Im Kerngebiet des Nationalparks Bayerischer Wald herrscht seit einigen Jahren eine vom Menschen nicht beeinflusste Massenvermehrung des Buchdruckers (Ips typographus). Totholz und abgestorbene Fichten prägen über weite Flächen der Hochlagen das Bild des Waldes. In keinem anderen Gebiet Bayerns wird der Natur soviel Spielraum gewährt wie hier. Das bietet die einmalige Gelegenheit für die forstliche Forschung, vom Menschen unbeeinflusste biologische und ökologische Vorgänge in unserer Heimat zu beobachten.
Ziele
Im Nationalpark fielen vermehrt so genannte "Schlupfwespen" auf. Sie halten sich einerseits auf der Rinde von Käferholz auf, sind aber auch als Kokon im Brutsystem des Buchdruckers zwischen Rinde und Holz zu finden. In einem Kurzprojekt wurde deshalb im Sommer 2002 in Zusammenarbeit von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und der Fachhochschule Weihenstephan untersucht, welche parasitischen Borkenkäferfeinde sich im Nationalpark etablieren konnten. Anhand der Biologie dieser natürlichen Feinde und des Parasitierungsprozentes des Buchdruckers sollte ermittelt werden, inwieweit diese natürlichen Feinde die Buchdruckermassenvermehrung beeinflussen.
Methode
Um diese Frage zu klären wurde eine unter Insektenkundlern gebräuchliche Methode verwendet: Vom Buchdrucker besiedelte Stammstücke (Länge 1 m, Durchmesser 30 cm) wurden in verschiedenen Beständen zur Besiedlung durch Schlupfwespen ausgelegt. Entscheidend ist, dass vom Borkenkäfer besiedeltes Holz eine Lockwirkung auf die Zielinsekten ausübt. Nach ausreichender Expositionszeit werden alle aus diesen Stammstücken schlüpfenden Tiere in extra für diesen Zweck entwickelten Auffangbehältern (so genannte Stammeklektoren) aufgefangen und nach ihrer Artzugehörigkeit bestimmt. Abbildung 1 zeigt eine Reihe dieser Auffangbehälter.
Fang-Ergebnisse
Auf diese Weise wurde die Anwesenheit folgender Borkenkäferparasitoide im Nationalpark Bayerischer Wald festgestellt: Die am häufigsten gefundene Parasitoidenart ist Coeloides bostrichorum, eine Brackwespe, die als häufiger, wichtiger Borkenkäferfeind bekannt ist. Sie sticht mit ihrem langen Legestachel durch die Rinde und betäubt die Wirtslarve, bevor sie ihr Ei auf sie legt. Bis zu ihrer eigenen Verpuppung lebt die Wespenlarve endoparasitisch vom Körper des Wirtes. Die Larve der als Borkenkäferfeind bekannten Erzwespe Roptrocerus xylophagorum lebt ektoparasitisch an Borkenkäferlarven. Das Weibchen dieser Art dringt selbst durch die Einbohrlöcher der Käfer in die Brutsysteme ein, um ihre Eier abzulegen. Auch Rhopalicus tutela ist ein häufiger und wichtiger Larvenparasit. Tomicobia seitneri sticht nicht Larven, sondern erwachsene Käfer zur Eiablage an (Imaginalparasit). Sie ist in ihrer Wirksamkeit schwieriger zu beurteilen als die bisher genannten, da die Käferweibchen trotz Parasitierung noch einen großen Teil ihrer Eier ablegen können. Die Verteilung des Artenspektrums zeigt Abbildung 2.
Typisch für das Weibchen des wichtigen und häufigsten Borkenkäferparasitoiden Coeloides bostrichorum ist der lange Legestachel und der gelb gefärbte Hinterleib. Männchen und Weibchen können erheblich in der Größe variieren, auch die Hinterleibfärbung reicht von kräftig gelb bis schwärzlich. Die nicht so häufig festgestellten Brackwespenarten Rhopalophorus clavicornis und Dendrosoter middendorffi sind viel unscheinbarer. Abbildung 3 zeigt ein Weibchen von Coeloides bostrichorum in der typischen gelben Farbe.
Einfluss auf die Borkenkäfermassenvermehrung
Die Bedeutung der einzelnen Parasitoidenarten als Borkenkäferfeinde ist von biologischen und populationsdynamischen Faktoren bestimmt. Als Kennzeichen für ihren Einfluss dient das Parasitierungsprozent. Es wurde wie folgt berechnet:
Das über die gesamte Fläche gemittelte Parasitierungsprozent ist mit 76 % sehr hoch. Es variiert stark, je nachdem, ob der Ursprung der beprobten Stämme im Kerngebiet oder im Waldschutzgürtel des Nationalparks lag. An einzelnen Waldorten wurde fast die gesamte Buchdruckerbrut durch Parasitoide vernichtet. So betrug z. B. an zwei Waldorten im Kerngebiet (Guglöd, Glashüttenstraße) das Parasitierungsprozent 90,6 bzw. 92,2 %, wogegen im Waldschutzgürtel (Reschbachtal 9,1 %, Schönauer Ebene 9,1 % und Muckenloch 1,2 %) nur geringfügige Parasitierungsgrade ermittelt werden konnten. Die durchschnittliche Zahl der geschlüpften Buchdrucker zu Parasitoiden (pro 1 Meter Stammstück) zeigt die Abbildung 4. In Guglöd vernichteten Coeloides bostrichorum und Roptrocerus sp. Rhopalicus tutela den Großteil der Käferbrut. Tomicobia seitneri und Dendrosoter middendorffi waren dort minimal vorhanden. Am Waldort Glashüttenstrasse hingegen war nur Rhopalicus tutela als Parasitoid wirksam.
Fazit
Die im Nationalpark Bayerischer Wald festgestellten wichtigsten Arten repräsentieren die bekannte Parasitoidenfauna des Buchdruckers. Der Einfluss, den die häufigsten Parasitoide auf Ips typographus haben, kann durchaus ernst genommen werden. Örtlich wurde im Sommer 2002 die Buchdruckerbrut aufgrund des Wirkens der Parasitoide deutlich vermindert.
Was sind Eklektoren?
Eklektoren (griech. "Aufsammler") sind spezielle Geräte, die Zoologen verwenden, um schwer nachweisbare Tiere zu fangen. Meist handelt es sich um Insekten oder Spinnen. Es gibt sehr spezifische Eklektoren, die der Lebensweise und Bewegungsart der Tiere angepasst sind. Luft-Eklektoren fangen Tiere im Flug, mit Boden-Eklektoren sammelt man Tiere, die aus der Erde kriechen. Es gibt unterschiedliche Stamm-Eklektoren für liegende und stehende Stämme, die je nach Baumausformung und Baumstärke Maßanfertigungen sind. Ferner werden die Stamm-Eklektoren unterschieden in Geräte, mit denen man Tiere fängt, die am Stamm entlang laufen bzw. Tiere, die aus der Rinde schlüpfen. Gemeinsam ist allen Eklektoren das Problem der Wasserableitung bzw. der Überhitzung. Die Lösungen sind phantasievoll. Die gefangenen Tiere werden über einen Trichter in ein Gefäß mit Konservierungsflüssigkeit geleitet. Anschließend werden sie bestimmt und ausgezählt.
Literatur
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