2018 wurden Blattverfärbungen und frühzeitiger Blattverlust in ostwestfälischen Buchenbeständen beobachtet. Durch extreme Witterungsverhältnisse und eine Massenentwicklung der Buchenborkenkäfer verliert die Buche an Vitalität. Dies kann zu erheblichen Schäden in betroffenen Wäldern führen.

Der Rotbuchen-Bestand

Im Spätsommer 2018 wurden Blattverfärbungen und frühzeitiger Blattverlust in Buchenbeständen im Forstbetrieb Meier zu Beerentrup, Detmold-Schönemark, beobachtet. Das Laub und die Früchte von Buchen vertrockneten im Kronenraum und waren z. T. im März/April 2019 noch vorhanden. Zudem waren erhebliche Feinreisigverluste, Spießäste und abgestorbene Kronenteile zu erkennen. An vielen Buchen trat Schleimfluss auf, der in schwarzen Flächen auf der Rinde sichtbar war. Punkte mit austretendem Baumsaft wiesen kleine "Erhebungen" auf. Hier hatte der Baumsaft braunes Bohrmehl verklebt (Abb. 2). Unter diesen Stellen waren nach Entfernen der Rinde i.d.R. Fraßgänge des Kleinen Buchenborkenkäfers (Taphrorychus bicolor) sichtbar.

Fraßgänge wurden auch an Stämmen ohne Schleimfluss gefunden. Hier waren ca. stecknadelkopfgroße Bohrlöcher bei sorgfältiger Begutachtung erkennbar und der Bereich unter diesen Rindenpartien intensiv durch Fraßgänge charakterisiert (Abb. 4). Von diesen Schäden waren ca. 60 % der alten Buchen betroffen.

Der Bestand ist im westlichen Teil ein Buchenaltholz, ca. 140-jährig, Ertragsklasse I, geschlossen bis dicht gedrängt; im östlichen Teil ein Buchenaltholz, ca. 120-jährig, Ertragsklasse I,5, geschlossen bis dicht gedrängt. Im Unterstand der Bestände findet sich eine flächige Naturverjüngung aus Buche. Forstliche Eingriffe wurden zuletzt 2017 durchgeführt.

Merkmale des Waldstandortes

Die Flächen befinden sich auf dem Bannenberg, der die Umgebung um 30-50 m überragt und exponierte Lagen insbesondere nach Südwest und Nordost aufweist. Die reale Dauer der Vegetationszeit (Tagesmittel > 10 °C) beträgt ca. 170-180 Tage und erstreckt sich von Anfang April bis Ende Oktober. In dieser Zeit fallen im Mittel der Periode 1961-1990 ca. 375-400 mm Niederschlag (Staka 2005), von dem nach Abzug der Interzeption im langjährigen Mittel ca. 300-350 mm von den Bäumen transpiriert werden können.

Bei den auf der Fläche vergesellschafteten Böden handelt es sich um Rendzinen, Braunerde-Rendzinen und Braunerden verschiedener Entwicklungstiefe. Flachgründige Böden mit einer nutzbaren Wasserspeicherkapazität (nWSK) von 50-75 mm finden sich auf konvexen Hangbereichen, während tiefgründige Böden mit einer nWSK von über 200 mm sich in muldigen Lagen und am Unterhang gebildet haben. Der Gesamtwasserhaushalt der Flächen als Ergebnis der Standortklassifikation ist in Abb. 5 (Szenario 0) dargestellt. Er wurde als trocken bis frisch für den untersuchten Buchenbestand eingeschätzt. Die Mineralstoffversorgung wurde je nach Ausgangsgestein mit mittel (Braunerden) bis gut (Rendzinen und basenreiche Braunerden) bewertet.

Ausgehend von diesen Standortmerkmalen und den Standortansprüchen der Rotbuche wird der untersuchte Bestand als voll standortgerecht eingeschätzt (Abb. 5b, Szenario 0). Auf östlich angrenzenden Flächen (Rendzinen und Baunerde-Rendzinen) mit einem trockenen bis mäßig trockenen Gesamtwasserhaushalt ist die Buche nur als bedingt standortgerecht eingeschätzt worden (Asche 2001). Hier besteht jedoch die Vermutung, dass die Bäume Gesteinsklüfte tief durchwurzeln und somit höhere Bodenwasservorräte nutzen können, als im Rahmen bodenkundlicher oder standortkundlicher Erhebung abgeschätzt wird. Ansonsten ist die auch auf diesen Flächen gute Wuchsleistung der Buche nicht zu erklären.

