Das Ziel der Wiederbewaldung von Sturmflächen ist der Aufbau stabiler, strukturreicher, gemischter und produktiver Wälder unter Ausbildung stabiler Einzelbaumindividuen, welche auf den Grundsätzen des naturnahen Waldbaus basieren.

Natürliche Verjüngung

Wo immer es standörtlich möglich und sinnvoll ist, ist eine natürliche Verjüngung der Sturmflächen anzustreben.

  • Zeit lassen! Auf zahlreichen Flächen kann eine standortgerechte Wiederbewaldung aus Naturverjüngung auch mit einigen Jahren Verzögerung abgewartet werden.
  • Achtung! Dies gilt nicht für nährstoffreiche Standorte, auf denen eine wüchsige Konkurrenzvegetation wie z.B. die Brombeere zu erwarten ist.
  • Alle Möglichkeiten, um auf den Sturmflächen den Anteil natürlich verjüngter, standortgerechter Lichtbaumarten zu erhöhen, sind zu nutzen.
  • Nicht standortgerechte und qualitativ unbefriedigende Bestockungen sind rechtzeitig zu beseitigen (z.B. Fichten-Naturverjüngungen auf wechselfeuchten Standorten).
  • Die Vorherrschaft von Buntlaubholzarten in der Verjüngung ("Vereschung", "Verahornung") ist eine Form der sukzessionalen Entwicklung in zahlreichen Waldgesellschaften. Ein flächiges Auf-den-Stock-Setzen solcher Verjüngungen ist daher in der Regel nicht erforderlich.

Flächenräumung

Die flächige Beseitigung von Schlagabraum (Kronenmaterial, Reisig oder nicht verwertbare Sortimente) ist grundsätzlich nicht erforderlich. Ausnahmen liegen dann vor, wenn Schlagabraum das Aufwachsen der Verjüngung flächig verhindert, in diesem Fall ist eine plätzeweise Räumung ausreichend.

Krangestützte Maschineneinsätze haben sich bei der Beseitigung von Schlagabraum bewährt, sie dürfen jedoch nur von vorhandenen Rückegassen aus erfolgen. Eine ganzflächige maschinelle Räumung ist sowohl aus Kostengründen als auch wegen der eintretenden, irreversiblen Bodenschäden nicht vertretbar und deshalb zu unterlassen.

Verbleibender Schlagabraum bietet auch eine Reihe von Vorteilen:

  • Kostenersparnis,
  • Windruhe und Beschattung,
  • Eindämmung von Konkurrenzflora,
  • Begehungshindernis für Wild.

Weiterhin macht die Verwendung größerer Pflanzen und angepasster Pflanzverfahren eine intensive Kulturvorbereitung weitgehend unnötig. Das Verbrennen oder Hacken von Schlagabraum aus Waldschutzgründen sollte auf notwendige Ausnahmefälle beschränkt bleiben (s. u. WSL-Merkblatt - Schlagräumung).

Anbau und Saat

Aktive Maßnahmen zur Kulturbegründung sind auf das absolut Notwendige zu beschränken. Angesichts zu erwartender Engpässe am Pflanzenmarkt und aus Kostengründen sind pflanzzahlextensive Begründungsverfahren vorzuziehen.

  • Aktive Maßnahmen zur Kulturbegründung in der Regel erst ab einer wiederzubegründenden Fläche > 0,3 ha notwendig.
  • Keine flächigen Begründungen bei Eiche (evtl. auch bei Buntlaubhölzern), sondern Pflanzung von Trupps im Anhalt an die Zahl der später auszuwählenden Z-Bäume. Wo begleitende standortgerechte Baumarten aus Naturverjüngung vorhanden sind oder mit hinreichender Sicherheit erwartet werden, ist auch eine Reihenpflanzung (z. B. mit dem Bagger) mit geringen Pflanzzahlen möglich.
  • Beim Anbau von Nadelbäumen geringe Pflanzenzahlen und weite Pflanzverbände anwenden (bei Vorhandensein/erwarteter Naturverjüngung, z.B. Buche).
  • Baden-Württemberg: Nur hochwertiges Pflanzmaterial geeigneter Herkünfte verwenden. Falls nötig und vertretbar, abwarten, bis geeignetes Pflanzmaterial am Markt zur Verfügung steht. Im Rahmen eines Sondierungsgesprächs mit den Vertretern der Pflanzschul-Branche kann die Betriebsleitung die Situation und die Verfügbarkeit von Pflanzmaterial im Vorfeld sondieren.
  • Vorzugsweise Verwendung größerer Sortimente und sorgfältiger Pflanzverfahren, vor allem bei nährstoffreichen Substraten, die stark zu Verunkrautung neigen sowie bei skelettarmen Standorten.
  • Ggf. ist der Einsatz von Wuchshüllen zweckmäßig.
  • Rheinland-Pfalz: Zum Erreichen der waldbaulichen Ziele sind punktwirksame Maßnahmen ausreichend, die in Kleinstgruppen (sog. Klumpen) stattfinden. Die Klumpengröße und die Pflanzenabstände innerhalb des Klumpens müssen so gewählt werden, dass innerhalb des Klumpens Qualifizierungsentwicklungen sichergestellt werden können. (s. auch Richtlinie zu den waldbaulichen Maßnahmen in der Etablierungsphase von den Landesforsten Rheinland-Pfalz).
  • Rheinland-Pfalz: Als Pflanzmaterial werden grundsätzlich Wildlinge oder ein- bzw. zweijährige Sämlinge empfohlen. Nur Pflanzen mit einer kompletten Wurzel bis zu maximal 30 cm Länge machen einen Wurzelschnitt für eine ordnungsgemäße Pflanzung überflüssig und sichern somit bei Anwendung des richtigen Pflanzverfahrens die Entwicklung einer gesunden Baumwurzel.

