Große Schadflächen prägen derzeit die Diskussion in der Forstwirtschaft. Wissenschaft und Praxis suchen dringend Antworten, wie mit diesen Flächen, aber auch mit bisher ungeschädigten Beständen umgegangen werden soll. Ein aktuelles Forschungsprojekt befasst sich am Beispiel von Buche und Fichte mit diesem Thema, prüft methodische Ansätze und liefert auch Antworten auf den Wunsch nach Risikovermeidung und Multifunktionalität von Wäldern.

Dieser Artikel beleuchten den Druck, der auf der Forstbranche liegt, insbesondere mit Hinblick auf naturale Risiken. Diese be­drohen die Gesundheit unserer Wälder und machen eine Anpassung des Ma­nagements notwendig. Doch nicht allein Schadorganismen und die Trockenheit in Folge des Klimawan­dels machen der Forstwirtschaft zu schaf­fen. Sie sieht sich auch zunehmendem gesellschaftlichen Druck gegenüber, die Wälder an sich wandelnde und vielfälti­ge Ansprüche an die Bereitstellung von Ökosystemleistungen anzupassen. Diese reichen vom Natur­ und Klimaschutz bis hin zur Bereitstellung eines erneuerbaren Rohstoffes. Dabei können diese durchaus in Konkurrenz zueinander stehen.

Bei all der Arbeit, die Waldschutzmaß­nahmen in den Trockensommern 2018, 2019 und vermutlich auch noch 2020 verursachen, darf eines nicht vergessen werden: Mit Blick auf die Bedürfnisse zu­künftiger Generationen ist es ebenso ein Risiko, heute eine Waldstruktur festzule­gen, die auf einzelne Ökosystemleistun­gen ausgerichtet ist. Die Nachkriegsent­scheidung, flächig Nadelholzmonokultu­ren zu begründen, erfährt heute starke Kritik für die aus damaliger Sicht sinnvol­le rasche Wiederbestockung der Flächen mit ertragsstarken Baumarten. Ziel der heutigen Generation an Waldbesitzer­/ innen und Förster­/innen sollte es sein, die Wälder so zu gestalten, dass sie nachhaltig auch die Ziele der Zukunft erfüllen können, selbst wenn diese Ziele heute noch nicht ganz klar sind.

Aktuelle Forschungsergebnisse zur Risikominderung

Dabei können Ansätze aus der Forstökonomie helfen. Philosophie der Forstökonomie ist es, mit der begrenzten Waldfläche, die uns zur Verfügung steht, die Bedürfnisse von Menschen bestmöglich zu erfüllen. Unter diesem Grundgedanken steht ein aktuelles Forschungsprojekt an der Professur für Waldinventur und nachhaltige Nutzung. Kernthema ist die Baumartenwahl unter Risiken. Dabei umfasst der Risikobegriff neben biotischen und abiotischen Schäden auch das Marktgeschehen und wandelnde Zielsetzungen.

Die Wahl der Zielsetzungen ist dabei nicht einfach, da geeignete Informationen und entsprechende Relevanz vorliegen müssen, damit sie in eine forstökonomische Studie einfließen können. Im vorliegenden Artikel stehen drei Ökosys­temleistungen im Fokus: Finanzieller Ertrag, Kohlenstoffspeicherung und Walderhalt:

Ökosystemleistung »Finanzieller Ertrag«

Größere private Forstbetriebe (>100 ha), deren Erträge wesentlich zum Einkommen beitragen, sind bestrebt, die Ertragssituation zu stabilisieren oder wenn möglich zu verbessern. Sie besitzen gemäß der Bundeswaldinventur 2012 immerhin 18,7 % der Waldfläche in Bayern (Deutschland 32,5 %). In Wäldern öffentlicher Hand ist die Gewinnabführung je nach Eigentümerzielsetzung relevant und trägt zur Deckung weiterer Ausgaben zum Beispiel im Sozialsektor bei. Für kleinere Forstbetriebe spielen die Erlöse aus dem Wald für das Haushaltseinkommen eine geringere Rolle, Wälder sind aber als Kapitalreserve (Sparbuchfunktion) wichtig und damit auch deren finanzieller Wert von Belang.

Ökosystemleistung »Kohlenstoffspeicher«

Wälder und Holzprodukte spielen eine wichtige Rolle im Klimaschutz. Im Staats-­ und Kommunalwald könnte ein gesellschaftlicher Diskurs auf die Kohlenstoffspeicherung fokussieren. Im Privatwald erscheinen Kohlenstoffzertifikate als eine mögliche weitere Einnahmequelle.

