Der Umgang mit dem Klima und dem Klimawandel gehört im Forstbetrieb zum Alltag. Klimainformationen und -trendanalysen bilden die Grundlage waldbaulicher, waldschutzfachlicher, forsttechnischer, ertragskundlicher und letztendlich betriebswirtschaftlicher Entscheidungen. In dem Zusammenhang entstehen Unsicherheiten z.B. durch (1) kurze, unter- und abgebrochene Klimazeitreihen, (2) die begrenzte Verfügbarkeit von Punktinformationen an Klimamessstationen und deren notwendige Regionalisierung für Kartenprodukte, (3) die Eignung einzelner Klimaparameter für die jeweils konkrete forstliche Fragestellung sowie durch (4) die Vielfalt an Emissionsszenarien, daraus abgeleiteten Klimaprojektionen und den Fokus auf sehr unterschiedliche zukünftige Planungszeiträume (vgl. Bolte et al. 2008, Bundesregierung 2008, Frischbier und Profft 2008, Gömann et al. 2015). Moderne Niederschlagsradar- und Blitzortungsdaten bereichern heute ganz aktuell den Fundus verfügbarer Klimainformationen. Dadurch entstehen neue ergänzende Klimazeitreihen, die flächig statt punktbezogen vorliegen – also keiner Regionalisierungstechnik bedürfen. Ob daraus geeignete Klimaparameter für forstliche Fragen hervorgehen, gilt es rechtzeitig zu prüfen und womöglich die bereitstellende Institution zur Produktion dieses Climate Data Services für den Forstsektor zu bewegen.
Besonders Witterungsextreme, wie Frost, Hitze, Dürre, Starkregen, Hagel und Sturm, sind bisher kaum in forstlichen Planungen integriert. Zu den wenigen Ausnahmen zählen die Beachtung der Winterhärtezonen bei der Baumartenwahl (Bannister und Neuner 2001) und waldbauliche Schlussfolgerungen aus Post-Sturmanalysen (Clasen et al. 2008, Albrecht 2009). Für eine umfassende Berücksichtigung von Klimaextremen mangelt es häufig noch an ausreichend langen Beobachtungszeitreihen mit guter räumlicher Abdeckung, sowie an der akzeptablen Modellierung der Extreme in Klimaprojektionen. Für sommerliche Unwetter im Zeitraum von April bis September (sog. atmosphärische Feuchtkonvektion, Abb. 1) liefern Radar- und Blitzklimatologien möglicherweise flächendeckende Ansätze zur retrospektiven Auswertung und Synthese im Forst.
Produkte
Niederschlagsradar
Vom Deutschen Wetterdienst (DWD) werden seit 2001 flächendeckende, räumlich und zeitlich hoch aufgelöste quantitative Niederschlagsradardaten im Echtzeitbetrieb für Deutschland erhoben. Dafür betreibt der DWD ein Netzwerk aus 17 in der Bundesrepublik verteilten Radar-systemen (Brendel et al. 2014, Winterrath und Krings 2014, DWD 2015), die elektromagnetische Impulse bis zu 150 km Reichweite aussenden und anschließend deren Reflektion an Niederschlagsgebieten in der Atmosphäre detektieren und interpretieren. Das Routineverfahren RADOLAN (Radar-Online-Anreicherung, Winterrath et al. 2017) z.B. liefert dabei durch die Kombination mit herkömmlichen Niederschlagsstationen als bestmögliches Produkt ein Deutschlandkomposit mit stündlichen Niederschlagshöhen in einer Intensitätsauflösung von 0,1 mm und einer räumlichen Auflösung von 1 km², welches im Echtzeitbetrieb innerhalb von 30 Minuten verfügbar ist (DWD 2015). Der Begriff "Komposit" weist darauf hin, dass ursprüngliche Radarbeobachtungsdaten bereits anwenderorientiert aggregiert sind und in einen geographischen Kontext gestellt wurden. Weitere flächenscharfe Summenbildungen, Durchschnittswertberechnungen etc. sind – im begrenzten Umfang der vorliegenden Zeitreihe – möglich, so dass beispielsweise diverse Karten zur Niederschlagsverteilung während ausgewählter Messperioden oder einzelner Wetterereignisse angeboten werden können (vgl. VDI 2014, Kronenberg und Bernhofer 2015, Winterrath et al. 2017). Langfristig verbessert und erweitert das Niederschlagsradar die stationsgebundenen Niederschlagsmessungen und ersetzt die sonst nachträglich noch notwendige Datenregionalisierung für flächenhafte Darstellungen. Das Niederschlagsradar ist allerdings noch in einer anhaltenden Phase der Erprobung und Weiterentwicklung und selbst beim DWD auch Objekt aktueller Forschung (siehe Winterrath et al. 2017).
