Durch den Klimawandel wird die Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts zunehmen. Außerdem wird sich in Deutschland die saisonalen Niederschlagsverteilung verschieben: Während des Sommers nehmen die Niederschläge ab, während des Winters zu. Zusätzlich werden Extremereignisse häufiger und intensiver auftreten – und die Forstwirtschaft vor neue Herausforderungen stellen.

Die Baumartenwahl ist eine der wichtigsten Anpassungsmöglichkeiten der Forstwirtschaft an den Klimawandel. Aber auch innerhalb der Baumarten, auf Ebene der Herkünfte, gibt es deutliche Unterschiede bezüglich Wuchsformen, Wachstum oder der Reaktion auf Klimabedingungen.

Kiefer – anpassungsfähig?

Insbesondere bei der Waldkiefer (Pinus sylvestris) ist dies äußerst spannend: Sie hat das größte Verbreitungsgebiet (Abb. 1) unserer heimischen Baumarten und muss sich innerhalb dessen auf verschiedenartigen Standorten mit unterschiedlichsten Klimabedingungen zurechtfinden. Das erreicht die Waldkiefer durch eine große innerartliche genotypische Variation und große phänotypische Plastizität.

Ohne diese Faktoren ist die Kiefer nach der Klimahülle für die Zukunft als nicht anbaugeeignet eingestuft. Andere Untersuchungen diagnostizieren der Kiefer dagegen eine gute Anpassung an extreme Bedingungen (z.B. Trockenheit). Bei der Eignung der Kiefer sollte daher die Herkunft einbezogen werden.

Im Projekt KLIP 10 wurden sowohl die bereits vorhandene Anpassung als auch die zukünftige Anpassungsfähigkeit verschiedener Kiefernherkünfte analysiert. Neben Experimenten an Jungpflanzen im Gewächshaus und Freiland wurden die Reaktionen unterschiedlicher Waldkiefernherkünfte auf Extremereignisse am internationalen Kiefern-Herkunftsversuch IUFRO 1982 untersucht.

Zwei Versuchsflächen in Deutschland

Beim internationalen Herkunftsversuch IUFRO 1982 wurden mit 20 Herkünften der Kiefer Versuchsflächen in fünf Ländern angelegt. Im KLIP 10 wurden elf Herkünfte an den zwei deutschen Standorten Waldsieversdorf (östlich von Berlin) und Bensheim (nördlich von Mannheim) untersucht (Tab. 1).

StandortSeehöheØ-Temp.NiederschlagKlimahülleVegetationsperiodePflanzung
Waldsieversdorf52 m ü. NN8,7 °C538 mmwarm-trockener Rand262 Tage1984, 2-jährige Pflanzen
Bensheim94 m ü. NN10,7 °C603 mmaußerhalb295 Tage1986, 3-jährige Pflanzen

Beide Standorte stocken auf Braunerden aus reinem Sand. Jede Herkunft wurde in vier Blöcken (je 11 x 11 Bäume) im Pflanzabstand 1,5 x 1,5 m gepflanzt. Beide Bestände waren noch nicht durchforstet, in Bensheim wurden im Jahr 2008 Rückegassen angelegt.

Daten, Berechnungen und Analysen

Das Zuwachsverhalten von Bäumen gilt als guter Indikator für ihre Vitalität. Daher lässt sich die Toleranz gegenüber vergangenen Extremereignissen rückblickend anhand des Baumwachstums analysieren. Zusätzlich zur Baumhöhe und dem Brusthöhendurchmesser wurden deshalb an 142 Bäumen in Waldsieversdorf und 132 Bäumen in Bensheim Stammscheiben gewonnen und die Jahrringbreiten ermittelt. Außerdem wurden die jährlichen Trieblängen aller Probebäume zurückgemessen, um das jährliche Höhenwachstum zurückzuverfolgen. Klimadaten der unmittelbar benachbarten Klimastationen des Deutschen Wetterdienstes rundeten die Grundlagen ab.

Für beide Standorte wurde die Beziehung zwischen den dort herrschenden Witterungsparametern und dem Wachstum durchleuchtet. Mit einem Wasserhaushaltsmodell konnte für Bensheim das Jahr 2003, für Waldsieversdorf das Jahr 2006 als jeweils extremstes Trockenjahr identifiziert werden. Die Wachstumsreaktionen der Herkünfte auf diese Dürreextreme wurden mit Hilfe von Toleranzindizes beurteilt. Neben der Resistenz und Erholungsreaktion wurde die Resilienz ermittelt (Abb. 2). Die Resilienz ist das Verhältnis des Wachstums nach dem Dürreereignis zu dem Wachstum vor dem Dürreereignis (Betrachtungszeitraum drei Jahre). Eine Gesamtbeurteilung der Herkünfte anhand der multivariaten Archetypenanalyse rundete die Untersuchungen ab.

