Der Wald wächst von alleine. Und weil stärkeres Holz bis zu einer gewissen Dimension höhere Erlöse erzielt, wächst auch der Wert eines Waldbestands langsam, aber zuverlässig an – ganz analog zu der Einlage eines Sparbuchs. Allerdings überlagern dies die Konkurrenz zwischen Bäumen, die Steuerung durch Eingriffe sowie unterschiedliche Risiken verschiedener Baumarten und Behandlungsvarianten. Es braucht also doch eine steuernde Hand, um Wirtschafts-, Erholungs- und Schutzinteressen im Wald gleichzeitig zu berücksichtigen.
Jedes Jahr eigenes Brennholz?
Kleinstprivatwaldbesitzer nutzen den Wald oft als Brennholzlieferanten. Bei einem Verbrauch von etwa zehn Erntefestmetern würde – rein rechnerisch – der jährliche Zuwachs eines Hektars für die Versorgung ausreichen. Allerdings kann der Zuwachs nicht jährlich in dieser Höhe genutzt werden, da "Holz nur an Holz wächst". Man braucht also mehrere Bestände in unterschiedlichen Altersklassen, um jährlich gleichbleibende Nutzungen zu ermöglichen. Bei überwiegend gleichalten Beständen wird daher für jedes Alter die gleiche Flächenausstattung angestrebt. Dann könnte in jedem Jahr die jeweils älteste Fläche geerntet werden (Abb. 1). Dadurch ergibt sich eine Kontinuität der Nutzung, bei der man nicht mehr nutzt als nachwächst. Für den vielerorts als Altersklassenwald strukturierten Kleinstprivatwald kann das allerdings kein Ziel sein.
Bei einem "Sparbuch Wald" besteht also meist keine jährliche Nutzungsmöglichkeit. Man könnte höchstens die Erträge aus der Waldbewirtschaftung auf einem Sparbuch anlegen, um deren Auszahlung über die Zeit zu strecken – beispielsweise für einen Brennholzkauf trotz eigenem Waldbesitz.
Kleinstprivatwald ist also etwas, auf das man zurückgreifen kann, mit dem aber nicht die täglichen Ansprüche gedeckt werden. Wenn außer der Reihe Geld benötigt wird, können Durchforstungen oder Endnutzungshiebe durchgeführt werden. Der Wald dient damit als Liquiditätsreserve. Diese Art der Bewirtschaftung bezeichnet der Förster als "aussetzenden Betrieb". Aber kann man den Wald einfach wachsen lassen, bis man irgendwann Holz oder Geld benötigt?
Durchforsten = Nutzen + Rendite erhöhen
Der Zuwachs ist in gleichaltrig aufgebauten Beständen nie konstant: Er hängt von Baumart, Bestandsdichte, Alter, Boden und Klima ab. Hiervon können die Baumartenzusammensetzung und die Bestandsdichte durch Durchforstungen beeinflusst werden. Zudem kann man mit der Durchforstungsart steuern, ob sich der Zuwachs auf wenige Bäume konzentriert oder ob er tendenziell eher über alle Bäume verteilt wird. Prinzipiell wirken sich aber alle Durchforstungsarten finanziell vorteilhaft aus, wenn auch in unterschiedlichem Maß. Das liegt an folgenden Punkten:
Realisierung von Gewinnen
Der Zuwachs ist die natürliche Verzinsung von Waldboden und Waldbestand. Durchforstungen bringen Zwischenerträge für die aktuelle Waldbesitzergeneration, Erträge aus der Endnutzung kommen nur etwa jeder dritten Generation zu Gute.
Wertsteigerung am verbleibenden Bestand
Durch Hochdurchforstungen werden die vitalsten Bäume gezielt gefördert. Deren Durchmesserzuwachs steigt überdurchschnittlich an, größere Stärkeklassen werden schneller erreicht.