Blitzortung
Blitze entstehen durch elektrostatische Aufladung innerhalb einer Gewitterwolke (Cumulo nimbus). Jede Blitzentladung erzeugt ein elektromagnetisches Feld, das sich wellenförmig mit nahezu Lichtgeschwindigkeit vom Entstehungsort in alle Richtungen ausbreitet (Brendel et al. 2014). Über das Time-Of-Arrival-Prinzip und Kreuzpeilungen an verschiedenen Antennen-standorten werden Blitzentladungen anschließend mit bis zu 200 m Genauigkeit geortet. Voraussetzung hierfür sind zeitlich hochgenau synchronisierte Empfänger per Satelliten (Siemens 2015). Neben Zeit und Ort werden auch Blitzart, Polarität und Stromstärke ermittelt. Hierfür dient ein europaweites Messnetz (EUCLID, European Cooperation for Lightning Detection) aus 148 Stationen. Die Zeitreihe gesammelter Blitzdaten von 1992 bis heute und kundenorientierte Produkte daraus können über den Blitz Informationsdienst von Siemens (BLIDS) bezogen werden.
Abgeleitete Unwetter- bzw. Konvektions-Produkte
Liefern Niederschlagsradar und Blitzortung eigentlich nur räumlich hochaufgelöste Sequenzen, so erfordert die Ableitung von sommerlichen Unwettern aus diesen Beobachtungsdaten zusätzliche Arbeitsschritte. Schließlich kann nicht aus jeder detektierten Niederschlagszelle oder Blitz-entladung automatisch und vorbehaltlos auf ein Unwetter geschlossen werden. Die sog. atmosphärische Feuchtkonvektion entsteht aus der Kombination von hohem Wasserdampfgehalt, einem Hebungsantrieb (z.B. durch Einstrahlung, Orografie oder Oberflächenrauhigkeits-unterschiede) und überadiabatischen, negativen, vertikalen Temperaturgradienten in der Atmosphäre (sog. Labilität) in Verbindung mit vertikaler Windscherung. Es kommt zur Ausbildung von Einzel-, Multi- oder Superzellen, die z.T. stundenlang stabil bleiben können und über die Erdoberfläche ziehen. Als Folge daraus treten Starkregen, Blitzschlag, Hagel und lokale Sturmböen auf (Brendel et al. 2014).
Mit Hilfe eines Zellverfolgungsalgorithmus sind für den Freistaat Thüringen im Rahmen eines Projektes zwischen Thüringer Klimaagentur am TLUBN in Jena und Goethe-Universität Frankfurt a. Main in Kooperation mit dem DWD Niederschlags- und Blitzsequenzen für das Sommerhalbjahr (April-September) aus dem Zeitraum 2004-2015 zusammengefasst wurden (Brendel et al. 2014), um GIS-Produkte mit räumlicher Auflösung von 1 km² abzuleiten, die retrospektiv sehr wahrscheinlich eine klimatologische Aussage über sommerliche Unwetterpotentiale erlauben:
- Anzahl an Starkniederschlagszellen mit ≥ 20 mm h-1 (n a-1 km-2),
- mittlere Niederschlagsintensität je Starkniederschlagszelle (mm h-1),
- Sturzflutpotential bzw. stationärer Starkregen, Quotient aus Niederschlagsintensität und Zuggeschwindigkeit (mm km-1),
- Blitzschlaghäufigkeit (n a-1 km-2),
- Hagelpotential, nach komplexer Methode (vgl. Brendel et al. 2014) (n a-1 km-2).