Ökosystemleistung »Walderhalt«

Die sinkende Stabilität der Wälder be­lastet Waldbesitzer, da die Beseitigung der Schäden mit enormem Aufwand ver­bunden ist. Auch sind im Schadensfalle nur sehr geringe Holzpreise zu erzielen. Gleichzeitig steigt die Sorge der Gesell­schaft um den Wald und Diskussionen um den Walderhalt finden sich in den Medien. Hier könnte der Wunsch entste­hen, eine möglichst hohe Überlebensfä­higkeit durch die Wahl geeigneter Baumarten zu erreichen.

Betriebliche Anpassungsstrategien

In der Studie planen Forstbetriebe eine langfristige Strategie, die Forstbetriebsfläche auf un­terschiedliche Bestandestypen aus Fichte und Buche zu verteilen. Die Betriebe lie­gen in fünf unterschiedlichen Klimaregi­onen, von sehr warm und niederschlags­arm bis kühl und niederschlagsreich. Da­bei haben die Eigentümer der Betriebe exemplarisch die Wahl zwischen

  • unterschiedlichen Mischungsanteilen bzw. auch Reinbeständen,
  • langen oder kurzen Umtriebszeiten,
  • Durchforstungen durchzuführen oder zu unterlassen.

Insgesamt zwölf Bestandestypen stehen zur Verfügung. Sie umfassen Rein­ und Mischbestände (50 % Fichte oder 80 % Fichte), zwei Umtriebszeitvarianten (kurz mit 40–60 Jahren bzw. lang mit 100–130 Jahren) und auch die Möglichkeit, Durchforstungen in buchenreichen Beständen zu unterlassen. Das Überlebensmodell erfasst die Risiken für die Fichte gut. Die aktuellen Buchenschäden sind in historischen Daten nicht enthalten, die Optimierungsmethoden berücksichtigen jedoch große Unsicherheiten. Die Betriebe setzen aus diesen Bestandestypen ihre ideelle Betriebsfläche zusammen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die waldbauliche Umsetzung möglich ist. Sehr kleine Forstbetriebe haben in diesem Fall schlechtere Möglichkeiten, ihre Risiken durch Diversifikation mit Hilfe mehrerer Bestandestypen zu mindern.

Die Ergebnisse der Optimierung verdeutlichen, welche Rolle die Zielsetzungen der Forstbetriebe neben dem Wunsch nach Risikovermeidung spielen. Die Diagramme a bis d in Abbildung 3 zeigen, welche zukünftigen Verteilungen der Betriebsfläche auf Bestandestypen die Bedürfnisse nach Risikovermeidung und Ökosystemleistungen für einen Forstbetrieb am besten erfüllen. Dabei wird auch berücksichtigt, wie groß die erwarteten Unsicherheiten sind.

Ertragsorientierte Betriebe

Diagramm 1c zeigt, dass ein ertragsorientierter Betrieb unter guten Wachstumsbedingungen für die Fichte hohe Anteile dieser Baumart, auch in Reinbeständen, anbauen würde. Dies gilt, sofern er das Risiko als mäßig einschätzt. Das erwartete Risiko (x-­Achse der Diagramme a–d) ist in Einheiten der Standardabweichung des jeweiligen Zielindikators berücksichtigt.

Die Berücksichtigung einer zweifachen Standardabweichung bedeutet, dass neben dem erwarteten Indikatorwert auch ein »worst case« berücksichtigt wird, der um zwei Standardabweichungen niedriger ausfällt als der erwartete Wert. Sind die Eigentümer risikoscheuer, sollten sie zwar auch auf die Fichte setzen, aller­dings die Buche zunehmend beimischen. Das Diagramm 1d entspricht einem Klimawandel, bei dem die Temperaturen um etwa 2 °C zunehmen. Ein weiterhin auf finanzielle Erträge ausgerichteter Betrieb reduziert dann, um dem Klimawandel zu begegnen, den Fichtenanteil bei zunehmender Risikoabneigung deutlich. Die in Dunkelgrün dargestellte Buche im Reinbestand wäre hier geeignet, dieser Risikoaversion Rechnung zu tragen. Insgesamt dominieren bei Ertragsorientierung durchforstete Bestandestypen mit kurzer Umtriebszeit.

