Bäume stehen zu weit von der Maschine entfernt, haben für den Harvesterkopf zu hohe Durchmesser, sind nicht zugänglich, weil Unterholz oder andere Bäume dazwischenstehen. Dann braucht der Harvester Unterstützung. Waldarbeiter müssen die Bäume mit der Motorsäge fällen, bevor die Erntemaschine Sortenstücke aufarbeiten kann. Diese Hilfe beeinflusst die Kosten und auch die Produktivität.
Aus Versuchsdaten wurden am Lehrstuhl für Forstliche Arbeitswissenschaft der TU München Modelle abgeleitet, die abschätzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Baum zugefällt wird. Kombiniert mit Zeitbedarfsformeln für das Zufällen, den Harvester und das Rücken sind auf diese Weise sehr vielfältige Produktivitäts- und Kostenschätzungen möglich. Im Folgenden werden erste Ergebnisse vorgestellt.
Je stärker Bäume sind, desto häufiger werden sie auch innerhalb der Kranreichweite zugefällt. Abbildung 2 zeigt die Wahrscheinlichkeiten der Zufällung für Radharvester mit 10 m Kranreichweite. Beispielsweise wird ein 50 cm starker Baum im Abstand von 6 m von der Gassenmitte mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 40 Prozent zugefällt. Außerhalb der Kranreichweite in einem Abstand über 10 m müssen alle Bäume zugefällt werden (rot gefärbter Bereich). Aus den Wahrscheinlichkeiten der Zufällung für einzelne Bäume (Abb. 2) kann der Anteil der Bäume ermittelt werden, die auf einem gleichmäßig bearbeiteten Streifen von der Gassenmitte bis zu einer bestimmten Entfernung zu dieser zugefällt werden (Abb. 3).
Wenn der Brusthöhendurchmesser 40 cm beträgt, werden demnach etwa 30 Prozent aller Bäume zugefällt, die auf dem Streifen bis zur Kranreichweite von 10 m entnommen werden. Waldarbeiter fällen anteilig umso mehr, auch geringer dimensionierte Bäume, je breiter der Streifen gefasst wird.
Motorsäge und Harvester: Eine Kosten sparende Symbiose
Diese Ergebnisse werden mit Produktivitätsstudien zum Zufällen bzw. auch zum Zufällen mit Teilvermessen und Trennschnitt in Gassennähe verknüpft. Letzteres wird als Königsbronner Harvesterverfahren bezeichnet. Für Bäume bestimmter Brusthöhendurchmesser lassen sich dann Holzerntekosten abhängig vom Abstand der Rückegassen berechnen, im Beispiel für einen licht geschlossenen Fichten-Bestand mit flächiger Vorausverjüngung.
Abbildung 4 zeigt die geschätzten Holzerntekosten für das Holzernteverfahren "Einfaches Zufällen, Harvesteraufarbeitung und Rückung mit Forwarder". Die Produktivität der Forwarder ist auf der Basis von Lüthy (1997) in Verbindung mit Ergebnissen von Pausch (2003) kalkuliert. Unterstellt ist eine gleichmäßige Entnahme von 100 Efm/ha. Je nach Gassenabstand und BHD werden unterschiedliche Anteile mit der Motorsäge oder vom Harvester allein gefällt und aufgearbeitet. Bei der Kostenermittlung ist zusätzlich berücksichtigt, dass es bei starken Bäumen kostengünstiger wird, alle Bäume zuzufällen. Auf diese Weise leistet der Harvester deutlich mehr.
Forsttechnische Symbiose
Diese Zusammenarbeit kann als "forsttechnische Symbiose" angesehen werden. Kalkuliert man 160 Euro pro Maschinenarbeitsstunde (zum Beispiel für Valmet 941) und 35 Euro pro Stunde für gut ausgebildete Waldfacharbeiter mit Motorsäge, so ist dies etwa ab einem Brusthöhendurchmesser von 48 cm der Fall. Die schmale "Kostenrippe" bei BHD 48 in Abbildung 4 ist so zu erklären: Ein 'Harvester mit Zufällen' ist zwar kostengünstiger als ein Harvester allein, dennoch reicht diese Steigerung der Effizienz in einem schmalen BHD-Bereich zunächst noch nicht aus, die Kosten mit zunehmendem BHD weiter sinken zu lassen. Bei schwächeren Harvestern der Vorgängergeneration wäre hier ein deutlicherer "Berg" zu erwarten.
Der Zustand des Bestandes nach dem Hieb überzeugte. Nach sauberer Zufällung können gute Fahrer mit Maschinen hoher Hubkraft sehr pfleglich Holz ernten. Soll aus Gründen der Pfleglichkeit mit dem Königsbronner Harvesterverfahren gearbeitet werden, dann sind für Teilvermessen und Trennschnitt in Gassennähe anteilig Mehrkosten zu berücksichtigen: Bei BHD 25 können das je nach Gassenabstand bis zu 3 Euro/Efm sein. Oberhalb eines Brusthöhendurchmessers von 40 cm bewegt man sich in etwa zwischen 0,5 und 1 Euro/ Efm, ab BHD 60 werden 0,5 Euro/ Efm unterschritten.
Hinsichtlich der Dimension der aufzuarbeitenden Bäume verlagert das Königsbronner Harvesterverfahren die technischen Grenzen der Kombination Zufällung und Harvestereinsatz stark nach oben. Darüber hinaus ermöglicht es, Wertholz auszuhalten. Im Hinblick auf Entlohnung und die Holzvermessung muss an den jeweiligen betrieblichen Lösungen noch gearbeitet werden. Hier ist Flexibilität nötig.
Größere Kranreichweite eher im Schwachholz sinnvoll
Der Gassenabstand beeinflusst die Erntekosten für Starkholz kaum. Bei hohen Stückmassen sinken die Kosten mit dem Gassenabstand sogar, weil nach der Harvesteraufarbeitung das Holz für den Forwarder besser vorkonzentriert ist. Ein Problem stellen schwache Bäume außerhalb der Kranreichweite dar. Wegen der hohen Kosten für die Zufällung im Schwachholz ist zu prüfen, ob eher für solches schwächere "Problem"-Holz mittelschwere Maschinen mit höherer Reichweite entwickelt werden sollten, statt sich im starken Holz an der Grenze des physikalisch Möglichen um Maschinen großer Kranreichweite zu bemühen. Denn im starken Holz ist – kräftige Aggregate vorausgesetzt – die Hubkraft wesentlich wichtiger als überdurchschnittliche Kranreichweite!
Heute stehen flexible Holzernteverfahren auch für sehr starkes Nadelholz zur Verfügung. Dies ist keine Selbstverständlichkeit, sondern das Ergebnis technischer Erfahrungen und kontinuierlicher Weiterentwicklung über Jahrzehnte. Darüber hinaus sind Holzernteverfahren in betriebliche Abläufe einzubinden. An der laufenden Optimierung muss ständig gearbeitet werden. Dazu sind nur professionelle Arbeitskräfte, Forsttechniker, Unternehmer und Forstleute mit verfahrenstechnischem Verständnis in der Lage. Eine Vernachlässigung in diesem Bereich muss über kurz oder lang zu primitiven waldbaulichen Lösungen führen!