Europäisches Waldschadensmonitoring
Die zehnjährigen Depositionsmessungen auf den 20 österreichischen Level II-Flächen haben gezeigt, dass Einträge von Stickstoff (Nitrat, Ammonium) Critical Loads überschreiten. Nach derzeitigem Wissensstand (Achermann 2003) liegen die Critical Loads für Wälder zwischen 10/15 kg je Hektar und Jahr (erhöhte Mineralisierung, Nitrifikation, Bodenwasseraustrag; Veränderung der Bodenvegetation) und 15/20 kg je Hektar und Jahr (Nährstoffungleichgewichte in Bäumen). Werte innerhalb dieser Bandbreiten wurden auf der Mehrzahl der Flächen mehr als in einem Jahr, besonders aber auf den niederschlagsreichen Flächen Mondsee und Lungötz (Salzburg) sowie Hochhäderich (Vorarlberg), erreicht bzw. überschritten.
Erfassung der Gesamtdeposition notwendig
Die im Freiland gemessenen Absetz-Depositionen unterschätzen den Gesamteintrag, weil die trockene Gasdeposition und die okkulte Deposition (Nebel und Rauhreif) mit Bulk-Sammlern nicht messbar ist. Die Gesamtdeposition auf das Kronendach kann nur unter Einbeziehung von Messwerten aller drei Komponenten mit Modellen ("Hick’s-Modell") erfasst werden. Untersuchungen im Raum Achenkirch/Tirol (Nordtiroler Kalkalpen; Kalina et al. 2002) haben gezeigt, dass in 1758 m Seehöhe der Anteil der okkulten Deposition beträchtlich sein kann: Während sich der Stickstoffeintrag in 920 m Seehöhe zu rund 21 % aus trockener, zu 78 % aus nasser und nur zu 1 % aus okkulter Deposition zusammen setzte, waren es in 1758 m Seehöhe 16 % (trocken), 60 % (nass) und 24 % (okkult).
Bei der Beurteilung der Eutrophierung durch Stickstoff anhand von Critical Loads unterschätzen aufgrund der vorliegenden Ergebnisse auch die Kronendurchlassmessungen (die beim Stickstoff im gesamten Durchschnitt aller 20 Level II Flächen um 20 % höhere Werte unter dem Kronendach ergaben) den tatsächlichen Eintrag. Deshalb sind die Bulk-Messergebnisse als Untergrenze für die tatsächlichen Einträge anzusehen.
Österreichs Wald eutrophierungsgefährdet
Fast die gesamte österreichische Waldfläche ist eutrophierungsgefährdet
Gemäß einer Auswertung des Umweltbundesamtes (Umweltbundesamt 2005) werden auf 97 % der Waldfläche (basierend auf Auswertungen von Punkten der Österreichischen Waldbodenzustandsinventur) Critical Loads für Stickstoffeinträge überschritten.
Critical Loads für eutrophierende Stickstoffeinträge an 496 Flächen der Österreichischen Waldbodenzustandsinventur (Farbdarstellung in 25%-Perzentilen; Werte in equ [Säureäquivalente] N ha-1 a-1; 1000 equ N entsprechen 14 kg N). Die Critical Loads an den rot, gelb und hellblau gekennzeichneten Punkte liegen somit unter 11 kg N ha-1 a-1 (Umweltbundesamt 2005).
Im Mittel liegt die Überschreitung bei 4,5 kg N je Hektar und Jahr, der Medianwert der Critical Loads liegt bei 10 kg N je Hektar und Jahr. Niedrige Critical Loads und damit hohe Empfindlichkeiten finden sich in schlechtwüchsigen, trockenen Lagen, hohe Critical Loads in wüchsigen, feuchteren Lagen. Das Ausmaß der Überschreitung der Critical Loads wird aber wesentlich von der räumlichen Verteilung der Stickstoffdeposition gesteuert, die erheblich stärker variiert als die Verteilung der Critical Loads.
Critical Loads: Kritische Belastungsgrenze für Einträge bzw. jener Eintrag von Schadstoffen aus der Atmosphäre, bei dessen Überschreitung nach derzeitigem Kenntnisstand langfristige negative Effekte bei bestimmten Wirkobjekten oder Rezeptoren auftreten können. |
Literatur
Achermann B., Bobbink R., Hrsg. (2003): Empirical Critical Loads for Nitrogen: Expert workshop, Berne, 11-13 November 2002. Environmental Documentation 164, Swiss Agency for the Environment, Forests and Landscape
Kalina M., Zambo E., Puxbaum H. (1998): Assessment of wet, dry and occult deposition of sulphur and nitrogen at an alpine site. ESPR - Environ. Sci. & Poll. Res., Special Issue 1, 53-58.
Umweltbundesamt (2005): Obersteiner, E. und Offenthaler, I.: Critical Loads für Schwefel- und Stickstoffeinträge in Ökosysteme – Datenabfrage 2004. Projektbericht, im Auftrag des BMLFUW, Umweltbundesamt Wien.
Smidt St. (2007): 10 Jahre Depositionsmessung im Rahmen des europäischen Waldschadensmonitorings. BFW-Berichte, im Druck.