Herkunft, Vorkommen und Name

Lärchen wuchsen bereits vor 60 Millionen Jahren auf der Erde. Fossile Funde belegen zudem, dass sie sich vor rund einer Million Jahren von Sibirien nach Europa ausbreiteten. Das heutige natürliche Verbreitungsgebiet der Europäischen Lärche ist der Alpenraum, die Sudeten, die Karpaten/Tatra sowie das südöstliche Polen (Abb. 2).

In der Schweiz wachsen rund 75% aller Lärchen oberhalb von 1400 m ü.M., vor allem im Wallis, in den Gebirgstälern des Tessin sowie in Graubünden, speziell im Engadin, Puschlav und Münstertal (Karte). Die goldgelb gefärbten Lärchen prägen im Oktober und November die Landschaft bis auf eine Meereshöhe von 2400 m.

Der Name Lärche leitet sich ab von Larix. So nannten die Gallier diesen seltsamen Baum, der sich vom sommerlichen Frischgrün bis in den Herbst ins leuchtend Goldgelb verwandelt, um nach kurzer Zeit kahl dazustehen. Vom Althochdeutschen "Laihta", "Larihha" oder "Lericha" über "Larche" oder "Lerche" im Mittelhochdeutschen kam es schlussendlich zum uns geläufigen "Lärche" mit "ä" als klarer Abgrenzung zum gleichnamigen Vogel, der Lerche.

Gemäss verschiedener Quellen bedeutete Larix "aus Holz gewonnener Teer" (Lärchenharz). Der Berner Forstmann Karl Kasthofer erwähnt 1828 die Berufsgattung der Harzer – auch als Larcher oder Lörtscher bezeichnet. Letzterer ist im Wallis ein verbreiteter Familienname. Ortsbezeichnungen wie "Laret", "Larschi", "Larzey" sowie "Lötsch" deuten auf das Vorkommen von Lärchen hin, so beispielsweise das Lötschental, das Tal der Lärchen (Abb, 3). Der Artenname decidua (=abfallend) deutet an, dass diese Art im Gegensatz zu allen anderen einheimischen Nadelhölzern im Herbst ihre Nadeln verliert.

Habitus und Alter

Die ausgesprochen lichtbedürftige Lärche ist in ihrer Wuchsform sehr variabel. Als Pionierbaumart passt sie sich den standörtlichen Begebenheiten an. Der sommergrüne Baum mit meist geradem Schaft hat in der Jugend eine kegelförmige Krone, die mit zunehmendem Alter breiter wird und abflacht. Die Europäische Lärche wird bis zu 54 m hoch und erreicht ein Alter von über 1000 Jahren. Bei der in den USA beheimateten Westamerikanischen Lärche (Larix occidentalis) wurden Höhen bis zu 90 m gemessen.

Nadeln, Zapfen und Rinde

Aus den höckerartigen Knospen an den rötlichbraunen Trieben wachsen im Frühling 20 bis 40 rosettenartig angeordnete Büschel mit vorerst hellgrünen, später nachdunkelnden, schmalen, weichen Nadeln. Gleichzeitig mit dem Nadelaustrieb spriessen auf dem gleichen Ästchen die purpurroten, weiblichen und etwas später die rötlich-gelben männlichen Blüten (Abb. 4). Die Lärche ist demzufolge eine einhäusige Baumart, das heisst, männliche und weibliche Blüten kommen zwar auf dem gleichen Baum vor, werden aber in getrennten Blütenständen ausgebildet.

Die 3 bis 4 cm langen, eiförmigen Zapfen sind zuerst hellbraun, später grau. Nach erfolgtem Ausfall der kleinen, dreieckig-eiförmigen glänzend hellbraunen Samen bleiben die Zapfen jahrelang am Baum. Nach dem erstem Frost im Herbst verfärben sich die 2 bis 4 cm langen Nadeln goldgelb und fallen später ab. In der Jugend ist die Lärchenrinde glatt und graugrün bis aschgrau. Mit zunehmendem Alter des Baumes wird sie rot- bis graubraun und bildet eine tiefgefurchte Schuppenborke.

Waldbauliche und ökologische Bedeutung

Aus forstwirtschaftlicher Sicht ist die europäische Lärche eine wertvolle Baumart. Wegen ihrer Frosthärte, ihrer Schneebruch- und Sturmfestigkeit sowie ihrem gut bearbeitbaren und dauerhaften Holz wird sie sehr geschätzt. Dank den kräftigen, tiefverankerten Wurzeln festigt die Lärche, vor allem im Gebirge, erosionsgefährdete Waldböden und ist ein wichtiges Element im inneralpinen Schutzwald.

Wie die meisten Bäume lebt auch die Lärche in Symbiose (Lebensgemeinschaft) mit Pilzen. Bekannt ist zum Beispiel der Goldröhrling (Suillus grevillei), der als guter Speisepilz gilt. Die fetten Lärchensamen dienen vielen Vögeln als Nahrungsquelle. Eine spezielle Bedeutung kommt der Lärche im Jura sowie in den Alpentälern zu. Eine Verflechtung aus Wald und Weide, sogenannte Wytweiden, ermöglichen dem Vieh, dass es sich vom reichlich wachsenden Gras unter den lichten, schattenspendenden Kronen der Lärchen ernähren kann (Abb. 5). Unter dem dichten, wintergrünen Geäst von Fichten würde hingegen kaum Gras wachsen. Die alljährlich im Herbst abfallenden Lärchennadeln produzieren zudem wertvollen Humus.

