Diese im Zuge des Klimawandels vielfach zu erwartende Verschiebung an die Limits wird mit dem Auftreten von neuen sowie vorhandenen Schadorganismen einhergehen und darf aus Sicht des Waldschutzes nicht außer Acht gelassen werden. Neben heimischen Schadorganismen sind dabei invasive, bereits etablierte Arten und invasive Arten, die zwar in Europa, aber noch nicht in Österreich angekommen sind, relevant.

Bei Ersteren ist mit einer Zunahme von Schäden aufgrund der sich verbessernden Bedingungen für manche Schadorganismen zu rechnen, die zu den „Klimawandel-Gewinnern“ zählen. Die Auswirkungen des Klimawandels auf invasive, jedoch bereits etablierte Arten sind schwer vorhersagbar. Besonders hoch wird jedoch das Risiko bei der Einschleppung neuer invasiver Arten nach Österreich eingeschätzt. Hier ist unter dem Szenario einer fortschreitenden Klimaerwärmung mit einer Erhöhung der zu erwarteten Schäden zu rechnen.

Kiefernborkenkäfer

Zu den heimischen „Klimawandel-Gewinnern“ zählen Kiefernborkenkäfer. Die Zahlen der Dokumentation der Waldschädigungsfaktoren zeigen eine deutliche Zunahme der Schäden durch diese Arten. Der österreichweite Schadholzanfall ist zwar seit 2019 (mit dem Rekordwert von 300.000 fm) etwas rückläufig, jedoch immer noch auf einem verhältnismäßig hohen Niveau, verglichen mit den Zahlen vor dem Jahr 2017. Diese Zunahme ist vor allem auf das vermehrte Auftreten des Sechszähnigen Kiefernborkenkäfers (Ips acuminatus) zurückzuführen. Bei diesem handelt es sich um einen in Europa weit verbreiteten, aber lange als wenig bedeutend eingestuften Schadorganismus an verschiedenen Kiefern-Arten.

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts kommt es allerdings immer wieder zu Massenvermehrungen, weshalb dieser Borkenkäfer zu einem bedeutenden Schädling der Kiefer wurde (Abbildung 1). Er bevorzugt die dünne Rinde im Bereich der Krone der Weißkiefer (Pinus sylvestris) und der Schwarzkiefer (Pinus nigra), seltener die der Fichte (Picea abies). Da der Befall primär in der Krone stattfindet, ist eine Früherkennung schwierig. Bisher gemeldete Schadflächen durch den Sechszähnigen Kiefernborkenkäfer weisen auf eine notwendige Vorschwächung der Kiefern hin.

Besonders gefährdet sind Gebiete, an denen die Kiefer bereits heute aufgrund der dort herrschenden Standortfaktoren an ihren physiologischen Limits wächst. Kommen dann Trockenheit und hohe Temperaturen hinzu, werden die Kiefern anfällig für den Käferbefall. Die Käfer reagieren auf die Schwächung der Bäume, weshalb die Bedeutung des Sechszähnigen Kiefernborkenkäfers als Schädling mit dem Klimawandel zunimmt. Gegenmaßnahmen sind, wie beim Buchdrucker (Ips typographus), sanitäre Maßnahmen, und hier vor allem die rechtzeitige Entnahme von Schadholz aus dem Wald.

Diplodia-Kieferntriebsterben

Das Diplodia-Kieferntriebsterben wird vom pathogenen Pilz Diplodia sapinea verursacht. Diese Art kann verschiedene Symptome (Triebsterben, Stammkrebs, Bläue, Absterben) an einer Vielzahl von Kiefernarten verursachen. In Österreich tritt sie seit etwa 1990 als häufiger und bedeutender Krankheitserreger auf. Besonders betroffen sind Schwarzkieferbestände in Ostösterreich, aber auch zunehmend andere Regionen (Abbildung 2). Hagel-, Astungs- und Insektenwunden dienen als Eintrittspforten, sind jedoch für eine erfolgreiche Infektion nicht unbedingt erforderlich: Der Pilz lebt als Endophyt symptomlos in Pflanzengeweben sowie als Saprobiont auf abgestorbenem pflanzlichem Material und kann bei günstigen Witterungsbedingungen und/oder Schadereignissen zu einer pathogenen Lebensweise wechseln.

