Bodenbearbeitung erforderlich?

Im Zuge des Klimawandels sind in den letzten Jahren aufgrund von Dürren, Borkenkäferkalamitäten und Stürmen viele Waldflächen großflächig abgestorben. Sie hinterlassen große Kahlflächen, die möglichst schnell wieder bewaldet werden sollen. Problematisch ist insbesondere die sich schnell einstellende Konkurrenzvegetation aus Gräsern wie z. B. Reitgras oder Brombeere, die eine Pflanzung oder Saat erheblich erschweren. Besonders die langsam wachsenden, licht­bedürftigen Eichenkulturen sind durch Konkurrenzvegetation gefährdet. Bodenbearbeitungsmaßnahmen sind daher für eine solche Kulturbegründung oftmals unumgänglich. Um die Flächen trotz der wirtschaftlich angespannten Situation der Forstbetriebe gut und günstig aufzuforsten, kommen für pflegeintensive Kulturen verschiedene Varianten infrage. Im Vorfeld zu maschinellen Bestandsbegründungen mit großen Flächenleistungen sind sie sogar zwingend erforderlich. Später erlauben so vorbereitete Flächen dann auch maschinelle Kulturpflegearbeiten, z. B. mit Geländemähern.

In der Vergangenheit erfolgten teilweise großflächige Flächenräumungen mit der Raupe, bei denen der Schlagabraum auf Wälle abgeschoben wurde. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass solche sehr intensiven Bodenbearbeitungsverfahren langfristig zu schwächerem Wachstum führen. Auch bereits schonendere Bodenbearbeitungen regen die Minera­lisierung von Humus an, was die Auswaschung pflanzenverfügbarer Nährstoffe begünstigen kann.

Mögliche Nährstoffverluste

Nährstoffverluste durch Auswaschung vermindern die Leistungsfähigkeit eines Standortes und belasten möglicherweise das Grundwasser. Im Projekt  „ABoNae“ (Auswirkungen von Bodenbearbeitungen auf den Nährstoffhaushalt von Waldböden sowie den Erfolg von Eichenkulturen) untersuchte die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) verschiedene Bodenbe­arbeitungsvarianten in drei Bundesländern. Viele  Bodenbe­arbeitungsverfahren erfordern eine vollflächige Befahrung des Waldbodens, was im Hinblick auf den Bodenschutz kritisch zu hinterfragen ist und z. B. der FSC-Zertifizierung entgegenspricht. Eine mögliche Alternative stellt die Baggerräumung dar, da der Bagger durch seinen Ausleger in der Lage ist, von der Rückegasse aus zu arbeiten.

Der Versuchsaufbau

Für den Versuch wurden in drei Projektregionen (Ostbraunschweigisches Flachland, Hoher Fläming und Hessisches Ried) Versuchsflächen mit verschiedenen Bodenbearbeitungen angelegt. In jeder Region gab es eine unbearbeitete Kontrollparzelle, eine Baggerräumungs-Parzelle und eine Parzelle mit regionaltypischem Verfahren (siehe Abb. 3).

Folgende Untersuchungsmethoden wurden angewendet: Es wurden vor und nach den Bodenbearbeitungen die pflanzen­verfügbaren Nährstoffe im Boden bestimmt. Nach den Bodenbearbeitungen wurde über einen Zeitraum von zwei Jahren das Sickerwasser analysiert, um die Nährstoffauswaschung aus dem Boden abschätzen zu können. Im Herbst und im Frühjahr wurden die Flächen zudem auf mineralisierten, pflanzen­verfügbaren Stickstoff untersucht (Nmin-Analyse). Die Differenz der beiden Messungen entspricht näherungsweise der ausgewaschenen Menge an Nitrat. Denn im Winter findet keine Nährstoffaufnahme durch Pflanzen statt und in den Sommermonaten kommt es in der Regel nicht zu Auswaschungen, weil durch die Transpiration der Begleitvegetation eine Grundwasserneubildung ausbleibt.

Ergebnisse der Bodenbearbeitungsvarianten

Bagger

Im Hohen Fläming (armer Standort) nahmen die Stickstoff (N)-, Calcium (Ca)- und Magnesium (Mg)-Vorräte auf der baggergeräumten Fläche und in der Pflugsohle um 30 % (N), 60 % (Ca) und 85 % (Mg) im Vergleich zur Kontrolle ab. In den anderen Regionen war dieser Effekt bei der Baggerräumung nicht ganz so stark zu beobachten; dennoch nahmen die Vorräte aber deutlich ab. In den Baggerwällen, die mit organischem Material und teilweise auch Auflagehumus angereichert sind, wurde die Nmin-Analyse angewendet. Die ermittelten Nitratmengen wiesen auf sehr hohe Nitrat- und Nährstoffauswaschungen hin. Im Herbst wurden Nitrat-Stickstoff (NO₃-N)-Vorräte von 20 bis 40 kg/ha gemessen. Bis zum Frühjahr verringerten sich diese um die Hälfte, was Stickstoffauswaschungen in einer Höhe von 10 bis 20 kg/ha über den Winter vermuten lässt. 

  • Wegen der starken Nährstoffverarmung durch die Bearbeitung sollte vor allem auf armen Standorten das Augenmerk auf die Verfahrenswahl gelegt werden. Das Baggerverfahren kann somit zwar als bodenschonend (da nicht mit vollflächiger Befahrung verbunden), nicht aber als nährstoffnachhaltig bewertet werden.