Regional differenziert ließen sich für das Sommerhalbjahr für Thüringen im mehrjährigen Überblick zwischen 2004-2015 (leider ohne 2011 wegen Umbau der Radarstation Neuhaus) 0,8 bis 7,4 fünfminutige Starkniederschlagsereignisse pro Jahr und Quadratkilometer nachweisen (vgl. Tab. 1). Dabei beträgt die durchschnittliche 5min. Niederschlagsintensität im Mittel etwa 42 mm h-1, maximal sogar 73 mm h-1. Zudem sind pro Jahr und Quadratkilometer bis zu 1,3 Hagelereignisse zu erwarten. Die mittlere Blitzdichte in Thüringen liegt bei 2 Wolke-Erde Blitzen pro Jahr und Quadratkilometer, je nach Region in Thüringen schwankte dieser Durchschnittswert aber zwischen 0,5 bis 4,4 Blitzen a-1 km-2. Schwerpunkte sommerlicher Feuchtkonvektion zeigten sich in Süd-Ost-Thüringen im Vogtland und Frankenwald im Lee der Thüringer Gebirge (Abb. 2).
Mögliche Anwendungen im Forstbetrieb
Neben der Substitution herkömmlich produzierter Niederschlagskarten durch Radarkomposite sind einige neuartige Nutzungen der dargestellten Daten im Forstbetrieb denkbar. Langjährige Auswertungen zur Gefährdung durch Hagelschlag könnten beispielsweise die Auswahl geeigneter Standorte für Baumschulneuanlagen oder Pflanzkampe im Revier beeinflussen. Besonders hagel-exponierte Regionen erfordern aufgrund direkter mechanischer Schädigungen empfindlicher Baumarten und baumartspezifischer Prädispositionen für sekundäre Pilzinfektionen (vgl. Altenkirch et al. 2002, Perny 2007, Langer et al. 2011) eventuell intensive waldschutzfachliche Beurteilungen und vom allgemeinen Standard abweichende Baumarten- und Waldstrukturierungsempfehlungen (Schwerdtfeger 1970). Notwendigkeit und Grad der Versicherung von forstlichen Dienst- und Wirtschaftsgebäuden gegen Elementarschäden durch Naturkatastrophen können auf Basis der vorgestellten Informationen räumlich differenziert entschieden werden (vgl. hierzu auch www.kompass-naturgefahren.de des GDV). Ähnliches gilt für die Gefährdung des Tourismus im Wald inklusive erforderlicher Verkehrssicherungsmaßnahmen, -intensitäten und entsprechende Wiederkehrintervalle. Räumliche Informationen zu Starkregenanzahl und -intensität bieten Ansätze, um Gefährdungen durch Erosion, Hangrutschungen, Überschwemmungen etc. zu konkretisieren und im Kontext mit der Geländesituation vor Ort individuell zu bewerten.
Die folgenden Abbildungen (2.1 bis 2.6) stellen GIS-Produkte zur sommerlichen Konvektion in Thüringen 2004-2015 und (unten rechts) das summarische sommerliche Schadholz im selben Zeitraum (für die Darstellung: „ x 100“ je ha Holzboden im Wuchsbezirk) dar.
Zuletzt ist allen diesen potentiellen Ansätzen gemein, dass kausale Zusammenhänge zwischen bereitgestellter Klimainformation und möglicher Auswirkung im Forstsektor erst einmal aufgedeckt werden müssen. Schwierigkeiten bereitet es zudem, die Vielfalt vorliegender Klima-datenprodukte zielgerichtet zu kombinieren und zu gewichten. Dieses allgemeine Problem vieler Studien wird heute mit dem Begriff der Klimawirkungsanalyse beschrieben.