Für die künstliche Begründung von Vorwäldern ist die Saat besonders gut geeignet. Als Ersatz für die Pflanzung der Hauptbaumarten stellt die Saat dagegen die Ausnahme dar. Die Aufarbeitung der Sturmhölzer und der nachfolgende Rückevorgang bewirken eine für die Saat förderliche Bodenverwundung.

Baumartenwahl

Die Baumartenwahl für die Wiederbewaldung von Sturmflächen ist an den jeweiligen landesspezifischen Vorgaben auszurichten, z. B.:

  • in Baden-Württemberg an die landesweiten bzw. regionalen Waldentwicklungstypen -WET´en)
  • in Rheinland-Pfalz an die waldortsweisen Waldentwicklungsziele nach Leitbaumart und Mischbaumart (vgl. Zentralstelle der Forstverwaltung (2009): Technische Erläuterungen zum Verfahren der mittelfristigen Forstbetriebsplanung. Neustadt / Wstr.: Zentralstelle der Forstverwaltung. 140 S.)

Die Verwaltungs- bzw. Betriebsleitung sollte/gibt nach einem Sturmereignis in einem aktuellen Schreiben spezifische Angaben zu Baumartenwahl und Vorgehensweise bekannt geben, auch hinsichtlich der langfristig angestrebten Baumartenverteilung. Je nach Höhe und Art der Schäden sowie der Zusammensetzung der betroffenen Baumarten sind an die Situation angepasste Regelungen nötig.

Für die Planung und Konzeption der Wiederbewaldung sind Informationen der Standortskarten (soweit vorhanden) sowie Planungs- und Zielbestockungskarten der Forsteinrichtung (soweit vorhanden) hilfreich.

Baden-Württemberg: Nach den Schäden durch Sturm "Lothar" wurde in Baden-Württemberg für besonders stark geschädigte Forstbetriebe die Forsteinrichtung komplett neu oder eine so genannte "Wieder­bewaldungsplanung" für die betroffenen Flächen durch die Forsteinrichtung erstellt.

In Rheinlad-Pfalz wird nach größeren Sturmschadensereignissen für Schadflächen ab einem Hektar Größe gemeinsam durch das Forstamt und zusammen mit der ZdF waldortsweise eine Wiederbewaldungsplanung erarbeitet. Diese beinhaltet die Abschnitte: Diagnose, Prognose, Planung.

Pflanzverfahren

Baden-Württemberg: Alle, ganz besonders jedoch größere Pflanzensortimente erfordern sorgfältige und wurzelgerechte Pflanzverfahren. Die Winkelpflanzung verliert in diesem Zusammenhang gegenüber der Loch- oder Baggerpflanzung immer mehr an Berechtigung. Einen guten Überblick bietet das KWF-Heft "Aktuelle Pflanzverfahren" Nr. 10/97 sowie in Baden-Württemberg der ForstBW Praxisleitfaden "Pflanzgut und Pflanzung" (s. u.).