Verwendung

Wegen der guten technischen Eigenschaften ihres Holzes gilt die Lärche nicht zu Unrecht als "Eiche unter den Nadelhölzern". Das witterungsbeständige, schwere Lärchenholz findet Verwendung im Erd-, Brücken- und Schiffsbau sowie bei Wasserarbeiten (unter Wasser wird es steinhart). Auch als Schindelholz ist es sehr beliebt. Im Innenausbau wird das braunrote, möglichst astfreie Kernholz zur Herstellung von Möbeln, Türen und Fenstern verwendet.

Die "Feinde" der Lärche

Das wohl bekannteste Insekt auf Lärche ist der Lärchenwickler. Die von graugrün, braun bis schwärzlich gefärbten Raupen dieses knapp 2 cm kleinen, grauen Falters höhlen im 7- bis 9-Jahres-Turnus die Nadeln aus. Dadurch verfärben sich die Kronen der Bäume braun. Die wie verbrannt aussehenden Nadeln fallen ab und ganze Lärchenbestände sind bereits im Sommer kurzfristig kahl. Die Bäume treiben im gleichen Sommer zwar noch einmal aus, bleiben aber schütter. Der dadurch entstehende Zuwachsverlust widerspiegelt sich in einem auffallend schmalen Jahrring (mehr dazu).

Weitere schädigende Insekten sind der Lärchenbock, der Lärchenborkenkäfer sowie der Lärchenblasenfuss. Eine häufige Krankheit ist der Lärchenkrebs, der durch den Pilz Lachnellula willkommii verursacht wird. Ein anderer, eher nicht erwarteter "Feind" der Lärche ist das niedliche und muntere Eichhörnchen, das keineswegs so harmlos ist, wie es scheint. Vielfach ist es für das Absterben ganzer 10- bis 20-jähriger Lärchenbestände verantwortlich, weil es im obersten Kronenteil die Rinde bis ins Kambium (Bildungsgewebe) abnagt, um an den Baumsaft zu gelangen, den es dann ableckt.

Mythologie und Heilkunde

Wegen ihrer schützenden Kräfte wurde die Lärche schon früh kultisch verehrt. Im Altertum galt sie als heiliger Baum, vielleicht auch deswegen, weil bereits Plinius (1. Jh. n. Chr.) überzeugt war, dass die Lärche feuerfest sei und "weder brennen noch verkohlen könne und durch das Feuer nicht anders angegriffen werde als ein Stein".

Bekannt waren und sind heute noch Orte mit Standorten von "Heiligen Lärchen", so beispielsweise bei Nauders (Tirol), der Wallfahrtsort Maria Larch im Gnadenwald bei Innsbruck sowie eine alleinstehende Lärche bei S-chanf im Engadin. Letztere musste allerdings auf Betreiben der reformierten Pfarrherren als "Heidenzeug" gefällt werden.

Nicht wenige Sagen und Geschichten erwähnen die Lärche als lieblichen Baum, unter dem sich den Menschen wohlgesinnte Waldfeen ein Stelldichein geben. Diese guten Feen oder "Saligen Frauen" helfen verirrten Wanderern und armen, hilfsbedürftigen Menschen.

Bis in die Neuzeit haben sich auch verschiedene, heidnische Bräuche aufrecht erhalten. In der Walpurgisnacht (30. April) wurden in östlichen Teilen Deutschlands Lärchenzweige (Hexenrüttel) an Türen und Fenstern aufgehängt, um böse Geister zu vertreiben. Geächteten oder "leichten" Mädchen wurden jeweils, je nach Gegend in der Nacht zum 1. Mai oder zum Pfingstmontag ein "Lärchentannle" auf das Hausdach gesetzt. Solche Mädchen gingen als "g’lärchelt" in die Dorfgeschichte ein.

Der Lärche wird verschiedenartig heilende Wirkung zugeschrieben. Am bekanntesten ist das Terpentin, bekannt auch unter dem Namen "Venetianisches Terpentin". Die aus der Lärche gewonnene Harzsalbe enthält bis zu 20% ätherisches Öl und über 50% Harzsäuren. Sie soll gegen Gicht, Hexenschuss, Rheuma, Neuralgien, Erkältungen, Durchblutungsstörungen und Infektionen helfen.

    Lerche oder Lärche?

    Vom Fliegen müd’ macht’ eine Lerche
    Zwischenstopp auf einer Lärche.
    "Bist du der Vogel mit dem E?"
    versucht’s die Lärch’ mit Wiener Schmäh.
    Der Vogel grinst: "Na freilich, ja.
    Du bist der Baum mit dem Umlaut A!"

    Ingo Baumgartner

    Quellen
    • Die häufigsten Waldbäume der Schweiz (U.B. Brändli)
    • Unsere einheimischen Nutzhölzer (Paul Guggenbühl)
    • Die Lärche (Christian Küchli)
    • Baumgeschichten (Ph. Domont)
    • Die Lärche; ein intimes Baumportrait (Robert Schloeth)
    • Baumriesen der Schweiz (Michel Brunner)

    (TR)