Das Ulmensterben ist eine ursprünglich aus Ostasien stammende pilzliche Welkekrankheit, die zu einer Verstopfung der Leitungsbahnen führt. Verursacher sind die Pilzarten Ophiostoma ulmi und novo-ulmi. Die erste Einschleppungswelle erfolgte durch die Stammform des Pilz (O. ulmi). Nach dem Auftreten in den Niederlanden um 1919 breitete sie sich rasch über Mitteleuropa aus und wurde weniger als 10 Jahre später bereits an verschiedenen Stellen in Nord- und Südbayern festgestellt, so etwa "im Jahre 1927 […] schon sehr schädlich in Nürnberg und Erlangen" (Tubeuf 1935). Ab 1970 trat die zweite Welle auf, die von der noch “aggressiveren Art” (O. novi-ulmi) verursacht wurde.

Die Übertragungswege

Die Krankheit kann zwar auch über Wurzelverschmelzungen benachbart stehender Bäume übertragen werden, für eine effiziente Ausbreitung über längere Distanzen ist sie aber vollständig auf tierische Vektoren angewiesen. Die findet sie in Europa vorwiegend in Form mehrerer der insgesamt etwa 10 Splintkäfer-Arten der Gattung Scolytus. Allerdings fliegen diese die verschiedenen Ulmen-Arten und ihre Baumdimensionen und Stammteile in sehr unterschiedlicher Weise an. Die Überträger der Krankheit sind daher sehr unterschiedlich effizient. Vor allem der auf stärkeres Holz spezialisierte Große Ulmensplintkäfer (Scolytus scolytus) gilt als effizientester Überträger und als Hauptvektor.

Scolytus-Arten verfügen nicht über die als Mycangien bezeichneten, speziellen Transportstrukturen für die Pilzsporen mancher anderer Borkenkäfer-Arten, sondern transportieren diese auf der Körper­oberfläche und im Darm. Für eine erfolgreiche Infektion ist eine gewisse Sporenlast erforderlich, die nicht von allen Arten in gleicher Weise erreicht wird.

Anfälligkeit der Ulmenarten

Seit etwa 20 Jahren hat sich zunächst zögerlich, dann sprunghaft die Erkenntnis durchgesetzt, dass Flatterulmen viel weniger anfällig für das Ulmensterben sind. Diese Neubewertung basierte auf einer Vielzahl von Arbeiten, die von hohen Überlebensraten der Flatterulmen und insgesamt höchstens geringen Ausfällen selbst in Gebieten mit starkem Auftreten des Ulmensterbens berichteten (für Bayern z. B. aktuell auch Schiebelsberger 2007, Degenhardt 2016, Thein 2020). Die Infektionsversuche von Jungbäumen im Labor, auf der frühere Einschätzungen basiert hatten, führten hier zu einer falschen Einschätzung.

Dass die Flatterulme erheblich weniger anfällig für diese Krankheit ist als die anderen heimischen Ulmenarten, hängt damit zusammen, dass sie von den Hauptüberträgern wie dem Großen Ulmensplintkäfer weniger angeflogen wird, u. a. wegen ihrer anderen Rinden-Inhaltsstoffe und ihrer Rindenstruktur, aber auch wegen ihrer Resistenzmechanismen. Zwar ist sie nicht völlig immun gegen die Krankheit, das Ulmensterben ist aber kein erheblicher Hinderungsgrund, diese Baumart zu pflanzen.

Richtiges Erkennen von Befall

Die Übertragung der Krankheit erfolgt durch den Reifungsfraß frisch geschlüpfter Jungkäfer in Zweigachseln des äußeren, oberen Kronenraumes, wobei die von dem befallenen Mutterbaum abgestreiften Sporen vom Jungkäfer auf die Fraßstelle übertragen werden. Von der Infektionsstelle dringt der Pilz über die Gefäße weiter in den Stamm vor, was zunächst über das sich gelb verfärbende Laub des infizierten Zweiges bzw. Asts bemerkbar wird (amerikanisch “Flag” / Abbildung 4). In diesem Zustand kann ein Baum, der rechtzeitig kontrolliert wird, auch noch gesundgeschnitten werden.

Der Erkrankungs- und im ungünstigen Verlaufsfall der Absterbeprozess wird unter anderem durch das Toxin Ceratoulmin sowie durch weitere Enzyme und Toxine ausgelöst. Hinzu kommt die Gegenreaktion des Baumes, der durch das Verschließen der Gefäße versucht, die Infektion abzuschotten (so genannte Verthyllung). Gelingt dies, kann der Baum wieder genesen; im anderen Fall stirbt er im Laufe von einer oder zwei Vegetationsperioden ab. Dabei vertrocknet der Baum, was eine charakteristisch wie ein Tipi “zusammengefaltete” Krone (Abbildung 3) zur Folge hat. Hieran, und an einem schwarz gefärbten Ring im Holzquerschnitt (Abbildung 6) kann man bereits ohne Labormethoden einen Befall durch Ulmensterben nachweisen.

