Die Lebendlagerung von einzelnen Bäumen oder ganzen Beständen ist kein Konservierungs­verfahren im eigentlichen Sinne, sondern ein Instrument zur holzqualitätserhaltenden Steuerung und Streckung der Aufarbeitung in Kalamitätsfällen.

Die Lebendlagerung soll die Möglichkeit bieten, bei der Aufarbeitungsplanung zwischen vordringlichen, dringlichen und weniger dringlichen Aufarbeitungsbedarf zu unterscheiden und eine Aufarbeitungsreihenfolge festzulegen. Eine gewisse qualitative Entwertung des Holzes ist in jedem Fall zu erwarten und nicht zu vermeiden. Für eine mehrjährige konservierende Lagerung kommt das Verfahren nicht in Frage.

Verfahrensprinzip

Bei einer Lebendlagerung werden angeschobene oder geworfene Bäume für einen bestimmten Zeitraum am Stock belassen, um die vorhandene Arbeitskapazität zunächst in Beständen mit hoher Aufarbeitungspriorität einzusetzen.

Durch das zeitlich befristete Hinauszögern der Aufarbeitung wird versucht, den Wasserhaushalt des Baumes aufrechtzuerhalten und ihn damit am Leben zu halten. Die Austrocknung des Holzes wird so hinausgezögert und die natürliche Abwehrkraft des Baumes ausgenutzt, um den Befall durch Insekten und Pilze zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern

Vorteile

  • Sofort ohne vorherige Aufarbeitung anwendbar.
  • Kein technisches Gerät notwendig.
  • Günstiges und mit wenig Aufwand zu realisierendes Lagerungsverfahren, das es den Forstbetrieb ermöglicht, die verfügbare (knappe) Arbeitskapazität in dringend aufzuarbeitenden Beständen einzusetzen.

Nachteile

  • Durch die eingeschränkte Wasserversorgung ist ein Befall und die Entwertung durch Insekten und Pilze schneller möglich als bei Bäumen mit vollständiger Verankerung.
  • Es besteht kein Einfluss auf die Entwicklung der Feuchtigkeit im Baum. Das Gelingen des Verfahrens ist abhängig von den klimatischen Bedingungen.
  • Die Lebendlagerung ist zeitlich begrenzt und sollte auch bei den als "sehr gut" eingestuften Baumarten nicht über 2 Jahre/ Vegetationsperioden hinaus ausgedehnt werden.
  • Insbesondere die Lebendlagerung von Fichte ist abhängig von der Forstschutzsituation der Umgebung, deshalb sind kontinuierliche Käferkontrollen unerlässlich (siehe Entscheidungshilfe unten).
  • Mit zunehmendem Tannen- bzw. Douglasienanteil in den Beständen entspannt sich die Waldschutz­situation. In Tannen- oder Douglasienbeständen sind längere Lagerzeiten ohne Qualitätseinbußen und ohne großes Käferrisiko möglich. In der Regel sollte sie aber auch bei diesen Baumarten nicht mehr als eine Vegetationsperiode betragen.
  • Das Verfahren erfordert einen hohen Kontrollaufwand und erfahrenes, umsichtiges Personal (Forstschutzbeauftragten). Bei Verschärfung der Forstschutzgefahr muss umgehend reagiert werden können.

Voraussetzungen für das Verfahren

  • Verankerung des Wurzeltellers
    • Wichtigste Voraussetzung: ausreichender Wurzelkontakt der Bäume mit dem Boden. Dazu sollte der Wurzelteller nur leicht angehoben und mindestens 20%, besser 30% der Wurzeln noch in der Wurzelgrube verankert sein. Steht dagegen der Wurzelteller senkrecht zur Wurzelgrube und ist der Baum nur noch mit wenigen Wurzeln mit dem Boden verbunden, kann die Lebendlagerung nicht angewendet werden, da die Bäume innerhalb kürzester Zeit absterben.
  • Lagerort
    • Als vorteilhaft haben sich möglichst schattige Lagen, Nordhänge und Einzelwürfe herausgestellt. Fichten mit flachen Wurzeltellern auf staunassen beziehungsweise wechselfeuchten Standorten sowie Flächen mit hohen Rotfäuleanteilen eigenen sich nicht für die Lebendlagerung.
  • Gesundheitszustand des Baumes
    • Die Bäume dürfen keine größeren Verletzungen im Rindenbereich aufweisen und müssen eine noch grüne, intakte Krone besitzen. Nur Bestände und Flächen mit einem geringem Anteil an gebrochenem Holz sind zur Lebendlagerung geeignet.
  • Waldschutzsituation
    • Insbesondere für eine erfolgreiche Lebendlagerung von Fichte sollte die aktuelle (d.h. schon vor Eintritt des Ereignisses vorhandenen) Borkenkäferpopulation möglichst klein sein.
  • Kontrolle und Dokumentation der Sturmflächen auf Käferbefall
    • Wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Lebendlagerung ist die regelmäßige Kontrolle der Sturmflächen auf Käferbefall und die Dokumentation derselben. Die Forstbetriebe müssen in der Lage sein, eine Verschärfung der Forstschutzsituation frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Die Delegation dieser Tätigkeiten an einen speziell für diese Aufgaben frei gestellten Waldschutzbeauftragten auf Forstbezirksebene wird stark betroffenen Forstämtern unbedingt empfohlen und hat sich im Rückblick sehr bewährt.

Lebendlagern oder Aufarbeiten?

