Die Pflicht, spezifische Maßnahmen zu ergreifen, sollte an das jeweilige Waldbrandrisiko geknüpft sein. Ein effektives und effizientes Waldbrandmanagement braucht einheitliche Kriterien sowie darauf aufbauend sachgerecht räumlich verortete und wirksame Instrumente. Wichtige Grundlage in der Entwicklung entsprechender Verfahren können dabei öffentlich bereitgestellte Waldbrandmanagement-Karten sein.
Suche nach praktikablen Lösungen
Beide Aspekte, Risikobewertung und Präventivmaßnahmen, werden in der Forstpraxis seit Jahrzehnten und regional sehr unterschiedlich diskutiert.
Das durch den Waldklimafonds finanzierte Projekt "Modellregion Waldbrand Hardtwald" in der nördlichen Rheinebene in Baden-Württemberg hat nach realisierbaren Praxislösungen gesucht. Eine der zentralen Fragestellungen: Welche Informationen können bei der Definition von Risikoflächen herangezogen werden?
Schadpotenzial im Fokus
Die Intensität und Ausbreitung von Waldbränden unterscheidet sich abhängig von der Bestockung erheblich. Grundsätzlich gilt aber: bei einer langen Phase der Austrocknung ist jeder Wald brennbar! Theoretisch müssten also im gesamten Wald risikobehaftete Flächen und risikomindernde Maßnahmen ausgewiesen werden. Die Leistbarkeit eines solchen Verfahrens ist nicht zuletzt in Bezug auf knappe und knapper werdende Personalressourcen jedoch stark anzuzweifeln.
In der Modellregion Hardtwald wurde daher das Ausmaß potenzieller Schadfolgen als Bewertungskriterium in den Fokus gerückt. Dieser Ansatz verknüpft Bevölkerungs- und Katastrophenschutz mit dem Schutz des Waldes. Es entsteht eine klare Wertehierarchie:
- Priorität 1: Leib und Leben
- Priorität 2: Wichtige und gefährdete Infrastrukturen
- Priorität 3: Besondere Kultur- und Naturgüter sowie ökologisch besonders hochwertige Waldflächen
- Priorität 4: Waldflächen ohne besondere Merkmale
Diese Priorisierung deckt sich in der Regel auch mit den monetären Dimensionen potenzieller Schäden, die außerhalb des Waldes meist deutlich größer sind als im Wald.
Natürliche Risikofaktoren
Die Risikoeinstufung für die Bestockung folgte vereinfacht der Regel, Flächen mit hohen Nadelholzanteilen und mit einem hohen Anteil von feinem Brennmaterial als besonders gefährdet zu betrachten. Letzteres kann regelmäßig für junge und damit niedrige Bestände angenommen werden. Grundsätzlich kann diese Einstufung im Rahmen einer örtlichen Begehung vorgenommen werden, was jedoch mit einem relevanten Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Die Bemühungen im Projekt "Modellregion Waldbrand Hardtwald" richteten sich darauf, eine größtmöglich automatisierte Vorselektion mittels vorhandener öffentlicher und kostenfreier Daten zu erreichen.
Gefahrenschwerpunkte ermitteln
Für die Analyse der Brandeigenschaften mit Methoden der Fernerkundung wurde in einem ersten Schritt eine Einstufung in drei Baumartenmischungsklassen (BMK) vorgenommen:
- BMK 1 > 80% Nadelholz
- BMK 2 Mischbestände
- BMK 3 > 80% Laubholz
Anschließend wurde eine Waldhöhenstrukturkartierung herangezogen, aus der die Baumhöhen der Bestände abgeleitet werden konnten. Durch Verschneidung beider Informationen, Baumartenmischung und Baumhöhen, wurden Flächen mit einer Verdichtung von niedrigen Nadelhölzern identifiziert.
