Zwei fiktive Fälle verdeutlichen, warum Bestattungen in einem Wald sich wachsender Beliebtheit erfreuen:

Als Leo im Alter von 29 Jahren unerwartet an einem Herzversagen starb, war für seine Freundin Barbara klar, dass es keine konventionelle Trauerfeier in der Kirche mit Gottesdienst und anschliessender Beisetzung auf dem Friedhof geben sollte. Ihr Freund war zwar katho­lisch erzogen worden, doch als Erwach­sener pflegte er keinen Bezug mehr zur Kirche. Vielmehr war er am Wochenende oft in der Natur unterwegs, vor allem im Wald. So kam Barbara auf die Idee, die Asche ihres Freundes irgendwo im Freien, wenn möglich unter einem Baum, auszustreuen.

Der 67-jährige Herr Meier hin­gegen, noch gesund und unternehmens­lustig, nahm vor kurzem mit einer Waldbestattungsfirma Kontakt auf und suchte sich seinen Baum selbst aus. Er wählte die Baumbestattung in erster Linie aus ganz praktischen Gründen: Zum einen müssen sich seine Angehörigen auf diese Weise nie um die Pflege eines Grabes kümmern, zum anderen kann er eine Menge Geld sparen und, da er einen Vertrag für einen "Familienbaum" abge­schlossen hat, kann auch die Asche seiner Frau, seiner drei Kinder und des Labra­dors unter diesem Baum bestattet wer­den.

Pietät und Qualität

Sucht man im Internet nach Unterneh­men, die Naturbestattungen anbieten und beispielsweise in einem dafür ausgeschiedenen Wald für eine gewisse Zeit einen Baum zur Verfügung stellen, so wird man schnell fündig. Sie nennen sich "FriedWald", "Oase der Ewigkeit", "Ruhwald Voralp", "Bergwald GmbH", "Seelenfrieden" oder "Waldesruh".

Fritz A. Staible, Geschäftsführer der Firma "Waldesruh, Baum- und Naturbestattun­gen" in Frauenfeld, erklärt, dass es in zirka 95% der Fälle nicht die Angehörigen seien, die sich für eine Waldbestat­tung entscheiden würden, sondern seine Kunden sich ihren Baum häufig selbst aussuchten. "Oft sind es noch kerngesunde Menschen im Alter zwischen 60 bis 80 Jahren, die mit mir Kontakt auf­nehmen. Sie erhalten eine Liste mit den möglichen Bestattungsorten, wählen ihren Lieblingsort aus und gemeinsam machen wir dann eine Waldbegehung."

Die Firma "Waldesruh" hat in der Schweiz über 40 ein bis zwei Hektaren grosse Waldgebiete unter Vertrag, die im Grund­buch der jeweiligen Gemeinde eingetra­gen sind und offiziell als Waldesruh-Platz genutzt werden dürfen. "Pietät und Qua­lität stehen bei uns im Zentrum", betont Fritz A. Staible. Leider sei dies in seinem Gewerbe nicht überall der Fall. "Es gibt Firmen, die gehen mit dem Preis mal rauf, mal runter und kippen, wenn es jemand möglichst billig haben will, den Grossvater auch für Fr. 200.– irgendwo in den Wald."

Das Jahr 2009 sei allerdings nicht erfreulich gewesen. "Für Dinge, die nicht unbedingt benötigt werden, und hierzu gehört natürlich auch ein fast Fr. 5000.– teurer Bestattungsbaum, woll­ten die Leute kaum Geld ausgeben." Und übrigens: Auf der Suche nach weiteren, schönen Bestattungs-Wäldern hatte Fritz A. Staible vor einigen Jahren in der Zeit­schrift "Wald und Holz" ein Inserat ge­schaltet, mit Angabe der Verdienstmög­lichkeiten (siehe Kasten). Das Resultat war ernüchternd: "Kein einziger Waldbesitzer hat sich damals bei mir gemel­det."