Rheinlad-Pfalz: Wichtig: Der Wurzel bei der Pflanzung besondere Aufmerksamkeit schenken! Das jeweilige Pflanzverfahren sollte nach Wurzelgröße und -ausformung sowie nach dem Standort ausgewählt werden. Zwei Merkblätter der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (Nr. 4 und 4a, s. u.) beleuchten diesen Punkt ausführlich und geben wichtige Tipps und Hinweise. In Rheinland-Pfalz informiert das Merkblatt "Hinweise zur Wurzelentwicklung von Laubbaumpflanzen bei unterschiedlichen Pflanzverfahren" sowie die "Richtlinie zu den waldbaulichen Maßnahmen in der Etablierungsphase" über wichtige Aspekte bei der Etablierung von Pflanzen auf Sturmwurfflächen.

Aus Gründen des Bodenschutzes sind maschinelle Pflanzverfahren (Bagger) nur von Fahrlinien aus durchzuführen. Auf den Einsatz von Pflanzlochbohrern, die direkt am Schlepper angebaut sind, ist wegen der damit einhergehenden flächigen Befahrung auf befahrungsempfindlichen Böden zu verzichten.

Die Mehraufwendungen für aufwendigere Pflanzverfahren werden durch die Konzentration der Pflanzungen und Folgemaßnahmen, die geringeren Pflanzenzahlen, geringeren Aufwand zur Flächenräumung, höheren Anwuchserfolg sowie höhere (wurzelgerechte) Pflanzqualität überkompensiert.

Kultursicherung und Wildverbiss

Bei Verwendung größerer Pflanzensortimente (mindestens 80/120 cm) werden Kultursicherungsmaßnahmen in der Regel nicht erforderlich. Durch große Pflanzen lassen sich aufwendige Verbissschutzmaßnahmen vermeiden.

Der Anwuchserfolg großer Pflanzen ist jedoch nur bei sorgfältig durchgeführter Pflanzung gewährleistet. Eine sorgfältige Pflanzung trägt weiterhin dazu bei, dass Nachbesserungen nur in geringem Umfang erforderlich werden. Wichtig ist, auf größeren Sturmflächen gleichzeitig mit der Kulturbegründung geeignete Bejagungsflächen anzulegen.

Ökologie und Erholung

Die in der Folge der Stürme entstandenen Großkahlflächen und durchbrochenen Strukturen bieten besonders den Licht- und Wärme liebenden Tier- und Pflanzenarten (Über-) Lebenschancen, die in den Schlusswaldgesellschaften naturnah bewirtschafteter Wälder ungünstigere Lebensbedingungen finden. Darüber hinaus erhöht sich durch die Stürme der Anteil an Totholz in den Wäldern stark. Auch daraus ergibt sich ein breites Lebensraumangebot für seltene Tier- und Pflanzenarten. Der Schutz und die Förderung dieser seltenen Arten sind bei der Wiederbewaldung in angemessenem Umfang zu berücksichtigen.

Aspekte der Erholung und des Landschaftsbildes, wie beispielsweise das Offenhalten von Aussichtspunkten, sind bei Entscheidungen zur Wiederbewaldung mit zu bedenken.

Waldbauliche Konzeption der Wiederbewaldung in Baden-Württemberg nach "Lothar" und in Rheinland-Pfalz nach "Kyrill" - Kurzübersicht

Nach "Lothar" wurde in Baden-Württemberg im Rahmen der vorhandenen Naturverjüngungsvorräte und des verfügbaren herkunftsgesicherten Pflanzenmaterials eine waldbauliche Konzeption für die Wiederbewaldung der Flächen entwickelt. In Rheinland-Pfalz erfolgten in Abhängigkeit von der Ausgangsituation (Diagnose) und der zu erwartenden Entwicklungsdynamik an Naturverjüngungen und Etablierungsblockaden (Prognose) Maßnahmenplanungen für Schadflächen ab einer Größe von einem Hektar. Die waldbaulichen Konzeptionen der beiden Länder sind in der folgenden Tabelle dargestellt.

GrundsatzBaden-Württemberg Rheinland -Pfalz
Naturnaher WaldbauZiel: Erziehung und Pflege stabiler Einzelbaumindividuen.Ziel: Erziehung und Pflege stabiler, standortgerechter gemischter Wälder.
Naturverjüngung/ WiederbewaldungDer natürlichen Verjüngung der Sturmflächen sollte ‑ wo immer standörtlich möglich und sinnvoll – der Vorzug gegeben werden.

Auf zahlreichen Sturmflächen kann eine standortgerechte Verjüngung auch mit zeitlicher Verzögerung erfolgen.

Basis der Folgewaldgeneration ist, wo immer möglich, die natürliche Verjüngung der Sturmflächen

Auf Flächen mit nicht standortsgerechter oder ohne zu erwartende natürliche Verjüngung wird eine Klumpenpflanzung mit standortsangepassten Baumarten geplant.

