Immer im Frühjahr kommt auf zahlreiche körperschaftliche und private Waldbesitzer in Deutschland die Aufgabe zu, Zahlen über ihren Wald und ihr wirtschaftliches Handeln im Vorjahr zusammenzustellen und in eine elektronische Datei einzutragen. Welchen Zweck die Erhebung hat und welche Rolle das Testbetriebsnetz in der Politik und in der forstlichen Betriebsführung spielt, ist oft nur den Bearbeitern und den Nutzern der Ergebnisse bekannt. Dabei dienen die Auswertungen vielerlei Zwecken und können auch von Außenstehenden abgefragt werden.

Eines von mehreren bundesweiten Netzen

Das Testbetriebsnetz Forstwirtschaft hat eine für forstliche Verhältnisse kurze Tradition. Es entstand aus einer freiwilligen Erhebung, die seit 1951 vom Deutschen Forstwirtschaftsrat durchgeführt und ab dem Jahr 1976 vom heutigen Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) fortgeführt wurde. Es ist eines von mehreren bundesweiten Testbetriebsnetzen des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL). Andere Netze bestehen z.B. für die Landwirtschaft, für den Weinbau oder für die Fischwirtschaft.

Teilnehmer sind Betriebe mit mehr als 200 ha Wald

Im forstwirtschaftlichen Netz werden jährlich die Wirtschaftsdaten körperschaftlicher und privater Forstbetriebe mit mehr als 200 Hektar forstlicher Betriebsfläche sowie der Staatsforstbetriebe erfasst. Das BMVEL gibt die Mindestzahl der zu erfassenden Betriebe und den Umfang der Datenerhebung vor. Die Bundesländer sind für die Organisation und Durchführung der Erhebung verantwortlich. In Baden-Württemberg hat diese Aufgabe die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg übernommen. Sie erhält von den teilnehmenden Betrieben die ausgefüllten Erhebungsdateien, prüft sie und leitet die anonymisierten Daten an das BMVEL weiter. Die Teilnahme der privaten und körperschaftlichen Waldbesitzer ist freiwillig. Daher schwankt die Anzahl der teilnehmenden Betriebe von Jahr zu Jahr leicht. Im Forstwirtschaftsjahr 2003 zum Beispiel haben sich bundesweit 343 Betriebe beteiligt, davon 109 Betriebe aus Baden-Württemberg. Für den privaten Waldbesitz unter 200 ha unterhält die FVA Baden-Württemberg ein eigenes Testbetriebsnetz Kleinprivatwald.

Ablauf der Datenerhebung

Die Erhebung folgt einer Verbuchungssystematik, die vom Deutschen Forstwirtschaftsrat empfohlen wurde (DFWR 1998). Bei der Betrachtung der Forstbetriebe wird vom Unternehmenskonzept ausgegangen. Alle zum Unternehmen gehörenden Tätigkeitsfelder werden einbezogen und nach Produktgruppen und Produktbereichen strukturiert.

In Baden-Württemberg ist der Erhebungsbogen eine Excel-Datei mit mehreren Tabellenblättern. Sie ist die zentrale Arbeitsgrundlage, in welche die betrieblichen Daten des betreffenden Forstwirtschaftsjahres eingetragen werden. Die Datei, die von der FVA zu Ende des Forstwirtschaftsjahres versendet wird, muss bis Ende Juli des Folgejahres an die FVA zurückgeschickt werden. Diese prüft die Angaben in der Datei und leitet die anonymisierten Daten an das BMVEL weiter.

In der Regel wird ein Betrieb beim Ausfüllen von der lokalen Forstbehörde tatkräftig unterstützt. Auch die FVA berät die Betriebe beim Ausfüllen, jedoch meist telefonisch und nur ausnahmsweise persönlich vor Ort. Der Zeitbedarf für das Zusammenstellen der Daten und das Ausfüllen des Bogens beträgt nach Aussagen von Teilnehmern ungefähr 5 bis 8 Stunden. Beim ersten Mal muss jedoch mit einem deutlich höheren Aufwand gerechnet werden. Für alle Bearbeiter wird jedes Jahr eine eintägige kostenlose Schulungsveranstaltung an einem zentralen Ort angeboten. Sie findet in der Regel Anfang März in Stuttgart statt.

Informiert die Politik über die Lage der Forstwirtschaft

Die Ergebnisse des Testbetriebsnetzes Forstwirtschaft fließen ein in die Agrarberichte der Bundesregierung. Dies ist die originäre Aufgabe des Netzes, wofür der Bund Vergütungen und Prämien bezahlt. Zukünftig werden sie über das Instrument der "Forstwirtschaftlichen Gesamtrechnung" auch in das "Europäische System Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung" eingehen. Die Daten sind damit eine wichtige und häufig zitierte Grundlage für forstpolitische Diskussionen und Entscheidungen auf Bundes- und europäischer Ebene.