Lufttemperatur und Niederschlag in der Zeit von 2000 bis 2018

Die klimatischen Gegebenheiten an einem Ort prägen das Erscheinungsbild der sich dort entwickelnden Vegetationsgesellschaften. Ändern sich die klimatischen Kennwerte, so wird sich auch die Vegetation ändern. Da für den Untersuchungsraum Daten einer Wetterstation nicht verfügbar bzw. unvollständig waren, wurden Temperatur- und Niederschlagsdaten der Station Bad Lippspringe des Deutschen Wetterdienstes für den Zeitraum von 2000 bis 2018 ausgewertet. Auch wenn diese Station ca. 15 km westlich der hier betrachteten Flächen liegt, dürften die Daten eine Einschätzung der Flächen am Bannenberg erlauben. Für die hier betrachtete Zeitreihe wurde die monatliche Abweichung der Lufttemperatur bzw. der Niederschläge vom Mittel der Periode von 1961 bis 1990 gebildet. Grün hinterlegt ist dabei das Sommerhalbjahr, rot hinterlegt das Winterhalbjahr. Die Ergebnisse sind in Abb. 6 für die Lufttemperatur und Abb. 7 für die Niederschläge dargestellt.

Aus der Abb. 6 ist deutlich zu erkennen, dass seit Anfang 2000 positive Abweichungen der Lufttemperatur vom langjährigen Mittel von 0,6 bis 2,0 °C in der Vegetationszeit (grüner Hintergrund) gemessen wurden. Im Jahr 2018 überstieg diese Abweichung alle bisher bekannten Werte mit 3,5 °C deutlich. Gleichzeitig lagen die Niederschläge in der Vegetationszeit von 2008 bis 2016 10-30 % unter den Werten, die im langjährigen Mittel erwartet werden können. Die Niederschläge im Sommerhalbjahr 2018 hatten nach den schon hohen negativen Abweichungen im Jahr 2016 die bisher höchste gemessene Abweichung vom Mittel der Periode 1961-1990 mit ca. 40 %. Auch wenn diese Werte nicht aus der unmittelbaren Umgebung des Buchenbestandes stammen, so zeigen sie doch, dass seit 2008 eine deutliche Verschiebung der Witterung bzw. klimatischen Gegebenheiten in Richtung "wärmer und trockener" stattgefunden hat. Derartige über längere Zeit anhaltende, gerichtete Änderungen haben dann auch Auswirkungen auf die in dem Raum vergesellschafteten Ökosysteme.

Klima(Witterungs-)änderungen, Standorttypen und Standortgerechtheit der Rotbuche

Das veränderte Klima bzw. die veränderte Witterung im Raum Detmold hat deutliche Auswirkungen auf den Gesamtwasserhaushalt der Waldstandorte. Um eine Vorstellung von den Auswirkungen derartiger Veränderungen auf den Wald bzw. die Waldstandorte zu bekommen, wurden von der Forstlichen Standorterkundung NRW Klimaszenarien gerechnet (Asche 2017). Nutzt man das Szenario +2 °C und -10 % Niederschlag, kommt es zu einer Verschiebung der Gesamtwasserhaushaltsstufe. Flächen, die unter Nutzung der Klimadaten der Periode 1961-1990 als mäßig frisch eingestuft wurden, werden in dem Szenario den mäßig trockenen Bereichen zugewiesen. Diese Verschiebung hat dann auch Auswirkungen auf die Standortgerechtheit der Rotbuche: Flächen, auf denen sie ursprünglich als bedingt standortgerecht eingestuft wurde, lassen bei den geänderten Standortmerkmalen eine verminderte Vitalität erwarten. Sie wird bei dem hier genutzten Szenario als nicht mehr standortgerecht eingestuft. An Unterhängen und Flächen mit einer hohen nWSK wird die Rotbuche auch bei den veränderten Klimamerkmalen als voll standortgerecht eingeschätzt (Abb. 8). Jedoch sind hier Schäden auch in Jahren mit einer extremen Witterung zu erwarten (Manion 1981) und sind unter den Gegebenheiten des Jahres 2018 eingetreten.

Diskussion

Seit dem Jahr 2006 war die Vegetationszeit im Raum Detmold (und auch an anderen Orten) deutlich wärmer, länger und trockener als im langjährigen Mittel. Diese gerichteten Änderungen über einen längeren Zeitraum von ca. zehn Jahren haben die Elastizität der Waldstandorte und des Buchenbestandes erschöpft. Erschöpft auch deshalb, weil die Winterniederschläge der letzten Jahre die Bodenwasserspeicher nur unvollständig aufgefüllt haben und die Buchenbestände mit verminderten Bodenwasservorräten in die Vegetationszeit gestartet sind. Die extreme Wärme, geringe nutzbare Bodenwasservorräte und die geringen Niederschläge in der Vegetationszeit im Jahr 2018 verschärften die Wuchsbedingungen der Bäume deutlich.

