In den bayerischen Staatswäldern gibt es mehr als 120 Lehr- und Erlebnispfade. Um das Angebot zu erfassen und zu evaluieren, entwickelte die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) ein geeignetes Instrument. Zahlreiche Daten wurden über Fragebögen zusammengetragen, in einer Datenbank gespeichert und zur Verfügung gestellt. Über integrierte Bewertungsschlüssel werden dann aus objektiv erhobenen Informationen Bewertungen, die helfen, eventuelle Schwächen gezielt anzugehen.
Katharina gibt Peter Signale über das Baumtelefon, das ist ein aufgebockter, acht Meter langer, liegender Stamm. Sie kratzt an einem Ende am Holz und Peter horcht am anderen Ende. Gerade noch haben sie an Dendrophon und Xylophon gehämmert, was das Zeug hält und Holzmusik produziert. Auch saßen sie schon im Klangbaum. Das ist eine mit Rinde verkleidete runde Mini-Hütte, die aussieht wie ein hohler Stamm. Sie haben darin dem Murmeln des Baches zugehört, das ihnen über eine Rohrleitung zugetragen wurde. All diese Einrichtungen bilden zusammen eine Station des Walderlebnispfades am Guttenberger Forsthaus bei Würzburg. Das Thema dort: Akustische Wahrnehmung, Geräusche im Wald und Schalleigenschaften des Holzes.
Detaillierte Informationen schnell verfügbar
Bevor Sie weiter lesen: Überlegen Sie mal, welche Informationen bedeutsam sein könnten, um einzuschätzen, wie wichtig ein Lehr- oder Erlebnispfad ist und wie gut er seinen Zweck erfüllt.
Haben Sie an die Nähe zu größeren Städten und Ballungsräumen gedacht? Sind Parkplätze oder Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel in der Nähe? Ist der Weg zum Pfad zu finden? Ist der Pfad ausreichend ausgeschildert? Ist Begleitmaterial vorhanden und leicht verfügbar? Gibt es eine attraktive Einrichtung, ein Walderlebniszentrum oder eine Gaststätte in der Nähe, die zusätzlich Besucher anlockt? Eignet sich der Pfad auch für Rollstuhlfahrer oder für Familien, die mit Kinderwagen unterwegs sind? Wie lang ist er? Brausen gleich daneben Autos vorbei oder gibt es andere Störungen? Wie attraktiv sind die Einrichtungen? Geben sie Anlass zu besonderen Sinneserfahrungen und Erlebnissen oder kann man nur ein paar trockene Schildertexte lesen? Wie viel Information wird wie verständlich den Besuchern nahe gebracht?
Vergessen Sie auch organisatorische Dinge nicht: Gibt es vielleicht Organisationen, die sich am Unterhalt des Pfades beteiligen? Welche sind das und wer ist Ansprechpartner? Welche Verträge existieren und wie lauten sie? Wer von den Bayerischen Staatsforsten und vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist örtlich zuständig?
All das gibt nur einen Ausschnitt dessen wieder, was für die Lehrpfaddatenbank erfasst wurde. Mit mehreren Fragebögen, die auf Basis einer Literaturstudie, Expertenbefragungen und eines kurzen Testlaufs entwickelt wurden, mussten 30 Fragen zu dem jeweiligen Pfad, zusätzlich bis zu 19 Fragen zu jeder Info-Einrichtungen (Schild) und bis zu elf Fragen zu jeder Erlebnis- oder Begleiteinrichtung (z.B. Baumtelefon, Bänke) beantwortet werden. Meist wurden geschlossene Fragen gestellt, das heißt, aus einer Anzahl vorgegebener Antworten konnten die zutreffenden angekreuzt werden. Das erleichtert das Ausfüllen und die spätere Auswertung. Zusätzlich wurden zahlreiche Kontaktdaten erfasst. Außerdem wurden Broschüren, Faltblätter, Übersichtspläne und digitale Fotos der Einrichtungen zusammengetragen und in die Datenbank integriert.
Die Bewertung beruht auf harten Fakten
Abb. 2: Objektiv messbare Eigenschaften werden in der Datenbank mit Zahlen bewertet. Nach ihrer Gewichtung werden die Bewertungen innerhalb einer Dimension aufsummiert. Auf Grund der Position in Rangreihen kann ein Pfad mit anderen verglichen werden.
Die erhobenen Daten betreffen objektive Kriterien. Es geht also um eindeutig messbare Größen, die wenig Spielraum für Interpretationen bieten. Egal wer die Erhebung macht, er sollte ohne große Schulung auf die gleichen Ergebnisse kommen. Schwierig ist das z.B. bei Texten. Wie erfasst man die Qualität der Aufbereitung? In der Literatur werden folgende Kriterien vorgeschlagen: Einfachheit, Gliederung bzw. Ordnung, Kürze bzw. Prägnanz und zusätzliche Stimulanz (anregende Formulierungen). Für die Umsetzung bei der Erhebung wurde die durchschnittliche Satzlänge, also die Anzahl der Worte pro Satz ermittelt. Danach wurde erfasst, ob auf Fremdwörter verzichtet oder diese wenigstens erklärt wurden. Ebenso wurde notiert, ob Formulierungen den Betrachter direkt ansprechen (z.B. über Du, Sie) oder zu Handlungen auffordern usw.
