Hier möchten wir die drastischste Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel beleuchten – den Wechsel der Baumart zu einer nichtheimischen Baumart, einer sogenannten Alternativbaumart.

In der Reihung von Handlungsoptionen ziehen wir nun den Umbau mit Alternativbaumarten der genetischen Anpassung vor. Die Ursache liegt in dem derzeit fertiggestellten Projekt "BeNi in M-V", welches aktuelle Ergebniss aus Mecklenburg-Vorpommern zu dem Thema liefert (siehe Kasten unten).

Drastische Maßnahme mit Risiken und Chancen

Bevor wir nun darlegen, warum der Baumartenwechsel zu nichtheimischen Arten eine solch drastische Handlungsoption ist, möchten wir uns zuerst mit dem Begriff nichtheimische Baumarten auseinandersetzen, denn dieser ist keinesfalls fest definiert.

Benennt man die Arten: Europäische Lärche, Weißtanne, Zerreiche, Douglasie, Robinie, Esskastanie, Rosskastanie, Baumhasel wird schnell deutlich, dass manche der Baumarten mehr oder weniger fremd bzw. nicht heimisch erscheinen. Es besteht die Möglichkeit, die Definition an der Landesgrenze fest zu machen oder an der Arealgrenze, wobei keinesfalls für alle Arten Arealgrenzen definiert sind. Des Weiteren gibt es die Unterscheidung in Archäophyten und Neophyten – also Arten, die vor dem Jahr 1492 eingewandert sind bzw. danach. Besonders die Archäophyten gelten für uns kaum noch als nichtheimisch, z. B. Rosskastanie, Walnuss, aber auch Esskastanie. Sie sind meist so lange schon Teil unseres Ökosystems, dass man ihnen eine Einwanderung auch natürlicherweise zutrauen würde. Bei den Neophyten wird der Begriff der nichtheimischen Art schon offensichtlicher. Douglasie, Roteiche und Robinie sind in vielen Teilen Deutschlands schon verbreiteter, zählen aber in diese Gruppe. Tulpenbaum, Westamerikanische Hemlocktanne und Riesenlebensbaum sind auch schon weit über 100 Jahre in Deutschland vertreten, haben sich in vielen Teilen jedoch noch nicht etablieren können.

Und hier kommen wir zur Diskussion des drastischen Eingriffs – die Etablierung bzw. der Transfer einer Baumart von einer Region in eine andere. Ist er möglich und sinnvoll im Sinne a) der standörtlichen Eignung, aber auch b) im Sinne der Eingliederung in das heimische Waldökosystem?

Besonders wir Förster*innen stellen häufig die Frage der standörtlichen Eignung – sind Boden und Klima für eine Baumart geeignet oder fällt sie aus bzw. unterliegt sie der heimischen Vegetation? Ökonomisch können dadurch für den Betrieb hohe Kosten entstehen. Entweder muss man die Kultur neu begründen oder es folgt eine jahrelange, kostenintensive Pflege der Kultur: "Man möchte die teuren Pflanzen ja nicht aufgeben!"

Das zweite Risiko ist sowohl ökonomisch, aber insbesondere ökologisch deutlich größer – die Einbindung ins heimische Ökosystem schlägt fehl. Im Wesentlichen kommt es dazu, wenn die nichtheimische Baumart heimische Arten ausschließt. Die Art dient nicht als Lebensraum wie es heimische Arten getan hätten. In dem Kontext wird die Roteiche z. B. kontrovers diskutiert. Heimische Eichenarten besitzen zumeist eine höhere Faunendiversität als die Roteiche. Des Weiteren könnte die neue Art auch heimische Arten aus ihrem ursprünglichen Lebensraum verdrängen. Die Spätblühende Traubenkirsche ist hierfür ein Beispiel. Solche Arten werden dann als invasive Arten eingruppiert.

Zwei Punkte, die in der Empfehlung einer Alternativbaumart immer eine Rolle spielen müssen. Auf der anderen Seite sind es aber gerade die zwei Punkte, die diesen Arten zum Vorteil gereichen können. Der Standort ist mittlerweile eine wandelbare Größe, nur deshalb ist die Diskussion um Alternativbaumarten derzeit so aktuell. Viele der Baumarten, die derzeit zur Diskussion stehen, sind schon in ihren heutigen Verbreitungsgebieten dem Klima ausgesetzt, welches Mecklenburg-Vorpommern in 100 Jahren haben wird. Teilweise nutzen die Baumarten die Standortsausstattung auch deutlich besser als unsere heimischen Arten. Neuere Ergebnisse können so z. B. die Wuchsüberlegenheit der Douglasie zu unseren heimischen Nadelhölzern erklären.