Zusätzliche Auswertungen auf Landesebene

In Baden-Württemberg kommt ein zusätzlicher Nutzen hinzu: Auf Grund der hohen Zahl an teilnehmenden Betrieben - aktuell sind es über 100 Betriebe - ist es der FVA möglich, eigene Auswertungen auf Landesebene zu erstellen. Diese Ergebnisse werden seit 1976 in Form von Zeit- und Querschnittsvergleichen veröffentlicht und dienen als Argumentationshilfen in der Politik, bei der Verbands- und Verwaltungsarbeit sowie für wissenschaftliche Untersuchungen.

Hoher betrieblicher Nutzen für die Teilnehmer

Aber auch die Teilnehmer selbst - und das ist für den Bestand des freiwilligen Netzes außerordentlich wichtig - haben einen zusätzlichen und oftmals entscheidenden Nutzen davon. Sie erhalten nicht nur ihre Jahresreihen, welche die Entwicklung des eigenen Betriebes dokumentieren, sondern auf Wunsch auch Querschnittsvergleiche, die in Absprache mit dem jeweiligen Betrieb individuell zugeschnitten werden. Diese speziellen Auswertungen werden aktuell immer häufiger in Anspruch genommen. Sie vergleichen die Entwicklung eines bestimmten Betriebes mittels Tabellen und Abbildungen mit einem Kollektiv ähnlich zusammengesetzter Betriebe. Diese Informationen werden oft verwendet, um die Lage des eigenen Betriebs darzustellen, z.B. im Gemeinderat oder vor Besuchergruppen.

Wo steht mein Betrieb?

Die Informationen in Form von vergleichenden Kennzahlen liefern auch die Grundlage für Analysen und Diskussionen der eigenen Stärken und Schwächen sowie für eine laufende Verbesserung der Strukturen und Abläufe im eigenen Betrieb. Für dieses Verfahren, welches im betriebswirtschaftlichen Sprachgebrauch als "Benchmarking" bezeichnet wird, reichen die Zahlen allein natürlich nicht aus. Für eine zutreffende Interpretation der Kennzahlen und vor allem für Entscheidungen über Maßnahmen bedarf es zusätzlich genauer Kenntnisse über den Betrieb und sein Umfeld, die jedoch in Person des Bewirtschafters, des Betriebsleiters oder des Eigentümers vorhanden sind. Für die laufende oder unterjährige Steuerung, wie es zum Beispiel das Controlling für sich in Anspruch nimmt, ist das Testbetriebsnetz nicht konzipiert. Das Testbetriebsnetz liefert aber eine hervorragende Datengrundlage für detaillierte Analysen und bildet damit den Ausgangspunkt für die weitere strategische Ausrichtung des Betriebes.

Angebote der FVA Baden-Württemberg werden ausgebaut

Die Ergebnisse der Auswertung auf Landesebene werden von der FVA jährlich veröffentlicht. Auf Wunsch werden die kompletten Berichte oder Auswertungen zu einzelnen Themen per Post oder E-Mail versandt. Teile der angesprochenen Auswertungen auf Landesebene sollen zukünftig auch über die Internet-Seiten der FVA abrufbar sein. Dabei werden in jedem Fall nur Ergebnisse von Kollektiven veröffentlicht, die keinen Rückschluss auf einen Einzelbetrieb zulassen. Der Grund ist, dass Daten oder Auswertungen, bei denen ein Zusammenhang mit einem bestimmten Betrieb hergestellt werden kann, von der FVA nicht weitergegeben werden. Ausnahmen davon (z.B. für den direkten Vergleich von Betrieben) sind nur möglich, wenn die ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Eigentümers des betreffenden Forstbetriebs vorliegt.

Daneben stellt die FVA ihre Kenntnisse auch in einer weitergehenden Form zur Verfügung, sei es in Form einer persönlichen Beratung vor Ort, von Vorträgen oder einer ausführlichen Betriebsanalyse. Bei Interesse an einer Teilnahme am Testbetriebsnetz, an speziellen Auswertungen oder an sonstigen Dienstleistungen im Zusammenhang mit betriebswirtschaftlichen Fragen gibt die Abteilung Forstökonomie der FVA gerne Auskunft.

Literatur

  • Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (2004): Testbetriebsnetze der Forstwirtschaft in Baden-Württemberg. Betriebswirtschaftliche Ergebnisse der Waldbesitzarten im FWJ 2001 und 2002. Freiburger Forstliche Forschung, Berichte, Heft 55.