Sommer, Wald und Rauchzeichen. Offenes Feuer nimmt nicht nur in unserer Entstehungsgeschichte eine wichtige Rolle ein und ist Motor für die Grill- und Feuerofenindustrie, es ist auch der romantischen Vorstellung geschuldet, sich der Natur möglichst nah zu fühlen – mit allen möglichen Überlebenstricks, Feuermachen und Rauchen inklusive. Dafür muss man nicht gleich als Prepper gelten, also jemand, der sich auf die Katastrophe penibel vorbereitet.
In diesem Kontext meint der Fachkundige an der Menschheit zu verzweifeln, wenn nach der Ursache für Waldbrände geforscht wird. Sommerliches offenes Lagerfeuer im Wald oder Waldrandnähe, auf dem Rücken eines Berges? Achtlos weggeworfene Zigarette (immerhin etwa 15 % der Waldbrandursachen)? Feuerteufel unterwegs? Als indirekter menschlicher Einfluss zählen der Funkenflug von Zügen oder gerissene Stromleitungen.
Diese menschlich verursachten Zündquellen sind für insgesamt 85 % der Waldbrände verantwortlich. Etwa 15 % sind auf natürliche Einflüsse zurückzuführen, wobei in Österreich nur Blitzschläge relevant sind. Da in Mitteleuropa Gewitter meist mit Niederschlag einhergehen – im Unterschied zu Ländern mit dem Phänomen Trockengewitter –, sind die Gefahren für die Ausbreitung eines Waldbrandes hier mit wenigen Ausnahmen limitiert. Zwei große Unbekannte gibt es allerdings noch in der Statistik: Abbrennarbeiten und andere Ursachen. Was kann man sich darunter vorstellen?
Feuer zum richtigen Zeitpunkt
Feuer hatte in der Geschichte der Ackerbewirtschaftung große Bedeutung. Waren früher die Felder knapp, griff man zum Feuer, um aus Wäldern Boden zu gewinnen. Diese Form der Landgewinnung stellt in Europa keine Praxis mehr dar. Beim Abbrennen von Unkraut auf den Rainen, also den unbebauten Ackergrenzen, dort, wo das Vieh graste oder auch zur Erhaltung von alten Kulturflächen wie Heidelandschaften oder Feucht- und Trockengrünlandbestände, kann das kontrollierte Brennen sogar eine positive Wirkung auf die Dynamik der Arten haben. Studien aus Deutschland kommen u.a. zu diesem Schluss.
Wichtig ist allerdings der Zeitpunkt des Abbrennens, damit keine bleibenden Schäden entstehen oder sich aufgrund der Trockenheit bzw. des Windes Feuer unkontrolliert ausbreiten kann. Die Waldbrandverordnungen, die von den jeweiligen Bezirkshauptmannschaften ausgestellt werden, regeln ganz genau, ab wann und wo kein offenes Feuer, besonders in Waldnähe, gemacht werden darf – auch am eigenen Grund und Boden. Welche anderen Ursachen können sonst noch relevant sein? Laubfeuer machen, Äste verbrennen, heiße Asche entsorgen (bis zu 5 Tage eine potentielle Brandquelle), Silvesterraketen, Munitionsreste u.v.m.
Wie sich Feuer im Wald verhält
Neben der Feuchtigkeit hängt die Ausbreitung und Intensität von Waldbränden vom brennbaren Material, von der Struktur und Kontinuität der Vegetation, der Topografie und dem Wind ab. Gefährdet sind vor allem von Nadelbaumarten dominierte Wälder in steilen Südhanglagen, aber auch Bereiche an besiedelten Waldrandzonen. Im Extremfall kann die Vegetation vollständig verbrennen und die Humusschicht zerstört werden, die für Wasser- und Nährstoffversorgung verantwortlich ist.
Damit wird die Verjüngung des Waldes um Jahrzehnte verschoben bzw. die Flächen bleiben kahl und verkarsten (vgl. Schutzwald in Österreich, 2021). Damit können die Schutzwirkungen der Wälder vor Naturgefahren und Erosion nach einem intensiven Waldbrand eingeschränkt sein und erfordern kostenintensive Renaturierungsmaßnahmen bzw. teure Verbauungen. Laut Weißbuch Waldbrand werden die direkten Kosten für die Bekämpfung von Waldbränden und für notwendige Post-fire-Maßnahmen in der gesamten Alpenregion auf rund 75 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Viele, viele Würstchen und Zigaretten!
Prävention: Vegetation als Schlüssel
Abb. 2: Forststraßen, die breit genug sind, wirken als natürliche Brandschneise. Foto: Anna-Maria Walli, BFW
Ein Schlüssel dafür, wie sich ein Brand verhält, liegt in der Art der Vegetation. Niedrig hängende Zweige oder eine ausgeprägte Strauchschicht, auch junge Bäume, können als Feuerleiter vom Boden in die Krone dienen. Das Vorhandensein von Totholz, das sonst für Vielfalt im Wald steht, bedarf in Hochrisikogebieten einer genauen Betrachtung, da es Ausbreitung und Intensität von Feuer begünstigt. Interessanterweise sind auch Kahlschlagflächen hinsichtlich der Entstehungsgefahr gefährdet. Die Erklärung liegt im geringeren Feuchtigkeitsgehalt des brennbaren Materials.