Trotz der vielen erhobenen Kriterien blieb dennoch manches außen vor. So wurde zwar der Flächenanteil von Text zu Illustrationen erhoben, aber ob es sich dabei um eine einzelne aussagekräftige Darstellung handelte, die schnelle Orientierung ermöglicht, oder um verstreute kleine Zeichnungen und Bilder, die den Betrachter zunächst ratlos lassen, konnte auf diese Weise nicht bestimmt werden. Für das Erhebungsverfahren musste ein Kompromiss zwischen der Genauigkeit der Aufnahme und dem damit verbunden Zeitaufwand gefunden werden.
Wie kommt man nun zu einer zusammenfassenden Bewertung? In der Datenbank werden die Antwortmöglichkeiten mit Bewertungszahlen hinterlegt. Dabei handelt es sich um negative bis positive ganze Zahlen. Um aussagekräftige Bewertungen zu erhalten, werden die Antworten auf verschiedene Fragen in sogenannten Dimensionen zusammengeführt (Abb. 2). So werden z.B. für die Dimension "Wegführung" die Bewertungszahlen der Antworten zu Weglänge, Steigung, Eignung für Rollstuhlfahrer usw. aufsummiert. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, über Faktoren die erfragten Eigenschaften unterschiedlich zu gewichten. Die Datenbank ist so flexibel gestaltet, dass der Benutzer in der Lage ist, neue Dimensionen zu kreieren oder diesen weitere Fragen zuzuordnen bzw. wieder auszuschließen. Auch die Bewertungszahlen und Gewichtungsfaktoren kann er bestimmen.
Abbildung 2 zeigt, wie eine Bewertung errechnet wird. Die Punktesumme einer Dimension ist für sich genommen natürlich wenig aussagekräftig. Daher werden in der Datenbank Ergebnisse auch immer zusätzlich als relative Position in Rangreihen dargestellt. Man kann auf diese Weise sehen, dass der Pfad hinsichtlich einer Dimension zu den Besten, Mittleren oder den Schlusslichtern gehört. Diese flexible Auswertungsroutine ermöglicht es, Schwächen und Stärken von Pfaden gezielt zu ermitteln. So erhält man eine Grundlage, um festzustellen, wo Handlungsbedarf besteht, und kann entsprechende Steuerungsmaßnahmen darauf ausrichten. Auf der anderen Seite können besonders gelungene Beispiele herausgefiltert werden und Anregungen bieten.
Weiterentwicklung des Angebots
Die Entwicklung weg von Schilder- hin zu Erlebnispfaden stellt einen Qualitätssprung dar. Sie ist aber bei weitem noch nicht überall vollzogen. Bücher wie die von Ebers, Laux und Kochanek (1998) oder die Anregungen im Waldpädagogischen Leitfaden "Forstliche Bildungsarbeit" (StMELF 2004) unterstützen diesen Fortschritt. Allerdings ist auch klar eine Tendenz zu erkennen: An vielen Pfaden finden sich nun die gleichen Einrichtungen, nach dem Motto "Jedem Erlebnispfad sein Baumtelefon". Das macht aber für Besucher, die bereits einen Pfad kennen, den Besuch eines anderen Pfades unattraktiv.
Es ist daher wünschenswert, dass lokale Aspekte verstärkt aufgegriffen werden, stärker Bezug auf die besonderen Natur- und Kulturobjekte am Pfad genommen wird, sozusagen die Schätze gehoben werden bzw. vielleicht sogar die Wegeführung danach ausgerichtet wird. Künstliche Pfadobjekte, die einen Themenbezug ermöglichen, mögen in manchen Fällen sinnvoll, vielleicht sogar notwendig sein, um eine Wegeführung zu komplettieren und aus einem guten Ansatz einen gelungenen Pfad zu machen. Für den Besucher eines Pfades ist jedoch häufig das Spannendste, zu entdecken, was es hier, genau an dieser Stelle, gibt. Das heißt für einen Pfadgestalter, sich bei der Konzeption mit weit offenen Augen die möglichen Wegeführungen und Objekte anzusehen. Und es heißt vor allem, den Blick des Besuchers zu lenken. Daneben sollten sich Pfade und Stationen stärker auf zentrale Botschaften konzentrieren, weniger Informationen bringen, diese dafür zielgruppenspezifischer anbieten. Informationen über die Zielgruppen eines Weges sollten bereits vor der Planung erhoben und fixiert sein. Die Lage eines Lehrpfades, etwa in der Nähe von Schulen oder im Wald eines heilklimatischen Kurortes, lassen ja deutliche Rückschlüsse auf die Besucherstruktur zu.
Die Datenbank steht zur Zeit den koordinierenden Stellen in der Forstverwaltung (z.B. den regionalen Servicestellen Öffentlichkeitsarbeit und Waldpädagogik) zur Verfügung.
Günter Dobler war Sachbearbeiter für Waldpädagogik im ehemaligen Sachgebiet Wissenstransfer und Waldpädagogik der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF).
Gerhard Seidl leitete das Sachgebiet EDV der LWF.
Alexander Riedelbauch war Mitarbeiter im Referat Forschung, Innovation, Waldpädagogik am Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF).