Die Fichte nimmt fast die Hälfte der Waldfläche Bayerns ein. Sie hat als "Brotbaum" der bayerischen Forstwirtschaft eine enorme Bedeutung. Allerdings gilt sie unter den Vorzeichen des Klimawandels als besonders anfällige Baumart. Wie könnte also die zukünftige Fichtenwirtschaft unter ökonomischen Aspekten aussehen?
Die Rolle der Fichte bei sinkenden Überlebenswahrscheinlichkeiten
Es liegt auf der Hand, dass wir in Zukunft nicht völlig auf die Fichte verzichten können. Beispielsweise wenn die Naturverjüngung mit Fichte möglich ist und Alternativbaumarten gepflanzt werden müssen. Dann kann ein konsequenter Ersatz der Fichte sehr teuer und im Zweifel unwirtschaftlich sein.
Mit Hilfe der Portfolio-Optimierung ist es möglich, optimale Mischungen von Baumarten und die Wirkung erhöhter Risiken bei Fichte auf die optimale Baumartenzusammensetzung abzuleiten. Sie macht sich den Grundsatz "Wer streut, rutscht nicht!" zu Nutze. Verschiedene Baumarten unterliegen unterschiedlichen Risiken und ihr Holz wird auf verschiedenen Holzmärkten abgesetzt. Eine Baumartenmischung kann dazu führen, dass wir die angestrebten Erträge bei deutlich gesenktem Risiko erreichen oder dass wir bei einem akzeptierten Risiko unsere Erträge steigern können.
Es wurde ermittelt, wie sich erhöhte Risiken und somit geringere Überlebenswahrscheinlichkeiten der Fichte auf ihre optimalen Mischungsanteile auswirken würden. Bei einem moderaten Risiko würde der Anteil der Fichte circa 45 Prozent des Portfolios ausmachen. Erhöht sich das Risiko für die Fichte, sinkt ihr Anteil um etwa zehn Prozentpunkte (Abb. 1). Dennoch hält die Fichte auch bei einem erhöhten Risiko einen erheblichen Flächenanteil, sofern sie natürlich verjüngt werden kann.
Mehr Baumarten bedeutet auch gleichzeitig mehr Produkte. Mit Hilfe der Astung von Nadelholz entsteht ein weiteres Produkt, dessen Holzpreisentwicklung weitgehend von der für normales Holz abgekoppelt ist. Daher entfällt in einem optimierten Baumartenportfolio etwa die Hälfte des Flächenanteils von Fichte und Douglasie auf Bestände mit Astung.
Produktionszeiten und Behandlungsstrategien
Können wir Maßnahmen auf Bestandesebene treffen, um das Risiko der Fichtenwirtschaft zu dämpfen? Die Vergangenheit hat gezeigt dass insbesondere ältere Fichtenbestände anfällig gegen Windwurf und –bruch sowie Borkenkäferbefall sind. Je älter die Fichten sind, desto höher sind sie auch. Hohe Bäume kann der Wind leichter umwerfen oder brechen als niedrige. Daher werden derzeit die Auswirkungen reduzierter Produktionszeiten diskutiert.
Eine Reduktion der Umtriebszeit kann die Ertragssituation der Fichte tatsächlich verbessern. Allerdings steigt durch eine kürzere Umtriebszeit die Streuung der kalkulierten Erträge, was als ein gestiegenes finanzielles Risiko gewertet werden muss.
Aber auch eine früh einsetzende Überführung eines gleichaltrigen Fichtenbestandes (Alter circa 40 Jahre) in einen ungleichaltrigen Fichten-Tannen-Bestand kann die Ertragssituation erheblich verbessern (Abb.2). Die früh eingehenden finanziellen Überschüsse erhöhen die Rentabilität. Gleichzeitig sinkt das finanzielle Risiko, da die Überschüsse auf viele Eingriffe verteilt werden. Bei der konventionellen Bewirtschaftung werden dagegen über 80 Prozent der Überschüsse im Rahmen der Endnutzung erlöst. Der Holzpreis ist zeitweise niedrig, zeitweise hoch und zeitweise durchschnittlich. Eine Verteilung der Überschüsse auf viele Zeitpunkte stabilisiert daher die Gesamtüberschüsse oder Kapitalwerte.
Zu bedenken ist, dass die Ergebnisse einer solchen ökonomischen Bewertung stark von den getroffenen Annahmen abhängen. Daher sollten forstökonomische Studien lediglich helfen, Randbedingungen herauszuarbeiten und eine Entscheidungshilfe sein.
