Im August 2023 wurde der Stadtwald Augsburg von einem heftigen Hagelschlag getroffen. Die naturschutzfachlich besonderen schützenswerten Kiefernbestände auf den nährstoffarmen Standorten – auch als lichte Schneeheide-Kiefernwälder bezeichnet – zeigten eine dramatische Nadelverbraunung und Nadelverluste in den Kronen. Die Kiefern sahen auch für Fachleute so schlimm aus, dass man sich in Forstkreisen große Sorgen machte und viele Fragen stellte: Werden die Kiefern nach dem verheerenden Hagelschlag absterben? Könnte das Diplodia-Triebsterben die sprichwörtlich angeschlagenen Bäume in den besonderen Wäldern dahinraffen? Könnten auf die extremen Schäden durch den Hagel potenziell waldschädliche Insekten folgen? Ein großflächiges Absterben der Kiefern hätte gravierende Folgen – sowohl für die Forstwirtschaft und den Naturschutz als auch für die Öffentlichkeit, die den Stadtwald als wichtigen Erholungsraum nutzt.

Die städtische Forstverwaltung nahm daher Kontakt zum Waldschutzteam der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) auf und bat um Unterstützung. Nach einem Jahr intensiver Untersuchungen liegen nun die Ergebnisse der LWF zu den Folgen der Hagelschäden vor. 

Untersuchung der Hagelschäden: Auswahl, Probenahme und Laborauswertung

Für die Untersuchung wurden im Stadtwald vier Waldbestände ausgewählt, die 2023 vom Hagelschlag getroffen wurden. Auf jeder Fläche wurden Baumpaare – jeweils fünf stark und fünf weniger stark geschädigte Waldkiefern (Pinus sylvestris) – ausgesucht, markiert und der Schädigungsgrad anhand von Nadelmasse und dem Anteil braun gefärbter Nadeln genau erfasst. 

Insgesamt konnten auf den Flächen 35 Bäume beprobt werden, da es auf einer Fläche nur Kiefern mit starken Schäden gab: Die Untersuchung umfasste somit 15 Kiefern in der Schadstufe “weniger stark geschädigt” und 20 Kiefern in der Schadstufe “stark geschädigt”. Die vitaleren Bäume wiesen noch 35 % verbliebene grüne Nadelmasse auf; bei den stärker geschädigten Waldkiefern waren durchschnittlich nur noch 5 % grüne Nadelmasse vorhanden.

Im Nachgang der visuellen Einschätzung wurden die Probebäume gefällt und von “Kopf bis Fuß” abgesucht (Abb. 2). Zwei Tage lang sammelten die Waldexpertinnen und Experten Holzscheiben aus dem Stamm, Holzproben aus dem Kronenbereich, sowie Zweig- und Astproben, die sie für Laboruntersuchungen an die LWF in Freising brachten. 

Der Kronenbereich jedes Baumes wurde in vier Segmente unterteilt, aus denen jeweils eine Holzscheibe entnommen wurde. Anschließend prüfte man direkt vor Ort, ob die Schnittflächen die charakteristische blaue Verfärbung von Diplodia zeigten. Die Analyse der Zweig-, Nadel- und Stammproben erfolgte im Labor in Freising. Neben der Untersuchung zum Vorkommen des hauptverdächtigen Pilzes Diplodia sapinea in den Kronenscheiben, Nadeln und Zweigen wurden Hagelschläge auf den Zweigen ausgezählt und anhand der Holzscheibe aus dem Bereich des Brusthöhendurchmessers eine Jahrringanalyse durchgeführt.

Nachweis von Diplodia sapinea und Untersuchung potenzieller Schadinsekten

Diplodia sapinea ist ein Pilz, der die Krankheit des Diplodia-Triebsterbens hervorruft (Abbildung 3). Er profitiert von der Vorschwächung seiner Wirte. Die erhöhten Nadelverluste und absterbende Altbäume in den Augsburger Kiefernbeständen ließen daher befürchten, dass sich das Diplodia- Triebsterben in den Flächen des Hagelschlags ausbreitet.

