Versuchsgebiet und Versuchsaufbau

Die Schadfläche befindet sich auf einem Plateau im Lattengebirge auf ca. 1.400 m ü. NN. Das Ausgangsgestein besteht aus Dachsteinkalk, der von flachgründigem Mineralboden oder Tangelhumus überdeckt wird. Hier wurden auf 5 ha mit leichter Südwestexposition Versuchsparzellen mit einer Größe von 20 x 20 m angelegt. Auf insgesamt 16 dieser Parzellen wurden im Frühjahr 2008 die Baumarten Fichte, Lärche und Grauerle mittels Saat ausgebracht. Davon wurde auf jeweils vier Parzellen reine Fichte, Lärche und Grauerle und auf weiteren vier Parzellen eine Mischung aus diesen drei Baumarten gesät. Verwendet wurde zertifiziertes Hochlagensaatgut vom Pflanzgartenstützpunkt Laufen. Für die Ausbringung wurde an 70–90 Saatplätzen pro Parzelle die Bodenvegetation auf einem 40 x 40 cm Quadrat mit einer Wiedehopfhaue komplett entfernt (Abbildung 2). Neben den Saat-Varianten befinden sich auf weiteren Parzellen verschiedenste Varianten zur Wiederbewaldung, darunter die Pflanzung von Laub- und Nadelhölzern, ein Hydrosaatversuch und Flächen zur Beobachtung der Naturverjüngung.

Überlebensraten und Wachstum

Um den Erfolg der Saat zu beurteilen, wurden die Saatplätze im Spätsommer 2008 und in mehreren Folgejahren aufgesucht und die Anzahl der lebenden Individuen pro Saatplatz festgestellt. Dabei können auf einem günstigen Saatplatz mehrere Individuen der gesäten Pflanzen angewachsen sein. Wurden an einem Saatplatz keine Bäume gefunden, so wurde dieser als ausgefallen verzeichnet.

Vor allem die Südexposition und die damit einhergehende starke Erwärmung und Austrocknung des dunklen Humus hat viele Samen am Keimen gehindert. Auch in späteren Jahren kam es durch verschiedene Umwelteinflüsse noch zu Ausfällen. Die Ursachen für die Ausfälle waren meistens schwer nachzuvollziehen, da nur tote Pflanzen oder keine Bäume mehr gefunden wurden. Die Hauptgründe für das Absterben dürften jedoch auf eine Beeinflussung durch Wild, Schnee, Mäuse und Konkurrenzvegetation zurück­zuführen sein.

Abbildung 3 zeigt die Saatplatzbelegung von 2008 bis 2021. Hier fällt auf, dass besonders in den ersten beiden Jahren hohe Ausfälle zu verzeichnen waren. So waren 2010 von allen gesäten Baumarten gerade noch die Hälfte der Saatplätze belegt – in zwei Fällen sogar deutlich weniger (Fichte 43 %; Grauerle 29 %). Auch im Jahr 2011 war nochmals eine deutliche Reduktion der belegten Saatplätze zu verzeichnen. In den Folgejahren fanden bis 2021 keine Aufnahmen mehr statt. 2021 wurden auf ca. 1/3 der Saatplätze von Lärche, Fichte und Saatmischung mindestens ein lebendes Individuum gefunden. Von der Grauerle waren über 80 % der Saatplätze nicht mehr belegt.

Die Ergebnisse stellen eine Zusammenfassung der 16 Saat-Parzellen dar, wobei die Ausfallraten bei der Fichte und der Saatmischung über alle Parzellen ähnlich hoch waren. Auf den Parzellen, die mit Grauerle und Lärche belegt sind, schwanken die Überlebensraten deutlich (überlebende Bäume pro Parzelle: Grauerle 3–35, Lärche 17–43). Nach Ablauf der ersten drei Jahre ist bis zur letzten Aufnahme nur ein geringer Teil der Saatplätze verschwunden. Hier zeigt sich, dass für den Saaterfolg die ersten Jahre entscheidend waren und nach Etablierung die Überlebenschancen der jungen Bäume deutlich höher waren.

Der Oberhöhen- und Vitalitätsvergleich der gesäten und gepflanzten Bäume zeigt, dass bei Fichte und Lärche die gesäten Bäume deutlich niedriger sind (Abbildung 4). Über alle Varianten hinweg sind die gesäten Fichten ca. 66 cm und die gesäten Lärchen ca. 106 cm niedriger. Zu beachten ist, dass je nach Sortiment die gepflanzten Individuen bereits eine Höhe zwischen 20 und 40 cm aufwiesen und somit einen Wuchsvorsprung hatten. Hinsichtlich der Vitalität sehen die gesäten Individuen etwas besser aus. Insgesamt betrachtet ist die Vitalität aller Baumarten und Varianten in einem guten Bereich. So fehlt nur in einem Fall, bei der Variante “Fichte–Topf–Herbst”, ca. 1/5 der Nadelmasse. Der kritische Bereich für den Nadel-/ bzw. Blattverlust liegt bei 50 %, darunter können Bäume noch ausreichen Photosynthese betreiben.