An den Wasserstress in der Vegetationszeit bzw. die veränderte Wasserhaushaltsstufe mussten sich die Rotbuchen anpassen. Diese Anpassung erfolgte bei weniger vitalen Bäumen durch vollständiges Absterben, bei geschwächten durch teilweises Absterben von Kronenteilen. Gleichzeitig traten an geschwächten Bäumen wie oben erwähnt Schleimfluss und der Befall durch den Kleinen Buchenborkenkäfer (Taphrorychus bicolor) auf. Offensichtlich waren diese Bäume nicht mehr in der Lage, den Fraß der Käfer zu "bekämpfen" bzw. bereits letal durch die Trocknis geschädigt.

Durch die extreme Witterung verliert die Buche an Vitalität, während gleichzeitig derartige Bedingungen die (Massen)Entwicklung der Käfer fördern. Sie kann dann von einem unscheinbar in Buchenbeständen lebenden Käfer zu erheblichen Schäden in betroffenen Wäldern führen. Derzeit treten diese Schäden – die zu einer schnellen Entwertung der Buchenstämme führen – nicht nur in den hier betrachteten Waldflächen, sondern auch in zahlreichen anderen Buchenwäldern in Nordrhein-Westfalen auf. Über derartige Schäden wurden bereits in bzw. nach den trocken-warmen Jahren 1976 und 2003 aus Hessen, Bayern und Baden-Württemberg berichtet (HessenForst 2005, Muck 2008, Delb 2012).

Schlussbetrachtung

Die Rotbuche ist eine vitale und konkurrenzstarke Baumart im atlantischen Klimabereich. In Regionen mit einem warmen Klima und häufig wiederkehrenden Trockenperioden lässt ihre Konkurrenzkraft und Vitalität deutlich nach (Ellenberg 1982). Da die ökologische Amplitude der Buche groß ist, kann sie einzelne Witterungsextreme (wie z. B. 2003 mit warm-trockener Witterung) gut überstehen. Halten diese Änderungen aber über einen längeren Zeitraum an (wie im Forstbetrieb Meier zu Beerentrup), so hat dies Auswirkungen auf die Bäume. Dabei dürfte u.a. die für den Frühjahrsaustrieb wichtige Einlagerung von Speicherstoffen am Ende der Vegetationsperiode behindert sein, wenn zu dieser Zeit die Wasserversorgung begrenzt ist. Ist zudem der Wasserstress so groß, dass es zu Embolien im Wassertransportsystem kommt, führt dies zu einer schlechteren Versorgung der photosynthetisch aktiven Blätter, einer geringeren Biomasseproduktion und im Extremfall zum Absterben von Kronenteilen oder ganzer Bäume (Choat et al. 2012, Allen 2010). Schwingt die Witterung nach trocken-warmen Perioden wieder zu der ursprünglichen Wärme- und Niederschlagsverteilung zurück, so dürften sich wenig geschädigte Buchen erholen und an Vitalität gewinnen.

Vitale Verjüngung zeigt auch, dass trotz dieser Anpassungen und Schäden Buchen auf der Fläche ein Element zukünftiger Wälder sein können. Dabei dürfte jedoch die Biomasseproduktion unter den "neuen" trocken-warmen Klima(Witterungs-)merkmalen geringer sein, als die des geschädigten Bestandes, der unter günstigeren Bedingungen aufwuchs.

Literatur

  • Allen, D.C. et al. (2010): A global overview of drought and heat-induced tree mortality reveals emerging climate change risks for forests. Forest Ecology and Management 259: 660-684.
  • Asche, N. (2001): Standortgerechte Baumartenwahl in NRW. AFZ-DerWald 16: 826-829.
  • Asche, N. (2017): Klimawandel verändert Waldstandorte – was kann der Waldbesitzer tun? AFZ-DerWald 22: 15-18.
  • Choat, B. et al. (2012): Global convergence in the vulnerability of forest to drought. Nature 491: 752-755.
  • Delb, H. (2012): Rindenbrüter an Buche nach Trockenheit.
  • Ellenberg, H. (1982): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. Stuttgart.
  • HessenForst (2005): Informationen zum Waldschutz. Nr. 10.
  • Manion, P. D. (1981): Tree desease concept. Prentice Hall Inc. Englewood Cliffs, New Jersey.
  • Muck, M. (2008): Verstärktes Auftreten des Kleinen Buchenborkenkäfers in Bayern. Forstschutz Aktuell 45: 6-8.
  • STAKA (2005): Waldökologische Naturräume Deutschlands. Mitteilungen des Vereins für Forstliche Standortskunde und Forstpflanzenzüchtung, Nr. 43, S. 324.