Sommersturmholz
Auswertungen nach den Stürmen "Vivien, Wiebke, Lothar und Kyrill" haben zur Klärung von Schadursachen aus dem Komplex Gelände-Standort-Baumart-Waldstruktur-und-Waldbehandlung für den klassischen Fall des Wintersturmes beigetragen (z.B. Schütz et al. 2006, Clasen et al. 2008). Die Abb. 3 verdeutlicht aber für den Fall des Gesamtwaldes im Bundesland Thüringen, dass in der 25-jährigen Zeitreihe des Thüringer Waldschutzmeldewesen immerhin im Durchschnitt knapp 25 % des jährlichen Wurf- und Bruchholzes aus den Sommermonaten Mai bis September stammen. Im langjährigen Durchschnitt verursachten sommerliche Unwetter unplanmäßige Nutzungen in der Höhe von etwa 1 % - in extremen Jahren (1997) auch 14 % - der gesamten regulären Holznutzung in Thüringen. Multipliziert man den mittleren Sommer-Schadholzanfall dieser Zeitreihe von im Mittel 36,6 Tsd. Fm a-1 mit einem durchschnittlichen Holzpreis von 75 € Fm-1, so sind in Thüringen ca. 2,75 Mio. € a-1 Umsatz aus Holzerlösen unmittelbar verknüpft mit Unwetterschadereignissen im Sommerhalbjahr.
Im Gegensatz zu Winterstürmen sind bei Sommerereignissen möglicherweise andere regionale Schadschwerpunkte zu beklagen (vgl. Abb. 2). Sehr wahrscheinlich gelten aber auch ab-weichende Wirkmechanismen, z.B. bei Bäumen im belaubten Zustand oder bei frostfreien, nieder-schlagsdurchweichten Böden. Ein tieferer Blick in das Waldschutzmeldewesen deckt beispiels-weise für 2010-2015 auf, dass Laubholz - im Gegensatz zum Winterhalbjahr (5,5 %) - im Sommer-halbjahr 10,7 % des Schadholzes ausmacht. Dabei dominieren Rotbuche und Ahorn-Arten.
Wegen mehrmals veränderter Forstamts- und Revierstrukturen können die registrierten Schadholzmengen in 2004-2015 nur auf die robuste, großräumige Flächeneinheit des Wuchsbezirkes normiert werden. Für die insgesamt auswertbaren 42 Wuchsbezirke in Thüringen waren zwischen Mai und September im Durchschnitt zwar nur 0,09 Fm ha-1 a-1 Schadholz zu beklagen, maximal sind jedoch bis zu 4,5 Fm ha-1 a-1 über den gesamten Wuchsbezirk hinweg in Extremjahren gemeldet worden (11.5. "Südthüringisch-Oberfränkisches Trias-Hügelland, Bruchschollenland" in 2005, 2.8 "Nordthüringisches Trias-Hügelland, Südliches Harzvorland" in 2015).
Für eine erfolgreiche statistische Analyse nach räumlichen und zeitlichen Zusammenhängen zwischen GIS-Produkten der sommerlichen Konvektion und dem sommerlichen Schadholzaufkommen waren beide Grundinformationen jedoch zu grob. Während bei großräumigen Wuchsbezirksbetrachtungen lokale Schadmengenspitzenwerte aus Extremereignissen verwischen, bieten die GIS-Produkte bisher nur mittlere Werte über längere Betrachtungszeiträume. Dagegen sind Extreme im Detail meist sehr kurzfristig und besonders intensiv sowie kleinräumig (Abb. 4). Wie erwartet, waren Korrelationsanalysen und varianzanalytische Modelle daher nicht signifikant. Für GIS-Produkte zur sommerlichen Konvektion und die dazu kongruenten Waldschutzmeldedaten besteht also noch Handlungsbedarf. Eine klare Beziehung zwischen Schwerpunktregionen sommerlicher Unwetter und den zeitgleich gemeldeten Schadholzmengen besteht nicht und lässt sich daher auch noch nicht für Anpassungsstrategien in Thüringen verallgemeinern.
