Erhebungen über die genaue Anzahl der Waldbesitzerinnen in Bayern existieren derzeit nicht. Untersuchungen aus Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen sowie Nordrhein-Westfalen lassen Zahlen um die 20% als realistisch erscheinen. Von den etwa 700.000 Waldbesitzern in Bayern sind demnach ca. 140.000 weiblich. Hinzu kommt eine große Anzahl Frauen, die im forstlichen Familienbetrieb verschiedenste Arbeiten von der Durchforstung bis hin zur Holzernte übernehmen.
Und die Zahl der Waldbesitzerinnen wird weiter zunehmen. Der Anteil der Frauen, die Verantwortung für das Familieneigentum Wald übernehmen, steigt. Aufgrund des Strukturwandels in der Landwirtschaft wird Wald nach der gesetzlichen Erbfolge paritätisch an Töchter und Söhne vererbt. Somit werden sich in Zukunft deutlich mehr Frauen mit ihrem Wald und der Waldbewirtschaftung auseinandersetzen (müssen). In Schweden beispielsweise erreicht der Anteil der Waldbesitzerinnen nach einer Reform des Erbrechtes gegenwärtig einen Anteil von 37%.
In einer bayernweiten Befragung wurden forstliche Berater gebeten, unter anderem eine Einschätzung darüber abzugeben, wie hoch in ihrem Revier der Anteil "urbaner Waldbesitzer" und darunter der Anteil der Waldbesitzerinnen sei. Die Ergebnisse zeigen große Unsicherheiten der Antwortenden zu dieser Thematik auf. Knapp 16% der Befragten konnten zur Frage nach den urbanen Waldbesitzerinnen keine Einschätzung abgeben. Die Werte streuen zwischen 0 und 80% (Mittelwert 23,7%). Jeder fünfte Revierleiter schätzt den Frauenanteil auf unter 10%. Es ist daher davon auszugehen, dass der Anteil der Frauen deutlich unterschätzt wird, unabhängig davon, welche Waldbesitzerklientel betrachtet wird. Ein Grund ist, dass Waldbesitzerinnen in der forstlichen Öffentlichkeit weniger häufig in Erscheinung treten als ihre männlichen Kollegen. So sind Frauen beispielsweise seltener in forstwirtschaftlichen Vereinigungen organisiert als Männer, ebenso nehmen sie weniger an forstlichen Veranstaltungen teil. Zum anderen werden die Waldbesitzerinnen in ihrer Rolle vielfach noch nicht wahrgenommen. Eine Waldbesitzerin kommentiert die Problematik wie folgt: "Dass eine Frau einen Wald haben könnte, ist in manchen Köpfen gar nicht vorhanden".
Forst – eine Männerdomäne
Die forstliche Welt ist eine Männerdomäne. Für Frauen, die Wald besitzen, ergeben sich vielfältige Hemmnisse, angefangen beim sozialen Rollenverständnis von Mann und Frau über abweichende Interessen bei der Waldbewirtschaftung oder frauengerechten Ausrüstungsgegenständen.
Derzeit verfügen in erster Linie Männer über eine forstliche Ausbildung. Frauen fühlen sich in reinen Männerkursen oft unsicher oder bevormundet. Einige Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften (LBG) oder Waldbauernschulen bieten spezielle Motorsägenkurse für Waldbesitzerinnen an. 2004 bildete die LBG allein in Ober- und Mittelfranken über 500 Frauen an der Motorsäge aus. Die Rückkoppelungen der Ausbilder fallen positiv aus: Frauen "arbeiten mit weniger Kraftaufwand und gehen sehr logisch an die Sache heran".
