Buchenborkenkäfer im Biosphärenpark Wienerwald
Besonders im sommerwarmen Osten Österreichs wurden in den letzten Jahren schlechter werdende Bestandesbilder bei Rotbuche (Fagus sylvatica) beobachtet. In Zusammenarbeit mit der Österreichischen Bundesforste AG wird im Biosphärenpark Wienerwald der Frage nachgegangen, inwieweit rinden- und holzbrütende Borkenkäfer häufiger vorkommen, ob sie zum primären Schädling werden und wie sich die Situation in den nicht bewirtschafteten Beständen der Kernzone darstellt.
Seit einigen Jahren entwickelte sich das Erscheinungsbild der Rotbuche (Fagus sylvatica) vor allem im Osten Österreichs vom Wienerwald bis zum südlichen Waldviertel unterschiedlich. Besonders in Buchenaltbeständen sowie teilweise an Bestandesrändern bereiteten Anzeichen von Vitalitätseinbußen und schlechter werdende Kronenzustände den Forstbetrieben Sorge.
Ab 2003 konnte man zunehmende Stresssymptome vielfach mit den Folgen der regional extremen und anhaltenden Trocken- und Hitzeperioden in Zusammenhang bringen. Die Auswirkungen der Konkurrenz um die wenige Bodenfeuchte waren besonders bei alten Buchen, aber auch bei Buchenverjüngungen in der Unterschicht zu erkennen. Die zweiwöchige Rekordhitze des Sommers 2007, der bereits lange Monate mit teilweise gar keinem Niederschlag voraus gingen, verursachte regional einen Laubfall in der zweiten Julihälfte (Steyrer 2007).
Die Forstbetriebe berichteten in den letzten Jahren gehäuft über eine Zunahme von Buchenborkenkäfern (Tomiczek et al. 2008), zumindest wenn als Kriterium das Auftreten und nicht die verursachten Schäden herangezogen wurden. Bei im Wald gelagertem Holzsortimenten und Restholz an den Nutzungsorten wurden tatsächlich häufiger fertige Brutbilder gefunden. Daran waren oft holzbrütende Borkenkäferarten beteiligt bzw. auch Astbereiche betroffen, in denen anscheinend bereits ein Einziehen der Krone stattfand.
Die Buchenborkenkäfer wurden bisher als sekundär wirksame Schädlinge eingestuft. Inwieweit unter den veränderten (Witterungs-)Verhältnissen mit der Populationszunahme auch eine Verschiebung hin zum Primärschädling erfolgt und daraus eine wesentlich höhere Gefährdung abgeleitet werden müsste, konnte bislang nicht geklärt werden. Durch die Orkanstürme der Jahre 2007 und 2008 wurden auch Buchenbestände stark geschädigt (Abbildung 1) und den Borkenkäfern zweifellos mehr Brutmöglichkeiten geboten.
Forschung im Wienerwald
In einer Kooperation mit der Österreichischen Bundesforste AG wird in fünf Revieren innerhalb des Biosphärenparks Wienerwald (Anonymus 2008) die Bedeutung von Buchenborkenkäfern und von ebenfalls zunehmenden Prachtkäfern untersucht:
- Welche holz- und rindenbrütenden Borkenkäfer sowie Prachtkäfer kommen vor und wie entwickeln sich die Schädlinge unter geänderten Bedingungen (Witterungsextreme, Windwürfe, Brutholzangebot)?
- Gibt es bei den Buchenborkenkäfern eine Entwicklung hin zum Primärschädling? Sind ganze Bestände bedroht?
- Wie ist diese Situation in den nicht bewirtschafteten Beständen der Kernzone zu beurteilen?
Arbeiten 2008
Im ersten Untersuchungsjahr wurden sechs Probeflächen eingerichtet, vier befinden sich innerhalb der Kernzone und sind daher unbewirtschaftet. Die Arbeiten konzentrierten sich zum einen auf die Erhebung des Baumzustandes. Alte Schäden an Stamm und Wurzelanlauf sowie der Kronenzustand und dessen Entwicklung im Lauf der Vegetationsperiode wurden erfasst.