Zunahme bei den Zieldurchmessern
Optimale Zieldurchmesser sind in hoch- oder stark niederdurchforsteten Beständen größer als in nur schwach niederdurchforsteten oder nicht durchforsteten Beständen. Das führt zu stärkeren Holzsortimenten in der Endnutzung. Die verbleibenden Bäume gehören zu den vitalsten, wachsen durch die verminderte Konkurrenz besser und erreichen schneller stärkere Dimensionen. Dieser Mehrzuwachs ist bei den ersten Durchforstungen größer als der "verlorene" Zuwachs der gefällten Bäume.
Die Rentabilität eines Bestands steigt durch Durchforstungen also an, bis die Wachstumsreaktionen der geförderten Bäume nur noch schwach ausfallen. Folglich kann die Rentabilität mit Durchforstungen angehoben werden. Die Rentabilität fällt mit zunehmenden Zieldurchmessern ab, Durchforstungen heben die Rentabilität an (Abb. 2). Der finanziell optimale Zieldurchmesser liegt in dem Punkt, in dem die Rentabilitätskurve die Rentabilitätsanforderungen des Waldbesitzers schneidet. Durchforstungsbedingt wird in Abb. 2 der Zieldurchmesser von Punkt BHD 1 auf Punkt BHD 2 heraufgesetzt.
Die genannten Vorteile von Durchforstungen gelten aber nur, wenn der betrachtete Waldbestand stabil ist!
Durchforsten = Risiken aktiv managen
Keine Geldanlage ist ohne Risiko! Auch dem Wald können Stürme, Borkenkäfer, Schneebruch, Trockenschäden und andere Störungen zu schaffen machen. Darüber hinaus spielen Alters-, Baumarten- und Vorratsstruktur eines Waldes eine bedeutende Rolle. Da Bäume mit zunehmendem Alter Umweltrisiken länger ausgesetzt sind, erleben beispielsweise nur 69 Prozent der Fichten das Alter 100, bei der Buche sind es 90 Prozent (Abb. 3).
Auch der Pflegezustand eines Waldes wirkt sich auf die Ausfälle aus. Richtig geführte Pflegeeingriffe wirken stabilitätserhöhend, weil die Einzelbäume für sich genommen stabiler werden. Diese Einzelbaumstabilität ist Grundvoraussetzung für eine Waldwirtschaft, bei der der Waldbesitzer und nicht ein Schadereignis über Nutzungen entscheidet. Schließlich soll das Holz geerntet werden, wenn der Eigentümer will und nicht wenn der Sturm bläst.
Die Verbesserung der Stabilität ist aber nicht risikolos: Waldbestände sind in den Jahren nach der Durchforstung zunächst etwas anfälliger, da die Bestandsstabilität zurückgenommen wurde und die Einzelbaumstabilität erst durch das folgende Wurzel- und Dickenwachstum erhöht wird. Das ist besonders bei nachholenden Pflegeeingriffen in fortgeschrittenem Alter der Fall, weil die Reaktionsfähigkeit der Einzelbäume dann schon geringer ist. Durchforstungen in jungem Alter wirken dagegen nur geringfügig destabilisierend. Hier reagieren die Einzelbäume schneller und sind wegen ihrer niedrigeren Höhe geringen Belastungen ausgesetzt. Das Risiko steigt bei Beständen ab etwa 25 Metern Baumhöhe, gerade wenn sie zuvor nicht gepflegt wurden. Weitere Risiko erhöhende Faktoren sind:
- nässebeeinflusste Standorte
- hoher Fichtenanteil bzw. geringer Mischungsanteil
- geringes Bekronungsprozent (< 20-25 %) und / oder h/d-Verhältnis > 85
- kurze Dauer seit dem letzten Eingriff
- große Entnahmemengen
In solchen Fällen wird zu schwächeren, vorsichtigeren und eher häufigeren Eingriffen geraten.
Verzichtet man auf Durchforstungen, verliert man also nicht nur direkt Geld, sondern – schlimmer noch – für das restliche Bestandsleben steigen auch die Risiken.
Durchforstungen zahlen sich aus
Folglich muss der Risikovorsorge eine besondere Bedeutung beigemessen werden, um
- selbstständig über Nutzungen entscheiden zu können,
- dabei finanziell vorteilhaft zu handeln und
- eine möglichst große waldbauliche Freiheit für die Zukunft zu erhalten.
