Rüsselkäfer sind durch ihren namensgebenden Rüssel leicht zu identifizieren, obwohl sie ansonsten eine grosse Formenvielfalt aufweisen. Sie haben mit vielfältigen Anpassungen fast alle Lebensräume erobert. Man findet sie im und am Boden, auf Pflanzen oder unter der Rinde. Aber auch auf Totholz oder unter Wasser sind sie anzutreffen. Sie spielen in den Nahrungsketten eine wichtige Rolle. Nur wenige Rüsselkäferarten können durch Massenvermehrung, Vorratsbefall oder Übertragung von Pflanzenkrankheiten schädlich werden, die meisten Arten sind unauffällig.
Ganz im Gegensatz zu ihren nahen Verwandten, den Borkenkäfern, die hier, obwohl sie nach neuester Systematik auch zu den Curculionidae gerechnet werden, nicht behandelt werden. Die Autoren verweisen zum einen auf die etwas schwierige und noch nicht endgültig geklärte systematische Zuordnung, zum anderen darauf, dass über die wirtschaftlich nicht unbedeutenden Borkenkäfer bereits zahlreiche Werke existieren.
Rüsselkäfer als "Zeigerarten"
Viele Rüsselkäferarten sind hochspezialisiert. Einige können nur einzelne Pflanzenarten nutzen, andere stellen ganz spezielle Biotopansprüche. Zudem sind sie oft nicht sehr ausbreitungsfreudig. Daher können viele Arten besonders gut als “Zeigerarten“ für die ökologische Bewertung von Biotopen herangezogen werden. Somit kann die Käferfamilie zukünftig noch an Bedeutung gewinnen. Das ist nur ein guter Grund, sich intensiver mit dieser Käferfamilie zu beschäftigen.
Der Leser kann sich aber auch einfach nur von der Neugier leiten lassen, einen faszinierenden Mikrokosmos mit vielen noch unbekannten Zusammenhängen zu ergründen. Dabei wird er mit überraschenden Beobachtungen, bizarren Formen, leuchtenden Farben oder Käfern im Tarnanzug, die sich auch tot stellen können, wenn’s ihnen zu brenzlig wird, belohnt.
Die beiden Autoren Joachim Rheinheimer und Michael Hassler stellen ich ihrem gewichitgen Werk (2,5 kg) auf 944 reich bebilderten Seiten das komplette Rüsselkäferartenspektrum Baden-Württembergs vor. Ausserdem informiert das Werk auf 156 Seiten ausführlich über den heutigen Stand der Biologie und Ökologie (Geschichte, Morphologie & Anatomie, Sytematik & Nomenklatur, Biodiversität, Verbreitung & Populationsdynamik, Entwicklung & Lebensweise, Wirtspflanzen, Lebensraum, Feinde, wirtschaftliche Bedeutung, Sammlung & Beobachtung sowie Gefährdung & Schutz, Datengrundlagen & Statistik).
Heutiger Kenntnisstand
Im systematischen Hauptteil werden neben kurzen Texten zur Gattung die rund 800 Rüsselkäferaten ausführlich einzeln mit Informationen zu Erkennungsmerkmalen, Lebensweise, wirtschaftlicher Bedeutung, Verbreitung (Europa und spezielle Baden-Württemberg) und Gefährdung behandelt. Jeweils ist noch ein aktueller Bestimmungsschlüssel der Gattungen und Arten hinzugefügt.
Ergänzt werden die Angaben zu den Arten und ihren Lebensräumen oder Futterpflanzen durch zahlreiche tolle Fotos und 82 Fototafeln mit scharfen Bildern jeder Käferart - wo hilfreich noch ergänzt durch Seitenansichten oder Details zur Geschlechtsmorphologie. Die Bilder sind deutlich vergrössert und gut erkennbar, ausserdem versehen mit der tatsächlichen Grössenangabe der Tiere. Für Laien stellen sie sicherlich auch ein hilfreiches Mittel zur Überprüfung ihrer Bestimmungen dar.
Ein umfangreiches Literaturverzeichnis rundet das Werk ab und unterstreicht seinen fachlichen Anspruch.
Das vorliegende Buch ist ein ausgezeichnetes Beispiel für Käfer-Bestimmungsbücher. Die Texte, neuste Bestimmungsschlüssel sind alle wissenschaftlich fundiert, aber dennoch auch für interessierte Laien gut lesbar und durch tolle und aussagekräftige Fotos und Bildtafeln ergänzt. Mit diesem Buch wird der Einstieg in diese doch sehr umfangreiche und schwierige Familie der Rüsselkäfer (ohne Borkenkäfer) Spass machen und bestimmt gelingen.
Für Käferkenner ist es ebenfalls eine grosse Hilfe, alle wichtigen Daten so komprimiert in einem Buch vorliegen zu haben.
Es wäre schön, wenn es derartige Werke zukünftig auch zu anderen Käferfamilien geben würde.
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