Achtung Fehlbestimmungen!

Wichtig: Fraßbilder von Ulmensplintkäfern allein sind noch kein Beweis, dass der Baum vom Ulmensterben befallen sein muss. Ulmen können aus verschiedensten Gründen absterben (Wurzelschäden, Hallimasch-Befall, Trockenheit).

Diese Bäume können dann gleichzeitig auch von Ulmensplintkäfern besiedelt werden, ohne dass an dem Absterbeprozess das Ulmensterben beteiligt ist. Mit der Aussage, eine Ulme sei “am Ulmensterben gestorben”, sollte also vorsichtig umgegangen werden, d.h. erst nach korrekt gestellter Diagnose. Merke: Nur mit “schwarzem Ring” im Zweig- oder Stammquerschnitt ist es auch das Ulmensterben.

Auch eine lichte Krone ist keinesfalls per se ein Indiz für eine Erkrankung oder gar den Befall mit dem Ulmensterben. Vielmehr muss beachtet werden, dass nach einem starken Mastjahr die Belaubung der vorher mit Blüten und Früchten versehenen Zweige für den Rest des Jahres stark reduziert ist. Dies liegt daran, dass Ulmenarten mit ihren sehr früh im Jahr austreibenden, chlorophyllhaltigen Früchten assimilieren und diese im Jahresverlauf nach dem Fruchtfall nicht durch Blätter ersetzen. Dieser Effekt kann verkahlende Kronenteile vortäuschen, wie sie im Zusammenhang mit manchen Ulmenerkrankungen auftreten können.

Weiterer Unsicherheitsfaktor ist die korrekte Bestimmung der Ulmenart. Flatterulmen haben zahlreiche gut ansprechbare Merkmale, die in der Kombination eine sehr gute Bestimmbarkeit ergeben: Blätter oben nie rau, nie dreizipfelig, Blattadern weitestgehend unverzweigt, Blattzähne nach vorn geboten, Knospen schlank und "geringelt" (gestreift), nicht einfarbig, nie Korkleisten, oft Brettwurzeln.

Gesunderhaltung der Ulmenbestände

Die drei heimischen Ulmenarten sind wichtige Bestandteile unserer insgesamt artenarmen heimischen Gehölzflora. Wir sollten gerade in Zeiten des Klimawandels und des Eschentriebsterbens auf geeigneten Standorten alle drei Arten am Waldaufbau beteiligen. Um gesunde Ulmenbestände zu erhalten, gilt es, sieben praxistaugliche Grundsätze (s. unten) zu beachten.

Unbedingte Voraussetzung, um diese Maßnahmen effizient umsetzen zu können, ist es natürlich, die Ulmenbestände überhaupt zu kennen. Im Idealfall schafft eine Karte oder ein Layer im digitalen Kartenwerk die Grundlage für eine systematische Kontrolle und die Folgemaßnahmen. "Nur was man kennt, kann man schützen" – dieser Grundsatz gilt hier im Besonderen und im doppelten Maße, als Kenntnis der Biologie, aber auch der genauen Verbreitung.