Werden Infektionen durch warme und feuchte Frühjahrswitterung gefördert und kommt es nachfolgend zu Trockenstress im Sommer, ist eine Zunahme der Krankheitsintensität zu erwarten. D. sapinea profitiert vom Klimawandel, die Art breitet sich in Europa nach Norden aus und kann nach wiederkehrenden Trockenjahren zum Absterben von Bäumen führen. Eine Erholung ist möglich, wenn die Kiefer über mehrere Jahre hinweg günstige Bedingungen vorfindet. Als Gegenmaßnahmen sind das Vermeiden von extrem trockenen Standorten und von Dichtstand, eine schonende Bewirtschaftung (Vermeidung von Wunden) sowie die Entnahme von Schadholz (Hygiene) möglich. Langfristig kann eine Bestandesumwandlung in Kiefern-Mischbestände in Betracht gezogen werden.

Nadelbräunen

Zwei bereits etablierte invasive pilzliche Schadorganismen zählen zu den wichtigsten Krankheitserregern an Kiefernnadeln. Die Dothistroma-Nadelbräune (Dothistroma septosporum) und die Lecanosticta-Nadelbräune (Lecanosticta acicola) werden seit 2020 in der EU als geregelte Nicht-Quarantäneorganismen (RNQPs) eingestuft. Sie sind zwar ursprünglich gebietsfremd, müssen aber aufgrund ihrer weiten Verbreitung weder gemeldet noch bekämpft werden. Es gelten jedoch besondere Regeln für Pflanzenproduzenten.

Bei D. septosporum handelt es sich um einen fast weltweit verbreiteten Schadorganismus mit einem großen Wirtsspektrum. Seit den 1990er- Jahren wird in Europa eine Zunahme in nördlichen Gebieten sowie eine Zunahme der Intensität der Krankheit beobachtet. Besonders problematisch ist diese Krankheit derzeit vor allem in Kiefern-Kurzumtriebsplantagen von Pinus radiata auf der Südhalbkugel. In Europa kann sie bei verschiedenen Kiefernarten unter optimalen Infektionsbedingungen, wie anhaltend hoher Luftfeuchtigkeit, mildem Klima und Dichtstand, Bestände bedrohen.

Die zweite Pilzart, Lecanostica acicola, ist in Nord- und Mittelamerika beheimatet und wurde vermutlich über Pflanzgut nach Europa eingeschleppt. Der Erstnachweis in Österreich stammt aus dem Jahr 1996. Probleme bereitet dieser Pilz vor allem in sensiblen Ökosystemen wie in alpinen Schutzwäldern und in Latschen- bzw. Spirken-Mooren (P. mugo und P. uncinata), wo er bestandesweites Absterben von Bäumen verursacht. Beispiele aus dem slowenischen Soča-Tal veranschaulichen die unmittelbare Gefahr durch diesen Nadelpilz: Lecanosticta-Befall führt dort aufgrund optimaler Bedingungen (reichliche Niederschläge und milde Temperaturen) zu einem Absterben von Schwarz- und Weißkieferbeständen. Auch wenn im Zuge des Klimawandels für die beiden Schadorganismen dauerhaft günstige Infektions- und Ausbreitungs-Bedingungen eintreten sollten, ist eine genaue Prognose der Folgen derzeit noch nicht möglich.

Pechkrebs

Pechkrebs ist eine Krankheit an Kiefern und Douglasien, die Mitte des 20. Jahrhunderts in Nordamerika entdeckt, über Pflanzenmaterial nach Portugal und Spanien eingeschleppt und 2005 erstmals in Europa nachgewiesen wurde. Rindennekrosen am Stamm mit massivem Harzfluss sowie Triebsterben sind Symptome dieser Krankheit (Abbildung 3).

Bei dem Erreger, dem Pilz Fusarium circinatum, handelt es sich um einen Unions-Quarantäneschädling. Aufgrund dieses Status unterliegt dieser Organismus einer Reihe strenger Regelungen, die das Verbringen von Pflanzen, Holz, Rinde und Verpackungsmaterial aus Befallsgebieten einschränken, sowie das Forstliche Vermehrungsgut betreffen.

