Ist der (Miss-)Erfolg genetisch vorprogrammiert?
Genetische Faktoren entscheiden wesentlich über den wirtschaftlichen Erfolg einer Waldverjüngung. Mit der Begründung eines Bestandes mit bestimmten genetischen Eigenschaften wird die zukünftige betriebliche Situation bestimmt.
Alle biologischen Vorgänge werden durch genetische Informationen gesteuert. Trockenheits- und Frostresistenz, Holzqualität etc. eines Baumes werden – neben den Standortsfaktoren – in hohem Maß durch seine Erbsubstanz beeinflusst (s. Abb. 1).
Wälder können auf Änderungen von Umweltbedingungen durch eine Anpassung ihrer genetischen Zusammensetzung reagieren. In einem gewissen Rahmen können damit – biotische und abiotische - Störungen abgepuffert werden.
Dabei geben die am besten an die jeweiligen Bedingungen angepassten Bäume in höherem Ausmaß "ihre" genetische Information an die Folgegeneration(en) weiter als schlechter angepasste Individuen. Störungseinflüsse und Umweltbedingungen ändern sich häufig mit der Zeit. Somit sind unterschiedliche Ausprägungen von genetischer Information zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich konkurrenzfähig. Ein umfassender Genpool ist die Folge.
Auch der Waldbau beeinflusst die genetische Zusammensetzung und damit die Anpassungsfähigkeit der Wälder an künftige Umweltbedingungen. Aus Sicht der Genetik sollte bei der Bestandesbegründung der aktuelle Altbestand unter dem Aspekt des betrieblichen Oberziels betrachtet werden. Liegt das Hauptaugenmerk auf Qualität und Wertleistung, können tendenziell genetisch eingeengte Waldbestände akzeptiert werden. In Hinblick auf den Klimawandel ist jedoch für eine Risikoverminderung eine hohe genetische Vielfalt anzustreben.
Sind Altbestand oder Nachbarbestände geeignet, kann eine Naturverjüngungangestrebt werden. Dabei ist die in der Vergangenheit häufig unterschätzte Pollenverfrachtung zu beachten. Können nachfolgend angeführte Mindestabstände von schlecht veranlagten Beständen in der Nachbarschaft nicht eingehalten werden (Tab. 1), so ist mit geeigneter Herkunft künstlich zu verjüngen.
Betriebsziel hohe Anpassungsfähigkeit:
Viele Samen- und Pollenspender unterschiedlicher sozialer Stellung im Altbestand, geringe selektive Eingriffe vor der Verjüngung, Verjüngung über einen langen Zeitraum, kleinräumige Verjüngung;
Betriebsziel hohe Angepasstheit, Verbesserung der (Holz)Qualität:
möglichst nur Plusbäume zur Verjüngung, daher meist hohe selektive Eingriffe vor der Verjüngung. Jedoch mindestens 50 Plusbäume/ha.
Bei Kunstverjüngung ist neben den gesetzlichen Bestimmungen vor allem zu beachten, dass geeignetes Vermehrungsgut möglichst derselben Höhenstufe (z.B. submontan, hochmontan) zum Einsatz kommt.
In Österreich erzeugtes Vermehrungsgut stammt jeweils von mindestens 20 Bäumen bei bestandesbildenden Baumarten, wie Fichte oder Buche. Aus dem Ausland importiertes Saatgut kann im Extremfall nur von einem Baum geerntet worden sein. Der Genpool eines damit begründeten Bestandes wäre damit extrem eingeschränkt und forstwirtschaftliche Nachteile unvermeidbar.