Für 99 Jahre geschützt

In der Schweiz dürfen die Angehörigen nach einer Kremation über die Asche des Verstorbenen frei verfügen. Sie können beispielsweise die Urne mit nach Hause nehmen und auf die Wohnwand stellen; sie können die Asche, ohne dafür eine Spezialbewilligung einholen zu müs­sen, selber in einen Fluss oder zu den Wurzeln eines Baumes schütten. Oder aber sie ziehen einen offiziellen Naturbestatter wie die Firma "Waldesruh" bei, deren Wälder im Grundbuch eingetragen sind und daher jeder Baum, um dessen Wurzeln der Verstorbene bestattet wurde, für 99 Jahre vom Waldbesitzer nicht ge­fällt werden darf.

In Deutschland, Österreich oder Italien besteht hingegen ein Friedhofszwang. Dieser schreibt vor, dass eine Beerdigung ausserhalb eines Friedhofsgeländes nicht zulässig ist. Die Bestimmungen werden allerdings seit einigen Jahren gelockert. So ist zum Beispiel in Deutschland die Seebestattung und die Baumbestattung in einem Friedwald gestattet. Auch in Österreich gibt es Diskussionen über eine Lockerung der Gesetze.

Kantonale Unterschiede

Welche Bedingungen für den Betrieb einer letzten Ruhestätte im Wald erfüllt werden müssen, ist in der Schweiz Sache des jeweiligen Kantonsforstamtes. Fritz A. Staible hat sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. "In einem Inner­schweizer Kanton ging alles sehr schnell. Ich handelte mit dem Waldbesitzer einen sogenannten Personaldienstbarkeits-Ver­trag aus, schickte die Unterlagen an das Grundbuchamt und nur wenige Tage später erhielt ich die Bestätigung, dass das Waldstück im Grundbuch eingetragen sei und als Waldesruhe-Platz genutzt werden dürfe."

In anderen Kantonen brauche es hingegen etwas mehr Geduld: In seinem Heimatkanton St. Gal­len finde jedes Mal ein langwieriges Be­willigungsverfahren statt, in dem sowohl das Bauamt der jeweiligen Gemeinde, das kantonale Amt für Raumentwicklung und das Kantonsforstamt involviert seien. Christof Gantner vom Kantonsforstamt St. Gallen bestätig, dass es in jedem Fall eine forstrechtliche Zustimmung brauche. "Die Umnutzung muss im Einklang mit den Waldfunktionen sein. Auch darf bei­spielsweise ein Waldfriedhof das Grund­wasser und die Jagd nicht beeinträchtigen oder an einem Ort entstehen, wo es weit und breit keine Parkplätze und Fuss­wege gibt."

Im Kanton Wallis geht man noch einen Schritt weiter und verbietet die Entstehung von Bestattungswäldern. Der bestimmende Gesetzesartikel findet sich im Gesundheitsgesetz vom 14. Februar 2008, Artikel 129 Absatz 4: "Ausserhalb der Friedhöfe und der dafür von der Gemeindebehörde vorgesehenen Orte ist es kantonsweit verboten, die Asche ver­storbener Menschen gewerbsmässig auf­zubewahren oder zu verstreuen." Trotz dieses Verbots kann jedoch der Forst­dienst eine entsprechende Bewilligung in Form eines Servitutes (bei Kleinanlagen) oder dann einer Rodung (grössere Anlagen) erlassen.

Nachteilige Nutzung

Die Kantonsoberförsterkonferenz (KOK) hat im Juli 2005 ein Mitteilungs­blatt veröffentlicht, welches "mögliche Wege aufzeigen soll, wie kantonale Be­willigungsbehörden die Behandlung von Gesuchen für letzte Ruhestätten im Wald rechtlich einordnen können". Grundbedingung für eine Bestattung im Wald ist die Kremation. Sargbestattungen sind rechtlich ausgeschlossen. Obwohl es in seltenen Fällen vorkommt, dass Angehö­rige die Asche eines Verstorbenen auf eigene Faust im Wald oder auf einer Wiese ausbringen und obwohl dadurch in der Regel keine Probleme für den Grundbesitzer entstehen, begrüsst die KOK die Bestattung in einem geregelten Rahmen über einen gewerbsmässigen Anbieter.