Die traditionelle Sicht der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau erschwert die Akzeptanz und das selbstbewusste Auftreten von Waldbesitzerinnen. Auf einem 2007 veranstalteten Workshop mit Waldbesitzerinnen weiß eine der Waldbesitzerinnen zu berichten: "Ein Freund von mir hat von Wald keine Ahnung, aber er wurde noch eher angesprochen wie ich, zumal ich nicht als Waldbesitzerin, sondern als Mutter zweier Kinder wahrgenommen wurde." Auch fühlen sich viele Frauen im männlich geprägten Umfeld unsicher und meiden Waldbegänge oder Versammlungen. Besteht Waldeigentum in einer Gütergemeinschaft, so wird öfter der Mann angesprochen als die Frau. Auch berichteten die Frauen, wie sie z.B. auf forstlichen Messen ignoriert wurden: "Da wird eher der 14-jährige Sohn angesprochen, der männlicher ausschaut." Frauen vertreten teilweise andere Interessen im Hinblick auf ihren Wald. Finnische Untersuchungen zeigen, dass Waldbesitzerinnen einen größeren Wert auf eine vielseitige Waldnutzung legen, die neben der Holzproduktion auch Biodiversitätsmanagement und Erholungsaspekte einschließt. Studien aus Nordrhein-Westfalen belegen die stärkeren ökologischen Motive der Waldbesitzerinnen ebenfalls.
Waldbesitzerinnen verstärkt einbinden
Gemeinsam mit forstlichen Beraterinnen erarbeitete der Lehrstuhl für Wald- und Umweltpolitik der TU München Vorschläge, wie Waldbesitzerinnen im forstlichen Umfeld besser integriert werden können. Grundsätzlich ist es wichtig, bei den Waldbesitzerinnen Hemmschwellen abzubauen. Eine verstärkte Präsenz von Frauen auf Bildern in forstlichen Fachzeitschriften, aber auch in Berichten über lokale forstliche Veranstaltungen wäre hierfür ein erster Fortschritt. Zudem fühlen sich die Waldbesitzerinnen unmittelbarer angesprochen, wenn Rundschreiben neben der maskulinen auch eine direkte Anrede der Waldbesitzerinnen enthalten (Liebe Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer…). Im Kontakt mit Ehepaaren sollten beide Partner gleichermaßen einbezogen werden. Gleichzeitig können Waldbesitzerinnen mit positiven Erfolgsgeschichten als Multiplikatoren gewonnen und öffentlich gemacht werden. Das Vorstellen von Waldbesitzerinnen als "Leitwölfinnen" kann anderen Frauen einen Impuls geben, selbst im Wald aktiv zu werden.
Wichtig für die Entwicklung von Aktivitäten und Eigeninitiative ist die Erweiterung bereits vorhandener Frauenkurse, sei es bei der Motorsägenausbildung oder waldbaulicher Themen. Die Nachfrage nach weiteren Kursangeboten ist nach Aussage der Beraterinnen groß. Auch die forstlichen Zusammenschlüsse können mit den Waldbesitzerinnen eine neue Zielgruppe für sich erschließen. So gilt es auf die Motive der Frauen stärker einzugehen, beispielsweise mit speziellen, stärker auf Natur- und Biodiversitätsmanagement ausgerichteten Waldpflegeverträgen. Zudem könnte eine stärkere Präsenz von Frauen in der Vorstandschaft den Waldbesitzerinnen einen Beitritt in eine solche Vereinigung erleichtern.
Als ein weiteres Ergebnis des Beraterinnen-Workshops organisierte der Lehrstuhl auf dem 4. Bayerischen Waldbesitzertag in Weihenstephan erstmals eine Anlaufstelle für Waldbesitzerinnen, den "Treffpunkt Frauen im Forst". Den Treffpunkt nahmen die anwesenden Waldbesitzerinnen, aber auch Beraterinnen rege an. Männer und Frauen, die sich am Stand über das Thema "Waldbesitzerinnen" informierten, reagierten gleichermaßen positiv, die Thematisierung von Waldbesitzerinnen in Bayern sei längst fällig gewesen.
Beatrix Enzenbach war WBV-Beraterin am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Landshut.
Eva Krause promovierte am Lehrstuhl für Wald- und Umweltpolitik der TU München.
Sabine Kirchner war Diplomandin am Lehrstuhl für Wald- und Umweltpolitik.