Der Bau von Waldbrandriegel hat mittlerweile vor allem in Deutschland Einzug in die forstliche Praxis genommen. Damit meint man 100 bis 300 Meter breite Bereiche, wo brandhemmende Vegetation gefördert wird, damit sich Vollfeuer in leichter zu bekämpfende Bodenfeuer umwandelt. Auch Forststraßen, die breit genug sind, wirken als natürliche Brandschneise. Sie hindern das Feuer am Überspringen und können im Brandfall von Einsatzfahrzeugen benutzt werden. Dort gibt es aber wiederum eine Gefährdung durch den Menschen, Stichwort: glühende Zigaretten.
Den Zusammenhang zwischen Schneedecke und Post-fire Waldstruktur hat Michaela Teich, am Institut für Naturgefahren in Innsbruck tätig, gemeinsam mit Kolleg*innen von der Utah State University im Yosemite Nationalpark in Kalifornien erforscht. Nach einem Waldbrand ist die Schneedecke zwar durch die verbrannte Vegetation mächtiger, da die Schneeflocken nicht mehr in den Baumkronen aufgefangen werden, doch lassen intensivere Sonnenstrahlung sowie Nadeln und Rußpartikel, die von den verkohlten Kronen und Baumstämmen auf die Schneeoberfläche rieseln, sie schneller abschmelzen.
„In Altholzbeständen können Erhaltung und Management von großen, weitständigen Nadelbäumen, die die Waldbrände oft überleben und mit ihren weit ausladenden Kronen die Schneedecke beschatten, den Zeitraum der Schneeschmelze verlängern. Das dadurch länger in der Schneedecke gespeicherte Wasser dient als Reservoir für die trockenen Monate, die dem Wald sonst zu schaffen machen und Waldbrände begünstigen”, sagt die Wissenschaftlerin über ihr Projekt, das ein interessanter Ansatz auch für die Forschung in Europa sein könnte.
Waldbrand aus der Ferne
Kurz vor Projektabschluss steht ein vom Institut für Waldbau der Universität für Bodenkultur Wien und der TU Wien entwickeltes Tool, mithilfe dessen man die Strukturen der Vegetation via Satellitenbilder und Laserscandaten besser einschätzen kann. CONFIRM heißt das Werkzeug, das Fachleuten wie Behörden und Einsatzkräften zur Planung zur Verfügung steht. Beim Nachfolgeprojekt EMERGE liefert nun das BFW-Institut für Waldinventur mit Christoph Bauerhansl Daten aus der Fernerkundung, um in einer sehr hohen zeitlichen und räumlichen Auflösung die Waldbrandgefahr der Vegetation besser einschätzen zu können. Hierbei werden Luftbilder, die zu einer 3D-Punktwolke zusammengesetzt werden, und Satellitenbilder aus dem EU-Programm Copernicus verwendet.
„Bei den Luftbildern liegen wir künftig im 20 cm-Bereich. Die Satellitenbilder können etwa einmal in der Woche aktualisiert werden. Dabei geht es vor allem um die Fragen, wie viel brennbare Biomasse vorhanden ist, welche Baumarten wachsen – Schwerpunkt ist Weiß-, Schwarz- und Bergkiefer – und ob es Lücken im Bestand gibt. Sie sind für die Entstehung und Ausbreitung von Bränden relevant. Ziel ist die Ableitung von Karten, um die Gefahren einer Ausbreitung und die Brandintensität abschätzen zu können“, sagt Christoph Bauerhansl über das Kooperationsprojekt mit BOKU und TU Wien. In Zukunft wird man Brände in Echtzeit modellieren können, so der langfristige Plan.
Effizienz und Hoffnung
Bei der Bekämpfung von Feuer im Wald nimmt klassischer Weise die Feuerwehr eine Schlüsselrolle ein – oft in Kooperation mit Bundesheer und Polizei. Bei der Feuerwehr hat sich hinsichtlich Waldbrand einiges getan. So wurde in Niederösterreich der Sonderdienst Flur- und Waldbrandbekämpfung eingerichtet. Entsprechende Schulungen weisen die Einsatzkräfte in die Beurteilung des Geländes, taktische Überlegungen, spezielle Werkzeuge und Löschsysteme ein, um für den Ernstfall gerüstet zu sein. In Freistadt schult man die Feuerwehrjugend darin, Folgen des Klimawandels zu bekämpfen, worunter auch Waldbrand fällt.
Letztendlich können richtig große Waldfeuer aber selbst mit den aufwendigsten Löscheinsätzen nicht gestoppt werden. Es bleibt ein Hoffen auf günstige Wetterbedingungen und die menschliche Vernunft. „Um die ökologischen und wirtschaftlichen Kosten, die durch Waldbrände entstehen, künftig gering zu halten, sind sowohl fachliches Wissen als auch geeignete kommunikative Strategien wichtig. Mithilfe von Bewusstseinskampagnen soll klar werden, dass Waldbrand zu einem großen Teil vermeidbar ist und damit ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird“, sagt Peter Mayer, Leiter des Bundesforschungszentrums für Wald.