Wertung

Insgesamt hat die Saat hinsichtlich der Wiederbestockung der Freifläche kein befriedigendes Ergebnis hervorgebracht. Besonders die Laubbaumart Grauerle, die eigentlich natürlicherweise im Hochgebirge zu finden ist, hatte nur einen sehr geringen Anwuchserfolg. Bei der gemischten Saat haben sich auf den Saatplätzen überwiegend die Fichte und die Lärche durchgesetzt. Auf den 2021 noch vorhandenen Saatplätzen der gemischten Variante wurden 41 % der Plätze von Fichte und 36 % von der Lärche dominiert. Dagegen kam die Grauerle nur noch auf 23 % der Plätze vor.

Gründe für den schlechten Anwuchserfolg der Samen liegen vor allem an der südexponierten Freifläche mit einem dunklen Humusboden, der sich durch die starke Sonneneinstrahlung erhitzt (es wurden Oberflächentemperaturen über 70 °C gemessen) und austrocknet. Die Aufnahmen haben gezeigt, dass bei einem etwas günstigeren Substrat (heller Mineralboden) deutlich mehr Keimlinge auf den Saatplätzen gefunden wurden als auf Plätzen mit hohem Humusanteil. Auch eine leichte Überschirmung durch Begleitvegetation hat sich an manchen Saatplätzen als vorteilhaft erwiesen und die Keimlingszahl erhöht.

In einem unabhängigen Versuch hat Kutscher (2011) die Saat auf benachbarten Parzellen getestet und für die Freifläche eine Auflaufrate von 3–6 % der ausgebrachten Samen in den ersten Jahren feststellen können. Die Aussaat im Frühjahr hat dabei ein besseres Ergebnis hervorgebracht als die Herbstsaat. Auch hat sich in dieser Studie eine leichte Überdeckung mit Reisig als positiv für den Saaterfolg herausgestellt. Bei einer Pflanzung, die ebenfalls im gleichen Zeitraum auf der Freifläche getestet wurde, waren die Überlebensraten bis 2021 für Fichte und Lärche bei ca. 80 % und damit deutlich höher. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Wiederbewaldung ist das Potential der Naturverjüngung. Eine Untersuchung der Verjüngung von einzelnen Bergahornen auf der Fläche hat gezeigt, dass diese Pionierbaumart, sofern Samenbäume vorhanden sind, nach einem Sturm in kürzester Zeit große Flächen verjüngen kann. Die natürliche Verjüngung weiterer Baumarten wie Fichte, Vogelbeere und Lärche nahm über die Jahre auf der Fläche zu, wodurch die Unterscheidung von Naturverjüngung und Saat immer schwieriger wurde. Jedoch war aufgrund des großen Abstandes zum Altbestand die Naturverjüngung auf den Versuchsparzellen insgesamt sehr gering.

Abb. 7: Die aufgelaufenen Baumarten Grauerle (links) und Fichte (rechts) waren vital, sofern sie sich etablieren konnten. Fotos: Michael Kohlpaintner

Zusammenfassung

Die Wiederaufforstung einer großen Sturmwurffläche ist eine enorme Herausforderung für alle Beteiligten. Besonders die erschwerten Bedingungen im Hochgebirge machen es nicht einfach, einen stabilen und gemischten Wald auf einer Freifläche neu zu etablieren. Die Anlage von Saatplätzen ist ein aufwändiges Verfahren, um die Wiederbewaldung zu beginnen. Dazu kommt die erschwerte Be­schaffung von geeignetem Saatgut. Im Gegensatz zur Saat hatte die Pflanzung auf der untersuchten südexponierten Freifläche mit hohen Anteilen an dunklen Humusauflagen deutlich bessere Erfol­ge, weshalb bei solchen Standorten teures Hochlagensaatgut bevorzugt zur Anzucht von Pflanzen verwendet werden sollte. Auch kann das Potential der Naturverjüngung, wenn noch einzelne Samenbäume vorhanden sind, zur Wiederbewaldung beitragen. Besonders Lichtbaumarten wie der Bergahorn verjüngen sich üppig.