Für die Risikovorsorge in der Forstwirtschaft sind besonders wichtig:
Stabilisierung durch Durchforstungen
Frühe Durchforstungen sind zur Stabilisierung hilfreicher als späte, da junge Bestände schneller und stärker reagieren. Das Risiko der kurzfristigen Destabilisierung ist dann deutlich geringer. Ziel sind
- strukturierte Bestände
- stabile Einzelbäume
Streuung natürlicher Risiken durch Mischung
- verschiedener Sortimente angepasster und klimagerechter Baumarten,
- und bestenfalls auch durch verschiedene Alter (= strukturierte Bestände)
Abpuffern von Holzmarktrisiken
- durch kontinuierliche Holzeinschläge (durchschnittlicher Holzpreis)
- durch Kombination mit einem Einschlag ab bestimmten Schwellenpreisen
Keine Scheu vor der Endnutzung
Mit Durchforstungen kann man Risiken senken und die Rendite erhöhen. Dieses Spiel geht beim Altersklassenwald allerdings nicht ewig. Hier können sich die Effekte im fortgeschrittenen Alter umkehren. Dann gilt: Wer wenig nutzt, kann viel verlieren! Denn je älter die Bäume werden, desto größer ist das Schadrisiko. Für einen privaten Waldbesitzer ist es gar nicht so einfach, den Übergang in die Endnutzung zu finden. Was man lange wachsen sah, will man ja auch nur ungerne umschneiden – und was bleibt dann für die nächsten Jahre? Dieses Dilemma ist im Kleinstprivatwald allgegenwärtig, wenn dieser als gleichaltriger Bestand aufgebaut ist.
Die abwartende Haltung ist problematisch, weil die Nutzung des Altbestands die Rahmenbedingungen für die Begründung des Folgebestands vorgibt. Wer zu lange wartet hat keine Wahl mehr und kann nur noch reagieren. Daher tendieren größere Forstbetriebe zu einem früheren Übergang in die Verjüngungsphase. Damit kann das Naturverjüngungspotential und die pflegende und differenzierende Wirkung des Altbestandes auf die Verjüngung genutzt werden, ein kostensenkender positiver Nebeneffekt. Ein Eintritt in die Verjüngungsphase durch kleine Femellöcher im Alter von 30 bis 40 Jahren ist ein guter Einstieg in die Überführung zu Plenterstrukturen.
Optimal: der Plenterwald
Im Plenterwald kann man auch auf kleiner Waldfläche jährlich Holz nutzen. Aber auch eine mehrjährige Hiebsruhe wirkt sich im Plenterwald erst später negativ auf die Stabilität und den Zuwachs aus. Das Nebeneinander aller Baumalter verschiedener Baumarten ist auch finanziell von Vorteil. Die Mischungen von Baumarten und Produktionszeiten bilden einen natürlichen Risikoschutz; zugleich kann die Hiebsreife jedes Einzelbaumes optimal ausgenutzt werden.
Für den Kleinstprivatwald wäre ein Plentersystem daher aus naturalen und finanziellen Gründen optimal. Da ein Plenterwaldsystem aber nicht mit allen Baumarten funktioniert, kann es nicht für jede Region als waldbauliche Zielvorstellung dienen.
Fazit: Sparbuch Wald statt Risikopapier
Durchforstungen sind wichtig und haben viele Vorteile: Sie bringen direkt Geld und erhöhen die Qualität des Restbestands sowie dessen langfristige Stabilität.
Wald ist auch aus finanziellen Motiven heraus ein interessantes Investment. Der Vergleich mit einem Sparbuch birgt aber die Gefahr, den Wald kaum aktiv zu bewirtschaften und einfach abzuwarten. Im Wandbestand führt das nach einigen Jahren zu steigenden Risiken. Dann kann aus den "Waldsparbuch" schnell ein Risikopapier werden. Deshalb gilt in der Summe: Keine Scheu vor Nutzungen – aber bitte so, dass die Nutzung nicht selbst zum Risiko wird!