Zum anderen wurden das Artenspektrum bei den Borkenkäfern, aber auch bei anderen schädlichen Käfern (Pracht-, Bockkäfer), und deren Häufigkeiten festgestellt. Fallenfänge aus Lockstofffallen und der Befall von liegendem Holz auf Probeflächen mit Windwürfen wurden dazu herangezogen. Weitere Hauptaspekte waren der Stehendbefall bei Probebäumen und die Brutentwicklung im liegenden Holz.
Erste Ergebnisse
Abbildung 2: Viele, nicht erfolgreiche Brutversuche durch Buchenborkenkäfer
Abbildung 2: Viele, nicht erfolgreiche Brutversuche durch Buchenborkenkäfer
Abbildung 4: Starker Prachtkäferbefall an windgeworfener Buche
In den Lockstofffallen wurden hauptsächlich holzbrütende Borkenkäferarten, verschiedene Arten der Gattungen Xyleborus und Trypodendron gefunden, die Mengen waren eher gering (einige Dutzende pro Falle und Entleerung). Rindenbrütende Borkenkäfer kamen in den Fallen nur vereinzelt vor, vor allem der Kleine Buchenborkenkäfer (Taphrorychus bicolor). Innerhalb der Beifänge waren vor allem Prachtkäfer, vereinzelt auch Bockkäfer von Bedeutung.
Im Jahr 2008 wurde kein Stehendbefall an Buchen durch Borkenkäfer oder durch Prachtkäfer entdeckt -unabhängig davon, ob auf der Probefläche große Mengen an bruttauglichen Windwurfhölzern vorhanden waren oder nicht bzw. wieweit diese selbst einen Befall aufwiesen oder nicht.
Das in den Beständen liegende Holz stammte aus verschiedenen Windwürfen von 2007 bis Frühjahr 2008 und ist daher unterschiedlich trocken. Nur teilweise wurden diese geworfenen Stämme von Borkenkäfern befallen, jedenfalls aber erst spät in der Vegetationsperiode und vor allem mit sehr wechselhaftem Erfolg. Oft handelte es sich um Versuche, die über die Anlage der Rammelkammer oder der Muttergänge nicht hinausging (Abbildungen 2 und 3), nur vereinzelt wurden die Bruten abgeschlossen.
Auf einer Fläche mit frischen und sehr umfangreichen Würfen aus dem Frühjahr 2008 (Hengstlberg) waren die erfolgreichen Bruten jedoch wesentlich zahlreicher. Aber auch auf dieser Probefläche wurden neben befallenen, liegenden Stämmen immer auch unbefallene gefunden, und an keinem Baum war Stehendbefall vorhanden.
Prachtkäfer kamen auf allen Flächen vor: Besonders auf der Probefläche Hengstlberg, jedoch auch an den älteren Würfen waren sie sehr häufig und an den befallenen Stämmen oft konzentriert (Abbildung 4). Den Prachtkäfern kommt wegen ihrer erheblichen primären Schadwirkung derzeit die höhere Bedeutung als den Borkenkäfern zu.
Aus den Ergebnissen des Jahres 2008 kann für die sekundär wirksamen Buchenborkenkäfer, besonders den Kleinen Buchenborkenkäfer, keine Tendenz zum Primärschädling abgeleitet werden. Inwieweit sich das erst im zweiten bzw. dritten Jahr nach den Schadensereignissen beobachten lässt, wird kommendes Jahr untersucht.
Danksagung
Die Forschungsarbeiten über Buchenborkenkäfer im Wienerwald werden von der Österreichischen Bundesforste AG und der Biosphärenpark Wienerwald Management GesmbH finanziell unterstützt.
Literatur
Anonymus 2008: Buchenborkenkäfer - Buchenschäden und Klimawandel. In: http://bpww.at/forschung/borkenkaefer/
Steyrer, G. 2007: Trocken- und Hitzeschäden brachten "frühen Herbst". Forstschutz Aktuell, Wien, (41): 32-34.
Tomiczek, Ch., Cech, T. L., Fürst, A., Hoyer-Tomiczek, U., Krehan, H., Perny, B., Steyrer, G. 2008: Forstschutzsituation 2007 in Österreich. Forstschutz Aktuell, Wien, (42): 3-7.
Kontakt
- Gottfried Steyrer, Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW), Institut für Waldschutz, Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, Österreich