Klimawandelangepasstes Waldwegenetz
Als besonderes Projekt im Zusammenhang mit Niederschlagsradar- und Blitzdaten hat sich das FFK Gotha von ThüringenForst-AöR gemeinsam mit der Thüringer Klimaagentur am TLUBN in Jena 2014-2015 mit möglichen Auswirkungen sommerlicher Unwetter auf das Waldwegenetz befasst. Den Anstoß hierfür liefert § 25 ThürWaldG, in dem für den Bau und die Unterhaltung von Waldwegen und sonstigen baulichen Anlagen die Berücksichtigung vorherrschender Gegebenheiten eingefordert wird. Damit verbunden ist der Auftrag aus dem Thüringer Klima- und Anpassungsprogramm (TMLNU 2009) für die Wald- und Forstwirtschaft, „räumlich differenzierte Risikoanalysen […] in Thüringen mit Hilfe der Klimaforschung“ durchzuführen (S. 39). Forstliche Erschließungs- und Waldwegesysteme sind durch den Klimawandel verwundbar, sog. vulnerabel. Für erdgebundene Wege, Grabensysteme, Brücken, Durchlässe usw. ergeben sich besondere Gefahren aus zunehmenden Starkregenereignissen, aus Erosionen und Hangrutschungen sowie aus Überschwemmungen und Oberbodendurchfeuchtungen. Ein Zusammenhang zwischen globalen Rekordniederschlägen und dem anthropogenen Klimawandel ist inzwischen belegt (Lehmann et al. 2015) und auch für Europa quantifiziert (Zunahme um ca. 30 % zwischen 1901 und 2010). Besonders exponiert sind bei solchen Nassereignissen das reliefbetonte Gelände, Unterhänge, Kerbtäler usw. sowie Anlagen in Bach- oder Flussnähe, im Grenzbereich zu Quellbereichen, zu Moor-, Retentions- und Feuchtflächen.
Der Einfluss (sog. Impact) von niederschlagsreichen Unwettern auf das Waldwegenetz kann erheblich sein (Abb. 5). Die Gewährleistung der Rundholzlogistik und des normalen Forst-betriebes, wie Maschinen- und Unternehmereinsatz, Revierdienst, Zuwegung für Wald- und Forst-schutzkontrollen, ist mitunter längerfristig beeinträchtigt. Daneben verursachten beispielsweise die Hochwässer 2013 nach Starkregenereignissen Schäden an Waldwegen und Ingenieurbauten im Wald bei ThüringenForst-AöR in Höhe von ca. 2-3 Mio. € (vgl. ThüringenForst-AöR 2014). Die Schadenssumme der Hochwässer 2013 an wasserbaulichen Anlagen, Verkehrswegen etc. des Landes Thüringen insgesamt beträgt laut TLUG (2013) ca. 15 Mio. €. In der Niedersächsischen Harzregion sorgte ein Tief mit Dauerregen im Juli 2017 für Schäden i.H.v. 650.000 € an Wegen und Bauwerken im Landeswald, 750.000 € an Wald- und Wanderwegen im Nationalpark Harz und rund 500.000 € im Stadtforst Goslar (Sohns 2018).
Das Risiko witterungsinduzierter Beeinträchtigungen des Waldwegesystems wird laut Risikokatalog von ThüringenForst-AöR mit ca. 400.000-500.000 € pro Jahr, einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit und erheblichen Auswirkungen inklusive Imageschäden bewertet (ThüringenForst-AöR 2014 und unveröff. 2018). 2015 waren etwa 4,8 Mio. lfm Waldwege im Landeswald erfasst (11,6 Mio. lfm im Gesamtwald), weitere 670 Tausend lfm Wege sind geplant (2,6 Mio. lfm im Gesamtwald). Im digitalen Wegeinformationssystem von ThüringenForst waren außerdem insgesamt 255 Brücken, 13.472 Durchlässe und 61 Tunnel, Unterführungen und Durchfahrten (davon im Landeswald 159 bzw. 7.354 und 36) registriert und kartiert. ThüringenForst-AöR investiert jährlich etwa 7,7 Mio. € in die Wegeunterhaltung und den ökologischen Waldwegebau (ThüringenForst-AöR 2015). Das forstliche Waldwegenetz übernimmt zusätzlich Funktionen als Wander-, Rad-, Reit- und Skiwegenetz, für die Zuwegung des Katastrophen- und Rettungsdienstes, insbesondere hinsichtlich Erreichbarkeit und Gewährleistung des Rettungspunktesystems Forst und für den Waldbrandschutz.