Schützenswerte Objekte definieren
In einer zweiten Phase der Priorisierung wurden schützenswerte Flächen und Objekte ermittelt. Datengrundlage war die kostenfrei zugängliche Geodatenbank OpenStreetMap. Da in diesen Bereichen eine höhere Wahrscheinlichkeit von Personenschäden (P1) bzw. von Schäden an wichtigen Infrastrukturen (P2) zu erwarten ist, wurden folgende Einrichtungen und Flächen miteinbezogen:
- Priorität 1: Wohngebiete, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Pflegeheime
- Priorität 2: Energieversorgung, wichtige Verkehrsachsen, sonstige kritische Infrastruktur, Infrastruktur für Gefahrenstoffe
- Priorität 3: besonders schützenswerte Natur- und Kulturgüter, sonstige Infrastruktur, sonstiges Eigentum
- Priorität 4: Flächen ohne besondere Merkmale
Für alle Flächen und Objekte wurde ein Sicherheitsabstand festgelegt, innerhalb welchem Brände eine akute Gefahr darstellen würden. Mithilfe einer Verschneidung der Bestandesinformation und der Bereiche mit besonders schützenswerten Objekten wurden jeweils ein Hektar große, kachelförmige Prioritätszonen ausgewiesen. Diese beinhalteten brandgefährdete Waldstrukturen und befanden sich innerhalb eines 200-Meter-Abstandes von schützenswerten Flächen oder Objekten. Abschließend erfolgte eine punktuelle Einstufung der Priorität durch die Wertehierarchie (P1 bis P4) und die Dichte der vorhandenen brandgefährdeten Waldstrukturen.
Verschneidung verschiedener Informationen
Durch die Verschneidung von Höhenstruktur- und Baumartenmischungskarten ließen sich zum einen Flächen mit intensiverem Brandverhalten identifizieren. Für Einsatzkräfte sind solche Flächen in der Feuerbekämpfung von besonderem Interesse, da sie hier mit einem dynamischeren Brandverhalten konfrontiert sein könnten. Abbildung 2 zeigt das Aufkommen solcher Flächen in Form einer sogenannten Heatmap.
Durch die Kombination von Linien und flächigen Infrastrukturen und einer (frei wählbaren) räumlichen Pufferung ließen sich zum anderen Flächen höherer Schutzbedürftigkeit identifizieren. Abbildung 3 zeigt im abschließenden Selektionsschritt Bereiche, die prioritär für die waldbauliche Prävention in Betracht gezogen wurden. Es wird sichtbar, dass durch den gewählten Weg der Verschneidung naturaler Information und der Nutzung von Daten zu wichtigen Infrastrukturen eine erhebliche Fokussierung erreicht werden kann.
Die Kartenentwürfe wurden von Forst- und Feuerwehrleuten in Baden-Württemberg sehr positiv aufgenommen. Insbesondere die Reduktion der räumlichen Kulisse für etwaige präventive Maßnahmen wurde als wichtiger Schritt in Richtung Realisierbarkeit und Leistbarkeit bewertet - wesentliche Voraussetzung für eine spätere Umsetzung.
Von der Beta-Version zur finalen Karte
Die bisherigen Vor-Ort-Prüfungen haben gezeigt, dass sich weder die Komplexität der Natur noch die vorliegende Erfassung der Infrastrukturen vollständig abbilden lassen. Beispielsweise trifft dies für Flächen mit problematischem Zwischen- und Unterstand zu, da diese über die bisher genutzten Sentinel-Satellitendaten nicht oder nur teilweise abgebildet werden (ob auch hier Daten der Fernerkundung nutzbar sind, wird derzeit geprüft). Insofern erscheint es notwendig, zunächst ein zweistufiges Verfahren zu etablieren, bei dem zunächst eine Arbeitsversion ausgeliefert wird, die vor Ort geprüft, ergänzt und angepasst wird. Auf Basis der rückgemeldeten Daten kann dann eine endgültige Version der Waldbrandmanagementkarten erstellt werden.
Fazit
- In Hinblick auf Personalknappheit und Kostenbelastung der Forstbetriebe sollte darauf verzichtet werden, alle potenziellen "Risikoflächen" auszuweisen, ohne dass von diesen eine nennenswerte Gefahr für wichtige schützenswerte Objekte oder gar Menschen ausgeht
- Die Verschneidung von Informationen zum Waldbestand und Daten zur Gefährdung von Personen und Infrastrukturen ist ein erfolgversprechender Weg, um zu einer sinnvollen Begrenzung der Ausweisung risikobehafteter Flächen zu kommen
- Öffentlich zugängliche Informationen wie Waldbrandrisiko- und -managementkarten können die konkrete Planung von Präventionsmaßnahmen deutlich erleichtern
- Dieses Vorgehen wurde in der "Modellregion Waldbrand Hardtwald" durchgespielt, einschließlich der Verschneidung von Daten zur Informationsgewinnung
- Das Konzept einer standardisierten bundesweiten Risikoeinstufung scheint nur auf Basis allgemein zugänglicher Daten realisierbar
- Präventive Maßnahmen mit Fokus auf hochrangige Werte sowie hohe monetäre Ersatzleistungen setzen Kosten und potenzielle Brandschäden in ein effizientes Verhältnis.
Kooperationsprojekt "Waldbrand – Klima – Resilienz" (WKR)
Wald-Klima-Resilienz (WKR)