Ein Forschungsprojekt der Eidg. Forschungsanstalt WSL zeigt auf, wie viel die Erholung in Wäldern einer Ferienregion und einem Naherholungsgebiet bringt.

Sich in Waldgebieten zu erholen, wird seit Jahrhunderten von einem grossen Teil der Bevölkerung wertgeschätzt. Relativ neu hingegen sind die Bemühungen, in Geldeinheiten zu messen, wie sehr die Freizeitnutzung geschätzt wird. Die Berechnung ist dabei schwierig, denn die Freizeitnutzung des Waldes hat die Eigenschaften eines öffentlichen Guts. Schliesslich ist der freie Zutritt zu Wäldern in der Schweiz gesetzlich garantiert. In vielen Fällen befragt man deshalb die Bevölkerung, wie viel sie für eine fiktive Jahreseintrittskarte zu zahlen bereit wären.

In einem Forschungsprojekt der WSL wurde nicht ein solcher gesellschaftlicher Wert ermittelt, sondern untersucht, was Wälder über ihre Erholungsfunktion für die regionale Wirtschaft bringen. Methodisch ist dabei zu berücksichtigen, dass die regionale Wertschöpfung zumeist nicht direkt "im Wald" und nicht bei denjenigen anfällt, die für die Erstellung dieser öffentlichen Leistung sorgen, also den Waldeigentümern. Stattdessen profitieren Hotellerie, Gastronomie und private touristische Anbieter im Umfeld von den Ausgaben der Waldbesucher. Der regionale Wert lässt sich somit letztlich nur über Befragungen der Gäste zu ihren Ausgaben bemessen.

Zwei Fallstudien: Bergell und Sihlwald

Im Rahmen eines COST E45-Forschungsprojekts wurde in zwei Fallstudien (Sihlwald, Bergell) der Wert der Freizeitnutzung von Wäldern für die regionale Wirtschaft im Rahmen von Wertschöpfungsstudien untersucht. Um die Gesamtzahl der Waldgäste eines Jahres zuverlässig schätzen zu können, zählten wir in den Fallregionen, verteilt über ein Jahr an rund 25 Tagen und an jeweils etwa fünf Standorten, die Passanten und ermittelten unter Berücksichtigung von Witterungswerten, Wochentagen und der Saison die Gesamtzahl der Erholungsuchenden. So kamen wir in den Bergeller Wäldern auf 86'200 und im Sihlwald auf 136'900 Gäste.

Der Berechnung der regionalwirtschaftlichen Effekte wurde nur die Zahl der am Wald interessierten Gäste zugrunde gelegt. Welche Menschen sich wie stark vom Wald angezogen fühlen und wie viel Geld die Besucher/innen bei einem Waldbesuch ausgeben, wurde in 933 standardisierten Interviews mit einer Zufallsauswahl der Passanten getestet. Die Beurteilung des Interesses am Wald erfolgte mittels einer Conjoint-Analyse nach den Entscheidungskriterien der Besucher/innen für ihre Wahl des Naherholungs- oder Reiseziels. So konnten für das Bergell 30'000 und für den Sihlwald 71'300 waldfreundliche Besucher/innen ermittelt werden. Die Ausgaben wurden pro Tag und Person erhoben.

Grosser wirtschaftlicher Wert der Walderholung in Ferienregionen

Die Wertschöpfungsstudien zeigen, dass sich die regionalökonomischen Effekte der Freizeitnutzung im Bergell auf 1,4 Mio. CHF belaufen, im Sihlwald nur auf 0,4 Mio. CHF. Das zeigt, dass Wälder und Forstwirtschaft in einer ländlichen Gebirgsregion wie dem Bergell einen wichtigen Beitrag für die regionale Wirtschaft leisten können. Die regionalwirtschaftliche Bedeutung des primär für die Naherholung genutzten Sihwalds ist dagegen vernachlässigbar.

Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass die regionalwirtschaftlichen Effekte der hochgerechnet 136'900 Erholungsuchenden beziehungsweise der 71'300 Waldbesucher/innen im engeren Sinn im Sihlwald deutlich niedriger liegen als die der 86'200 Waldgäste beziehungsweise auch der 30'000 am Wald interessierten Besucher/innen in den Bergeller Wäldern.

Ausschlaggebend dafür ist vor allem die Besucherstruktur: 38% der Sihlwald-Besucher/innen wohnen in unmittelbarer Nähe zum Sihlwald und erholen sich im Sihlwald als ihrem unmittelbaren Wohnumfeld. Im Bergell hingegen wohnen nur 4,6% der Waldbesucher/innen im Bergell selbst. Der Anteil der Feriengäste, die generell im Mittel höhere Tagesausgaben verzeichnen, beläuft sich im Bergell auf 51,8%, im Sihlwald auf gerade 1,9% der Waldgäste, die zudem zumeist bei Freunden und Verwandten oder in der Parahotellerie nächtigen und damit auch nicht über Übernachtungsaufwendungen zur regionalen Wohlfahrt beitragen.

Fazit

In vielen Regionen und für viele Waldeigentümer lohnt sich die Waldbewirtschaftung wirtschaftlich nicht mehr. Daher wird es immer wichtiger, auch Erholungs- und Umweltleistungen in Wert zu setzen. Im Bundesgesetz über den Wald und im Waldprogramm Schweiz werden diese Leistungen bereits explizit adressiert. Die beiden Fallstudien im Bergell und im Sihlwald zeigen, dass sich der Freizeitwert von Wäldern für die regionale Wirtschaft deutlich je nach Lage der Wälder und dadurch beeinflusster Besucherstruktur unterscheidet. Daher sind nennenswerte Potenziale für die Inwertsetzung der Freizeitnutzung von Wäldern in ländlichen Ferienregionen am grössten. In anderen Regionen sollte eher die Inwertsetzung der Umweltleistungen von Wäldern angestrebt werden.