Multifunktional ausgerichtete Betriebe

Wünschen sich die Waldbesitzer/innen oder die Gesellschaft multifunktional ausgerichtete Wälder, so zeigen die Diagramme 1a und 1b, dass dies mit stärker diversifizierten Forstbetrieben besser zu erreichen ist. Bereits bei geringer Risikoabneigung beteiligen die Betriebe mehr Bestandestypen. Erstaunlich ist, dass die Fichte weiterhin eine Rolle spielt, gerade wenn die Unsicherheit hoch ist. Das ist sowohl darauf zurückzuführen, dass den Betrieben in der Simulation keine andere Nadelbaumart zur Wahl steht, andererseits erfüllt die Fichte im Bereich der Kohlenstoffspeicherung und der finanziellen Erträge wichtige Funktionen. Drittens ist auch die Buche nicht risikofrei. Das Prinzip der Risikominderung durch Streuung führt daher zum logischen Schluss, weitere Baumarten zu beteiligen, in diesem Fall die Fichte.

Ein multifunktionaler Betrieb an einem durch den Klimawandel geprägten Standort (Diagramm b in Abbildung 1) mischt am stärksten und setzt zu etwa 75 % auf ideelle Buchenanteile. Bei sehr hoher Risikoabneigung sind elf von zwölf Bestandestypen mit etwa ähnlichen Anteilen auf der Betriebsfläche vertreten. Das Prinzip »Wer streut, rutscht nicht.« wird hier am intensivsten gelebt. Die Verteilung der Bestandestypen auf die Betriebsfläche sollte als Orientierungshilfe im Sinne eines langfristigen Bestockungszieles verstanden werden. Diese können für die vielerorts in den letzten Jahren entstandenen Schadflächen direkt genutzt werden.

In der Praxis sind die allerdings viele Flächen bereits bestockt und es existieren Hindernisse (Betriebsstruktur, Investitionsmöglichkeiten, jagdliche Situation), einen idealen Waldaufbau in kurzer Zeit umzusetzen. Zudem werden mit der Anpassung der Betriebe an die Risikoabneigung und dem Klimawandel die finanziellen Spielräume kleiner, wie die folgenden Abschnitte zeigen.

Finanzielle Einbußen im Klimawandel

Der Klimawandel führt zu teilweise erheblichen finanziellen Einbußen für die Waldbesitzer. Natürlich ist das Ausmaß der Erderwärmung ausschlaggebend, wie stark die Einkommensrückgänge sind. Sollte, wie in Abbildung 3 dargestellt, eine mäßig warme Region (z. B. Tertiäres Hügelland) einen sehr warmen Temperaturbereich (z. B. heutiges Unterfranken) erreichen, so gehen im Modell die Annuitäten bei einer Ausrichtung des Betriebes auf den finanziellen Ertrag um 75 % zurück (Abbildung 4). Gerade für größere Forstbetriebe, die derzeit ertragsorientiert sind, sind dies erhebliche Einbußen.

Risikoprämie und Multifunktionalitätsprämie

Abbildung 4 zeigt gleichzeitig, dass eine multifunktionale Forstwirtschaft zu geringeren finanziellen Erträgen für die Betriebe führen kann. Gerade bei guten Wuchsbedingungen erreichen die sehr stark gemischten Wälder nur 64 % der Annuitäten, die eine Baumartenkombination erreicht, die auf Gewinne fokussiert. Dies kann als Kosten für Multifunktionalität betrachtet werden, die beispielsweise in öffentlichen Wäldern zugunsten vielfältiger Ökosystemleistungen anfallen.

Strategien zum Umgang mit Risiken

Möchten Forstbetriebe Risiken vermeiden, so müssen sie dafür ebenfalls eine (Risiko­-)Prämie in Kauf nehmen. Dies drückt sich in den niedrigeren finanziellen Überschüssen bei den sehr risikoaversen Strategien aus. Je höher das bisherige Ertragsniveau ist, umso größer ist diese Risikoprämie. Gleichzeitig ist aber festzuhalten, dass in gemischten Wäldern die Kosten für die Risikominderung sehr gering bis unbedeutend sein können, wie Abbildung 4 ebenfalls verdeutlicht

Der hier vorgestellte Ansatz ist hinsichtlich der Baumarten beschränkt, da nur Fichte und Buche in die Optimierung eingingen. Grundsätzlich ist die Methodik aber in der Lage, weitere Baumarten zu berücksichtigen und gibt wichtige Hinweise auf den Umgang mit Risiken. Die charakteristischen Eigenschaften alternativer Baumarten sind zum Teil bereits bekannt. Je nach Profil der jeweiligen Baumart sind zumindest theoretische Überlegungen möglich, inwieweit sie Fichte oder Buche in der Simulation ersetzen können. Ertragreiche Nadelbaumarten, die als klimastabiler gelten, wären beispielsweise Alternativen zur Fichte. Die Betriebe wären aber auch mit Douglasie oder Tanne gemischt aufgebaut, um vielfältige Ökosystemleistungen zu gewährleisten und mögliche Risiken zu puffern. Zusammengefasst kristallisieren sich verschiedene Strategien der Anpassung heraus: Baumartenwahl und deren Mischung, Wahl der Umtriebszeit und Varianten der Behandlung.