Der Nachweis von Diplodia sapinea erfolgte - je nach Pflanzengewebe - mit verschiedenen Methoden: Während die Ansprache des Diplodia-Triebsterbens an den Stammscheiben aus der Krone über die blauen Verfärbungen (Abbildung 4) relativ einfach durchzuführen ist, erfordert die Mikroskopie der Nadeln schon deutlich mehr Kenntnisse und Fingerspitzengefühl. Für den Nachweis des Pilzes in den blau verfärbten Holzbereichen der Krone wurden genetische Nachweise durchgeführt (PCR-Analyse). Zugleich wurde Zweiggewebe in Petrischalen mit einem Nährmedium aufgelegt, um den Pilz als symptomlosen Besiedler im Gewebe (Endophyt) bestimmen zu können. 

Diplodia kann nur mit verschiedenen Methoden zweifelsfrei nachgewiesen werden, da seine a.) Verteilung im Baum nicht homogen ist und b.) er je nach Entwicklungsstadium nur mit bestimmten Methoden nachgewiesen werden kann. Die Untersuchungen erfolgten daher mit großem Aufwand an verschiedenen Gewebetypen.

Neben dem Diplodia-Triebsterben untersuchte die LWF auch, ob Insekten im aktuellen Geschehen eine Rolle spielten. Dazu entfernte man die Rinde an den gefällten Kiefern in regelmäßigen Abschnitten schichtweise. Insekten, nach denen ganz besonders gesucht wurde, waren der Blaue Kiefernprachtkäfer (Phyaenops cyanea) oder verschiedene Kiefernborkenkäfer. Holzbrütende Insekten, die sich in tiefere Holzschichten einbohren, sind aus Sicht des Waldschutzes nicht relevant, da sie den Saftstrom des Baumes nicht unterbrechen oder den Baum erst nach dem Absterben besiedeln.

Gesundheitscheck - Rolle von Diplodia

Die umfangreichen Untersuchungen führten zu wenig spektakulären, aber spannenden Ergebnissen: Diplodia sapinea hatte weniger Einfluss auf die Kieferngesundheit als im Herbst 2023 befürchtet wurde. Der Pilz konnte mikroskopisch auf den Nadeln und Zweigen der Kiefern beider Schadstufen festgestellt werden. Und nur 11 % der Zweigproben blieben ohne Nachweis: Auf allen anderen wurden Fruchtkörper oder endophytische Nachweise von Diplodia sapinea gefunden. Einen Zusammenhang zu den Schadstufen – gemessen an Nadelverlust und Verbraunungsanteilen der Krone – gab es nicht. 

Der endophytische Nachweis fiel bei den Laboruntersuchungen der Nadel- und Zweigproben sowie bei der Untersuchung der Bohrspäne aus dem Kronenbereich bei einem Großteil der Proben positiv aus. Diese Nachweise sind besonders interessant: Sie belegen, dass der Pilz schon vor Krankheitsausbruch des Diplodia-Triebsterbens im Baum lebte und auf einen schwachen Moment des Wirtsbaumes wartetet, um von der stillschweigenden und symptomlosen Besiedlung in die parasitische Lebensweise zu wechseln.

Einzig die untersuchten Kronenscheiben zeigten einen Unterschied in der Diplodia-Befallsintensität: Die stark geschädigten Kiefern hatten statistisch abgesichert häufiger Holzbläue in den Kronenscheiben. Aufgeteilt nach den Schadstufen zeigte sich, dass 7 % in der vitaleren Schadstufe und 70 % in der Gruppe mit stärkerer Schädigung Blaufärbungen in der Krone aufwiesen. Grundsätzlich zeigte sich die Bläue bei den meisten Bäumen im obersten Kronenbereich. 