Während die Überführung in einen naturnahen Wald auf vielen Eingriffen basiert, zeichnet sich eine Verkürzung der Umtriebszeit durch eine geringere Zahl an Eingriffen aus. Im Zweifel entfallen Durchforstungen gänzlich. Daher bedeutet eine niedrigere Umtriebszeit auch ein größeres finanzielles Risiko. Die pauschale Reduktion der Umtriebszeit ist sicherlich kein Allheilmittel. Naturnahe Strategien können eine überlegene Alternative darstellen.
Kleinflächige Beimischung von Buchen in Fichtenbeständen
Eine interessante Option zur Risikosenkung bei der Fichte auf Bestandesebene ist die kleinflächige, beispielsweise gruppenweise Beimischung von Laubholz. Hier können sich finanziell relevante Unterschiede ergeben, die etwa auf eine geänderte Holzqualität, einen modifizierten Volumenzuwachs oder eine erhöhte Resistenz zurückgehen.
Trotz einer angenommenen Verschlechterung der Holzqualität, ist die kleinflächige Mischung mit der Buche aufgrund der erhöhten Resistenz der Fichte besser zu bewerten als großflächige Mischungen. Mit Hilfe kleinflächiger Mischungen kann jeder Ertragswert der großflächigen Mischung bei geringerem finanziellem Risiko erreicht werden. Es ist sogar möglich, mit einer kleinflächigen Mischung einen höheren Ertragswert als im reinen Fichtenbestand zu erreichen (bei Fichtenanteilen ab 60 Prozent). Das liegt an der im kleinflächig gemischten Bestand erhöhten Stabilität der Fichte. Damit verbessern sich die finanziellen Resultate so stark, dass etwaige negative Effekte, z.B. eine sinkende Holzqualität, überkompensiert werden.
Fichtenanteile bei schwerwiegender Unsicherheit
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass auch die Risikoeinschätzung selbst immer großen Unsicherheiten unterliegt. Niemand kann die Zukunft vorhersagen. Fällt die Unsicherheit der Risikoeinschätzung eher hoch aus, können sich sehr ausgewogene Baumartenanteile als empfehlenswert erweisen, keineswegs jedoch Reinbestände. So kann eine 1/2 : 1/2 (Abb. 3) oder 1/3 : 1/3 : 1/3 Lösung durchaus vernünftig sein. Ausgewogene Baumartenanteile schaffen Flexibilität und senken gleichzeitig die Risiken. Eine Verschiebung von Baumartenanteilen im Rahmen von Durchforstungsmaßnahmen ist möglich. Die Baumartenzusammensetzung kann sukzessive angepasst werden, je mehr wir über die Auswirkungen des Klimawandels hinzulernen.
Kurzfristige ökonomische Konsequenzen des Klimawandels für von Fichten dominierte Betriebe
Beispielhafte Kalkulationen mit Hilfe eines Betriebsoptimierers ergaben eher geringe Ertragsausfälle aufgrund des zu erwartenden Klimawandels für einen von Fichten dominierten Forstbetrieb (Abb. 4). Allerdings werden in der Kalkulation die aufgrund des Klimawandels wahrscheinlich geänderten Ausfallrisiken nicht berücksichtigt, weil dazu für die entsprechende Region keine Informationen vorlagen. Dennoch zeigt sich, dass es auf Betriebsebene neben dem Klimawandel noch andere nennenswerte Verlustquellen gibt. Hohe Ausgaben für Zäune oder Kulturen aufgrund zu hoher Wilddichten sind aus ökonomischer Sicht nicht akzeptabel. Vermehrte Bewirtschaftungsrestriktionen (z.B. Forderungen nach Waldreservaten, Totholz) verschärfen diese Situation noch.
Fazit
Die bayerische Forstwirtschaft wird wahrscheinlich auch in Zukunft mit der Fichte operieren. In naturnah aufgebauten, ungleichaltrigen Wäldern oder bei gleichaltriger Wirtschaft im Mischung mit Laubholz kann die Fichte auch weiterhin bei vertretbarem Risiko einen wertvollen ökonomischen Beitrag leisten.
Neben den finanziellen Belastungen, die der Klimawandel mit sich bringt, gibt es noch zahlreiche andere "Verlustquellen". Aus Sicht der Forstbetriebe wäre es sicherlich vorteilhaft, die wegen überhöhter Wildbestände, des Klimawandels und der Anforderungen anderer gesellschaftlicher Gruppen entstehenden Kosten auszuweisen. Damit kann ein sachlich fundierter Diskussionsprozess darüber in Gang kommen, was von den Forstbetrieben zukünftig erwartet werden kann und soll.