Grundsätzlich werden Schadensereignisse durch die Kombination von hohen Regenintensitäten und unzureichender Infiltration von Niederschlägen in den Boden verursacht. Dabei beeinflusst die räumliche Verteilung landschaftsprägender Faktoren wie Boden, Vegetationstyp und Landnutzung die Prozesse der Abflussbildung wesentlich. Die Herausforderung besteht einerseits darin, die räumliche Verteilung dieser Faktoren zu ermitteln und andererseits ihren Einfluss zu quantifizieren.
Es gibt verschiedenste Ansätze, den Oberflächenabfluss abzuschätzen. Einer davon ist der konzeptionelle HydroBOD-Ansatz von Klebinder et al. (2012) bzw. Sotier et al. (2017), der in Niederösterreich entwickelt und angewandt wurde. Mit einer adaptierten Vorgehensweise sollten im Projekt HydroBOD_OÖ für Oberösterreich bodenhydrologische Kennwerte generiert und auf deren Basis Karten zu dominanten Abflussprozessen und Infiltrationskapazitäten für definierte Bedingungen erstellt werden.
Was wissen wir über den Boden?
In einem ersten Schritt wurde ein Überblick über die verfügbaren Daten in Oberösterreich gewonnen. Einerseits wurden Flächendaten wie geologische Karten, die digitale Bodenkarte Österreichs für landwirtschaftliche Flächen (eBod) oder die Waldmaske hinsichtlich ihrer Skalierung, Homogenität und der Flächenabdeckung überprüft. Andererseits wurden Informationen zu relevanten Bodeneigenschaften wie Bodentyp und Bodenmächtigkeit aus Bodenprofilen aufbereitet. Im Rahmen des Projekts wurden zusätzlich etwa 100 Bodenprofile gegraben, im Feld angesprochen und die gewonnenen Proben im Labor analysiert.
Für die Modellierung hydrologischer Bodeneigenschaften ist eine aktuelle, detaillierte Landnutzungskarte unerlässlich. Diese wurde mittels Kombination der digitalen Katasterkarte (DCM) von Oberösterreich, der INVEKOS-Daten (Kontrollsystem für landwirtschaftliche Subventionen), der österreichischen Waldkarte (österreichischen Waldinventur) und Informationen zu Bauwerken erstellt.
Im Zuge der Datenanalyse zeigte sich, dass die Verfügbarkeit und Qualität der Bodeninformationen über die Fläche variiert, weshalb das Bearbeitungsgebiet in vier Bearbeitungsbereiche unterteilt wurde:
• landwirtschaftliche Flächen mit den umfassendsten Informationen,
• Waldgebiete mit moderater Datenverfügbarkeit,
• waldfreie Hochlagen mit limitierten Informationen zu Bodeneigenschaften und
• der Siedlungsraum, wo Bodenversiegelung und Baumaßnahmen maßgeblichen Einfluss haben.
Von den Basisdaten zum Modellinput
Um aus den räumlich begrenzten Daten (typischerweise Punktdaten) flächenhafte Informationen abzuleiten, wurde für Waldflächen und Hochlagen ein auf maschinellem Lernen basierter Ansatz (Random Forest Regressor, Breiman 2001) verwendet. Dieser Ansatz verknüpft Daten ausgewählter Punkte mit unabhängigen Faktoren wie topographischen Informationen, Klimadaten oder geologischen Karten. Resultat ist ein angepasstes Modell, das Bodeninformationen flächendeckend so genau wie möglich darstellt.
Mittels Pedotransferfunktionen wurden die für die bodenhydrologische Modellierung notwendigen Input-Daten aus vergleichsweise leicht ermittelbaren, bodenphysikalischen Parametern generiert. Allerdings wurden die meisten Ansätze für landwirtschaftliche Böden entwickelt und sind daher wegen dem niedrigeren organischen Materialgehalt und der im Allgemeinen höheren Schüttdichte in landwirtschaftlichen Böden flächenhaft nur eingeschränkt geeignet.
