Ziel dieser Studie war es, zu ermitteln, welche Mistelarten auftreten, die Intensität der Infektion zu bestimmen und Wirtsarten zu identifizieren, die für Mistelparasitismus anfälliger sind. Gleichzeitig wurden die Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren sowie das Potenzial zur Ausbreitung analysiert.
„Mistel“ ist ein Begriff für halbparasitäre Pflanzen, die zu mehreren Familien gehören. Die Mistel wurde häufig in der Medizin, als Gewürz für Lebensmittel, oder auch als Bestandteil bei der Herstellung von Biodiesel verwendet. Beliebt ist sie auch als traditionelle Weihnachtsdekoration. Die Rolle der Mistel in Ökosystemen ist nach wie vor umstritten. Einerseits gilt sie als großer biotischer Stressfaktor für die Wirtsbäume, der zum Absterben von Bäumen führen kann. Andererseits spielt die Mistel eine wichtige ökologische Rolle bei der Erhöhung der Artenvielfalt. Misteln sind eng mit verschiedenen Arten von Organismen verbunden, darunter Vögel, wirbellose Tiere und Pilze.
Die Misteln in Österreich sind durch Viscum album (Viscaceae) und Loranthus europaeus (Loranthaceae) vertreten. Innerhalb der Art Viscum album finden sich die Unterarten:
- Laubholzmistel (V. album subsp. album)
- Kiefernmistel (V. album subsp. austriacum)
- Tannenmistel (V. album subsp. abietis)
Wie die Mistel ihren Wirt auswählt

Abb. 1: Beeren der Mistel Viscum album. Foto: BFW
Das Vorkommen der Mistel in Städten hängt eng mit der Art des Wirtsbaums, dem Standort, der Baumdichte, dem Baumalter und der Baumhöhe zusammen. Die DaFNE-Studie Mistelur im Auftrag des Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) beleuchtete, wovon ein Mistelbefall abhängt. Im Vergleich mit Daten der Österreichischen Waldinventur wurde auch das Ausbreitungspotenzial der Mistel in Wäldern beurteilt.
In Wien wurden neue Wirtsbäume von V. album identifiziert, über die bisher in der wissenschaftlichen Literatur nicht berichtet wurde. Dies sind:
- Balkan-Ahorn (Acer hyrcanum)
- Zimtahorn (A. griseum)
- Gelbe Rosskastanie (Aesculus flava)
- Chinesische Scheinhasel (Corylopsis platypetala)
- Kleinasiatische Fontanesie (Fontanesia phillyreoides)
- Rundblättriger Storaxbaum (Styrax obassia)
- Samthaarige Stinkesche (Tetradium daniellii)
- Stinkesche (Tetradium ruticarpum)
- Krim-Linde (Tilia x euchlora)
Bei den Schäden beziehungsweise Krankheiten an Bäumen mit Misteln traten am häufigsten Rindenschäden auf. Bei den Wirtsbäumen zeigte sich oft eine ausgeprägte Anpassung heimischer Baumarten an die Mistel (geringer Befall), hingegen waren eingeführte Bäume stärker betroffen. Bei einigen Arten können bestimmte Sorten gegen Mistel resistent oder weniger anfällig sein.
Botanische Gärten beherbergen zahlreiche Baumarten, von denen viele eingeführt oder selten sind. Die Dichte der Baumbedeckung ist hoch. Die Autoren der Studie haben eine große Anzahl infizierter Bäume im Botanischen Garten der Universität Wien gezählt. Im Botanischen Garten der Karl-Franzens-Universität Graz hingegen wurde keine einzige Mistel gefunden.
Vermehrter Stress durch Klimawandel

Abb. 2: Von Misteln befallene Tanne. Foto: BFW
In den vergangenen 22 Jahren hat die durchschnittliche Jahrestemperatur in Wien um 1,3° C und Graz um 0,9°C zugenommen. Dies verringert die Widerstandsfähigkeit der Bäume gegenüber verschiedenen negativen Umweltfaktoren, einschließlich biologischer Faktoren. Der Klimawandel führt zu ökophysiologischem Stress, der die Bäume möglicherweise anfälliger für Mistelbefall macht und so die Intensität des Austrocknens der Bäume erhöht.
In einer städtischen Umgebung, in der sich Stressfaktoren kombinieren und gegenseitig verstärken, könnte die Mistel die Entwicklung von städtischen Grünflächen in Richtung einer beschleunigten Degradation lenken.
Misteln in Wäldern
Die von der Mistel befallene Waldfläche in Europa hat in den vergangenen Jahren zugenommen. In den Wäldern in der Umgebung Wiens sind hauptsächlich die Kiefernmistel auf Weißkiefern (Pinus sylvestris) und Schwarzkiefern (Pinus nigra) sowie die Eichenmistel vorhanden. Auch die Laubholzmistel spielt eine Rolle, etwa auf Pappelarten.
Möglicherweise stellen Bäume in den Städten einen gewissen „Infektionsherd“ für die Umgebung dar, falls kompatible Baumarten und Bedingungen (zum Beispiel Waldränder) vorhanden sind. Hier könnten ausgedehnte, relativ reine Buchenbestände wie im Wienerwald „abschirmend“ wirken.
Wie geht man mit der Mistel um?
Das Beschneiden ist eine unwirksame Methode, um die Menge an Mistelzweigen zu kontrollieren, die mit Senkern (Haustorien) in das Holz eindringen. Eine gute Lösung sind beerentragende Sträucher, deren Beeren den Vögeln im Winter Nahrung bieten und sie von der Verbreitung der Mistelsamen „ablenken“. Diese könnten sein: Eibe, europäische Stechpalme, Feuerdorn, Liguster, Holunder, Efeu, Mahonie, Mehlbeere, Sanddorn, Schlehdorn, Schneeball, Weißdorn oder Zwergmispeln. Man könnte auch Baumarten für die Landschaftsgestaltung wählen, die wenig bis keine Anfälligkeit für Misteln aufweisen wie etwa Gemeiner Wacholder, Ginkgo, Magnolie, Platane oder Trompetenbaum. Manche Hybriden oder Sorten zeichnen sich ebenso durch ihre Widerstandsfähigkeit aus, wie beispielsweise Winterlinde (Tilia cordata„Greenspire“).