Aus diesen Gründen wurden schon 2015 die abgeleiteten GIS-Produkte (vgl. Abgeleitete Unwetter- bzw. Konvektions-Produkte) aufbereitet und zu einer rückblickenden Gesamteinschätzung der regionalen Sommerunwettergefährdung zwischen 2004 und 2010 kombiniert und nachträglich um die Erfahrungswerte aus den Unwettern im Mai und Juni 2013 (TLUG 2013) ergänzt. Auf dieser Datenbasis könnten regionale Anpassungen erfolgen, z.B. hinsichtlich:
- Art und Dimensionierung von wegebegleitenden Entwässerungsanlagen und Wasserbauten,
- Intensität und Turnus von Anlagenprüfungen und Verkehrssicherung,
- Ort und Art der Hang- und Straßenbefestigung und des Wegeneubaus sowie
- Wegeaufgabe und -rückbau.
Beabsichtigt ist momentan, dass die Investitionsmittel bei ThüringenForst-AöR zur Wegeinstandsetzung und -unterhaltung zukünftig auf Basis retrospektiver Analysen zu Schadensmeldungen und Unwetterpotential regional unterschiedlich verteilt und verwendet werden. Das Projekt ist bisher noch nicht abgeschlossen. Im ersten Durchlauf wurden die Thüringer Forstämter Gehren, Neuhaus, Sonneberg und Saalfeld-Rudolstadt als „hochgefährdet/Stufe 4 von 5“ bewertet, „gering gefährdet/Stufe 2 von 5“ waren lediglich die Forstämter im Nordwesten des Freistaates (FFK 2015).
Schlussfolgerungen und Ausblick
Niederschlagsradar-, Blitzortungsdaten und daraus abgeleitete GIS-Produkte bieten sich für die Kartendarstellung rückblickender Niederschlagsverteilungen und extremer Ereignisse mit Feuchtkonvektion an. Die Zeitreihen dazu sind noch kurz, sie werden aber täglich länger. Einige Anwendungen für den Forstbetrieb sind denkbar, für sommerliche Starkregenereignisse und Waldwegeschäden wird eine praktikable Anwendung vorgestellt (vgl. auch Frischbier und Heyner 2016a). Dagegen gibt es noch Analyseschwächen bei der Ableitung von Sommerschadholzmengen anhand der GIS-Produkte zu Unwettern (vgl. Frischbier und Heyner 2016b). Dazu ist weitere Forschung notwendig.
Das Messnetz zur Blitzortung ist seit über 25 Jahren aktiv und robust. Das Niederschlagsradar liefert seit 2001 Daten. Es unterliegt jedoch Modifikationen, z.B. hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung des Analysegebietes unter Einbindung weiterer ausländischer Radarstandorte, zu radarseitigen Defiziten und Kompositroutinen sowie hinsichtlich der prinzipiellen Radartechnologie (Stichwort: Forschungsradar Hohenpeißenberg, DWD 2015). Insbesondere die automatisierte Fehlerkorrektur (sog. Nachprozessierung) der Radarinformationen wurde zuletzt intensiv betrieben, um z.B. systematische Fehler im Nachbereich der Radaranlagen, systemimmanente Probleme wie Überschneidungen, Radarringe, Speichen oder Clutter zu beseitigen sowie die Entfernungs-, Winkel- und Höhenkorrektur zu verbessern. Inzwischen hat der Deutsche Wetterdienst seine Bereitstellung von Radardaten nochmals grundlegend überarbeitet (Winterrath et al. 2017). Er bietet nun – auch rückblickend aufbereitet – ein neues Produkt an (sog. YW). Die Thüringer Klimaagentur nimmt dieses Angebot zum Anlass, um in Kürze neue GIS-Produkte auf dieser Basis für den Zeitraum 2001-2017 zu rechnen und anschließend kontinuierlich zu aktualisieren. Im Nachgang dazu können die forstlichen Anwendungen bei Bedarf angepasst werden, was sich hinsichtlich der verbesserten Methode und der längeren Zeitreihe positiv auswirken sollte.