Funktionen des Waldes
In der Nähe grösserer Siedlungsgebiete sowie in Tourismusregionen stehen heute die so genannten Wohlfahrtsfunktionen des Waldes im Vordergrund. Geschätzt wird der Wald wegen seiner luftreinigenden und -erneuernden Wirkung, seines Beitrags an den Lärmschutz, die Wasserreinhaltung und das Landschaftsbild; zudem ist er Lebensraum für viele seltene und bedrohte Tiere und Pflanzen sowie Freizeit- und Erholungsraum für die Bevölkerung. Dieser Entwicklung trägt auch die 1998 revidierte Bundesverfassung Rechung. Sie erwähnt die drei Funktionen des Waldes explizit: "Der Bund sorgt dafür, dass der Wald seine Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen erfüllen kann."
Positive Auswirkung des Waldes auf die Gesundheit
Die Schweizer Bevölkerung hat ein sehr intensives Verhältnis zum Wald. Im Unterschied zu einigen anderen europäischen Staaten darf der Wald in der Schweiz von allen betreten werden, selbst wenn er sich in Privatbesitz befindet. Über 90 Prozent der Bevölkerung geht regelmässig in den Wald, weil sie Ruhe, gesunde Luft, ein angenehmes Mikroklima und Naturbegegnungen suchen. Der Wald befriedigt dabei essentielle psychische, physische und soziale Bedürfnisse, die sich sehr positiv auf die menschliche Gesundheit auswirken.
Eine Grundlage für die Situation in der Schweiz liefert eine 2005 veröffentlichte Studie (PDF). Sie schafft einen Überblick über Literatur, Forschungsvorhaben, Initiativen und Projekte im Bereich Wald und Gesundheit. Die Studie geht sowohl auf immaterielle Werte als auch auf konkrete materielle Produkte des Waldes ein und kommt zum Schluss, dass alle drei Waldfunktionen in einem gewissen Sinne die menschliche Gesundheit tangieren:
- Der Schutzwald schützt menschliches Leben generell (Schutzfunktion).
- Der Wald hat einen direkten, materiellen Nutzen für die Gesundheit, z.B. durch seine pflanzlichen Produkte sowie durch klimatische Wirkungen (Nutzfunktion).
- Der Wald hat Wirkungen im sozialen und zwischenmenschlichen Bereich (Wohlfahrtsfunktion).
Einige Ergebnisse dieser Studie werden im Folgenden kurz zusammengefasst:
Wahrnehmung des Waldes
Wald und Bäume sind für die Menschen sehr bedeutungsvoll. Der Baum gehört zu den Urdingen der Menschheit. Der Baum gilt oft als Symbol der Fruchtbarkeit und des Wachstums. Wiederholt wird er auch als Symbol des Lebens betrachtet und findet Eingang in Märchen und in die Tiefenpsychologie.
In der Literatur wird die symbolische Bedeutung des Waldes aufgenommen, wenn beispielsweise der Lauf des menschlichen Lebens mit dem Wachstum des Baumes verglichen wird. Der Wald hat aber zugleich auch eine ambivalente Bedeutung: Er gilt zwar als anziehend, wirkt aber zugleich oft auch geheimnisvoll, wild oder gar gefährlich. Dies kommt auch in vielen Märchen zum Ausdruck.
Viele Menschen empfinden den Wald als wertvoll und grundlegend: Man geht in den Wald, um mit sich alleine zu sein, um sich selbst zu sein, um endlich seine eigenen Gedanken denken zu können, um sich als Teil der Natur zu erkennen, um sich sein Leben als Leben in Jahreszeiten und anderen Rhythmen bewusst zu machen, um sich selbst sportlich zu modellieren. Viele verbinden auch schönste Kindheitserinnerungen und Gefühle der Unbeschwertheit mit dem Wald. Eine Studie des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) bestätigt, dass der Wald als Inbegriff für Ruhe, Freiheit, Schönheit und Leben gilt und als praktisch unberührter Naturraum für das psychische Wohlbefinden der Bevölkerung von grosser Bedeutung ist.
Der Wald als Freizeit- und Erholungsraum
Verschiedene empirische wissenschaftliche Arbeiten befassen sich mit der tatsächlichen und potenziellen Nutzung des Waldes als Freizeit- und Erholungsraum. Die Autoren dieser Untersuchungen interessieren sich insbesondere für die Art der Nutzung (z.B. Erholung, Naturerlebnis, Fitness, Spaziergang, usw.), die Häufigkeit der Besuche sowie die Wertschätzung, die dem Wald von den verschiedenen Gruppen entgegengebracht wird. Dabei untersuchen die Wissenschafter, ob sich die hohe Wertschätzung auch in Geld ausdrücken lässt. Eine Umfrage des BAFU ergab folgende Gründe für den letzten Waldbesuch:
- Spazieren: 40,1%
- Erholung: 19,1%
- Sport/Gesundheit: 18,2%
- Naturerlebnis: 9,9%
- Sammeln: 9,9%
- Luft: 8,6%
- Hundespaziergang: 7,6%
In den letzten Jahren haben insbesondere auch neue Aktivitäten wie Walking, Mountainbiking, Jogging, Vita Parcours, Spielplätze und Feuerstellen an Bedeutung gewonnen. Die meisten dieser Freizeitaktivitäten haben eine positive Auswirkung auf die physische oder psychische Gesundheit. Andererseits belastet eine zu intensive Freizeitnutzung den Wald, beispielsweise trittempfindliche Pflanzen oder Tiere mit grossem Ruhebedürfnis.
Erfahrungs- und Lernraum Wald
Der Wald übt eine wichtige Funktion als Lernraum für Kinder oder für Menschen mit psychosozialen und körperlichen Problemen aus. Wälder werden als Erfahrungsraum für psychomotorische Lernprozesse und für die allgemeine Stimulierung der Sinne genutzt. Diese Gedanken setzt man beispielsweise in Waldtagen oder Waldkindergärten um. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Waldkindergartenschüler insbesondere in der Grobmotorik und der Kreativität besonders gut abschneiden. Man geht auch davon aus, dass der Wald im Bereich Erlebnispädagogik, Erlebnistherapie und Heilpädagogik positive Wirkungen hat.
Gesundheitsfördernde Waldprodukte
Auch im Wald wachsende Heil- und Wildpflanzen haben eine gesundheitsfördernde Wirkung (z.B. Lindenblüten, Bärlauch, Brennessel, Huflattich, Pilze, etc.). Wildpflanzen gelten generell als sehr gesund, denn sie verfügen über einen hohen Nährwert, enthalten viele Vitamine und Mineralsalze, und ihre Blätter sind äusserst calcium- und eisenhaltig.
Literatur
GASSER, K.; KAUFMANN-HAYOZ, R. (2005): Wald und Volksgesundheit – Literatur und Projekte aus der Schweiz. Umwelt-Materialien Nr. 195. Hrsg. vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern. 34 S.
(TR)