Basalflächenzuwachs – abhängig von Standort und frühsommerlicher Wasserverfügbarkeit

Der jährliche Basalflächenzuwachs (jährlicher Kreisflächenzuwachs) unterschiedet sich besonders stark zwischen den Herkünften in Waldsieversdorf (Abb. 3, oben). Die dort wachstumskräftigeren Herküfnte aus Deutschland und Polen konnten ihr Potenzial in Bensheim weniger deutlich zeigen (Abb. 3, unten). Die Zuwächse der Herkünfte liegen in Bensheim trotz längerer Vegetationsperiode auf niedrigerem Niveau enger zusammen. Das ist hauptsächlich auf die klimatischen Bedingungen beider Standorte zurückzuführen. Trotzdem erreichen auch in Bensheim fast alle Herkünfte die I. Bonität nach der Ertragstafel von Wiedemann.

Die Wasserverfügbarkeit im Frühsommer des aktuellen Jahres ist besonders wichtig für das Dickenwachstum. Ein Wasserdefizit zwischen Mai und Juli reduziert den Basalflächenzuwachs aller Herkünfte auf beiden Standorten signifikant. Weniger beeinflusst ein Wasserdefizit dagegen das Höhenwachstum. Denn nicht nur die Witterungsbedingungen während der Streckung des Sprosses im Frühling ist für das Höhenwachstum entscheidend, sondern auch die Phase der Knospenbildung im Vorjahr.

Vor und nach dem Dürreereignis

Die Reaktion des Baumwachstums hängt sehr davon ab, wann und wie lange das Dürreereignis auftritt. Die extrem lange Trockenheit in 2003 führte zusammen mit dem zusätzlich trockenen Jahr 2004 in Bensheim zu einem deutlich reduzierten Höhenzuwachs in 2004. Dagegen kam es trotz des extrem trockenen Frühsommers 2006 in Waldsieversdorf aufgrund des weniger trockenen Spätsommers und einem ausreichend feuchten Frühjahr 2007 zu keinem Einbruch im Höhenzuwachs.

Die Resilienz beschreibt das Verhältnis Basalflächenzuwachs nach zu Basalflächenzuwachs vor dem Dürreereignis. Die Kiefernherkünfte unterscheiden sich hinsichtlich dieser Resilienz zwischen den beiden Standorten sehr deutlich (Abb. 4). In Waldsieversdorf erreichen die meisten Herkünfte nach dem Trockenereignis wieder ihr vorheriges Wachstumsniveau; einige übertrafen dieses sogar (Resilienz ≥ 1). Die tschechische und die deutschen Herkünfte übertreffen das Wachstumsniveau vor 2006 besonders deutlich. In Bensheim bleiben die Herkünfte im Mittel bei nur etwa 65 Prozent des Zuwachses vor dem Dürreereignis. Auffällig ist hier, dass die südliche Herkunft aus Bosnien-Herzegowina (BiH19) besonders gut abschneidet. Sie ist offensichtlich an Trockenereignisse besonders angepasst. Insgesamt erscheinen auch die jeweils lokalen Herkünfte (D10 in Waldsieversdorf, D12 in Bensheim) mit ihrer überdurchschnittlichen Resilienz gut gerüstet.

"Erwünschter Archetyp" führt zu lokalen Herkünften

Betrachtet man die Resilienz als relative Reaktion, bleibt das Zuwachsniveau der jeweiligen Herkunft unberücksichtigt. Durch die Archetypen Analyse bezieht man dies bei der Interpretation mit ein. Dabei wurde eine hypothetische Herkunft (erwünschter Archetyp) errechnet, der alle erwünschten Eigenschaften einer geeigneten Herkunft in sich vereint: hohe Resilienz, hohes Höhen- und Durchmesserwachstum, großes Stammvolumen.

Tabelle 2 zeigt die Übereinstimmung der beobachteten Herkünfte mit dem erwünschten Archetyp. Die Herkunft aus Bosnien-Herzegowina (BiH19) ist zwar besonders an Trockenheit angepasst, hat aber auch das insgesamt niedrigste Wachstum. Damit ist sie unterm Strich als für Bayern ungeeignet einzustufen. Das gilt auch für die nördlichen Herkünfte RUS2 und S15.

Die höchste Übereinstimmung mit dem erwünschten Archetyp weisen die lokalen Herkünfte D12 und D10 zusammen mit der französischen Herkunft F14 auf. Die Ergebnisse bestätigen die Bedeutung lokaler Effekte für spezifische Anpassung.

Fazit

Die Ergebnisse demonstrieren eindrücklich die innerartliche Variation der Waldkiefer. Die Herkunft muss daher in der Diskussion über zukünftige Baumarteneignungen unbedingt berücksichtigt werden. Insbesondere die lokalen Herkünfte dürften weiterhin überlegen sein, da neben der physiologischen Trockenheitstoleranz auch der ökonomische Aspekt der Ertragsleistung herangezogen werden muss. Auch der ist Teil der Baumarteneignung im Klimawandel.