Letztlich besteht die Frage, wie gut kann man die oben genannten Punkte für sich – regional – beantworten. Für Alternativbaumarten gibt es schon sehr gute Sammelwerke, die verschiedene Aspekte der Anbauempfehlung (Standort, Waldbau, Naturschutz etc.) zusammenfassen. Ob diese wirklich auch die nordostdeutschen Verhältnisse treffen, bleibt jedoch meistens offen.

Ergebnisse aus M-V

Das "BeNi in M-V"-Projekt untersuchte daher nichtheimische Baumarten, die in M-V schon "überlebt" haben. Wir waren anfangs erstaunt über die zum Teil sehr alten Bestände, die wir im Land gefunden haben. 150-jährige Schwarzkiefern-Bestände in den Forstämtern Schildfeld, Stavenhagen und Grevesmühlen. Weißtannen und Riesenlebensbaum-Bestände, die sich schon 130 Jahre etablieren konnten, aber auch zwei Zerreichen-Bestände, die lange – 120 und 175 Jahre – unerkannt in M-V vorkamen.

Die Auswertung der waldwachstumskundlichen Kennwerte ergab gute Wuchsleistungen aller Alternativbaumarten (siehe Abb. 3). Besonders Esskastanie, Zerreiche und Robinie erzielten Oberhöhen, die mit denen der Buche der 1. Ertragsklasse (EKL) vergleichbar sind.

Auch die Vorräte zeigten ein vergleichbares bis überdurchschnittliches Niveau. Bei den Nadelhölzern waren es vor allem die Riesenlebensbäume, die uns mit ihren sehr hohen Vorräten überrascht haben. Auch die Westamerikanische Hemlocktanne erzielte mit 30 Metern im Alter 50 Jahre Höhenwuchsleistungen, wie man sie von der Fichte 0. EKL kennt. Das Wachstum der Schwarzkiefer scheint zumindest bezogen auf die Höhe und den Holzvorrat vergleichbar zur Waldkiefer zu sein. Auch hier erreichten die Bestände ein Niveau der 0. und 1. EKL der Waldkiefer.

Die gute Wuchsleistung liegt sicherlich zum Teil an der Lage der Bestände (siehe Abb. 4). 40 % der Bestände stocken auf Standorten mit mittlerer Nährstoffversorgung. 40 % der Bestände befinden sich auf kräftigen bis reichen Standorten.

Die erreichbare Wuchsleistung (Quantität) ist selbstverständlich nur eines von vielen Entscheidungskriterien, die zur Empfehlung einer Alternativbaumart führen. Hinsichtlich der Holzverwertung spielt auch noch die Qualität eine wichtige Rolle. Wir haben dazu, als ersten Richtwert, in den Beständen alle potenziellen Zukunftsbäume gekennzeichnet. Diese Größe des Wertholzpotenzials sollte uns einen Eindruck geben, ob man in einem Bestand eine ausreichende Zahl Z-Bäume erlangt.

Um die Vergleichbarkeit bei verschiedenen Bestandesaltern zu gewährleisten, wurde für Baumarten mit ausreichender Altersabdeckung ein Modell angepasst, welches die Anzahl der Z-Bäume im Alter 50 berechnet (Abb. 5). Bei der Esskastanie liegen wir bei etwa 70 Z-Bäumen im Alter 50. Bei der Robinie ergaben sich 85 Z-Bäume pro ha, wobei wir bei ihr sehr große Qualitätsunterschiede in den Beständen vorfanden. Auch die Schwarzkiefer zeigte mit 115 potenziellen Z-Bäumen sehr starke Qualitätsunterschiede. Riesenlebensbaum und Weißtanne wiesen dagegen mit 110 und 90 recht konstante Anzahlen von Z-Bäumen auf. Auch wenn das nicht überragend ist für eine Nadelbaumart mit monopodialem Wachstum.

Ergänzend zu der Auswertung muss gesagt werden, dass von den anfangs 200 Beständen in der Suchkulisse nur 86 Bestände verblieben sind. Teilweise waren manche Bestände schlecht wüchsig oder wiesen nur so geringe Mischungsanteile der Zielbaumart auf, dass eine waldwachstumskundliche Aufnahme nicht sinnvoll war. Diese potenzielle Fehlerquelle in der Wahrnehmung ist nicht zu unterschätzen! Nur die Bestände zu betrachten, die es "geschafft" haben, führt zwangsläufig zu einer positiveren Betrachtung einer Alternativbaumart. "Survivorship Bias" oder "die Lüge der Überlebenden" ist hier das Stichwort, welches die Thematik beschreibt. Die nicht mehr existenten Bestände müssten genauso in die Bewertung einer Alternativbaumart mit einbezogen werden wie die Vorzeigebestände, welche auf Exkursionen präsentiert werden.