Das HydroBOD-Modell
Das HydroBOD-Modell arbeitet ereignisbasiert und liefert Informationen über vermutete Abflussarten [hortonischer Oberflächenabfluss (HOF), gesättigter Oberflächenabfluss (SOF), Untergrundabfluss (SSF), Tiefenperkolation (DP)] und die Infiltrationseigenschaften in Abhängigkeit von der Speicherkapazität der Böden. Es umfasst eine Infiltrationsschicht, drei Bodenschichten (0-20 cm, 20-50 cm und 50-80 cm) und eine geologische Substratschicht. Abhängig vom Verhältnis zwischen Niederschlagsintensität und Infiltrationskapazität wird der Abfluss und die Versickerung quantifiziert. An der Bodenoberfläche kann Oberflächenabfluss auftreten. Darunter führen Schichten mit geringerer Infiltrationskapazität zur Füllung der Poren (Speicherung) und in geneigten Bereichen zu Zwischenabfluss. Am unteren Rand der Bodenschichten wechselt das Modell zum geologischen Modell. Es wird angenommen, dass all diese Prozesse gleichzeitig in allen Tiefen auftreten, Wechselwirkung zwischen benachbarten Zellen werden nicht berücksichtigt.
Wo eine mineralische Bodenschicht fehlt (z.B. Fels, Wasser) bzw. diese für den Abfluss nicht relevant ist (Siedlungsraum), wurden Infiltrationswerte auf Basis von Literatur und Expertenwissen festgelegt. Modelloutput sind Karten, die den dominanten Abflussprozess, die Gesamtabflussfracht und den Oberflächenabflusskoeffizient darstellen.
Die Resultate
Es sind nun Informationen zu verschiedenen bodenhydrologisch relevanten Parametern verfügbar, die auch für andere Fragestellungen interessant sein können. Diese homogenen Datensätze umfassen flächendeckend:
• Bodenmächtigkeit,
• Bodentyp,
• Lagerungsdichte,
• Anteil des groben Skeletts,
• Anteil der organischen Substanzen
• vertikale gesättigte Wasserleitfähigkeit
• Gesamtporenvolumen, die Verteilung der Porendurchmesser und
• davon ableitbare Kennwerte wie die z.B. Feldkapazität.
Darüber hinaus wurden eine detaillierte und aktuelle Karte zur Landnutzung in Oberösterreich sowie eine flächendeckende Prognose von Hangschuttbereichen erstellt.
Für die hydrologische Modellierung stehen nun für einen Bemessungsniederschlag (60-minütiger Starkregen mit 100-jährlicher Eintrittswahrscheinlichkeit) und verschiedene Systemzustände von Bodenvorfeuchte und Verschlämmungsneigung fundierte Abschätzungen des Oberflächenabflusses zu Verfügung. Auffällig war, dass die Vorfeuchte des Bodens bei diesen Ereignissen einen relativ geringen Einfluss auf den Oberflächenabfluss hat, während dieser bei Verschlämmung (von Ackerflächen), abhängig von der Bodenart, hoch sein kann.
Der Vergleich der modellierten Ergebnisse mit den verfügbaren Ergebnissen aus Bewässerungsexperimenten ergab eine relativ gute Übereinstimmung in der Mehrheit der Vergleichspunkte. Starke Abweichungen waren oft auf Lage-Ungenauigkeiten oder Landnutzungswechsel (z.B. Flächenversiegelung) zurückzuführen.
Ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor ist die besonders im Wald und Hochlagen limitierte Datenverfügbarkeit. Im bewaldeten Bereich ist hier nach Abschluss des Projektes FORSITE II+ eine wesentliche Verbesserung zu erwarten.
Schlussfolgerung
HydroBOD-OOe bietet erstmals homogene, flächendeckende Informationen zu bodenphysikalischen und bodenhydrologischen Parametern. Für hydrologische Modellierungen stehen nun Informationen im regionalen Maßstab zum dominanten Abflussprozess und der Infiltrationskapazität als Karten und als Rasterdatensätze zu Verfügung. Es ist anzunehmen, dass die Genauigkeit der Ergebnisse aufgrund der besseren Datengrundlagen und besser angepasster Pedotransferfunktionen in landwirtschaftlich genutzten Gebieten höher ist als in bewaldeten Gebieten und Bergregionen.
Da die Karten im regionalen Maßstab erstellt wurden, erfordert ihre Verwendung auf lokaler Ebene jedenfalls eine Verifizierung vor Ort.