Extensive FlächenräumungEine flächige Beseitigung von Schlagabraum ist grundsätzlich nicht erforderlich.

Eine Beseitigung von Schlagabraum ist meist nicht erforderlich. Die Pflanzbereiche der Klumpen werden in die schlagabraumfreien Bereiche gelegt.

Anbau und Saat/ Pflanzmaterial
  • Aktive Maßnahmen zur Kulturbegründung sind in der Regel erst ab einer wiederzubegründenden Fläche größer 0,3 ha nötig.
  • Keine flächigen Begründungen bei Eiche (Buntlaubhölzern), sondern Pflanzung von Trupps. Beim Anbau von Nadelbäumen sollten geringe Pflanzenzahlen und weite Pflanzverbände angewendet werden.
  • Hochwertiges Pflanzmaterial geeigneter Herkünfte verwenden.
  • Hochwertiges Pflanzmaterial geeigneter Herkünfte verwenden.
BaumartenwahlGrundlage für die Baumartenwahl ist die forstliche Standortskartierung. Insbesondere sollte die Chance genutzt werden, auf den Sturmflächen den Anteil an Lichtbaumarten (Bergahorn, Esche, Kiefer) zu erhöhen. Geeignete Standorte können auch zur Einbringung von Fichte oder Douglasie als Mischbaumart genutzt werden.

Von einem Anbau von Schattbaumarten wie Buche und Tanne auf den Freiflächen sollte dagegen grundsätzlich abgesehen werden. Birke, Eberesche und Erle sind als Vorwaldbaumarten von besonderer Bedeutung. Sonstige Baumarten wie seltene, vor allem lichtbedürftige Baumarten (Kirsche, sonstiges Wildobst, Nuss, Sorbus-Arten) sollten auf Freiflächen unbedingt beteiligt werden.

Grundlage für die Baumartenwahl ist die forstliche Standortskartierung. Auf flächigen Sturmflächen werden beim Bedarf an Klumpenpflanzung Lichtbaumarten gepflanzt. Seltene Baumarten sind hierbei angemessen zu beteiligen. Geeignete Standorte (ab ziemlich frisch) können auch zur Einbringung der Douglasie als Mischbaumart genutzt werden. Von einem Anbau von Schattbaumarten wie Buche und Tanne auf den Freiflächen sollte dagegen grundsätzlich abgesehen werden.
Angepasste PflanzverfahrenDie Qualität und Eignung des jeweiligen Pflanzverfahrens entscheidet über den Anwuchserfolg der Pflanze.Gepflanzt werden ausschließlich unverschulte nicht unterschnittene Pflanzen mit Wurzellängen bis maximal 35 cm in angepassten Pflanzverfahren. Die Qualität und Eignung des jeweiligen Pflanzverfahrens entscheidet über den Anwuchserfolg der Pflanze. Als Pflanzverfahren werden empfohlen:
  • Hohlbohrerpflanzung (Wurzellänge bis 20 cm),
  • Buchenbühler-Pflanzverfahren (Wurzellänge bis 20 cm),
  • Rhodener Pflanzverfahren (Wurzellänge bis 28 cm),
  • Hohlspatenpflanzung (Wurzellänge bis 28 cm)
  • Pflanzlochbohrung (bei Wurzelballendurchmesser über 20 cm)
Schutz vor Wildverbiss, Nachbesserung, KultursicherungDurch sorgfältige Pflanzverfahren und die Berücksichtigung natürlicher Prozesse der Selbstdifferenzierung in Naturverjüngungen können Maßnahmen zum Schutz vor Wildverbiss, Nachbesserungen und Kultursicherung häufig reduziert / vermieden werden.Sofern der Wilddruck den Schutz vor Wildverbiss erfordert, sind Maßnahmen des Einzelschutzes zu bevorzugen.
Ökologie und ErholungIn Folge der Stürme sind in den Wäldern Baden-Württembergs Großkahlflächen und durchbrochene Bestandesstrukturen entstanden. Diese bieten besondere Chancen für Licht und Wärme liebende Tier- und Pflanzenarten, deren Schutz und Förderung bei der Wiederbewaldung in angemessenem Umfang zu berücksichtigen sind.Durch die Etablierung von Mischstrukturen werden in der Folgegeneration ökologisch vielfältigere Wälder entwickelt.

Diese Wälder sind stabiler (da standortsangepasster) und reagieren elastisch auf Umwelteinflüsse.

Auf Sturmwurfflächen etablierte Wälder entwickeln sich zu artenreichen, z. T. gestuften Mischwäldern, deren Erholungswirkung besonders hoch ist.

Ratgeber Forstliches Krisenmanagement

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