Das Vorhandensein der Wirtspflanzen und das Klima machen weite Teile Europas für die Etablierung des Schädlings geeignet, besonders gefährdet sind jedoch die wärmeren Regionen. Mit dem Wissen, dass das derzeit befallene Gebiet erheblich kleiner ist als das potentiell gefährdete Gebiet, und unter Berücksichtigung der sich verändernden ökologisch-klimatischen Bedingungen wird das Risiko einer Einschleppung nach Österreich und die in Folge erwarteten Schäden als hoch eingeschätzt.

Merkblatt

Kiefernwelke

Die Kiefernwelke wird durch Fraßtätigkeit des Kiefernholz-Nematoden (Bursaphelenchus xylophilus) bei Massenentwicklung ausgelöst (Abbildung 4). Die Art stammt aus Nordamerika und ist in den dortigen Kiefern- und Koniferenwäldern weit verbreitet. Aufgrund der koevolutionären Entwicklung der dort heimischen Wirtsbäume und des Nematoden erkranken die Bäume jedoch nicht an der Kiefernwelke.

In der EU wurde der Nematode erstmals 1999 in Portugal nachgewiesen. Seit dem Jahr 2008 kam es zu mehreren lokalen Ausbrüchen in Spanien, eine weitere Ausbreitung konnte dort jedoch durch beherzte Ausrottungsprogramme (Kahlschlag aller Wirtsbäume im Umkreis von 500 m um Befallsherde) verhindert werden. In den europäischen Befallsgebieten sind bislang nur Kiefernarten vom Baumsterben betroffen. Allerdings kann der Nematode seinen Lebenszyklus auch in anderen Nadelholzbäumen vervollständigen, ohne ein Absterben der Bäume hervorzurufen. Das erhöht das Risiko, dass der Befall übersehen wird und sich der Erreger weitgehend unentdeckt ausbreiten kann.

Um neue Wirtsbäume befallen zu können, benötigen die Nematoden einen Vektor. Dazu nutzen sie in Europa vorhandene heimischer Vertreter der Bockkäfer-Gattung Monochamus. Sie besiedeln die sich im Holz entwickelnden Käfer und gelangen nach deren Schlupf und dem Aufsuchen neuer Bäume für den Reifungsfraß zu neuen Wirten. Dort verlassen die Nematoden die Käfer und dringen über die Fraßwunden in den neuen Wirtsbaum ein.

Der Kiefernholznematode zählt zu den weltweit gefürchtetsten Forst-Schadorganismen und ist in der EU daher als prioritärer Schadorganismus gelistet. Die Verbreitung erfolgt typischerweise über den Holztransport. Sowohl der Export von Kiefern aus Befallsgebieten als auch der Import von Kiefern aus Drittstaaten ist EU-weit reglementiert. Es gelten strenge Quarantäneregeln, vorgeschriebene Surveys und Notfallpläne. Das Risiko einer Einschleppung nach Österreich wird als sehr hoch beurteilt, gefährdet sind alle heimischen Nadelhölzer, besonders aber die Weiß- und Schwarzkiefer.

Wie in allen EU-Staaten wird auch in Österreich jährlich ein Survey durchgeführt. Dieser dient der Früherkennung und soll dadurch eine erfolgreiche Ausrottung ermöglichen. In kühlen und feuchten Klimaten ist die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs der Welkekrankheit geringer, eine Überschreitung der mittleren Sommertemperatur von 20 °C erhöht das Risiko des Absterbens von Kiefern nach einer Infektion.

Maßnahmen der Waldhygiene und des Waldbaus

Vor den Folgen des globalen Klimawandels sind auch die robusten und an Extremstandorte angepassten Kiefern nicht gefeit. Zunehmende Schädigungen durch heimische Krankheitserreger, aber auch die Zunahme der Befallsintensität invasiver, bereits etablierter Schadorganismen werden beobachtet. Bei den oben genannten Nadelkrankheiten besteht ein Zusammenhang mit zunehmend milden Wintern und Perioden hoher Luftfeuchtigkeit.

Bei Einschleppung der beiden noch nicht nachgewiesenen Unions-Quarantäneschädlinge nach Österreich ist zu erwarten, dass das Ausmaß der Schäden und deren Folgen maßgeblich von hohen Temperaturen beeinflusst werden. Neben phytosanitären Maßnahmen und EU-weiten Programmen zur Verhinderung der Einschleppung und der Etablierung neuer Schadorganismen sollen Maßnahmen der Waldhygiene und des Waldbaus dazu dienen den Bestand der Kiefern in Österreich nachhaltig zu sichern.