Aufgrund der großen Bedeutung von Sturmschäden für die Waldbewirtschaftung wurde eine bislang noch nicht zur Analyse von Sturmschäden ausgewertete Datengrundlage, die langfristigen waldwachstumskundlichen Versuchsflächen in Baden-Württemberg, analysiert.

Die zwei Hauptziele der Dissertation lauteten:

  1. Evaluierung und Erweiterung des bestehenden BWI-Modells für Sturmschäden durch Sturm Lothar in Baden-Württemberg (Schmidt 2006, Schmidt et al. 2009) anhand waldwachstumskundlicher Versuchsflächendaten
  2. Erstellen eines Erklärungs- und Prognosemodells für Sturmschäden anhand langfristiger Sturmschadensdaten waldwachstumskundlicher Versuchsflächen in Baden-Württemberg mit besonderer Berücksichtigung der Schadabhängigkeit von der waldbaulichen Behandlung.

Datengrundlage

Der Datensatz der langfristigen waldwachstumskundlichen Versuchsflächen beinhaltet ca. 900.000 Baumbeobachtungen zwischen ca. 1890 und 2007 mit Schwerpunkt auf der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In diesem Datensatz sind ca. 20.000 sturmgeschädigte Bäume enthalten, die vorwiegend auf die Stürme Wiebke (1990) und Lothar (1999) entfallen. Eine Differenzierung von Windwurf und Bruch ist nicht dokumentiert. Fichte (47 %) und Douglasie (21 %) stellen zusammen mit ca. zwei Dritteln den größten Baumartenanteil im gesamten Datensatz dar. Kiefer und Lärche sind zusammen mit ca. 12 %, Buche und Tanne mit je ca. 8 % vertreten. Geringe Anteile entfallen auf die Eiche (ca. 2 %). Die Besonderheit des Datensatzes liegt in der gleichzeitigen Verfügbarkeit einzelbaumweiser und bestandesweiser dendrometrischer Größen sowie Informationen über die waldbaulichen Eingriffe. Bei der Auswertung kamen CART-Methoden (classification and regression trees, Entscheidungsbäume) und statistische Modellierung zum Einsatz.

Methoden

  • Ziel 1: Das Vorgehen bei der statistischen Modellierung kann folgendermaßen charakterisiert werden: Im Rahmen der Erweiterung des vorhandenen BWI-Modells für Schäden durch Sturm Lothar wurde getestet, ob Prädiktoren der Versuchsflächendaten, die bei der Entwicklung des BWI-Modells nicht zur Verfügung standen, weitere Beiträge zur Erklärung von Sturmschäden liefern.
  • Ziel 2: Im Rahmen der Erstellung des Erklärungs- und Prognosemodells anhand langfristiger Versuchsflächendaten wurde ein vierstufiges Modellierungskonzept eingesetzt, um das Auftreten von Sturmschäden allgemein, das Auftreten von flächigen Sturmschäden sowie das Auftreten von Einzelbaum- und kleinflächigen Schäden zu untersuchen.

Ergebnisse

Ziel 1

Die wesentlichen Ergebnisse bezüglich der Evaluierung des BWI-Modells anhand von Versuchsflächendaten für Sturm Lothar lieferten die Erkenntnis, dass die im Modell enthaltenen Effekte auch die Trends in den Versuchsflächendaten korrekt wiedergeben. Insgesamt überschätzte das BWI-Modell das Sturmrisiko auf den Versuchsflächen jedoch mäßig. Im Zuge der Modellerweiterung wurde festgestellt, dass insbesondere die eingriffsbasierten Variablen deutliche Modellverbesserungen erlauben.

Ziel 2

Im Zuge der Erstellung des Erklärungs- und Prognosemodells für Sturmschäden anhand langfristiger Versuchsflächendaten zeigten sich folgende Ergebnisse:

  • Die Baumarten- und Baumhöheneffekte haben auch für die Erklärung von Sturmschäden mehrerer Sturmereignisse den größten Einfluss.
  • Der erhebliche Einfluss (ca. 20 %) der waldbaulichen Eingriffe ließ sich vorwiegend durch die relative Entnahmestärke während der fünf bzw. zehn Jahre vor dem Sturmereignis quantifizieren.
  • Die Wirkung des Durchforstungsquotienten im Modell weist insbesondere bei größeren Bestandeshöhen (Vorratspflege) auf labilisierende Einflüsse von Eingriffen ins Herrschende hin.
  • Die einzelbaum- und bestandesweisen h/d-Werte lieferten widersprüchliche Ergebnisse. H/d-Werte werden generell als ungeeignet für die Beschreibung von Sturmschäden bzw. Windwurfschäden eingestuft. Eine Trennung von Bruch- und Wurfschäden war im Datenmaterial nicht dokumentiert und daher in der Analyse nicht abbildbar.
  • Die Sturmgefährdung der Douglasie erscheint auf der Grundlage der Versuchsflächendaten mindestens ebenso hoch wie die der Fichte. Die deutlich höheren Schadensanteile bei Douglasie im Vergleich mit denen der Fichte sind mutmaßlich auf standörtliche Verhältnisse zurückzuführen, so dass die Annahme generell höherer Sturmschadensdisposition für Douglasie verfrüht wäre.
  • Einzelbaumdaten besitzen offensichtlich geringen Erklärungswert für das Sturmrisiko, sofern bestandesweise präzise Kenngrößen vorliegen.

Auf dem Freiburger Dokumentenserver kann der vollständige Text mit der Diskussion des Datenmaterials, der Methodik, der Übertragbarkeit der Ergebnisse und der Schlussfolgerungen kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Eine Druckversion (FFF-Band Nr. 42) kann auf der Homepage der FVA Freiburg gegen Gebühr bestellt werden.