Da es sich bei der Ausbringung der Asche bei den Wurzeln eines Baumes ge­mäss KOK-Mitteilung um eine dauerhafte Bestattungsart handelt und mit einer teil­weisen Neunutzung des Waldbodens verbunden ist, braucht der Anbieter von Baumbestattungen im Grunde genom­men eine Bewilligung. Meistens wird ein Baumbestattungswald als nachteilige Nutzung nach Artikel 16 des Waldgesetzes bewilligt. Voraussetzung ist, dass der Wald weiterhin für jedermann frei zugänglich bleibt. Bauliche Eingriffe wie zusätzliche Wege, Sitzbänke, Hinweis­schilder, Unterstände oder sonstige wald­fremde Anlagen sind in der Regel unter­sagt.

Die eigentliche Bestattungsstätte – also der Ort, wo die Asche ausgebracht oder die Holz-Urne vergraben wird – darf nicht auffällig gekennzeichnet sein. Verboten sind unter anderem Grabsteine, Kreuze, Blumen, Fotos, Kränze oder sonstiger Schmuck. Um den Baum identifizieren zu können, ist in den meisten Kantonen das Anbrin­gen einer Plakette oder eines Schildes mit einer Nummer oder den Initialen des Ver­storbenen im Mass von max. 100 cm2 möglich. Wird für die Bestattung eine Jungpflanze gesetzt, sind standortge­rechte Baumarten zu wählen.

Otmar Wüest, Geschäftsführer der KOK, sagt, dass es seit der Veröffentlichung des Mitteilungsblattes bei der Umsetzung der Bewilligungsverfahren eigentlich nie Probleme gegeben habe. Es sei ihm nicht bekannt, dass je bei einem Kanton eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht worden sei. "Das Blatt bildet eine gute Grundlage, doch im Einzelfall gibt es dennoch von Kanton zu Kanton relativ grosse Unterschiede."

Als eigentlicher Erfinder der Idee, die Asche von Verstorbenen im Wald bei den Wurzeln eines Baumes zu be­statten, gilt Ueli Sauter aus Mammern (TG). Sein patentiertes Geschäftsmodell mit dem Namen "FriedWald" betreibt er seit 15 Jahren und hat es auch erfolg­reich nach Deutschland exportiert.

In der Schweiz umfasst sein Angebot 62 verschiedene Wälder, die eine Fläche von einer bis maximal fünf Hektaren umfassen. Als grösster An­bieter in der Schweiz verkauft er pro Jahr bis zu 130 Bäume zu einem Ein­heitspreis von Fr. 4900.–. "Bei speziell schönen Bäumen kann der Preis aller­dings Fr. 1000.– bis 2000.– höher sein", sagt Ueli Sauter. Der Waldbesitzer bekommt pro Baum Fr. 1500.–. "Einzelnen Waldbesitzern habe ich schon über Fr. 100'000.– überwiesen. Ein gutes Geschäft also; aber nur, wenn man Geduld hat." Ueli Sauter ist an weiteren Waldparzellen interessiert. Er betont, dass schön gelegene Misch­wälder am meisten Erfolg haben. "Wich­tig ist für mich aber nicht nur ein schöner Wald, sondern ich erwarte auch, dass der Waldbesitzer mit Herzblut hinter meiner Idee steht", so Ueli Sauter. Ein weiteres wichtiges Kriterium sind Park­plätze in der Nähe des Waldstücks.

Bei der Firma "Waldesruh" von Fritz A. Staible bewegen sich die Preise in ähnlichem Rahmen: Für einen Baum bezahlt man Fr. 4850.–. Wobei die Baumart und der Stammdurchmesser keinen Einfluss auf den Preis haben; auch für einen Baum, der neu ge­pflanzt wird, ändert sich der Preis nicht. Wie viele Bäume er pro Jahr ver­mittelt, will Fritz A. Staible nicht be­kannt geben. Jedoch macht er kein Geheimnis daraus, wie viel der Wald­besitzer pro Baum erhält. "In der Regel sind es zwischen Fr. 1250.– bis 1480.–. Erfolg haben nur diejenigen Waldbesitzer, die einen speziell schönen Laub- oder Mischwald anbieten kön­nen. Beispielsweise mit Blick auf einen See oder in die Alpen."