und November günstig, im Oktober, Dezember und Januar möglich
  • Anfall: unterschiedlich starkes Astmaterial

Lebensraum Streuobstwiese

Die Streuobstwiese ist die traditionelle Form des Obstbaus mit hochstämmigen Obstbäumen. Sie zeugen von der in Jahrhunderten entstandenen bäuerlichen Kulturlandschaft. Charakteristisch ist die extensive Bewirtschaftung ohne Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Üblich ist die Mehrfachnutzung: Obsterzeugung mit Obstbäumen meist unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Arten und Sorten ("Obernutzung") und die Grünlandnutzung zur Heugewinnung oder als Viehweide ("Unternutzung"). Die Imkerei spielt zur Bestäubung eine wichtige Rolle. Der artenreiche Unterwuchs und die vielfältigen Kleinstrukturen wie Totholz und Baumhöhlen bieten vielen Tierarten Lebensraum.

Pflegehinweise:

  • fachgerechter Obstbaumschnitt bei den Streuobstgehölzen
  • Schnitt bei Apfel- und Birnbäumen unmittelbar vor dem Vegetationsbeginn (nicht bei Temperaturen unter -5 °C), bei Kirsch- und Pflaumenbäumen unmittelbar nach der Ernte (Juli/ August), bei Walnuss im Herbst
  • hochschießende Gräser und Kräuter nahe am Stamm entfernen
  • Mahd möglichst spät (Schutz bodenbrütender Vögel, Aussamen von Wildblumen)
  • Baumschnitt im Herbst auf der Wiese zu Reisighaufen stapeln (Winterquartiere für z.B. Igel)
  • kein Rückschnitt vom 1. März bis zum 30. September (BNatSchG)
  • Pflege im Februar günstig, von November bis Januar möglich
  • Anfall: unterschiedlich starkes Astmaterial

Leitbilder für die Praktiker

Die vorliegenden Leitbilder sollen dem Praktiker, sprich dem Landwirt, Landschaftspflegeverbänden und anderen in der offenen Landschaft agierenden Akteuren, an die Hand gegeben werden. Die Leidbilder sind als PDF frei verfügbar. Außerdem können sie beim Kreisforstamt Bautzen als wetterfeste Taschenkarte gegen Entgelt bestellt werden.