Waldbau mit Alternativbaumarten

Drei einfache Grundpfeiler sind entscheidend für eine erfolgreiche Etablierung der Alternativbaumarten:

  1. genetisches Material
  2. angepasste Wilddichten und
  3. Mischung, Mischung, Mischung.

Die hohe Relevanz von hochwertigem Saatgut muss nochmals erwähnt werden. Beim Kauf des Saatgutes muss man sich immer wieder vor Augen führen, dass viele der Alternativbaumarten auch beliebte Stadtbäume (Robinie, Baumhasel, Platane etc.) sind. Die Verlockung dieses Material weiterzutragen, scheint groß und führt teilweise zu allzu offensichtlichem Scheitern solcher Kulturen. Über die Wilddichten möchten wir an der Stelle nur sagen, dass viele der Alternativbaumarten eine ausgesprochene Delikatesse für unsere Wildarten darstellen – "Für die Reh, dann gern auch etwas länger unterwegs ist!"

Das Thema Mischung hat für die Alternativbaumarten eine besondere Relevanz. Durch die innige Mischung der Alternativbaumarten mit heimischen Baumarten wird es möglich, ein hohes Ausfallrisiko zu minimieren und die Arten in heimische Lebensgemeinschaften zu integrieren. Das Forstliche Versuchswesen in M-V hat 2021 daher, ebenfalls im Rahmen der Landesinitiative, zusammen mit den Forstämtern Karbow und Schuenhagen neue Flächen mit nichtheimischen Baumarten begründet. Ziel ist es, Mischungen und Anwuchsverhalten zu beobachten.

Fazit

Generell bieten die nichtheimischen Baumarten eine Chance im Klimawandel. Es existieren jedoch noch Wissenslücken bezüglich Standortsansprüchen und Herkunftsempfehlungen, die in den kommenden Jahren gefüllt werden müssen. Um diese Phase möglichst zu verkürzen, müssen verschiedene Methoden der Wissensgewinnung genutzt werden.

Ein Teil dieses Prozesses wird sein, die aufgenommenen Flächen weiter zu beobachten. 26 der Flächen sind nun langfristig markiert und werden im 5-Jahres-Turnus vom Forstlichen Versuchswesen aufgenommen (Abb. 1). Des Weiteren werden wir die genetische Ausstattung der existierenden Bestände untersuchen und testen, ob sie als potenzielle Saatgutbestände infrage kommen. Dazu läuft gerade eine Untersuchung in den zwölf Esskastanien-Beständen. In dem Projekt EVA werden wir versuchen, für einen Teil der Baumarten die passenden Standorte im Land zu finden. Dies erfolgt durch die Analyse von nationalen Inventurdaten.

Ziel sollte es aber auch sein, im kleineren Umfang die Alternativbaumarten im Land zu testen. Hier kommen die örtlichen Bewirtschafter*innen ins Spiel. Ein Prozess, der teilweise schon im Gang ist – sonst hätten wir unsere 86 Untersuchungsbestände nicht gefunden. Um der Lüge der Überlebenden zu entgehen, ist es jedoch essenziell, dass solche Informationen über Baumart, Herkunft und Entwicklung gut und vor allem langfristig dokumentiert werden. Nur dann können wir die Daten und Erfahrungen der Bewirtschafter*innen zusammenbringen, um auch Anbauten im größeren Umfang zu rechtfertigen. Ein Vorhaben, welches wir mit dem neuen Bestockungszieltypen-Erlass gerade versuchen umzusetzen.

Denn ein Punkt schwebt drohend stets im Hintergrund dieser recht interessanten Untersuchungen zu nichtheimischen Arten – im schlimmsten Fall steigen die Temperaturen so dramatisch an, dass die Alternativbaumarten die heimischen Baumarten im größeren Umfang ersetzen müssen.

"BeNi in M-V" – Waldwachstumskundliche Untersuchungen von bestehenden nichtheimischen Baumarten in M-V: Das 1-Jahres-Projekt wurde finanziert von der Landesinitiative "Unser Wald in M-V" und bestand in einer Kooperation des Forstlichen Versuchswesens der Landesforst MV und der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt. Es hatte zum Ziel, für zwölf nichtheimische Baumarten in M-V erste waldwachstumskundliche Kennwerte zu ermitteln. Dafür wurden rund 200 Bestände im Land besichtigt, um nach potenziellen Versuchsflächen zu suchen. Auswahlkriterium waren die Bestandesgröße und dessen Struktur. Letztlich wurden 86 Bestände als geeignet eingestuft und im Winter 2021/ 2022 einmalig aufgenommen. Eine Auswahl von 26 dieser Bestände wurde im Sommer 2022 langfristig nummeriert, um in den kommenden Jahrzehnten weitere waldwachstumskundliche Aufnahmen durchzuführen (siehe Abb. 1).