Bei keiner der untersuchten Kiefern konnte eine Beteiligung von waldschutzrelevanten Insekten am Gesundheitszustand festgestellt werden. 

  1. Es wurden 35 Waldkiefern aus dem Augsburger Stadtwald untersucht und beprobt.

  2. Diplodia sapinea wurde an und in Nadeln nachgewiesen – aber nur in geringem Umfang. 

  3. An den Zweigen wurde Diplodia häufiger gefunden – aber unabhängig von der Schadstufe nach dem Hagelschlag.

  4. Im Holzkörper wurde die durch Diplodia sapinea induzierte Bläue bei stärker geschädigten Bäumen in größerem Umfang gefunden.

  5. Rindenbrütende Insekten spielen bei der aktuellen Situation keine Rolle.

Fazit

Die Untersuchung durch das LWF-Waldschutzteam konnte einige Schadursachen und auch Gefährdungspotenziale ausschließen:

  • Diplodia sapinea ist in den Kiefernbeständen in Augsburg vorhanden – so wie in fast allen Kiefernbeständen in Bayern.

  • Der Diplodia-Nachweis im Holz zeigt, dass der Erreger die Kiefern schon vor Jahren besiedelt hat; die Bläue war in den stärker geschwächten Bäumen umfangreicher.

  • Der Pilz Diplodia sapinea und die Krankheit des Diplodia-Triebsterbens sind für die plötzliche Verschlechterung der Baumvitalität und Nadelverbraunung nicht ursächlich. 

  • Die aktuelle Vitalitätsschwäche mit der augenscheinlichen Nadelverbraunung geht auf den Hagelschlag im August 2023 zurück.

  • Da kaum mögliche Schadinsekten gefunden wurden, geht von den vitalitätsgeschwächten Kiefern keine Gefahr für umliegende Waldbestände aus.

Die biotischen Schaderregern (pilzliche Pathogene und Insekten) spielen beim Schadgeschehen in den beprobten Beständen eine eher untergeordnete Rolle. Die grundsätzlich herabgesetzte Vitalität der Kiefern in der Hagelzone hat in erster Linie abiotische Ursachen. 

Wie die Ergebnisse der Waldzustandserhebung für Bayerns Waldkiefern und die regionalen Klima- und Standortsdaten für Augsburg zeigen, ist die Waldkiefer in den letzten Jahren zunehmend an ihre Grenzen gestoßen. Im Augsburger Stadtwald befindet sich die Kiefer am trocken-warmen Rand ihrer Verbreitung mit Niederschlagsdefiziten und einem Temperaturanstieg in vergangenen Jahren. Die Waldkiefer ist durch den Klimawandel zunehmend unter Stress und einer erhöhten Vorschädigung ausgesetzt.

Ausblick

Für die geschädigten Bestände bleibt die Hoffnung auf eine Revitalisierung, wenngleich das aktuelle Bild im ausgehenden Winter 2025 vor Ort eher wenig Hoffnung macht, da erste Kiefern bereits abgestorben sind. Forstleute vor Ort berichten, dass die geschädigten Kiefern keine Zapfen zur Samenbildung angesetzt haben – was ein Indiz dafür sein könnte, dass auch diese Bäume kaum mehr Reservestoffe haben. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt: Es wird sich mit dem Nadelaustrieb im Frühjahr zeigen, wie sehr diese Hoffnung gerechtfertigt ist.

Die LWF hat 400 Kiefern für eine längerfristige Beobachtung ausgewählt, um die Auswirkungen des Hagelschlags weiterhin im Auge zu behalten. Der Kronen- und Nadelzustand dieser Bäume wird von der LWF zweimal im Jahr im Rahmen einer Bonitur beurteilt. Mit diesen Beobachtungen wollen die Expertinnen und Experten die Auswirkungen von Hagelereignissen besser einschätzen lernen. Außerdem ermöglicht die Beobachtung Aussagen über die (mögliche) Erholung von Kiefern nach hohen Nadelverlusten.