Pflug

Im Bereich der Pflugbalken im Hohen Fläming zeigte sich eine Nährstoffanreicherung in etwa der Größenordnung wie die Nährstoffreduzierung in der Pflugsohle. Folglich wurden in den Pflugbalken im Vergleich zu den Pflugsohlen und zur Kontrolle auch hohe Nährstoffauswaschungen ermittelt. Im Mittel blieben die Vorräte auf der Fläche aber ungefähr gleich. Die kleinräumigen Nährstoffverlagerungen durch das Pflügen gehen zwar auch mit der Gefahr von Nährstoffausträgen und -verlusten einher. Es ist aber zu vermuten, dass die anliegende Begleitvegetation dieses erhöhte Nährstoffpotenzial der Pflugbalken nutzen konnte.

  • Der Streifenpflug kann deshalb am untersuchten Standort weitgehend als bodenschonend (da nicht mit vollflächiger Befahrung verbunden) und nährstoffnachhaltig eingestuft werden.

Mulcher und Fräse

Die regionalen Standardverfahren des Mulchens (Region Ostbraunschweigisches Flachland) und des Fräsens (Region Hessisches Ried) zeigten erwartungsgemäß keine Anzeichen von  Nährstoffvorratsveränderungen, da keine horizontale Verlagerung von organischem Material stattgefunden hat. Die Verfahren haben außerdem die jährlichen Nährstoffauswaschungen im Vergleich zur unbearbeiteten Kontrolle nur wenig verändert.

  • Mulcher und Fräse  können folglich als nähstoffnachhaltig bewertet werden. Bei vollflächiger Befahrung kann es jedoch zu Beeinträchtigungen des Bodengefüges kommen. Deshalb ist unbedingt auf bodenschonenden Maschineneinsatz (Maschinengewicht, Bereifung) und vor allem geeignete Witterungsbedingungen zu achten.

Mulchen und Fräsen führten zu einer vertikalen Umverteilung der Bodennährstoffe, während Pflügen und Baggern die horizontale Verteilung der Nährstoffe auf der Fläche veränderten. Die Streifenpflugbearbeitung führte zu einer kleinräumigen Umverteilung mit einer Verringerung der organischen Substanz und der Nährstoffe in den Pflugsohlen und einer Zunahme in den Pflugbalken. Die Baggerräumung hingegen führte zu einer großräumigen Umverteilung, indem ein Teil der organischen Substanz (Schlagabraum, Bodenvegetation und Teile der Humusauflage) und damit auch der Nährstoffe von der Fläche entfernt und auf den Rückegassen abgelagert wurde.

Bodenbearbeitungen führten nicht pauschal zu höheren Nährstoffverlusten. Die untersuchten Bodenbearbeitungsverfahren haben die Nährstoffvorräte jedoch unterschiedlich stark beeinflusst. Der Bewuchs der bearbeiteten Fläche mit Vegetation hat die Nährstoffauswaschung in allen Varianten reduziert.

Kritisch abwägen und genau planen

Bodenbearbeitungen zur Vorbereitung von Kulturflächen sind stets ein Kompromiss. Der Sicherung und Steigerung des Kulturerfolgs können negative Auswirkungen auf die Standortnachhaltigkeit gegenüberstehen, die verfahrens- und standortabhängig deutlich variieren. Flächenvorbereitungen sollten deshalb vorab kritisch abgewogen und grundsätzlich auf das zwingend erforderliche Maß beschränkt werden. Sie unterliegen außerdem strengen Restriktionen seitens einiger Nachhaltigkeits­zertifikate, namentlich dem deutschen FSC-Standard.

Um den Boden zu schonen, sollte auf eine vollflächige Befahrung verzichtet werden oder zumindest nur bei trockenem Boden und mit geeigneter Technik befahren werden. In Hinblick auf die Nährstoffnachhaltigkeit sollte insbesondere auf schwächer versorgten Standorten darauf geachtet werden, bei baggergestützten Räumverfahren möglichst streifen- oder plätzeweise mit Konzentration auf die Pflanzreihen vorzugehen, um möglichst viel organisches Material und vor allem Humus auf der Fläche zu halten. Eine Bodenvegetation kann die Nährstoffauswaschung deutlich mindern. Bei flächiger Bearbeitung ist es sinnvoll, für eine schnelle Begrünung zu sorgen (z. B. durch Einsaat einer Nutzpflanzendecke aus Waldstaudenroggen).

Fazit

  • Verfahren, die organisches Material großräumig verlagern (z. B. vollflächige Baggerbearbeitung), sind wegen Nährstoffentzug und -auswaschung zu unterlassen. Das Baggerverfahren kann durch streifen- oder plätzeweise Anwendung zu einem bodenschonenden und nährstoffnachhaltigen Verfahren werden.
  • Der Streifenpflug kann weitgehend als bodenschonend und nährstoffnachhaltig eingestuft werden.
  • Auch Mulchen und Fräsen können als nährstoffnachhaltig bewertet werden, meist aber nicht als bodenschonend.
  • Eine Bodenvegetation kann die Nährstoffauswaschung deutlich mindern. Bei flächiger Bearbeitung ist es sinnvoll, für schnelle Begrünung (Einsaat von Pflanzen ohne Konkurrenz zur Forstkultur) zu sorgen.
  • Es bestätigt sich das Gesetz des Örtlichen, wonach in Abhängigkeit vom Standort angepasste Lösungen erforderlich sind.

 

Das Projekt „Auswirkung von Boden­bearbeitungen auf den Nährstoff­haushalt von Waldböden sowie den Erfolg von Eichen­kulturen“ wurde aus Mitteln des Bundes­ministeriums für Ernährung und Land­wirtschaft (BMEL) durch die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert (Förderkennzeichen: 22001817).