Baumarteneignung

Einzelne Baumarten sind für die Lebendlagerung unterschiedlich gut geeignet:

Tab. 1: Baumarteneignung.
Baumart/ HolzverwendungEignungmax. LagerdauerVegetationsperioden
Douglasiesehr gut12 (– 24) Monate2 Vegetationsperioden
EicheSehr gut - gut12 (– 24)Monate2 Vegetationsperioden
Fichte/ (Tanne)gut - geeignet12 (-15) Monate bei Fichte Bläuegefahr1 Vegetationsperiode/2 Winter
Kiefergut - geeignet12 Monate Bläuegefahr1 Vegetationsperiode
Buchegut - geeignet6 (- 12) Monate1 Vegetationsperiode
BuntlaubholzgeeignetKeine Angabe. Es besteht Bläuegefahr-
Lärchen-Stammholzungeeignet--

Bisherige Erfahrungen

  • Als vergleichsweise günstig für die spätere Schnittholzqualität hat sich in der unten genannten Untersuchung die Lebendlagerung auf frischen, gut wasserversorgten Standorten gegenüber trockeneren Standorten herausgestellt. Im Rahmen der Sturmschadensbewältigung nach "Lothar" in Baden-Württemberg wird vereinzelt aber auch von einem Vorteil auf trockeneren Standorten berichtet.
  • Einzelbäume bzw. Streuschäden (im Schatten) scheinen besser zur Lebendlagerung geeignet zu sein als Flächenwürfe, was in den Untersuchungen der u. g. Veröffentlichung aber nicht eindeutig belegt werden konnte.
  • Nach bisherigen Erfahrungen sind Bestände an Nord- oder Nordosthängen besser zur Lebendlagerung geeignet als Bestände an Süd- bzw. Südwest- oder Westhängen und Ebenen. Ergänzend muss jedoch nach neueren (aber nicht wissenschaftlich belegten) Erfahrungen hinzugefügt werden, dass bei hangabwärts geworfenen Fichtenbeständen an Nord‑/Osthängen ein häufigeres Befallsrisiko von Insekten bzw. ein häufigerer Qualitätsverlust des Holzes festgestellt wurde. Der Grund für dieses Phänomen ist anscheinend die Abtrocknung des Wurzeltellers, da die Unterseiten der Wurzelteller der starken Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind.
  • In Rheinland-Pfalz haben Untersuchungen zur Lebendlagerung von Sturmwurfholz nach den Stürmen "Vivian und Wiebke" 1990 die grundsätzliche Eignung verschiedener Baumarten gezeigt (Eisenbarth, 1995 und Bücking, Eisenbarth und Jochum,1997).
  • Den Ergebnissen zufolge kann für Fichten und Kiefern aus Wintersturmwürfen die Lebendlagerung bis zu einem Jahr nach dem Ereignis empfohlen werden. Als Voraussetzungen werden von den Autoren ein geringer Anteil an Bruchholz, eine normale bis niedrige Borkenkäferpopulation sowie eine möglichst verletzungsfreie Rinde der Bäume (keine extremen Verletzungen) genannt.
  • Als vergleichsweise günstig für die spätere Schnittholzqualität hat sich in der vorliegenden Untersuchung die Lebendlagerung auf frischen, gut wasserversorgten Standorten gegenüber trockeneren Standorten herausgestellt. Aus den Ergebnissen der Untersuchung konnte jedoch nicht geklärt werden, inwieweit vorrangig Einzel- bzw. Nesterwürfe vor Flächenwürfen aufzuarbeiten sind. In jedem Fall sollte die Aufarbeitung vor dem Schwärmbeginn der Forstschädlinge in der nach dem Sturm folgenden zweiten Vegetationsperiode abgeschlossen sein.
  • In der Versuchsreihe konnte auch die Lebendlagerung von Douglasie, Eiche und Buche untersucht werden. Aufgrund verschiedener Rahmenbedingungen und des geringen Stichprobenumfangs können die Ergebnisse bei der Douglasie nicht als gesichert gelten, die Erfahrungen sind jedoch insgesamt sehr positiv. Demnach hat selbst eine 5-jährige Lagerungsdauer keine nachteiligen Einflüsse auf die Qualität des Douglasien-Rundholzes und der daraus erzeugten Schnittholzware ausgeübt.
  • Auch bei der Eiche kann die Lebendlagerung in Katastrophenfällen zur Werterhaltung des Holzes eingesetzt werden, vorausgesetzt die Lagerung dauert nicht länger als ein Jahr. Gegenüber der Haufenpolterung weist die Lebendlagerung deutlich günstigere Ergebnisse auf.
  • Auch aus den Ergebnissen mit Buchen-Versuchsflächen lässt sich zusammenfassend eine gute Eignung der Buche zur Lebendlagerung ableiten, wenn das Sturmholz aus Wintersturmwurf stammt und nicht länger als bis zur auf den Sturmwurf folgenden Vegetationsperiode lebendgelagert wird. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass es auf Freiflächen bei der Buche zu größeren Qualitätseinbußen kommt, unter Schirm hingegen bleiben diese im ersten Jahr marginal.

Literatur

  • Eisenbarth, E. (1995): Schnittholzeigenschaften bei Lebendlagerung von Rotbuche (Fagus sylvatica L.) aus Wintersturmwurf 1990 in Abhängigkeit von Lagerart und Lagerdauer. Mitteilungen aus der Forstlichen Versuchsanstalt Rheinland-Pfalz Nr. 33/95, 211 S.
  • Mahler, G.; Schröter, H.; Seemann, D.; Wurster, M. und Textor, B. (2000): Lebendlagerung muss ein Teil der Strategie werden! AFZ - Der Wald 9/2000 S. 452-453.

Ratgeber Forstliches Krisenmanagement

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