7 Grundsätze für die Praxis

  • Bei der Einbringung auf geeignete Standorte achten: Ulmen sind Edellaubbäume und insgesamt anspruchsvoll in Bezug auf den Nährstoffhaushalt, auch wenn die Flatterulme von den drei heimischen Arten bei weitem die geringsten Ansprüche hat. Auf sehr nährstoffarmen Standorten wie Hochmooren oder Trockenstandorten sind auch Flatterulmen fehl am Platz.
  • Unter den Ulmenarten Flatterulmen bevorzugen: Aufgrund der geringen Anfälligkeit für Krankheiten und v.a. des Ulmensterbens sollte Flatterulmen der Vorzug gegeben werden, zumal sie auf recht vielfältigen Standorten gedeihen können. Sogar auf Anmoorstandorten ist sie eine geeignete Baumart. Lediglich auf trockenen Standorten kann die Flatterulme die Feldulme nicht ersetzen. Alle drei Arten sollten jedoch auch zukünftig berücksichtigt werden. Vor allem die Bergulme verjüngt sich meist auch gut im Unterwuchs geschädigter Eschen- und aufgelichteter Eichen-Hainbuchenbestände.
  • Mischbestände anstreben: Alle Ulmenarten sind von Natur aus Mischbaumarten und sollten in Mischungsanteilen von in der Regel nicht mehr als 30 % beteiligt werden. Mischungen zwischen den verschiedenen Ulmenarten sind in der Regel wenig sinnvoll.
  • Ausbreitungskorridore für das Ulmensterben vermeiden: In den letzten Jahrzehnten sind immer wieder Ausbreitungswellen des Ulmensterbens erfolgt, oft erkennbar an den gelbkronig und dann dürr werdenden Berg- und Feldulmen, beispielsweise entlang von Autobahnen. Die Pflanzungen dieser hochanfälligen Ulmenarten in linearen Strukturen leisten wie “Zündschnüre” als künstlich angelegte Ausbreitungskorridore dem Ulmensterben Vorschub. Ulmenpflanzungen entlang linearer Landschaftselemente – wie beispielsweise auch in Auwäldern – sollten also punktuell als Trupppflanzungen erfolgen. Die einzelnen Ulmentrupps müssen voneinander jedoch mehrere hundert Meter entfernt sein. Bei den anfälligen Feld- und Bergulmen empfehlen sich sogar Abstände von mehr als fünfhundert Metern.
  • Konsequente und kontinuierliche Pflege: Für den Erhalt der Mischung aber auch zur Vitalisierung und Stabilisierung ist eine konsequente und v.a. kontinuierliche Pflege eine wesentliche Voraussetzung zum dauerhaften Erhalt von Mischbaumarten wie der drei Ulmenarten, vor allem bei kleinräumigen Mischungsformen.
  • Zweimal jährliche Kontrollen der Ulmenbestände sinnvoll: Wenn man erhebliche Ausfälle vermeiden möchte, sollten die Ulmenbestände im Revier ungefähr Mitte Mai und nochmals etwa einen Monat später Mitte Juni auf frischen Befall mit dem Ulmensterben, also auf das Auftreten der gut sichtbaren “Flag” in der Kronenperipherie, kontrolliert werden. Dies ist in stammzahlreichen Beständen von Ulmen in verschiedenen Ländern unter dem Namen “Sanitation2 verbreitete Praxis und auch in Bayern schon erfolgreich angewandt worden. Es wird dort als betriebs- und volkswirtschaftlich günstiger bewertet, als auf Ulmen zu verzichten oder die Ulmen einem vermeintlich unabwendbaren ”Schicksal" zu unterwerfen. Mit dem Fortschreiten der technischen Voraussetzungen wird zukünftig eine Kontrolle wohl auch mittels Drohnen möglich und sogar besonders effizient durchzuführen sein.
  • Maßnahmen bei Auftreten des Ulmensterbens: Ulmen mit Krankheitssymptomen müssen zunächst vor Ort auf das Vorliegen von Ulmensterben überprüft werden. Ist der Befall nachgewiesen, sollten sie entweder gesundgeschnitten oder entnommen werden. Absterbende Berg- und Feldulmen sollten aus den Beständen entfernt oder ggf. gehäckselt werden, sofern noch Splintkäferstadien im Holz vorhanden sind (Aufarbeitungsgrenze 10 cm; “saubere Waldwirtschaft”). In jedem Fall ist das Werkzeug mit mindestens 70 %igem Alkohol zu desinfizieren.

Ausblick: Resistenzen fördern

Zum Teil wurden Resistenzzüchtungen mit nichtheimischen Ulmen als Kreuzungspartner als wichtigste oder gar einzig gangbare Lösung zum Erhalt “der Ulme” propagiert (z. B. Schwan et al. 2016, Pecori et al 2017). Sowohl das Pflanzen solcher Züchtungsprodukte als auch die Verwendung exotischer Arten sind jedoch nicht unproblematisch. Sie sind kein praxistauglicher Ansatz für den Umgang mit Ulmen im Forst.

Ein wichtiger Schlüssel für die Resistenz bzw. Anfälligkeit gegenüber dem Ulmensterben ist die genetische Vielfalt, da die Individuen der Pflanzen in unterschiedlichem Umfang in der Lage sind, Abwehrstoffe oder Reaktionsgewebe zu bilden, um sich gegen Schädlinge zu wehren.

Zusammenfassung

Die Flatterulme kann risikoarm als Baumart mit vielen Verwendungsmöglichkeiten gepflanzt werden. Sie hat sich nicht nur gegen aktuelle klimatische Entwicklungen, sondern auch gegen das Ulmen­sterben als sehr widerstandsfähig erwiesen. Für das Ulmen­sterben gilt allgemein, dass es durch zweimalige jährliche Kontrolle der Ulmenbestände mit vertretbarem Aufwand im Griff gehalten werden kann. Auf diese Weise können auch Berg- und Feldulmen als Mischbaumarten an der Waldbestockung beteiligt werden.