Forstliches Vermehrungsgutgesetz seit 2003 neu
Das erst seit 1996 bestehende Forstliche Vermehrungsgutgesetz wurde mit Jahresbeginn 2003 durch eine weitgehend neu gestaltete Gesetzgebung ersetzt. Ziel war neben der Sicherung der Versorgung des Marktes mit Vermehrungsgut die Begrenzung des Verwaltungsaufwandes für Forstsamen- und -pflanzenbetriebe sowie Ernteunternehmer.
Neue Baumarten
Wesentlich ist die Erweiterung der gesetzlich geregelten Baumarten. Die EU-Liste enthält auch Baumarten, die für die Abgabe an Endverbraucher in Österreich bedeutungslos sind. Nachdem jedoch die heimische Produktion dieser Baumarten für ausländische Konsumenten nicht ausgeschlossen werden soll, sind alle Arten der EU-Liste übernommen worden. Weymouthskiefer (Pinus strobus) wurde gestrichen.
Folgende "neue" Baumarten sind für die Verwendung in Österreich von Bedeutung: Spitzahorn (Acer platanoides), Grauerle (Alnus incana), Birke (Betula pendula), Moorbirke (Betula pubescens), Hainbuche (Carpinus betulus), Edelkastanie (Castanea sativa), Quirl-Esche (Fraxinus angustifolia), Zerreiche (Quercus cerris), Robinie (Robinia pseudoacacia) und Sommerlinde (Tilia platyphyllos).
Da für diese Baumarten noch keine Saatgutbestände verfügbar sind, die eine Vermarktung der Kategorie "ausgewähltes Vermehrungsgut" ermöglichen, kann ihr Saatgut (und nur dieses) aus einheimischen Saatgutquellen der neuen Kategorie "quellengesichertes Vermehrungsgut" gewonnen werden. Der Unterschied: Eine Begutachtung durch das Bundesamt für Wald fehlt bei der Variante "quellengesichert".
Kategorien von AusgangsmaterialQuellengesichert (Farbe gelb): Ausgangsmaterial sind Saatgutquelle oder Erntebestand. Zulassungseinheit sind Waldflächen innerhalb einer Höhenstufe eines Herkunftsgebietes. Diese Kategorie stellt die geringsten Anforderungen, es wird keine Begutachtung durch das Bundesamt für Wald (BFW) vor der Gewinnung von Vermehrungsgut benötigt. |
Als Zulassungseinheit gilt die gesamte Waldfläche innerhalb einer Höhenstufe eines Herkunftsgebietes. Weiters ist anzugeben, ob es sich bei dem Ausgangsmaterial um autochthones, nicht autochthones oder unbekannten Ursprungs handelt. Bei nicht autochthonem ist der Ursprung anzuführen.
Auch die Gewinnung von "quellengesichertem" unterliegt der behördlichen Kontrolle durch die Bezirksforstinspektion (BFI). Waldflächen oder Einzelbäume (etwa ohne Bestäubungspartner) können von der Beerntung ausgeschlossen werden, wenn auf Grund offensichtlicher Mängel hinsichtlich Stabilität, Angepasstheit, Widerstandsfähigkeit und Produktivität oder wegen phänotypischer oder genetischer Merkmale die Nachzucht bedenklich ist. Vermehrungsgut von Baumarten, die schon bisher gesetzlich geregelt waren und für die daher ausreichend "ausgewählte" Saatgutbestände behördlich zugelassen wurden, können nicht als "quellengesichert" abgegeben werden. Dies gilt auch für Vermehrungsgut aus anderen Mitgliedsstaaten.
Sicherung der Identität
Die Weitergabe nicht sichtbarer genetischer Eigenschaften forstlichen Saat- und Pflanzguts, das gewerbsmäßig national oder international in den Handel kommt, kann nur durch eine eindeutige und nachvollziehbare Kennzeichnung der Identität erreicht werden. Daher ist vorgesehen, dass das Vermehrungsgut von der Gewinnung bis zur Lieferung an den Endverbraucher durch ein anerkanntes System klar identifizierbar bleibt. Kontrollen der registrierten Lieferanten sind regelmäßig durchzuführen. Neben der gegenseitigen Amtshilfe innerhalb der Mitgliedsstaaten sind auch Vor-Ort-Kontrollen durch Sachverständige der Kommission vorgesehen. Wesentliche Grundlage dafür ist die Einführung des Stammzertifikats, das den bisherigen Begleitbrief ersetzt.
Anerkennung von Saat- und Pflanzgut entfällt
Einsenden von Saatgutproben zwecks Anerkennung vor der Vermarktung, jährliche Inspektion und behördliche Anerkennung von Pflanzgut im Forstpflanzenbetrieb entfallen, nicht jedoch das Schicken der Einzelbaumproben bei der Beerntung an das BFW; nur bei der Gewinnung quellengesicherten Vermehrungsgutes ist dies nicht notwendig.
Selbstverständlich wird künftig nicht auf die bei Saatgut notwendige Kennzeichnung der Qualitätsmerkmale verzichtet (Reinheit, Keimfähigkeit, Tausendkorngewicht, Anzahl keimfähiger bzw. lebensfähiger Samen je Kilogramm des in Verkehr gebrachten Saatguts). Diese Merkmale sind von einem akkreditierten Samenlabor zu ermitteln.
Betriebskontrollen werden künftig verstärkt: Verarbeitungsbetriebe, Forstsamen- und -pflanzenhandlungen sind zumindest jährlich, Forstpflanzenbetriebe zumindest alle drei Jahre zu kontrollieren. Auch die Strafbestimmungen wurden verschärft; so wird die Verfälschung der Herkunftsbezeichnungen oder der Stammzertifikatsnummer mit hohen Verwaltungsstrafen geahndet.
Artreinheit von Saatgut
Die Regelung zur Artreinheit von Saatgut ist künftig praxisnäher: Mit Ausnahme eng verwandter Arten wird eine Artreinheit von mindestens 99% gefordert. Bei eng verwandten Arten wie Stiel- und Traubeneiche sind auch geringere Werte erlaubt, es sind nur die Mischungsanteile anzugeben.
Vegetatives Vermehrungsgut
Vegetativvermehrungen haben in Österreich vor allem für Pappel Bedeutung. Durch Einführung des Stammzertifikats und Entfall des Anerkennungsverfahrens erfolgt auch die Gewinnung von vegetativem Vermehrungsgut mit Kontrolle und Ausstellung des Stammzertifikats durch die Bezirksforstinspektion.
Besonderer forstlicher Zweck
Künftig ist es erlaubt, bei Zulassungen von Ausgangsmaterial "besondere forstliche Zwecke" anzugeben. Ein Beispiel sind ausgewählte Erntebestände zur Nachzucht von Vermehrungsgut für extreme Schutzwaldstandorte, wo Merkmale der Angepasstheit und Widerstandsfähigkeit im Vordergrund stehen.