Im Einzelfall ist es an den Entscheider/in­nen – unterstützt durch forstlichen Fach­verstand – auf dieser Klaviatur der Mischung zu spielen und eine Entscheidung für eine Baumartenwahl unter Risiko zu treffen. Eine generelle Empfehlung pro oder kontra eine Baumart ist schwierig. Aus Sicht der Praxis und der Forschung ist eine Erweiterung des Baumartenspektrums dringend geboten, da alternative Baumarten aus dem In­ oder Ausland die Diversifizierung unterstützen können.

Kurzüberblick: Methoden

Dieser Artikel beruht auf einer Simulationsstudie, deren Prinzipien Knoke und Seifert (2008) beschreiben. Inhalt der Simulation ist die Optimierung der Zusammensetzung einer Forstbetriebsfläche aus unterschiedlichen Bestandestypen. Die Idee dazu stammt aus der Portfoliotheorie, die besagt, dass Risiken bei Finanzanlagen durch Streuung auf unterschiedliche Anlagen gemindert werden können. Als Risiko gilt dabei eine unerwünschte Abweichung von der erwarteten Bereitstellung von Ökosystemleistungen (z. B. finanzielle Mindererträge).

Datengrundlage des Projekts sind waldwachstumskundliche Simulationen von Rein- und Mischbeständen aus Fichte und Buche unter verschiedenen klimatischen Bedingungen.

Überlebensmodelle nach Brandl und Falk (2019), die alters-, baumarten- und mischungsabhängig sind, helfen, naturale Risiken in die Simulation einzubinden. Sowohl Fichte als auch Buche können im Rahmen einer sogenannten Monte-Carlo-Simulation Opfer von Kalamitäten werden. Historische Holzmarktpreise ergänzen die Studie um ein weiteres Risiko.

Die Mittelwerte der Annuität des Bodenertragswertes und der durchschnittlichen Kohlenstoffspeicherung sind zwei Ziele des Forstbetriebes, die sich aus häufigen Wiederholungen der Simulation ergeben. Die Standardabweichung dieser Mittelwerte dient als Maß für das Risiko. Die Stabilität bildet ein Modell zur Überlebenswahrscheinlichkeit von Beständen ab.

Die optimale Kombination der Bestandestypen für einen Forstbetrieb muss dann mathematisch zwei Bedingungen erfüllen:

  • Selbst für den Fall, dass der Mittelwert der Ökosystemleistungen eines einzelnen Bestandestyps risikobedingt um ein Mehrfaches der Standardabweichung vermindert wird (worst case), soll der Betrieb stabile Leistungen erbringen.
  • Alle Ökosystemleistungen sollen gleichberechtigt erbracht werden, dabei wird als Kompromiss ein gemeinsames Mindestniveau gefordert, im Gegenzug auf Spitzenwerte (z. B. sehr hohe finanzielle Erträge) verzichtet.

Die Verteilung der Bestandestypen nach Baumarten, deren Mischungsanteile, Umtriebszeit und Behandlung hängt von der Risikoabneigung, der Klimaumgebung und den Zielen des Forstbetriebes ab. Die unterschiedlichen Klimaumgebungen, unter denen die Simulation stattfindet, dienen als analoge Klimaregionen und bilden den Klimawandel ab.

Zusammenfassung

Forstbetriebe möchten Risiken mindern und sicherstellen, dass auch zukünftige Generationen ihre Bedürfnisse mit der Waldbewirtschaftung erfüllen können. Ein Forschungsprojekt widmet sich der Frage, wie dies erreicht werden kann. Verfahren aus der Finanz- und Optimierungsmathematik liefern Vorschläge zur Verteilung einer ideellen Forstbetriebsfläche auf verschiedene Bestandestypen. Diese unterscheiden sich zwischen Fichten- und Buchenanteil, ihren Umtriebszeiten und der Behandlung.

Fazit ist, dass Mischwälder zur Balance von Ertrag und Risiko beitragen und mehrere Ziele gleichzeitig erfüllen. Beides hat allerdings seinen Preis: Risikominderung geht mit geringeren Erträgen einher. Eine Forstwirtschaft, die mehr als eine Ökosystemleistung bereitstellen möchte, muss dabei Kompromisse eingehen. Offene Frage ist, wie eine bessere Datenlage zu alternativen Baumarten erreicht werden kann, damit diese methodisch berücksichtigt werden können.